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Blutkapelle (eBook)

Kaltenbachs zweiter Fall

(Autor)

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2014 | 7. Auflage
309 Seiten
Gmeiner-Verlag
978-3-8392-4473-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Blutkapelle -  Thomas Erle
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Eine tote Stadtführerin auf dem Grab von Goethes Schwester, kurz darauf ein Anschlag auf den beliebten Stadtarchivar! Und was verbirgt sich hinter den geheimnisvollen Hinweisen auf ein bisher unbekanntes Manuskript des Dichterfürsten? Für Lothar Kaltenbach, Weinhändler und Musiker, ist die Ruhe in seiner Heimatstadt vor den Toren Freiburgs empfindlich gestört. Eine erste Spur führt in ein Kloster, das es eigentlich nicht mehr gibt. Doch Kaltenbach ahnt nicht, dass er längst beobachtet wird ...

Thomas Erle, geboren 1952 in Schwetzingen, lebt seit 20 Jahren in Emmendingen bei Freiburg. Nach dem Studium begab er sich auf ausgedehnte Studienreisen durch Europa, Asien, die USA und Lateinamerika. Neben seiner Vorliebe für Musik, Literatur und guten Wein widmet er viel Zeit der Erkundung des Schwarzwaldes und der angrenzenden Gebiete. Blutkapelle ist der zweite Roman im Gmeiner-Verlag. www.thomas-erle.de

Thomas Erle, geboren 1952 in Schwetzingen, lebt seit 20 Jahren in Emmendingen bei Freiburg. Nach dem Studium begab er sich auf ausgedehnte Studienreisen durch Europa, Asien, die USA und Lateinamerika. Neben seiner Vorliebe für Musik, Literatur und guten Wein widmet er viel Zeit der Erkundung des Schwarzwaldes und der angrenzenden Gebiete. Blutkapelle ist der zweite Roman im Gmeiner-Verlag. www.thomas-erle.de

Kapitel 1


»… war Emmendingen bis in die frühen Sechzigerjahre als Nadelöhr Europas bekannt und gefürchtet. Sämtliche Pkw, Lastwagen und Motorräder, die heute auf der A 5 Richtung Basel brausen, mussten hier durch.«

Lothar Kaltenbach und die übrigen Teilnehmer der Stadtführung ›Auf Cornelia Schlossers Spuren‹ betrachteten das Stadttor mit ehrfürchtigen Blicken. Kaum vorstellbar, dass sich hier, wo selbst der Stadtbus mit Vorsicht durch den engen Steinbogen kurvte, der gesamte deutsche Nord-Süd-Verkehr früher einmal durchgequält hatte.

»Da half natürlich auch der Schreckkopf nichts mehr, der im Mittelalter den Leuten unmissverständlich klar machen sollte, dass hier nur anständige Besucher willkommen waren.«

Wohlwollendes Gelächter erhob sich. Dabei sah der vergoldete Löwenkopf mit dem Ring im Maul alles andere als gefährlich aus. Schon eher die beiden als Drachenköpfe gestalteten Wasserspeier auf dem vorspringenden Dachgiebel, die aber erst in den Dreißigerjahren dazu gekommen waren.

Die Leiterin der Gruppe mühte sich geduldig. Die barocke Leibesfülle der Mittdreißigerin war in ein hellbraunes Kleid im Stil einer Dame des gehobenen Bürgertums aus dem 18. Jahrhundert gezwängt. Eine enorme Stoffmenge bauschte sich um Arme und Beine und gab nur am Hals und Dekolleté den Blick frei. Die Haare hatte sie aufgetürmt, kleine freche Löckchen ringelten sich neben golden blitzenden Ohrringen herab.

Die Frau, die neben ihrem Hauptberuf als Kleindarstellerin an einer der Freiburger Bühnen bei der Eventagentur ›History Today‹ ihre Brötchen verdiente, stellte Cornelia Schlosser dar, Goethes Schwester, die an der Seite ihres Mannes im 18. Jahrhundert einige Jahre in Emmendingen gelebt hatte.

Der Dichterfürst selbst hatte die Stadt nur zweimal besucht. Beim ersten Mal klagte sie ihm ihr Leid, weitab von den städtischen Zerstreuungen Frankfurts in dem damaligen Grenzstädtchen zu Vorderösterreich leben zu müssen. Ihr Bruder sprach ihr Trost zu und war in die Schweiz weitergefahren.

Beim zweiten Besuch blieb ihm nicht mehr, als an ihrem Grab zu stehen, nachdem sie sich von den Anstrengungen der Geburt ihres zweiten Kindes nicht mehr erholt hatte und schon mit 27 Jahren gestorben war.

