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Im Zauber des Frühlings: Wer bist du, schöner Fremder? (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
120 Seiten
MIRA Taschenbuch (Verlag)
978-3-95649-529-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im Zauber des Frühlings: Wer bist du, schöner Fremder? - Maura Seger
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Das Frühjahr mit einem attraktiven Mann in den Bergen genießen eigentlich kann sich Lauren nichts Romantischeres vorstellen. Was sie nicht weiß: John hütet ein gefährliches Geheimnis.

1. KAPITEL


Es war nichts Besonderes an dem Mann, der auf dem Behandlungstisch in der Notaufnahme lag. Er war dreimal angeschossen worden: einmal in den Bauch und zweimal in die Brust. Sein Oberkörper war nackt, und er war mit einem halben Dutzend Monitoren, einigen Infusionsschläuchen und einem Beatmungsgerät verbunden.

Das Notärzteteam schwirrte um ihn herum. Alle taten, was sie unzählige Male getan hatten: Sie versuchten, Leben zu retten.

In diesem Fall wurden ihre Anstrengungen durch die Tatsache erschwert, dass der Mann schon klinisch tot war. Nicht zum ersten Mal war jemand in diesem Zustand ins St. Mary’s Hospital eingeliefert worden, und nur die Verlierer verließen es auch tot.

Dieser Mann würde dazugehören, wenn sich nicht bald etwas änderte. Felix begann bereits zu schwitzen. Das war immer ein schlechtes Zeichen. Wenn Felix schwitzte, beschäftigte er sich innerlich mit dem Gedanken, dass seine Wiederbelebungsversuche vergeblich sein könnten. Vielleicht – aber nur vielleicht – musste er bei diesem Menschen aufgeben.

„Elf Minuten“, sagte Lauren Walters. Ihre Stimme klang ebenso sachlich wie resignierend. Sie besaß eine Menge Erfahrung. Acht Jahre Tätigkeit als Schwester, davon sechs in der Notaufnahme und zwei als stellvertretende Oberschwester der Station, bedeuteten, dass ihr kaum noch etwas fremd war. Zuviel davon tauchte seit Kurzem in ihren Träumen auf. Aber daran dachte sie in diesem Moment nicht.

Elf Minuten waren seit Beginn der Wiederbelebungsmaßnahmen vergangen. Hinzuzählen musste man die Zeit im Notarztwagen, wo der Kreislauf künstlich aufrechterhalten worden war, bis der Mann in den Behandlungsraum Nr. 3 und damit in Felix’ kompetente Hände gekommen war. Sie hatten ihm bereits einen Tubus in die Luftröhre geschoben. Schon während des Röntgens waren die Blutuntersuchungen und die sonstigen erforderlichen Tests angestellt worden. Jetzt sah es aus, als wären alle Bemühungen vergeblich gewesen.

Lauren betrachtete den kleinen grünen Monitor. Nichts. Die Kurve des Patienten war absolut flach. Felix blieben nicht mehr viele Möglichkeiten. Er konnte sich rittlings auf den Brustkorb des Mannes setzen, die Rippen brechen und das Herz mit der Hand massieren, während er ihn in den OP bringen ließ. Aber das war kaum mehr als eine große Schau. Alle wussten, dass es praktisch niemals klappte. Die Zeit lief ihnen davon.

Lauren warf dem Arzt einen kurzen Blick zu. Er nickte, richtete sich auf und griff nach den Polen des Schockgerätes. „Fertig.“

Alle traten zurück. Felix legte die Pole an, durch die genügend Strom floss, um einen Toten zu wecken, wie es in einem alten, wenn auch nicht sehr geschmackvollen Scherz hieß. Die Linie auf dem Monitor zuckte, bildete Zacken und wurde wieder flach. Felix schwitzte stärker als zuvor. Erneut sah er Lauren an. Sie hielt seinem Blick stand und ließ sich nicht anmerken, dass die Grenze ihrer Ansicht nach praktisch erreicht war.

