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Fingerhut-Sommer (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
400 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-42725-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fingerhut-Sommer -  Ben Aaronovitch
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Der fünfte Band: Schwarzer Humor trifft auf schwarze Magie Obwohl sich Police Constable Peter Grant schon unwohl fühlt, wenn er Londons Skyline auch nur ein paar Kilometer weit hinter sich lässt, wird er jetzt in die tiefste Provinz geschickt: in einen kleinen Ort in Herefordshire - wo sich Fuchs, Hase und der Dorfpolizist Gute Nacht sagen. Aber es werden zwei Kinder vermisst, und ihr Verschwinden erfolgte womöglich unter magischen Umständen. Also muss Peter notgedrungen sein angestammtes Biotop verlassen. Mit der Flusstochter Beverley Brook begibt er sich mutig nach Westen, hinein ins ländliche England ...

Ben Aaronovitch wuchs in einer politisch engagierten, diskussionsfreudigen Familie in Nordlondon auf. Er hat Drehbücher für viele TV-Serien, darunter >Doctor Who<, geschrieben und als Buchhändler gearbeitet. Inzwischen widmet er sich ganz dem Schreiben. Er lebt nach wie vor in London. Seine Fantasy-Reihe um den Londoner Polizisten Peter Grant mit übersinnlichen Kräften eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm.

Ben Aaronovitch wuchs in einer politisch engagierten, diskussionsfreudigen Familie in Nordlondon auf. Er hat Drehbücher für viele TV-Serien, darunter ›Doctor Who‹, geschrieben und als Buchhändler gearbeitet. Inzwischen widmet er sich ganz dem Schreiben. Er lebt nach wie vor in London. Seine Fantasy-Reihe um den Londoner Polizisten Peter Grant mit übersinnlichen Kräften eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm.

1

Gebotene Sorgfalt


Ich fuhr gerade am Hoover Centre vorbei, da hörte ich hinter mir Mr. Punch laut seine Wut hinausschreien. Vielleicht war es aber auch nur Bremsenquietschen oder entferntes Sirenengeheul. Oder ein Flugzeug im Landeanflug auf Heathrow.

Seit ich von diesem Hochhaus in Elephant and Castle gesprungen war, hatte ich ihn immer mal wieder schreien hören. Es war kein wirklicher Schrei, möchte ich dazusagen. Eher eine vage Impression, etwas, das sich durch die Stadt selbst ausdrückte. Man könnte es Supravestigium nennen, wenn Nightingale nicht so vehement dagegen wäre, dass ich mir eigene Begriffe für so was ausdenke.

Manchmal klingt es drohend, manchmal ist es eher ein dünnes verzweifeltes Stöhnen im Luftzug der fahrenden U-Bahn. Dann wieder wimmert und bettelt er im entfernten Rauschen des spätabendlichen Verkehrs. Ein launenhafter Typ, unser Mr. Punch. So unberechenbar und gefährlich wie die samstagabendlichen Feiermeuten.

Diesmal klang es bis zum Äußersten gereizt und wütend. Ich verstand allerdings nicht ganz, warum – schließlich war nicht er es, der aus London wegmusste.

Die BBC als Institution ist knapp über neunzig Jahre alt. Das bedeutet, mit dem Rundfunk ist Nightingale vertraut genug, um sich ohne weiteres ein Digitalradio ins Badezimmer zu stellen, mit dem er beim Rasieren BBC 4 hört. Wahrscheinlich nimmt er an, die Sprecher säßen immer noch akkurat im Dreiteiler mit Fliege da, während sie in Today das politische Opfer des Tages sezieren. Jedenfalls bekam er das mit den verschwundenen Kindern vor mir mit – was ihn selbst am meisten erstaunte.

»Ich dachte, Sie seien ein großer Freund des allmorgendlichen Pressefunks«, sagte er beim Frühstück, nachdem ich gestanden hatte, dass mir die Nachricht neu war.

»Ich hab trainiert.« In den Wochen seit dem Einsturz von Skygarden Tower (während ich zufällig obendrauf stand) war ich einer der Hauptzeugen in drei verschiedenen Ermittlungen gewesen, zuzüglich einer internen Untersuchung des Direktorats für die Aufrechterhaltung der professionellen Standards. Den Großteil jedes Tages hatte ich damit verbracht, in verschiedenen über ganz London verteilten Polizeirevieren Rede und Antwort zu stehen – einschließlich des berüchtigten 23. Stockwerks des Empress State Building, wo das DPS die Daumenschrauben für die besonders schweren Fälle aufbewahrt. Daher hatte ich mir angewöhnt, früh aufzustehen und erst mein Zaubertraining und ein kleines Programm im Fitnessraum zu absolvieren, bevor ich mich auf die Socken machte, um fünf verschiedenen Leuten dieselbe verdammte Frage zu beantworten. Das war aber okay; seit Lesley mich in den Rücken getasert hatte, schlief ich sowieso nicht besonders gut.

