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Adiós Hemingway (eBook)

Mario Conde ermittelt in Havanna. Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
192 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-30481-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Adiós Hemingway -  Leonardo Padura
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Vierzig Jahre nach Hemingways Tod wird auf seiner Finca bei Havanna eine Leiche gefunden, getötet mit zwei Kugeln aus einer Maschinenpistole seiner legendären Waffensammlung. War Hemingway ein Mörder? Die kubanische Polizei ist beunruhigt und will um jeden Preis die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit vermeiden. Doch auf Kuba gibt es nur einen, der diesem Fall gewachsen ist: Ex-Polizist Mario Conde. Im Zuge seiner Recherchen durchlebt Conde das Drama von Hemingways letzten Tagen in Kuba. Er befragt ehemalige Angestellte und alte Weggefährten und findet schließlich ganz unerwartet die Lösung für Hemingways letztes Geheimnis, nicht zuletzt dank Ava Gardners schwarzem Spitzenhöschen.

Leonardo Padura, geboren 1955 in Havanna, zählt zu den meistgelesenen kubanischen Autoren. Sein Werk umfasst Romane, Erzählbände, literaturwissenschaftliche Studien sowie Reportagen. International bekannt wurde er mit seinem Kriminalromanzyklus Das Havanna-Quartett. Im Jahr 2012 wurde ihm der kubanische Nationalpreis für Literatur zugesprochen, 2015 erhielt er den spanischen Prinzessin-von-Asturien-Preis in der Sparte Literatur, 2023 den Pepe Carvalho Preis. Leonardo Padura lebt in Havanna.

Leonardo Padura, geboren 1955 in Havanna, zählt zu den meistgelesenen kubanischen Autoren. Sein Werk umfasst Romane, Erzählbände, literaturwissenschaftliche Studien sowie Reportagen. International bekannt wurde er mit seinem Kriminalromanzyklus Das Havanna-Quartett. Im Jahr 2012 wurde ihm der kubanische Nationalpreis für Literatur zugesprochen, 2015 erhielt er den spanischen Prinzessin-von-Asturien-Preis in der Sparte Literatur, 2023 den Pepe Carvalho Preis. Leonardo Padura lebt in Havanna.

Noch einen?«, fragte Manolo.

»Klar«, antwortete El Conde.

»Doppelt oder normal?«

»Wofür hältst du mich?«

»Hey, Pfeife, zwei doppelte Rum«, rief Teniente Palacios mit hochgerecktem Arm dem Mann hinter der Theke zu, der sich sogleich daranmachte, die Gläser zu füllen, ohne seine Pfeife aus dem Mund zu nehmen.

Das ›Torreón‹ war keine saubere und schon gar keine gut beleuchtete Bar. Doch hier gab es Rum, Stille und nur wenige Betrunkene. Vom Tisch aus konnte El Conde aufs Meer schauen und auf die verwitterten Steine des Wehrturms aus der Kolonialzeit, dem die Bar ihren bombastischen Namen verdankte.

Der Mann, Pfeife im Mund, kam gemächlich an ihren Tisch, stellte die randvollen Gläser vor sie hin, klemmte sich die leeren zwischen die Finger mit den schmutzigen Nägeln und sah Manolo drohend an.

»’ne Pfeife ist höchstens deine Mutter«, sagte er langsam. »Und so was soll ’n Bulle sein …«

»Komm, reg dich ab, Mann«, versuchte Manolo ihn zu beruhigen, »war doch nur ’n Scherz, Pfeife.«

Der Barmann setzte sein unfreundlichstes Gesicht auf und schlurfte von dannen. Schon Mario hatte er böse angeblitzt, als dieser ihn gefragt hatte, ob er einen »Papa Hemingway« haben könne, jenen Daiquirí, den der Schriftsteller immer getrunken hatte: einen doppelten Rum, Limonensaft, ein paar Spritzer Maraschino, viel zerstoßenes Eis und kein bisschen Zucker. »Als ich das letzte Mal Eis zu Gesicht gekriegt hab, da war ich noch Pinguin«, hatte der Barmann entgegnet.

»Und woher wusstest du, dass ich hier bin?«, fragte El Conde seinen ehemaligen Kollegen, nachdem er einen kräftigen Schluck getrunken hatte.