All dies war ihren braven Mitbürgern im Nachhinein Grund genug, ihre Stadt als wichtigen Baustein im Leben ihres berühmten Bruders zu betrachten.

»Und die Buchstaben da? Is dat Tor von den Römern jebaut worden?«

Belustigte Blicke wandten sich zu dem Sprecher mit dem unüberhörbaren westdeutschen Zungenschlag. Der wohlbeleibte Rentner im sommerlichen Touristen-Outfit mit der obligatorischen Socken-Sandalen-Kombination schwitzte und strahlte über das ganze Gesicht. Er sah es offenbar als seine Aufgabe an, den akademischen Ernst der Führung mit gezielter rheinischer Fröhlichkeit aufzupeppen.

Cornelia Schlosser lächelte pflichtschuldigst. »Die Zahlen stellen natürlich das Jahr der Renovierung dar«, erläuterte sie charmant. »Wer weiß es als Erster?«

Ein Teil der Gäste begann tatsächlich, ihr lange verschüttetes Schulwissen über die großen Ms, Cs und Ls hervorzukramen.

Lothar Kaltenbach seufzte und sah wehmütig zu der nahe gelegenen Eisdiele hinüber. Ein paar Emmendinger hatten es sich in den noch spärlichen Strahlen der Aprilsonne an den wenigen Tischchen im Freien gemütlich gemacht. Der Duft von Cappuccino wehte herüber, eifrig wurde an Eisbechern herumgelöffelt.

»Ich weiß nicht, ob ich das noch lange mitmache«, raunte Kaltenbach seinem Begleiter zu, der sich während der ganzen Führung eifrig Notizen machte und gerade versuchte, mit seiner Nikon Stadttor und Touristengruppe bestmöglich abzulichten.

»Schadet dir gar nichts«, entgegnete er spöttisch, während er auf den Rand eines mit gelben und roten Tulpen bepflanzten Blumenkübels stieg. »Außerdem müssen für den Goethesommer Opfer gebracht werden.« Er sprang wieder herunter und kritzelte etwas in seinen Notizblock. »Von jedem.«

Kaltenbach verzog die Mundwinkel. Er konnte sich Besseres vorstellen, als zwei wertvolle Stunden bei bestem Wetter mit einer Gruppe Touristen durch die Stadt zu laufen und sich Geschichten aus längst verstaubten Zeiten anzuhören. Sein alter Kumpel Adi Grafmüller wurde wenigstens bezahlt dafür, dass er als Lokalredakteur der Badischen Zeitung berichtete. Seit er vor ein paar Monaten aus seinem unfreiwilligen Exil in Lörrach zurückgekehrt war, hatte er sichtlich Gefallen an seiner Heimatstadt wiedergefunden, was sich in seinen gut recherchierten und pfiffig geschriebenen Artikeln niederschlug.

Eben setzte sich die Gruppe wieder in Bewegung. Die Anführerin wogte unter dem Stadttor hindurch in die Fußgängerzone Richtung Innenstadt.

Kaltenbach riss sich von dem Anblick der Eisdielenbesucher los. Grafmüller hatte recht. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als seine persönliche Fortbildung, wie er es nannte, zum Abschluss zu bringen.

Seit letztem Jahr leistete sich die Stadt sogar einen hauptamtlichen Marketingmanager. Dr. Egidius Scholls Aufgabe war es, nicht nur den Bekanntheitsgrad der ›liebenswerten Kleinstadt vor den Toren Freiburgs‹ zu steigern, sondern natürlich auch für eine spürbare Umsatzsteigerung der örtlichen Geschäfte, Restaurants und der Hotellerie zu sorgen.

Der eigens aus Stuttgart engagierte Werbefachmann hatte sich nicht lange mit Kleinigkeiten aufgehalten. Für dieses Jahr hatte er der Stadtverwaltung und dem Gewerbeverein einen Goethesommer vorgeschlagen. Das Leben und Sterben der Schwester des Literaten sei ein Alleinstellungsmerkmal, dessen historische Qualität man bisher sträflich vernachlässigt habe.

Kaltenbach war es recht gewesen, vor allem, nachdem seine Weinhandlung im Westend als eine von Dreien ausgewählt worden war, den Auftakt des großen Emmendinger Sommerereignisses zu begleiten.

Seit Tagen war er sein Sortiment feinster Kaiserstühler Weine und Französischer Spezialitäten durchgegangen und hatte entsprechend geordert. Doch so ganz zufrieden war er mit den Vorbereitungen noch nicht gewesen. Als ihn dann Adi auf die heutige Führung hingewiesen hatte, hatte er dies sofort als Möglichkeit gesehen, seine bescheidenen historischen und literarischen Kenntnisse aufzufrischen. Schließlich konnte es bei künftigen Verkaufsgesprächen nicht schaden, ein paar Anekdoten zu berühmten Persönlichkeiten der Stadt einzuflechten.

