G. F. Unger Sonder-Edition 76 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
9783732525034 (ISBN)
Auf seiner Pferderanch in einem einsamen Hochtal von Montana sucht der ehemalige Revolvermann Jeremy Smead Ruhe und Vergessen. Aber die Vergangenheit holt ihn ein. Als die Bande, die das Leben seines Vaters auf dem Gewissen hat, ihm die wertvollen Zuchtstuten raubt, um damit einen Goldtransport zu überfallen, verlässt Jeremy sein Tal und nimmt die Verfolgung auf. Er kennt die Gnadenlosigkeit und Gefährlichkeit der Goldwölfe, und er ahnt, dass es ein Todesweg ist, auf den er sich begibt...
2
Ein Mann muss sich sein eigenes Leben bauen! An diese Worte denkt Jeremy Smead, indes er über seine Weide reitet.
Die Nacht ist ziemlich dunkel. Nur vereinzelte Sterne blinken da und dort durch die Wolkendecke. Aber es ist eine ziemlich linde Nacht. Der Winter ist vorbei. Alles ist frisch und prächtig.
Ja, ein Mann muss sich sein eigenes Leben bauen, sich für ein bestimmtes Ziel entscheiden und darf dann keine anderen Wege oder gar Umwege reiten.
Jeremy Smeads Ziel ist eine große Pferdezucht in Montana.
Und die vielen Goldgräber dort unten im mächtigen Gallatin Valley sind nur ein vorübergehender Zustand. Eines Tages wird man dort unten kein Gold mehr finden.
Dann wird es bald wieder so sein wie früher. Es wird nur Rinderranches und Siedlerstätten geben.
Er aber wird mit seinen Pferden hier oben wie ein König leben.
Es ist eine prächtige Weide. Er kennt sie gut. Selbst in dieser Dunkelheit weiß er immer genau, wo er sich befindet.
Nach einer knappen Stunde etwa erreicht er das südliche Plateau. Hier ist die Sommerweide seiner Pferde, und sie finden überall Schutz zwischen haushohen Felsen, in Senken und zwischen den Inseln eines mächtigen Hochwaldes. Denn das Plateau ist nicht kahl. Es wird auch von Bergketten gut geschützt. Dies ist eine Hochweide, die keine Zäune nötig hat, bis auf die etwa zweihundert Yard lange Schranke, die Jeremy und Reb vor dem Maul des Long Canyons errichteten, der sich nach Süden zu wie eine Riesenfurche durch das Gebirge zur Ebene senkt.
Jeremy Smead reitet langsam quer über das Plateau und hält immer wieder an, um zu lauschen.
Aber er hört nichts.
Zwanzig Minuten später erreicht er das Zaunstück vor der Canyonmündung. Er reitet an der Schranke entlang und findet bald heraus, dass sie nirgendwo niedergebrochen wurde. Selbst das Gatter ist geschlossen.
Langsam reitet er zu einer Baumgruppe hinüber und sitzt ab.
Sorgfältig denkt er nochmals über Reb Fowleys Meldung nach. Reb hatte die Spuren einiger fremder Reiter entdeckt. Es hat sich also hier oben jemand sorgfältig umgesehen. Dass eines Tages hier oben Pferdediebe auftauchen würden, damit hatte Jeremy immer gerechnet. Das ist ganz natürlich, denn es gibt inzwischen genügend Anzeichen dafür, dass sich dort unten im Goldland eine Banditengemeinschaft gebildet hat. Und Langreiter brauchen gute Pferde.
Jeremy denkt auch an den Goldtransport, der morgen das Camp im Tal verlassen soll. Er kennt auch den langen Weg bis zum Missouri.
