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Flinx (eBook)

Der Homanx-Zyklus - Roman
eBook Download: EPUB
2014
Heyne (Verlag)
9783641133566 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Flinx - Alan Dean Foster
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Wer ist Flinx?
Weshalb ein hübscher, netter und liebenswerter Junge wie Flinx auf dem Sklavenmarkt von Drallar landete, war Mutter Mastiff ein Rätsel. Ebenso, weshalb sie dieses Kind kaufte, das sicherlich aus einem guten Elternhaus stammte. Doch genau damit musste es etwas Besonderes auf sich haben, denn kaum ist Flinx in ihrem Haus, beginnen die Schwierigkeiten. Sie wird bedroht und verschleppt. Flinx setzt alles daran, Mutter Mastiff aus der Hand der unbekannten Täter zu befreien, nichts ahnend, dass er das eigentliche Ziel der dunklen Machenschaften ist.

Alan Dean Fosters Arbeiten sind breit gefächert und reichen von Science Fiction und Fantasy über Horror und Krimis bis zu Western. Er schrieb Romane zu 'Star Wars' und den ersten drei Alien-Filmen sowie Vorlagen für Hörbücher, Radio und die Story des ersten Star-Trek-Films. Alan Dean Foster lebt heute mit seiner Familie in Prescott, Arizona.

1. Kapitel


 

Das ist vielleicht ein zerschundener, wertloser, kleiner Knirps, dachte Mutter Mastiff. Sie presste den Beutel mit Schnitzereien etwas fester an sich und vergewisserte sich, dass ihr Slicker ihn vor dem Regen schützte. Der ewige für den Herbst auf Drallar so typische Nieselregen perlte von dem wasserfesten Material.

Außenweltler hatten es schwer, zwischen den Jahreszeiten der Stadt irgendwelche Unterschiede festzustellen. Im Sommer war der Regen warm, im Herbst und Winter etwas kühler, im Frühjahr wich er einem beständig lastenden Nebel. Dass die Sonne einmal durch die fast ewige Wolkendecke schielte, war eine solche Seltenheit, dass die Behörden dann gewöhnlich einen öffentlichen Feiertag verfügten.

Eigentlich konnte man das, woran Mutter Mastiff jetzt vorbeitrottete, nicht gerade einen Sklavenmarkt nennen. Das war ein archaischer Begriff, wie ihn nur Zyniker benutzten. Es war einfach der Ort, wo Arbeit und Einkommen auf formelle Art aufeinander abgestimmt wurden.

Drallar war die größte Stadt der Welt, die sich Moth nannte, die einzige echte Metropole, die sie besaß, und zwar keine besonders wohlhabende. Die Behörden hielten die Steuern niedrig und hatten es dadurch geschafft, eine ganze Anzahl Gewerbetreibender und Handelsunternehmen auf einen günstig gelegenen, aber im wesentlichen unwirtlichen Planeten zu ziehen. Den Ausgleich dafür schafften sie, indem sie kommerzielle Lästigkeiten wie Zölle oder einengende Vorschriften weitgehend abgeschafft hatten. Das führte zwar zu beträchtlichem Wohlstand für einige, brachte aber der Stadtregierung praktisch keine Einnahmen.

Zu den zahlreichen Bereichen des öffentlichen Lebens, die darunter litten, gehörte auch die Fürsorge für die Armen. In Fällen von Bedürftigkeit, wenn das betreffende Individuum noch dazu durch die Umstände isoliert war, hielt man es daher für vernünftig, es wohlhabenderen Bürgern zu überlassen, der Regierung die Verantwortung abzunehmen.

Das reduzierte die Ansprüche an den Wohlfahrtsetat und sorgte dafür, dass die Bürokratie zufrieden blieb und verschaffte gleichzeitig dem betreffenden Individuum ein höheres Maß an Fürsorge – so behaupteten die Beamten wenigstens – als er oder sie von mit zu knappen Mitteln ausgestatteten Regierungsbehörden je erwarten konnten.

