Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Inspector Swanson und der Fall Jack the Ripper (eBook)

Ein viktorianischer Krimi
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
354 Seiten
Dryas Verlag
978-3-941408-80-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Inspector Swanson und der Fall Jack the Ripper -  Robert C. Marley
Systemvoraussetzungen
7,99 inkl. MwSt
(CHF 7,80)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
London, East End, 1888: Ein unheimlicher Killer verübt im Stadtteil Whitechapel eine bis dahin beispiellose Mordserie, der ausschließlich Prostituierte zum Opfer fallen. Er nennt sich selbst 'Jack the Ripper'. Scotland Yards Chief Inspector Donald Swanson und sein Team werden auf den Fall angesetzt. Doch alle Versuche, Licht ins Dunkel zu bringen, scheitern. Sogar Oscar Wilde und Lewis Carroll geraten in den Dunstkreis der Ermittlungen. Wer ist der perfide Killer? Und warum ordnet der Commissioner von Scotland Yard die Vernichtung von Beweismaterial an? Ist am Ende etwas dran an den Gerüchten, das britische Königshaus selbst habe seine Finger im Spiel?

Robert C. Marley, geboren 1971, ist Autor, Kriminalhistoriker, Goldschmiedemeister und Mitglied des Syndikats - der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren. Seit seiner Jugend liebt er Sherlock Holmes und Agatha Christie und besitzt ein privates Kriminalmuseum. Der Autor lebt mit seiner Frau und zwei Söhnen in einer sehr alten Stadt in Ostwestfalen.

Robert C. Marley, geboren 1971, ist Autor, Kriminalhistoriker, Goldschmiedemeister und Mitglied des Syndikats - der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren. Seit seiner Jugend liebt er Sherlock Holmes und Agatha Christie und besitzt ein privates Kriminalmuseum. Der Autor lebt mit seiner Frau und zwei Söhnen in einer sehr alten Stadt in Ostwestfalen.

ZWEITER TEIL


Delirium Tremens

 

Dienstag. Die Blaumäntel für unschuldig befunden. Freigelassen. Abendjournal äußerte den Verdacht, dass die Tat möglicherweise von einem Soldaten verübt worden sein könnte. Fand einen kleinen Trommlerjungen betrunken und hilflos. Schaffte ihn aufs Polizeirevier.
Punch, 22. Sept. 1888, Ein Kriminalbeamten-Tagebuch à la mode

 

Kapitel 2

Auf dem King’s Bench Walk, einer kleinen Straße im Inner Temple, stob der morgendliche Sommerwind bereits abgestorbenes Laub auf und ließ es in munter verspielten Wirbeln über das Pflaster tanzen.

Oben in Nummer 9 befand sich Montague John Druitt in freudiger, ausgelassener Stimmung. Die Wellen dunkler Depression, die in den vergangenen Wochen stetig zugenommen hatten und über seinem Kopf zusammenzuschlagen drohten, hatten sich gelegt.

Erst gestern hatte er noch ernsthaft mit dem verlockenden Gedanken gespielt, dieser ungerechten Welt, die fleißige junge Menschen zu verachten schien und mit Erfolglosigkeit strafte, zu entfliehen. Doch heute Morgen hatte sich etwas ereignet, das ihn erneut Hoffnung schöpfen ließ.

Vor sechs Jahren hatte er – nach anfänglichen Schwierigkeiten mit seinem Vater, der der Meinung war, Juristen seien ein elendes, geldgieriges Pack, das aus dem kriminellen Trieb anderer Gewinne zog – den Berufsweg des Barristers eingeschlagen. Drei lange Jahre hatte er ausschließlich für seine juristischen Lehrbücher gelebt, hatte studiert, gelernt und eine Prüfung bestanden; wieder studiert, wieder gelernt und schließlich noch eine Prüfung mit Erfolg abgelegt. Am 29. April 1885 war er dann mit weichen Knien und in seinen schwarzen Talar gehüllt vor die Mitglieder des Inns getreten und hatte unzählige feuchte Hände geschüttelt. Auf diese Weise war er ein Barrister mit allen Rechten und Pflichten geworden.

Seit dieser Zeit besaß er die Zimmer im Temple, die er eigentlich als Büroräume gemietet hatte, um dort Klienten zu empfangen. Doch die Kanzlei war ein Reinfall gewesen.

Seit Montague John eingesehen hatte, dass er früher oder später verhungern würde, wenn er weiterhin untätig in seinem Büro auf dem King’s Bench Walk sitzen und auf Kundschaft warten müsste, hatte er seinen Talar in die hinterste Ecke des Kleiderschrankes verbannt und eine etwas lukrativere Stellung als Hilfslehrer in Blackheath angenommen.