Anfang August war die Flut der Befragungen langsam abgeebbt, aber die Gewohnheit – und die Schlaflosigkeit – war mir geblieben.

»Wurde unsere Hilfe angefordert?«, fragte ich.

»Was die offizielle Ermittlung betrifft: nein. Doch wenn es um Kinder geht, haben wir eine gewisse Verantwortung.«

Es wurden zwei vermisst, beides Mädchen, beide elf Jahre alt, aus verschiedenen Familien im selben Dorf in Nord-Herefordshire. Die Polizei war gestern Morgen um kurz nach neun Uhr benachrichtigt worden, und die Medien wurden aufmerksam, als abends die Handys der Mädchen bei einem Kriegerdenkmal gefunden wurden, mehr als einen Kilometer vom Wohnort der beiden entfernt. Über Nacht hatte sich die Meldung auch überregional verbreitet, und laut den Today-Nachrichten sollte am heutigen Tag eine groß angelegte Suchaktion gestartet werden.

Ich wusste, dass das Folly auf pragmatische, unausgesprochene, von niemandem gern thematisierte Weise auch auf nationaler Ebene engagiert war. Aber was das mit vermissten Kindern zu tun haben sollte, war mir schleierhaft.

»In der Vergangenheit«, erklärte Nightingale, »wurden Kinder leider gelegentlich bei bestimmten …«, er suchte nach dem richtigen Wort, »unethischen Magiepraktiken eingesetzt. Es war stets unsere Devise, ein Auge auf Fälle von vermissten Kindern zu haben und, wenn nötig, tätig zu werden, um sicherzugehen, dass nicht gewisse Individuen in der näheren Umgebung darin verwickelt waren.«

»Gewisse Individuen?«

»Wald- und Wiesenzauberer und dergleichen.«

»Wald- und Wiesenzauberer« war der Folly-Begriff für jeden Praktizierenden, der sich seine magischen Kenntnisse entweder auf eigene Faust außerhalb des Folly angeeignet oder aber sich aufs Land in den Ruhestand zurückgezogen hatte und dort das tat, was Nightingale als »sich dem rustikalen Leben hingeben« bezeichnete. Wir blickten beide zu Varvara Sidorovna Tamonina hinüber, ehemals Leutnant im 365. Sonderregiment der Roten Armee, die an einem Tisch am anderen Ende des Frühstücksraums saß, schwarzen Kaffee trank und in der Cosmopolitan blätterte. Als rotarmistische Zauberin fiel Varvara Sidorovna definitiv unter »dergleichen«. Aber da sie seit zwei Monaten in Erwartung ihres Gerichtsverfahrens unter unserer Aufsicht im Folly wohnte, war es unwahrscheinlich, dass gerade sie etwas damit zu tun hatte.

Varvara war erstaunlicherweise schon vor mir zum Frühstück erschienen und sah für jemanden, der am Vorabend zwei Flaschen Stolichnaya fast im Alleingang geleert hatte, geradezu ungehörig munter aus. Nightingale und ich hatten versucht, sie betrunken zu machen, um vielleicht mehr über den gesichtslosen Magier, der uns das Leben schwer machte, aus ihr herauszukitzeln, aber herausgekommen waren lediglich ein paar echt eklige Witze, von denen die meisten nur auf Russisch lustig zu sein schienen. Bei mir hingegen hatte der Wodka seine Wirkung ordnungsgemäß entfaltet, und ich hatte zur Abwechslung mal eine Nacht fast komplett durchgeschlafen.

»Also ein bisschen wie ViSOR?«, sagte ich.

»Ist das die Liste der Sexualstraftäter?«, fragte Nightingale, der sich klugerweise nie die Mühe machte, ein Akronym auswendig zu lernen, bevor es nicht mindestens zehn Jahre in Gebrauch war. Ich nickte, und er überdachte meine Frage, während er sich noch eine Tasse Tee einschenkte.

