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Die Launen der Poesie (eBook)

Deutsche und internationale Lyrik seit 1980

(Autor)

Heinrich Detering (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
376 Seiten
Wallstein Verlag
978-3-8353-2600-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Launen der Poesie -  Harald Hartung
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Harald Hartung zählt zu den wenigen wirklich maßgeblichen Lyrik-Kritikern des Landes. Hier sind seine Rezensionen der letzten dreißig Jahre versammelt. Welcher Liebhaber von Lyrik wünscht sich nicht ein kritisches Kompendium, das ihm einen Überblick über die wichtigsten Gedichtbücher, die wichtigsten Strömungen der aktuellen deutschen und internationalen Lyrik gibt? Hier ist es. Harald Hartung, Autor bedeutender Lyrikbände, ist zugleich einer unserer wichtigsten Literaturkritiker. In »Die Launen der Poesie' erscheinen jetzt seine Aufsätze und Kritiken zu Gedichtbänden von H.G. Adler, Adonis und John Ashberry bis Peter Waterhouse, Wolf Wondraschek und Adam Zagajewski, die er für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und für die Zeitschrift Merkur schrieb. Was für den Tag bestimmt schien, hat sich in seiner Frische und Intelligenz erhalten und wird in Buchform in seiner ganzen Komplexität sichtbar. Hartung ist ein leidenschaftlicher Verteidiger einer Poesie der genauen Form. Sein Gefühl für die Qualität von Poesie ist unbestechlich. Er zeigt an Beispielen auf, was die Zeit überdauert. Von Mätzchen ist er nicht zu beeindrucken, von Tricks nicht zu blenden. Seine Urteile sind differenziert und zugleich entschieden. Hartung spricht von Poesie anschaulich und unterhaltsam. Oder mit Heinrich Detering zu reden, der für diesen Band ein fasziniertes und faszinierendes Nachwort schrieb: »Hartung ist einer der gelehrtesten Kenner, der scharfsinnigsten Analytiker und souveränsten Vermittler lyrischer Weltliteratur, die wir haben.'

Der Autor: Harald Hartung, geb. 1932 im westfälischen Herne, lebt als Lyriker, Kritiker und Essayist in Berlin. Der Band »Aktennotiz meines Engels. Gedichte 1957-2004' versammelt »ein meisterhaftes Lebenswerk' (Michael Maar). Hartung hat deutsche und internationale Lyrik in berühmt gewordenen Anthologien wie »Luftfracht' und »Jahrhundertgedächtnis' und in Essaybüchern wie »Masken und Stimmen' vermittelt und analysiert. Preise: Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis (1987)Internationaler Lyrikpreis »Chianti Ruffino-Antico Fattore' (1999)Preis der Frankfurter Anthologie (2002)Würth-Preis für Europäische Literatur (2004)Johann-Heinrich-Merck-Preis (2009)Literaturpreis Ruhr (2012) Der Herausgeber: Heinrich Detering, geb. 1959, ist nach Lehrtätigkeit an den Universitäten in Irvine, München und Kiel Professor für Neuere deutsche Literatur an der Georg-August-Universität Göttingen. 2003 erhielt er den »Preis der Kritik' von Hoffmann und Campe und 2009 wurde er mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet. Seit 2011 ist er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er ist u.a. Mitherausgeber der kommentierten Ausgabe der Werke, Briefe und Tagebücher von Thomas Mann und Autor eines Buchs über Bob Dylan.