„Fertig!“

Dieselbe harte Prozedur. Der Patient bäumte sich unter dem Stromstoß reflexartig auf, die weiße Linie bildete Zacken und … Instinktiv hielt Lauren die Luft an und merkte nicht, dass sie die Zähne in die Unterlippe biss. Der Mann war nicht viel älter als dreißig, höchstens fünfunddreißig. Weshalb wollte er schon sterben?

Die Linie schoss wieder in die Höhe, zuckte ein wenig und – lief weiter. Von allein.

„He!“, sagte Felix und blickte äußerst zufrieden drein. „Merkt ihr was?“

Die Spannung im Raum verringerte sich unmerklich. Doch das Arbeitstempo ließ nicht nach. Es war noch ein langer Weg zum Operationssaal und zu den Chirurgen, die den Patienten vielleicht – wie gesagt, vielleicht – wieder zusammenflicken konnten.

Lauren ließ die Linien auf dem Monitor nicht aus den Augen. Im Laufe der Jahre hatte sie eine Art sechsten Sinn entwickelt und entnahm den kleinen Bildschirmen mehr als allgemein üblich. Deshalb hatte nicht nur Felix sie gern bei seinen Noteinsätzen dabei. Sie gab ihnen zusätzliche Sicherheit.

Lauren ahnte nichts davon. Doch sie war sehr zufrieden mit dem, was sie sah. Das Herz des Patienten pumpte das Blut wieder aus eigener Kraft durch die Adern. Immer weniger davon tropfte auf den Boden der Notaufnahme. Vielleicht gehörte der Mann am Ende doch zu den Gewinnern.

Zwanzig Minuten später wurde er hinausgerollt, um rasch nach oben in den OP gebracht zu werden, und Lauren hatte die leise Hoffnung, dass er es schaffen könnte. Sie hatte ihren Mundschutz schon abgelegt und zog gerade die Gummihandschuhe und den Schwesternkittel aus, da trat Felix zu ihr. Er sah richtig glücklich aus.

„Ich fürchtete schon, wir könnten nichts mehr für ihn tun.“

Lauren nickte. „Er ist ein ziemlich zäher Bursche.“

„Man ist nie ganz sicher. Manchmal erstaunen einen die Patienten wirklich. Hatte er Papiere bei sich?“

Felix empfand ein natürliches Bedürfnis, den Namen desjenigen zu erfahren, dessen Leben sie – vielleicht – soeben gerettet hatten.

„Keine Ahnung“, antwortete Lauren. „Ich sehe einmal nach. Eine Brieftasche oder eine Geldbörse müsste er eigentlich bei sich gehabt haben.“ Sie wollte ins Behandlungszimmer zurückkehren, wo die Helfer schon wieder Ordnung schufen, da ertönte es aus den Lautsprecher: „Verkehrsunfall mit vier Fahrzeugen auf der Fifth Avenue. Die Verletzten sind auf dem Weg hierher. Soll ziemlich schlimm aussehen.“

Noch während die Ansage lief, heulten draußen schon die Sirenen der Krankenwagen. Felix ergriff frische Gummihandschuhe und eilte zur Tür. Lauren folgte ihm. Sollte sich jemand anders darum kümmern, wer der vorige Patient gewesen war.

Laurens Nacken tat entsetzlich weh. Zum dritten Mal in dieser Woche spürte sie einen pochenden Schmerz, als hätte jemand ein Messer zwischen ihren ersten und zweiten Halswirbel getrieben. Natürlich lag es am Stress. Aber deshalb schmerzte es nicht weniger.

In Gedanken ging sie die Liste der Medikamente durch, die sie einnehmen könnte, und zog ihren Pullover über den Kopf. Der Umkleideraum der Frauen war um diese Zeit leer. Sie war nach Abschluss ihrer Schicht noch eine weitere halbe Stunde geblieben, um bei einem Patienten mit Herzflimmern zu helfen. Es war nach Mitternacht, und ihre nächste Schicht begann um acht. Wie in zahlreichen Krankenhäusern herrschte auch im St. Mary’s Schwesternmangel. Die Verantwortlichen weigerten sich, zusätzliche Leute einzustellen, und zogen es vor, das Stammpersonal bis zur Erschöpfung arbeiten zu lassen. Lauren seufzte stumm. Sie hatte kein Ruhekissen erwartet, als sie ihren Arbeitsvertrag unterschrieb. Aber dies wurde entschieden zu viel.