Ja, die Banditen werden die besten Pferde des Landes brauchen. Da sie ja wahrscheinlich nicht wissen, wann der Goldtransport abgeht – denn das weiß sicherlich nur der Postmeister und wissen vielleicht außer dem Sheriff nur sehr wenige vertrauenswürdige Männer –, werden die Banditen nicht vorausreiten und irgendwo in einem Hinterhalt warten können. Sie müssten ja eventuell viele Tage oder Wochen dort warten. Nein, die Bande wird die Postagentur genau überwachen lassen. Zwanzig Zentner in Gold können vielleicht unbemerkt in eine Postkutsche geladen werden. Das ist möglich. Aber sobald diese Postkutsche den Hof der Poststation verlässt, kann jeder halbwegs erfahrene Mann an ihren Federn und der Tiefe ihrer Radspuren erkennen, wie schwer sie beladen ist. Statt des üblichen Vierergespanns wird sie sicherlich auch ein Sechsergespann haben. Die Banditen werden jedenfalls sehr schnell Bescheid wissen.
Und dann wird es sicherlich eine Verfolgung geben.
Der Weg zum Missouri aber, wo das Gold auf ein Dampfboot umgeladen werden soll, weil dies der sicherste Weg durch das Indianerland ist, dieser Weg ist weit.
Es könnte für viele Männer ein »Todesweg« werden.
Wie Jeremy es auch drehen und wenden mag, es ist wirklich so, dass er auf seine Pferde achten muss. Und vielleicht haben die Banditen sogar schon erfahren, dass morgen der Goldtransport abgehen wird. Dann werden sie heute Nacht ganz bestimmt kommen. Dann ist diese Nacht die letzte Chance für sie, sich gute Pferde zu besorgen, mit denen sie ein Wettrennen mit der Postkutsche gewinnen können.
Jeremy wartet also.
Er denkt auch an seinen Onkel.
Es ist inzwischen schon Mitternacht geworden. Dann vergehen noch weitere Stunden. Die Luft wird kühl. Im Osten zeigt sich über den Gebirgskämmen der erste graue Schein. Bald wird der heraufziehende Tag mit der Nacht kämpfen, und wie immer wird er diesen Kampf gewinnen und die Nacht nach Westen jagen.
Manchmal heulen Coyoten in der Ferne. Dann hört Jeremy von irgendwoher seine Grullas wiehern und schnauben. Und es ist kein ängstliches Gewieher. Diese Pferde sind Kämpfer und fürchten sich nicht vor Wölfen oder Pumas.
Als das erste Tageslicht durch die Wolkenschleier sickert und die Dinge der Welt langsam Gestalt annehmen, farblos und grau, da weiß Jeremy, dass er die Nacht umsonst hier gewartet hat.
Die Pferdediebe kamen nicht. An den Grullas waren sie nicht interessiert. Vielleicht ist doch kein wirklicher Pferdekenner unter ihnen, und das durchaus nicht edle Aussehen dieser Grullas gefiel ihren Spähern von gestern nicht.
Als Jeremy sich über diese Möglichkeit klar ist, werden seine Sorgen plötzlich sehr groß.
Denn seine Gedanken sind jetzt: Sollten die Pferdediebe sich vielleicht gar für seine langbeinigen Vollblutstuten auf der Ranch entschieden haben?
Dieser Gedanke zuckt wie ein Signal durch sein Hirn.
Er sitzt auf und treibt sein Pferd sofort zu einem schnellen Galopp an. Nun hat er es sehr eilig, zurück zur Ranch zu kommen. Aber er kann sich immer noch nicht denken, dass er sich so sehr getäuscht haben sollte.
Für einen Zwei- oder Dreihundert-Meilen-Ritt wären die hässlichen Grullas wirklich sehr viel geeigneter gewesen als die Vollblutstuten mit den langen Beinen, deren Kraft verbraucht ist, wenn die Grullas erst richtig warm werden.
Aber wer kennt schon den tatsächlichen Wert echter Grullas? Unter den Spähern der Banditen jedenfalls schien sich kein wirklicher Kenner befunden zu haben.
Jeremy Smead legt den Heimweg in weniger als dreißig Minuten zurück. Und als er aus der Schlucht kommt, die seine Winterweide mit der Sommerweide verbindet, da kann er gleich erkennen, dass von seiner Ranch nicht mehr viel vorhanden ist.
Sie ist abgebrannt.
Indes er am Long-Canyon eine ganze Nacht lang auf der Lauer lag, waren die Banditen hier.
Jeremy Smead denkt jetzt nicht an seine Pferde, sondern nur an Reb Fowley. Er stößt bald auf einige seltsame Spuren, die so aussehen, als wäre ein Mann über den Boden gekrochen.