Der Autor: Harald Hartung, geb. 1932 im westfälischen Herne, lebt als Lyriker, Kritiker und Essayist in Berlin. Der Band »Aktennotiz meines Engels. Gedichte 1957-2004" versammelt »ein meisterhaftes Lebenswerk" (Michael Maar). Hartung hat deutsche und internationale Lyrik in berühmt gewordenen Anthologien wie »Luftfracht" und »Jahrhundertgedächtnis" und in Essaybüchern wie »Masken und Stimmen" vermittelt und analysiert. Preise: Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis (1987)Internationaler Lyrikpreis »Chianti Ruffino-Antico Fattore" (1999)Preis der Frankfurter Anthologie (2002)Würth-Preis für Europäische Literatur (2004)Johann-Heinrich-Merck-Preis (2009)Literaturpreis Ruhr (2012) Der Herausgeber: Heinrich Detering, geb. 1959, ist nach Lehrtätigkeit an den Universitäten in Irvine, München und Kiel Professor für Neuere deutsche Literatur an der Georg-August-Universität Göttingen. 2003 erhielt er den »Preis der Kritik" von Hoffmann und Campe und 2009 wurde er mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet. Seit 2011 ist er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er ist u.a. Mitherausgeber der kommentierten Ausgabe der Werke, Briefe und Tagebücher von Thomas Mann und Autor eines Buchs über Bob Dylan.

Guten Tag: Gedicht


Fünf neue Lyriker:
Peter Waterhouse, Barbara Maria Kloos,
Sabine Techel, Hans-Ulrich Treichel, Richard Wagner

»Guten Tag Kunst: So muß man beginnen.« So beginnt einer der Lyriker, von denen die Rede sein soll, ein Gedicht und liefert gleich die Begründung: »Warum? Im Grüßen / bleiben die Übergänge sichtbar.« Gilt diese lyrische Maxime auch für die Kritik, für den Kritiker? Beim Grüßen sollte er es nicht belassen – aber daß die Übergänge sichtbar bleiben, ist für die Scheidekunst, als die Kritik sich versteht, von Bedeutung.

Dennoch: Guten Tag, Kunst. Die Zeiten für Gedichte scheinen nicht schlecht. Die Lyriker dürfen wieder Dichter heißen; mag ihnen selbst auch nicht ganz wohl dabei sein. Die Verleger verlegen immer noch (oder wieder) Lyrik. Es gibt sogar Käufer, die kaufen. Gibt es auch Leser? Es gibt Hörer, die in die Lyriklesungen kommen. Nicht alles, was gekauft wird, wird auch gelesen. Doch das gilt anderswo auch. Vielleicht sind die Käufer der schmalen Gedichtbände noch die intensiveren Leser, während manch einer den neuen Grass oder Handke bloß anliest, um mitreden zu können.

Guten Tag: Kritik. Es wird ja nicht nur gedichtet, verlegt, gekauft und gelesen, es wird auch besprochen. Besprechen, Besprochenwerden! Das klingt wie Zauber und ist es vielleicht auch. Ob gut oder böse, kein Autor mag ihn missen. Den Romanautor tröstet vielleicht noch der Verkaufserfolg über schlechte oder schlimmer: ausbleibende Rezensionen. Dem Lyriker bleibt oft nur der rezensierende Kollege: Lyrikkritik als Freundschaftskartell. Doch waren die Zeiten schon schlechter, war Lyrikkritik oft konventikelhaft. Gegenwärtig haben auch Debütanten die Chance, in den großen Organen rezensiert zu werden; und gar von den führenden Kritikern, die sich lange Jahre lieber an die Novitäten der Epik hielten. Ist die Lyrik inzwischen soviel interessanter geworden? Oder rückte die Figur des Dichters, der Dichterin in den Blick – der Lebensroman in Gedichten. Human interest gibt der Lyrik Auftrieb, der Lyriker wurde porträtwürdig. Doch was ist mit dem Gedicht?