Die Privatschule, in der er seit nunmehr sechs Monaten Englisch und Rechtswissenschaften unterrichtete, war ein schönes Haus im barocken Baustil. Sie befand sich am Eliot Place Nummer 9 und wurde von Mr George Valentine geleitet, einem unangenehmen herrischen Mann, der nicht müde wurde, ihn von morgens bis abends zu kritisieren und ihm vollkommene Unfähigkeit in allen Belangen vorzuwerfen. Dazu kam noch, dass es in Montague Johns Unterrichtsstunden keine Prügelstrafe gab, was zur Folge hatte, dass er damit das gesamte Kollegium gegen sich aufbrachte und der Schulleiter sich gezwungen sah, ihm mit der Kündigung zu drohen. Doch zweiundvierzig Internatsschüler zu bändigen, war keine leichte Sache. Und Montague John hatte sich für ein eher freundschaftliches Verhältnis zu den Knaben entschieden. Auf diese Weise kam er gut mit ihnen zurecht, und wenn eines der Kinder ein Problem hatte, dann war es sicherlich nicht Mr Valentine, zu dem es damit ging.

In gewisser Weise war er froh, dass man ihm wegen des akuten Platzmangels, der dort herrschte, kein eigenes Zimmer in der Schule zugeteilt hatte. So konnte er jeden Nachmittag gegen vier Uhr dem ungeliebten Internatsgebäude den Rücken kehren und einen Zug zurück in die Stadt nehmen.

Jetzt stand er fröhlich pfeifend vor dem Spiegel im Schlafzimmer und pomadisierte sein akkurat in der Mitte gescheiteltes Haar. Neben ihm auf der Kommode lag das Telegramm, das er mit der Morgenpost bekommen hatte und das er wie ein kleines aufgeregtes Kind nicht mehr aus den Augen ließ.

Telegramm
BENÖTIGE IHREN BEISTAND --- STOP --- SOFORTIGES ERSCHEINEN DRINGEND ERFORDERLICH --- STOP --- WURDE VERHAFTET --- STOP --- BIN UNSCHULDIG --- STOP --- SITZE IM SCOTLAND YARD --- STOP = L. FORBES WINSLOW +

 

Dem Postboten, der ihm diese Nachricht überbracht hatte, wäre Montague John am liebsten voll überschwänglicher Freude um den Hals gefallen. Doch der Verstand hatte über die impulsive Leidenschaft gesiegt, und er hatte sich damit begnügt, dem steifen und erstaunten Beamten lediglich fünf seiner letzten zwanzig Pence hinter dessen Mützenband zu stecken. Dann war er noch vor dem Frühstück zur Post geeilt und hatte seinerseits ein an Mr Valentine adressiertes Telegramm aufgegeben, in dem er dem Schulleiter mitteilte, dass er die Grippe habe und heute unmöglich unterrichten könne. Mit sich und der Welt zufrieden, war er anschließend in seine drei Zimmer auf dem King’s Bench Walk zurückgekehrt, hatte ein kleines Stück gebratenen Speck verzehrt und das Mottenpulver aus seinem Talar gebürstet.

Montague John Druitt schraubte den Deckel auf die Dose mit der Haarpomade und stellte sie neben den Kamm auf die Kommode. Die Sonne schien erfrischend hell zum Fenster herein, und er blieb eine Weile dort stehen und schaute nach draußen. Wenn ein Tag so begann wie der heutige, dann hatte die alte Tempelanlage mit ihren graubraunen Bauten, mit ihren Erkern und schattigen Nischen beinahe etwas Romantisches an sich. Er konnte sich mühelos das Gejohle und Lachen betrunkener Tempelritter vorstellen – die Gelage, die sie im Hof abhielten, wenn sie von den Kreuzzügen zurückkehrten. Der würzige Duft von Ochsenfleisch stieg ihm in die Nase, während er dastand und über vergangene Jahrhunderte nachdachte.

Der junge Barrister warf einen Blick auf seine Taschenuhr und stellte fest, dass es schon Viertel nach elf war – Zeit, sich auf den Weg zu Scotland Yard zu machen. Er nahm das Telegramm von der Kommode, faltete es beinahe zärtlich zusammen und versenkte es in der Brusttasche seiner Sommerjacke. Dann betrachtete er sich nochmals prüfend im Spiegel, strich eine Haarsträhne, die ihm in die Stirne gerutscht war, zurück und warf sich schwungvoll den Mantel über die rechte Schulter, ehe er das Haus verließ.