»Kommen wir nun zu etwas ganz Besonderem.« Cornelia Schlosser hatte die Gruppe am Rande des Marktplatzes an einem Brunnen versammelt. »Hier sind die drei berühmtesten Persönlichkeiten der Stadt geehrt!« Sie wies mit großer Geste auf die Figuren aus Sandstein, die in merkwürdiger Haltung stoisch vor sich hin blickten. »Allen voran natürlich der Dichterfürst selbst.«

Kameras klickten, eifriges Raunen zog durch die Gruppe. Hunderte Male war Kaltenbach hier vorbeigelaufen. Er musste sich gestehen, dass er bisher noch nie genau hingesehen hatte. Goethes Büste mit seinem typischen breitkrempigen Hut dominierte das Ensemble. Darüber stand mit aufrechtem Blick Carl Friedrich Meerwein, ein ehemaliger Beamter, der durch seine Flugversuche zumindest regional eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte. Der Maler Fritz Boehle war im Gegensatz zu den beiden anderen ziemlich klein geraten.

»Is dem Kleinen nich jut?« Die rheinische Frohnatur deutete auf die Boehle-Plastik. Der Maler beugte sich über eine offene Kugel. An der Seite floss Wasser heraus. Zwei Männer im Anorak stießen sich an, ein paar Damen kicherten.

Cornelia Schlosser ließ sich nicht beirren. Sie warf sich in Pose. »›Wes das Herz voll ist des geht der Mund über!‹ Ist es nicht ein treffender Spruch, den der Künstler zur Ausgestaltung dieses Brunnens gewählt hat?«

Da haben manche aber ein recht volles Herz, dachte Kaltenbach. Der Gedanke an den Goethesommer, der ganze Busladungen erlebnishungriger Touristen in die Stadt bringen sollte, war ihm mit zunehmender Dauer der Führung nicht mehr ganz geheuer. Und ob der Umsatz in seinem ›Weinkeller‹ sich spürbar verbessern würde, war noch nicht ausgemacht. Vielleicht sollte er eine Kombiführung mit anschließender Weinprobe anbieten. Er nahm sich vor, die Dame von ›History Today‹ zu fragen.

»Jetzt kommt natürlich noch die Geschichte von ›Hermann und Dorothea‹«, raunte Grafmüller ihm zu. »Hoffentlich verregnet es nicht den Rest!« Er wies auf den Himmel über dem Marktplatz.

Der Wind trieb bereits ein paar vereinzelte Regentropfen vor sich her. Von der Elz zogen dichte Wolken in allen Grautönen herüber. Kaltenbach wusste, was das bedeutete. In spätestens 20 Minuten würde es ein heftiges Aprilgewitter geben. Natürlich hatte er seinen Schirm wieder zu Hause vergessen.

Doch die Leiterin fuhr unbeirrt in ihrem Programm fort. Sie zog aus ihrer riesigen Lederumhängetasche ein Buch hervor und zeigte ein altes Schwarz-Weiß-Foto auf einer Doppelseite.

»Vergleichen Sie dieses Bild mit den Häusern vor Ihnen.« Sie tippte mit dem Finger auf ein kaum erkennbares Schild. »Das Gasthaus ›Zum Goldenen Löwen‹!«, intonierte sie bedeutungsschwanger. »Der Torbogen! Die Apotheke! Der Marktplatz!«

Kaltenbach wusste nicht, worauf sie hinauswollte. Er sah nicht viel mehr als ein altes Pferdefuhrwerk vor einer der typischen ärmlichen Häuserfronten von vor hundert Jahren. Selbst der des Herzens Übervolle wusste nichts zu sagen. Lediglich zwei ältere Damen aus Emmendingen nickten sich wissend zu.

»So oder so ähnlich hat es hier ausgesehen, als mein...

Erscheint lt. Verlag 2.7.2014
Reihe/Serie Kriminalromane im GMEINER-Verlag
Weinhändler Lothar Kaltenbach
Verlagsort Meßkirch
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Baden • Baden-Krimi • Baden-Württemberg • Breisgau • Deutschland • Dichter • Emmendingen • Freiburg • Goethe • Goethemanuskript • Kaltenbach • Kloster • Lothar Kaltenbach • Manuskript • Schwarzwald • Schwarzwald- • Stadtarchiv • Stadtarchivar • unbekanntes Manuskript • Weinhändler
ISBN-10 3-8392-4473-0 / 3839244730
ISBN-13 978-3-8392-4473-9 / 9783839244739
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