Es wird besprochen, gelesen, verkauft, verlegt, doch zu allererst gemacht. Dieses Machen, dieses Gemachte des Gedichts wird gegenwärtig kaum befragt. Soll heißen: es gibt keine aktuelle Theorie des Gedichts. Die Lyriker, möchte man sagen, pfeifen auf Theorie. Doch nein, sie pfeifen nicht einmal mehr darauf. Denn auch die Lust an der Theorielosigkeit, die sich durch Provokation oder Argument rechtfertigte, ist schon wieder vergangen. »Man muß vergessen, daß es so etwas wie Kunst gibt! Und einfach anfangen« – das war schon 1968 ein (un)frommer Wunsch. Immerhin konnte Rolf Dieter Brinkmann mit dieser Prämisse etwas anfangen, indem er aus US-Import-Pop und persönlicher Aggressivität seine Lyrik mischte. Das Verdrängte kehrte wieder, aber die abgerissene Tradition präsentiert sich nun als Warenhaus. Der Slogan wäre fällig: »Man muß einsehen, daß es einen Haufen Tradition gibt! Und sich einfach bedienen.« 1979, beim Zweiten Bielefelder Colloquium Neue Poesie, formulierte einer der Teilnehmer: »Machen können wir alles. Also was machen wir?«

War das ein Plädoyer für die offene Literatur oder der Ausdruck von Ratlosigkeit? Aufruf zur bricolage oder der Zweifel an der Machbarkeit überhaupt? Und wenn jeweils beides im Spiel war – sind wir dann aus der Epoche der Aporien in ein Posthistoire eingetreten, in dem alle Ambivalenzen bunt sind und doch grau? Halten wir uns an die Übergänge und sagen nicht gleich: Guten Tag, Theorie. Sprechen wir über einige Autoren, die 1986 ihren ersten oder zweiten Lyrikband veröffentlicht haben. Die Auswahl ist begrenzt, doch nicht ganz zufällig: der Dilettantismus der Verständigungstexte, die evidente lyrische Konvention blieben draußen. Entsteht ein Gedicht oder wird es gemacht? Eine alte und unlösbare Frage. Damit aber ein Gedicht entsteht, muß es gemacht werden. Die Machart läßt sich ablesen. Worauf konzentrieren sich diese Lyriker? Wie sammeln sie das Zerstreute?

Peter Waterhouse

»Passim« (lat.): »zerstreut, rings umher, überallhin«, aber auch »durcheinander, ohne Unterschied.« Passim ist der Titel des zweiten Gedichtbandes von Peter Waterhouse, der 1956 in Berlin geboren wurde, in Wien und Los Angeles studierte, eine Dissertation über Paul Celan schrieb und gegenwärtig in Wien lebt. Sein Gedichtband teilt davon nichts mit, die üblichen Klappentextangaben fehlen, Biographisches bleibt ausgespart – auch im lyrischen Text: »Ein nüchterner Selbstrest trägt Krawatte«, heißt es. Oder: »Wer muß ich unter dem Pullover sein, der jetzt blau ist?« Und bei der scherzhaften Frage »Warum macht die Sonne meine Nase rot?« verweist ein Sternchen auf die Anmerkung: »* Autobiographisch« – selbst das vermutlich eine falsche Spur. Was besagt schon eine gerötete Nase?

Daß ein junger Lyriker so ostentativ auf die Ausbeutung seines biographischen Fundus verzichtet, ist für sich schon bemerkenswert genug. Aber das heißt nicht, daß Waterhouse so etwas wie persönlicher Ton und jugendlicher Charme fehlten. Er gibt sich auf freilich vertrackte Weise kommunikativ, munter, aufgeräumt. Er ist immerhin derjenige, der sein Metier apostrophiert »Guten Tag Kunst« und der sich und seinesgleichen als »begrüßenswerte Künstler des Spaziergangs« bezeichnet: »Spaziergang als Himmelskunst«. Ein junger Heißenbüttel, aber mit der Attitüde eines methodischen Luftikus. Seine Exerzitien machen ihm augenscheinlich Spaß, und der trägt den Leser auch über die Strecken methodischen Leerlaufs hinweg, die bei Waterhouse nicht fehlen.