Dann findet er Rebs Hut.
Er ahnt schon, wo er Reb finden wird, und reitet auf diesen Ort zu.
Es ist das Ende eines Bergkammes. Von oben rauscht ein dünner Wasserfall hernieder und fällt zwischen eine Felsengruppe, die wie eine versteinerte Elefantenherde wirkt. Hinter diesen vorgelagerten Felsen gibt es in der Bergwand einige tiefe Spalten und Kerben.
Dort findet er Reb Fowley. Er lebt und liegt bäuchlings am Rande einer natürlichen Felswanne, die vom Wasserfall ständig gefüllt bleibt, weil aus ihr nur so viel Wasser abfließt, wie der Fall in sie einfallen lässt. Es ist ein großes Becken, in dem man sogar schwimmen kann.
Reb Fowley liegt dort also am Rande und holt sich müde und mühsam eine Handvoll Wasser heraus. Jeremy schwingt sich neben ihm aus dem Sattel und schöpft einen ganzen Hut voll Wasser aus dem Becken.
Reb Fowleys Schulter; Arm und Bein sind mehr oder weniger schlecht und notdürftig verbunden. Er muss es selbst getan haben, und er hat dazu sein Hemd, das Unterhemd und sein Halstuch benutzt. Er hat jedoch ziemlich viel Blut verloren, denn alle Verbände sind rot, aber schon ziemlich hart. Er konnte seine Blutungen also stillen.
Jeremy setzt ihn etwas auf, hält ihn fest und lässt ihn aus dem Hut trinken. Reb stöhnt schmerzvoll. Er hat schon etwas Wundfieber. Doch er war immer schon zäh und hart. Einmal hatte er einen Siouxpfeil in den Oberschenkel bekommen. Er brach ihn nur ein Stück ab, ließ ihn stecken und ritt damit noch zehn Stunden, weil sie den Sioux erst in der Nacht entkommen konnten.
Als er Jeremy anblickt, bekommt er seine Augen nicht richtig auf. Aber sein Verstand arbeitet noch klar. Seine Stimme klingt gepresst und heiser. Doch Jeremy versteht jedes Wort.
»Mister Kevin Streeter war zu Besuch«, sagt Reb krächzend und erzittert vor Zorn in Jeremys Arm. »Er kam in den Stall – und ich hatte ihn nicht gehört, weil ich zu sehr mit dem Fohlen beschäftigt war, das Ysabel gerade …«
Er bricht ab, denn die Stimme versagt ihm. Er muss sich erst wieder etwas ausruhen. Jeremy lässt ihm Zeit. Er nimmt sein Halstuch ab, taucht es ins Wasser und wäscht dem Freund das Gesicht.
Reb erholt sich schnell.
»Er kam in den Stall«, wiederholt er. »Und er fragte mich, ob ich Jeremy Smead wäre. Ich verneinte, und er sagte dann, dass er dies sehr bedauere. Er gab mir bekannt, dass er mit einem Dutzend Reitern gekommen wäre und sich die besten und schnellsten Pferde aussuchen würde. Er sagte auch, dass er dich gerne kennen gelernt hätte, um dir die Mühe zu sparen, nach ihm zu suchen. Ja, er war wirklich fest davon überzeugt, dass du wegen des Todes deines Vaters nach ihm suchen wirst. Nun, Jerry, ich wollte natürlich nicht zusehen, wie die Bande unsere besten Pferde stahl. Ich griff nach dem Colt, denn ich glaubte, ich hätte eine reelle Chance. Doch er zog schneller als ich. Als ich am Boden lag, versuchte ich es noch zweimal – aber jedes Mal traf er mich einen Sekundenbruchteil früher. Die...
| Erscheint lt. Verlag | 12.1.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | G. F. Unger Sonder-Edition | G. F. Unger Sonder-Edition |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Bud Spencer • Clint Eastwood • Cowboy • High noon • Indianer • Italowestern • Lucky Luke • Spiel mir das Lied vom Tod • TerrenceHill • Western • Westernromane • Western Romane • Wilder Westen • Winnetou |
| ISBN-13 | 9783732525034 / 9783732525034 |
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