 

„So, und nun noch einmal alles von vorn.“ Inspector Abberline füllte seinen Becher bis zum Rand mit Tee und ließ sich breitbeinig auf dem Stuhl nieder, der dem Dr. Winslows genau gegenüber stand. Der Beamte umfasste den Becher mit beiden Händen. Dann beugte er sich so weit zu Forbes Winslow hinüber, dass seine Nasenspitze fast dessen Stirn berührte, und setzte ein eisiges Lächeln auf. „Sie verließen also das Pub gegen Mitternacht.“

 

Der Doktor nickte matt, weil er seit Stunden nichts anderes getan hatte, als mindestens zehn Mal dieselbe Geschichte zu wiederholen und mehrere Dutzend Mal dieselben Fragen zu beantworten.

Frederick Abberline packte ihn grob an der rechten Schulter und schüttelte ihn. „So, mein Lieber, vorhin haben Sie noch Stein und Bein geschworen, es sei um halb eins gewesen. Was soll ich davon halten?“ Er warf seinem Sergeant einen triumphierenden Seitenblick zu. „Wir müssen uns da einig werden, Doktor.“ Abberline ließ Winslow los und meinte sanft: „Sie werden uns schon noch die Wahrheit sagen; das verspreche ich Ihnen. Selbst wenn ich Ihnen dafür jeden Zahn einzeln ausbrechen muss.“

„Nicht, Fred“, mahnte Sergeant Godley, der genau wusste, dass sein Vorgesetzter nie verstanden hatte, warum man die wirkmächtigsten Zauber in einer so modernen Zeit wie der heutigen nicht mehr anwenden durfte. „Mögen Sie einen Tee, Mr Winslow?“

„Doktor Winslow“, sagte der Arzt zermürbt und nickte wieder.

 

Auf der Fleet Street hielt Montague John eine Droschke an, und eine knappe halbe Stunde darauf stand er mit weichen Knien auf der Treppe des Polizeigebäudes.

So sehr ihn die Tatsache, dass man seiner Hilfe als Rechtsbeistand bedurfte, erfreute, so sehr fürchtete er auch zu versagen. Was, wenn er der Sache nicht gewachsen war? Was, wenn er plötzlich merkte, dass er zu lange aus seinem Beruf heraus war? Was, wenn er bei der Verhandlung unter den bohrenden Blicken des Richters sein Plädoyer verpatzte? Was, wenn er zu stammeln anfing wie ein verängstigtes Kind, dem Mr Valentine mit dem Rohrstock drohte?

Nein, verdammt! Er würde sein Bestes geben, das war er Doktor Winslow schuldig. Er kannte den Arzt seit ungefähr einem Jahr und hatte Winslow damals aufgesucht, weil er wirklich fürchtete, den Verstand zu verlieren. Sein Misserfolg als Jurist hatte ihn in tiefe Angstzustände gestürzt. Darüber hinaus litt seine Mutter, Mrs Ann Druitt, seit ihres Mannes Tod an einem seltsamen Nervenleiden, das auf ihr Gehirn übergegriffen und zu einer bedenklichen und unheilbaren Persönlichkeitsspaltung geführt hatte. Montague John hatte schreckliche Angst davor gehabt, er könne diese Krankheit geerbt haben, und war, ehe Dr. Winslow sich seiner angenommen hatte, von schlimmsten Albträumen heimgesucht worden. Der Arzt jedoch hatte ihn in jeder Beziehung beruhigt und ihm angeraten, sich erst einmal um eine bezahlte Stellung zu bemühen, denn die leere Brieftasche sei sein wahres Problem. Was seine juristische Karriere anginge, würde er seine Chance schon bekommen. Und heute war es so weit. Um nichts in der Welt würde er den Mann, der ihn vor dem sicheren Irrsinn bewahrt und ihm heute seinen ersten Fall beschert hatte, enttäuschen.

Montague John Druitt, Barrister von Gottes Gnaden, atmete tief und gleichmäßig durch und trat entschlossen ein.

Die Luft in dem kleinen Vorraum war stickig, und es roch nach feuchten Uniformen,...

Erscheint lt. Verlag 21.5.2015
Reihe/Serie Inspector Swanson: Baker Street Bibliothek
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Carol Lewis • England • Großbritannien • Humor • Jack the Ripper • Krimi • London • Oscar Wilde • viktorianisch • Whitechapel
ISBN-10 3-941408-80-1 / 3941408801
ISBN-13 978-3-941408-80-7 / 9783941408807
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Thrille

von James Kestrel

eBook Download (2023)
Suhrkamp (Verlag)
CHF 16,60
Tante Frances dachte immer, dass sie eines Tages umgebracht wird. Sie …

von Kristen Perrin

eBook Download (2024)
Rowohlt Verlag GmbH
CHF 12,65