»Dafür bin ich schließlich Polizist, oder?«

»Klau nicht meine Sprüche, du!«

»Du brauchst sie ja nicht mehr, Conde … wo du doch jetzt kein Polizist mehr bist.« Der Ermittler Manuel Palacios grinste. »Egal. Also, ich kenn dich doch, und da hab ich mir gedacht, dass du hier rumhockst. Ich weiß nicht, wie oft du mir die Geschichte erzählt hast von dem Tag, an dem du Hemingway begegnet bist. Hat er dir nun tatsächlich zugewinkt, oder ist das frei erfunden?«

»Das musst du selbst rauskriegen, dafür bist du schließlich Polizist …«

»Mies drauf?«

»Weiß nicht … Eigentlich hab ich gar keine Lust, mich da reinzuhängen … aber dann wieder doch.«

»Pass auf, Conde, häng dich so lange rein, wie du willst, und wenn du nicht mehr willst, dann hörst du auf, ja? Hat sowieso nicht viel Sinn, nach vierzig Jahren …«

»Ich weiß wirklich nicht, warum zum Teufel ich Ja gesagt hab … Wenn ich erst mal anfange, kann ich nicht mehr aufhören, selbst wenn ich will.«

Nach dieser Selbstkritik trank El Conde das Glas mit einem zweiten Schluck leer. Acht Jahre ohne Kripozentrale sind eine lange Zeit. Er hätte nie gedacht, dass er so einfach wieder in ihren Schoß zurückkehren könnte. Neuerdings verbrachte er die freien Stunden, in denen er nicht schrieb oder zumindest zu schreiben versuchte, damit, in der Stadt herumzulaufen und alte Bücher zu suchen, mit denen er das Antiquariat seines Freundes versorgte. Auch wenn dabei nicht viel zu verdienen war – er war mit fünfzig Prozent am Gewinn beteiligt –, hatte Mario seinen Spaß dabei. Seine neue Tätigkeit hatte viele Vorteile. Er erfuhr persönliche und familiäre Geschichten, die manchmal hinter der Entscheidung steckten, sich von einer in drei oder vier Generationen zusammengetragenen Bibliothek zu trennen, und die Zeitspanne zwischen Kauf und Verkauf konnte er dazu nutzen, all das interessante Zeug zu lesen, das durch seine Hände ging.

Der wesentliche Nachteil seines Händlerdaseins war allerdings, dass ihn der Anblick alter, wertvoller Bücher, die durch Gleichgültigkeit oder Unwissenheit gelitten hatten und häufig nicht mehr zu retten waren, wie eine offene Wunde schmerzte. Oder wenn er sich entschloss, besonders faszinierende Exemplare in sein eigenes Regal zu stellen, anstatt sie in den Laden seines Freundes zu bringen. Eine gefährliche Nebenwirkung der unheilbaren Krankheit namens Bibliomanie.

An diesem Morgen jedoch hatte ihn sein ehemaliger Kollege Manuel Palacios angerufen und ihm die Geschichte der Leiche, die auf der Finca Vigía gefunden worden war, auf dem Silbertablett serviert. Als die Frage kam, ob er den Fall übernehmen wolle, da war es ihm gewesen, als hätte er den Ruf der Wildnis vernommen. Mit einem gequälten Blick auf das weiße leere Blatt, das in seine prähistorische Underwood eingespannt war, hatte er Ja gesagt, kaum dass er die ersten Einzelheiten des Falles erfahren hatte.

Das Sommergewitter hatte Marios Viertel kräftig durchgeschüttelt. Solche Attacken von Wasser, Wind, Blitz und Donner pflegen sich, im Gegensatz zu den Hurrikanen im Herbst, nicht anzukündigen. Irgendwann am Nachmittag vollführen sie irgendwo auf der Insel ihren rasenden Totentanz, zerstören Bananenplantagen, verstopfen Abwasser-kanäle, aber richten nur selten größere Schäden an. Das Unwetter hatte seine Wut an der Finca Vigía ausgelassen, dem ehemaligen Wohnsitz von Ernest Hemingway und heutigen Museum in der Nähe von Havanna. Einige Dachziegel waren davongeflogen, der Strom war ausgefallen und ein Teil des Gartenzauns weggerissen worden. Vor allem jedoch hatte der Sturm einen uralten, todkranken Mangobaum gefällt, der sicherlich schon vor 1905, dem Jahr des Hausbaus, gepflanzt worden war. Und zusammen mit den Baumwurzeln waren die Knochen eines, wie die Spezialisten der Kripozentrale feststellten, etwa sechzigjährigen weißen Mannes mit beginnender Arthrose und einem alten, schlecht verheilten Bruch der Kniescheibe zum Vorschein gekommen, getötet zwischen 1957 und 1960 von zwei Kugeln, höchstwahrscheinlich aus einem Gewehr. Eine Kugel hatte das Brustbein sowie die Wirbelsäule zerschmettert. Die zweite war offenbar in den Bauch gedrungen und auf der Rückseite wieder ausgetreten, denn sie hatte eine hintere Rippe gebrochen.