Vielleicht sollte sie ernsthaft über die Stelle als Betriebsschwester nachdenken, die man ihr angeboten hatte. Dort hätte sie nicht viel mehr zu tun, als den Blutdruck der gehetzten Führungskräfte zu messen und über deren Gesundheitszustand zu wachen. Es gäbe mehr Geld und erheblich weniger Ärger. Das Problem war nur, dass sie sich dort spätestens nach einer Woche zu Tode langweilen würde.

Lauren verließ den Umkleideraum. Sie brauchte dringend etwas Schlaf, sonst drehte sie noch durch.

„Bye-bye, Lauren“, rief Ginny Germaine, die zuständige Nachtschwester der Notaufnahme, ihr nach. Sie war schwarz, als hätte sie Kaffee in den Adern, spindeldürr, unverwüstlich und immer auf dem Posten. Lauren ging an ihrem Schreibtisch vorüber und winkte ihr müde zu.

„Bye-bye, Ginny. Ich bin für heute Nacht weg.“

Ginny lachte leise, und ihr kakaobraunes Gesicht strahlte. „Versuch ein bisschen zu schlafen, Mädchen. Deine Tränensäcke werden immer dicker.“

„Wenn du so etwas sagst, fühle ich mich gleich viel besser.“

„Trotzdem stimmt es. He, ich habe gehört, dass ihr den Kerl retten konntet, der heute Nachmittag im Central Park angeschossen wurde. Es steht auf der Titelseite der Tribune.“

Lauren warf einen Blick auf die Zeitung, die Ginny gelesen hatte. Auf der ersten Seite befand sich das Schwarz-Weiß-Foto eines Mannes in korrektem Anzug, der neben einem teuren Sportwagen auf dem Bürgersteig lag. Die Schlagzeile lautete: „Unbekannter das 500ste Opfer eines Schusswechsels in diesem Jahr.“

„Man weiß nicht, wer er ist?“, fragte Lauren nicht besonders neugierig. Sie war zu müde, um ein größeres Interesse für den Mann aufzubringen.

Ginny zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich nicht. Irgendjemand wird den Kerl schon erkennen. Er sieht verdammt gut aus.“

Lauren betrachtete das Foto erneut. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass der Mann, der nackt vor ihr in der Notaufnahme gelegen hatte, nicht nur ein Fall mit schrecklichen Verletzungen und beunruhigenden Kreislaufdaten war. Er sah ausgesprochen gut aus. Selbst das grobkörnige Bild und die Tatsache, dass er bewusstlos gewesen war, als das Foto aufgenommen wurde, änderten nichts daran.

Dichtes schwarzes Haar, ein markantes Gesicht. Seine Augen waren geschlossen. Er hatte eine gerade Nase, einen wohlgeformten Mund und ein ausgeprägtes Kinn. Außerdem wirkte er sehr sportlich.

Felix hatte gesagt, der Mann wäre in Topform, während er ihn wiederzubeleben versuchte. Jemand in dieser Verfassung durfte seiner Meinung nach einfach nicht an einer Kleinigkeit wie drei Kugeln im Körper sterben.

„Ist er schon aus dem Operationssaal heraus?“, fragte Lauren und interessierte sich plötzlich mehr für den Mann, als sie sich normalerweise erlaubte. Es belastete zu stark.

Ginny nickte. „Ja, er ist auf der Intensivstation. Sie haben einen Polizisten davor postiert.“...

Erscheint lt. Verlag 10.2.2016
Übersetzer Louisa Christian
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Berge • Frühling • Geheimnis • Happy End • Liebe • Romance • Romantik pur • Urlaub • Vergangenheit • wahre Liebe
ISBN-10 3-95649-529-2 / 3956495292
ISBN-13 978-3-95649-529-8 / 9783956495298
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