»Wo sind wir jetzt?« fragt der erste Teil von Passim. Hier gibt der Autor seine Prämissen bekannt. »Der Name der Sprache heißt: Abwesenheit!«, »Die Sprache heißt heute: Keiner« – aber auch: »Alles klingt schwierig / es ist alles nicht schwierig.« Also Negativität und Anonymität als Voraussetzungen des Sprachspiels. Es ist tatsächlich Spiel und kein stures Exerzieren. Waterhouse verzichtet auf Dogmatisches, auf eindeutige Thesen. Er liebt Zweifel, Ambivalenz; jene »Übergänge«, die »im Grüßen« sichtbar bleiben: »Es gibt nur Übergänge, die gute Welt ist ein einziges Sagen: / Guten Tag.« Die gute Welt, sagt er; ist die Welt gut? Waterhouse hat Wittgensteins Sprachskepsis in eine Heiterkeit à la Arp gewendet. Die »gute Welt« kann er freilich nur sagen, weil soviel Welt draußen bleibt: »Wollte ich etwas sagen? Nein.«

Dennoch entscheiden nicht poetologische Prämissen über die Qualität von Texten, sondern ihre Komplexität, die alle Vorgaben übersteigt. Oder mit einem von Waterhouse’ Titeln: »Konstruktives Verfahren und süße Bestimmung«, der Charme der Fügungen und gleitenden Assoziationen, die Evokation heiterer irrealer Welten. Die Texte sind künstliche Objekte, besser: künstliche Abläufe, mit all ihren Tricks und Überraschungen. Waterhouse beginnt gern mit Setzungen, denen man ihre Beliebigkeit, ihren Charakter als Gag durchaus ansieht:

Wir beginnen manchmal so: Sessel.

Sessel.

Bald macht der Beginn einen weiten Sprung, der Sprung

lautet wörtlich:

Bitte nehmen Sie Platz auf dem Sessel.

Das ist auch der Platz des Lesers, freilich ein unsicherer, nicht geheuerer. Der Anfang wird hin und her gewendet, befragt, fallengelassen und wieder aufgenommen. Der anfangs gesetzte Wort-Gegenstand wird verwandelt oder in seiner Identität so lang apostrophiert, bis es zu emphatischen Tautologien kommt. »Im Grunde / ist jetzt alles gesagt«, heißt es einmal ziemlich zu Beginn; und natürlich demonstriert Waterhouse im Folgenden, was alles noch gesagt werden kann: »mit so wenig ist noch keiner ausgekommen, die Preisrede ist unser bestes / alles wird mitgerissen, wir sind hingerissen, das geht so fort.« Die Texte führen selber ihre Verfahrensweise vor, kommentieren sie, ja sind manchmal nur Kommentare zu Gedichten, die in den Texten stecken. Gedichte über Gedichte – oder mit dem Wort Oskar Pastiors »Gedichtgedichte«.

Die lyrischen Texte in Passim sind worthaltig, nicht welthaltig. Celan hatte einst geschrieben: »Blume – ein Blindenwort.« Waterhouse respondiert: »Glauben Sie mir das Wort Blume?« Das Wort glauben wir ihm wohl, auch seine anderen schön und witzig verstreuten Wörter und künstlichen Sätze. Nur an wenigen Stellen, so scheint mir, tritt Waterhouse für einen Moment aus seiner linguistischen Innenwelt heraus, geht er, so der Titel eines Gedichts, »Ins Innere hinaus«: »Die Welt öffnet vielleicht die Augen. / Welche Augen? Die geliebten.« Ich respektiere, daß...

Erscheint lt. Verlag 3.3.2014
Verlagsort Göttingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Essays / Feuilleton
Schlagworte Deutsch • Dichtung • Gedichtbände • Gedichte • Harald Hartung • Heinrich Detering • international • Kritik • Literatur • Literaturkritik • Literaturkritiker • Literaturwissenschaft • Lyrik • Lyriker • Poesie • Rezensionen • Sammlung • Weltliteratur
ISBN-10 3-8353-2600-7 / 3835326007
ISBN-13 978-3-8353-2600-2 / 9783835326002
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