Zwei Schüsse aus einer schweren Waffe, vermutlich aus nächster Nähe abgegeben, hatten den Tod jenes Mannes herbeigeführt, der jetzt nur noch ein Haufen angenagter Knochen in einem Plastiksack war.

»Weißt du, warum du Ja gesagt hast?«, fragte Manolo seinen früheren Kollegen mit einem amüsierten Grinsen, wobei das rechte Auge auf die Nasenscheidewand schielte. »Ein Arschloch ist und bleibt ein Arschloch, auch wenn er in die Kirche rennt und sogar zur Beichte geht. Und ein kaputter Typ, der einmal Polizist war, ist und bleibt Polizist. Darum, Conde.«

»Und warum erzählst du mir nicht was Interessantes, anstatt so ’n Stuss zu reden?«, gab Mario zurück. »Mit dem, was ich bis jetzt gehört hab, kann ich nicht mal …«

»Weil es im Moment nichts zu erzählen gibt … Und auch nicht geben wird, glaub ich. Das ist vierzig Jahre her, Conde.«

»Sag mir die Wahrheit, Manolo: Für wen ist der Fall von Interesse?«

»Willst du wirklich die Wahrheit wissen? Die reine Wahrheit? Zurzeit nur für dich, den Toten und Hemingway, und für sonst niemand. Also, mir ist die Sache völlig klar. Hemingway war ein äußerst reizbarer Mensch. Irgendwann ist ihm irgendjemand zu sehr auf den Zeiger gegangen, und da hat er ihm zwei Schüsse verpasst. Dann hat er die Leiche vergraben, und keiner hat danach gefragt. Später hat sich Hemingway eine Kugel in den Kopf geschossen, und damit hatte sich die Sache. Ich hab dich angerufen, weil ich wusste, dass dich die Geschichte interessieren würde. Ich will ’ne Weile warten, bevor ich den Fall zu den Akten lege. Sobald er nämlich in den Akten liegt, besteht die Gefahr, dass was davon durchsickert, und dann geht die Story von der Leiche auf Hemingways Grundstück um die ganze Welt, da kannst du einen drauf lassen …«

»Und natürlich wird man annehmen, dass Hemingway der Mörder ist. Aber wenn er nicht der Mörder ist?«

»Genau das sollst du rauskriegen, wenn du kannst … Schau mal, Conde, ich steck bis hier in Arbeit.« Der Teniente hob die Hand bis zu den Augenbrauen. »Es wird von Tag zu Tag schlimmer. Diebstahl, Betrug, Raubüberfälle, Prostitution, Pornografie …«

»Schade, dass ich kein Bulle mehr bin. Ich liebe Pornografie.«

»Red keinen Scheiß, Conde! Pornografie mit Kindern!«

»Dieses Land ist verrückt geworden.«

»Der Satz stammt nicht von dir … Meinst du, ich hätte da noch Zeit, mich mit Hemingways Leben zu beschäftigen, um herauszufinden, ob er den Mann umgebracht hat oder nicht? Einer, der sich vor tausend Jahren selbst umgebracht hat?«

El Conde schaute lächelnd aufs Meer hinaus. »Weißt du was, Manolo? Ich würde liebend gerne feststellen, dass Hemingway der Täter war. Der Kerl geht mir nämlich schon seit Jahren mächtig auf den Sack. Andererseits könnte ich es nicht haben, dass man ihm einen Mord anhängt, den er nicht begangen hat. Deswegen werd ich mich darum kümmern … Hat man die Stelle, an der die Leiche gefunden wurde, schon gründlich untersucht?«

»Nein, Crespo und El Greco gehen morgen hin. So was kann kein x-beliebiger Totengräber machen …«

»Und du, was hast du vor?«

»Ich werd mich um meinen eigenen Kram kümmern. In einer Woche, wenn du mir erzählst, was du weißt, werd ich den Fall abschließen und ihn so schnell...

Erscheint lt. Verlag 6.11.2015
Übersetzer Hans-Joachim Hartstein
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Ava Gardner • Der alte Mann und das Meer • Ernest Hemingway • Geschichte • Havanna • Hemingway • Karibik • Kriminalroman • Kuba • Lateinamerika • Tatverdacht
ISBN-10 3-293-30481-8 / 3293304818
ISBN-13 978-3-293-30481-9 / 9783293304819
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