»Betrachten Sie es besser als Verzeichnis gefährdeter Personen«, sagte er dann, »bezüglich derer unsere Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass sie sich nicht auf etwas einlassen, was sie später vielleicht bereuen würden.«

»Halten Sie das in diesem Fall für wahrscheinlich?«

»Nicht sehr wahrscheinlich, nein. Aber in solchen Angelegenheiten sollte man stets auf Nummer sicher gehen. Außerdem«, er lächelte, »wird es Ihnen guttun, mal ein paar Tage aus der Stadt herauszukommen.«

»Weil es nichts Aufbauenderes gibt als eine hübsche Kindesentführung.«

»Ganz recht.«

Also verbrachte ich nach dem Frühstück eine Stunde in der Tech-Gruft, meinem mit dem Zubehör des modernen Lebens ausgestatteten Domizil in der ehemaligen Remise, holte mir Hintergrundinformationen aus dem Netz und lud meinen Laptop auf. Ich hatte gerade mal wieder die obligatorische Großeinsatzschulung Stufe 1 hinter mich gebracht, deshalb warf ich neben meiner Übernachtungstasche auch die fertig gepackte Bereitschaftstasche in den Kofferraum meines Ford Asbo. Den Feuerschutzanzug würde ich vielleicht nicht brauchen, aber die klobigen Bereitschaftsstiefel hatten gegenüber meinen Straßenschuhen einige Vorteile. Ich war schon mal auf dem Land gewesen und bin durchaus fähig, aus meinen Fehlern zu lernen.

Dann ging ich ins Folly zurück. Nightingale fand ich in der Bibliothek. Er drückte mir einen mit verblichenen roten Bändern verschnürten Aktendeckel in die Hand, der etwa dreißig Blatt hauchdünnes, dicht mit der Maschine beschriebenes Papier enthielt, außerdem Fotokopien von Ausweispapieren.

»Hugh Oswald. Kämpfte bei Antwerpen und Ettersberg.«

»Er hat Ettersberg überlebt?«

Ohne mich anzusehen, sagte Nightingale: »Er hat es zurück nach England geschafft. Aber er entwickelte das, was man heutzutage wohl posttraumatische Belastungsstörung nennt. Er lebt seither von seiner Invalidenrente und ist unter die Bienenzüchter gegangen.«

»Wie gut ist er als Magier?«

»Nun, es ist sicher besser, wenn Sie gar nicht erst versuchen, das herauszufinden. Aber ich nehme an, er ist ein wenig aus der Übung.«

»Und wenn er mir verdächtig vorkommt?«

»Dann behalten Sie das für sich, ziehen sich diskret zurück und rufen mich bei der ersten Gelegenheit an.«

Ehe ich zur Hintertür hinausschleichen konnte, kam Molly aus ihrem Küchenreich geglitten und fing mich ab. Mit einem schmalen Lächeln legte sie fragend den Kopf schief.

»Ich dachte, ich hol mir auf dem Weg was«, sagte ich.

Die blasse Haut zwischen ihren dünnen schwarzen Augenbrauen runzelte sich.

»Ich wollte dir keine Umstände machen.«

Mit ihren langen Fingern streckte sie mir eine orangerote Sainsbury’s-Tüte entgegen. Ich nahm sie. Sie war erstaunlich schwer. »Was ist da drin?«

Aber Molly lächelte nur, wobei zu viele Zähne sichtbar wurden, drehte sich um und glitt davon.

Misstrauisch hob ich die Tüte an. In letzter Zeit hatte sich der Anteil an Innereien etwas reduziert, aber tendenziell waren Mollys kulinarische Kombinationen noch immer sehr exzentrisch. Ich verstaute die Tüte vorsichtig im schattigen Fußraum der Rückbank. Egal womit die Sandwiches belegt waren, zu viel Wärme tat ihnen sicher nicht gut, und ich wollte um jeden Preis vermeiden, dass sie anfingen zu riechen oder zu schimmeln oder sich spontan in eine neue...

Erscheint lt. Verlag 21.8.2015
Reihe/Serie Die Flüsse-von-London-Reihe (Peter Grant)
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 5. Fall • Alex Verus • benedict jacka • Bestseller • Beverly Brook • Cosy Crime • eBook • Fantasy • Fantasykrimi • Fantasyliteratur • Fantasy-Serie • Flussgötter • folly • fünfter Fall • Harry Dresden • Harry Potter für Erwachsene • Herefordshire • Jim Butcher • Kevin Hearne • Krimi • Kriminalroman • kulturpass • Magier • Peter Grant • Schwarze Magie • Thomas Nightingale • Tinte und Siegel • Unterhaltung • Urban Fantasy • Urban-Fantasy-Serie • Zauberlehrling
ISBN-10 3-423-42725-6 / 3423427256
ISBN-13 978-3-423-42725-8 / 9783423427258
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