Die Vereinigte Kirche, der geistliche Arm des Commonwealth{1}, war von solch einseitiger Wirtschaftspolitik nicht gerade begeistert. Aber das Commonwealth hielt nicht viel davon, sich in die inneren Angelegenheiten einzelner Welten einzumischen, und die Beamten von Drallar beeilten sich, gelegentlich zu Besuch erscheinende Padres oder Ratsherren davon zu überzeugen, dass es genügend gesetzliche Sicherheitsvorkehrungen gab, die den Missbrauch von auf diese Weise ›adoptierten‹ Individuen verhinderten.

So kam es, dass Mutter Mastiff sich auf ihren Stock stützte und ihren Beutel mit den kunstgewerblichen Gegenständen an sich drückte und etwas verschnaufte, während sie die zugedeckte Plattform musterte. Ein neugieriger Zuschauer drängte sich zu nahe an sie heran und blickte böse, als sie ihn mit dem Stock anstieß, trat aber zur Seite, da er die Auseinandersetzung mit ihr scheute.

Auf der Plattform, innerhalb des Kompensationskreises, stand ein hagerer, ernst blickender Knabe von acht oder neun Jahren. Der Regen hatte ihm das rote Haar, das in scharfem Kontrast zu seiner ziemlich dunklen Haut stand, an den Kopf geklebt. Weite, unschuldige Augen, so groß, dass sie sein ganzes Gesicht zu erfüllen schienen, starrten über die vom Regen eingeweichte Zuschauergruppe. Er hielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Das einzige, was sich an ihm bewegte, waren seine Augen, und ihr Blick huschte wie ein Insekt über die nach oben gerichteten Gesichter der Menge. Die Mehrzahl der Kauflustigen schien seine Anwesenheit überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Rechts von dem Jungen stand eine großgewachsene, schlanke Vertreterin der Regierung, die im Auftrag der Wohlfahrtsbehörde den offiziellen Verkauf – man bezeichnete ihn hier als ›Zuteilung von Verantwortung‹ – durchführte. Auf der anderen Seite konnte man von einem großen Bildschirm die wesentlichen Daten des Jungen ablesen, und diesen Bildschirm studierte Mutter Mastiff gerade.

Größe und Gewicht entsprachen dem, was sie sehen konnte. Haar-, Augen- und Hautfarbe hatte sie bereits wahrgenommen. Lebende Verwandte, zugeteilt oder sonst – keine Angabe. Persönliche Vorgeschichte – wieder keine Angabe. Ein Zufallskind, dachte sie, das man, wie so viele andere, der gleichgültigen Barmherzigkeit der Regierung zugeschoben hatte. Ja, so wie er aussah, würde es tatsächlich besser für ihn sein, wenn er unter die Fittiche eines privaten Individuums käme. Zumindest würde er dann vielleicht ordentlich zu essen bekommen.

Und doch war da noch etwas Besonderes an ihm, etwas, das ihn irgendwie von der teilnahmslosen Schar von Waisen abhob, die Jahr für Jahr in gleichmäßiger Prozession über die vom Regen durchnässte Plattform zogen. Mutter Mastiff spürte etwas, das hinter jenen weiten, traurigen Augen lauerte – eine Reife, über seine Jahre hinaus, mehr Intensität in seinem Blick, als man von einem Kind in seiner Lage erwarten durfte. Und dieser Blick schweifte immer noch über die Menge, suchte, tastete. Der Junge wirkte eher wie ein Jäger als wie ein Gejagter.

Und der Regen fiel ohne Unterlass. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer konzentrierte sich in erster Linie auf die rechte hintere Ecke der Plattform, wo ein einigermaßen attraktives sechzehnjähriges Mädchen als nächstes an der Reihe war. Mutter Mastiff rümpfte geringschätzig die Nase. Was auch immer die Regierungsbeamten behaupteten, ihr würde keiner weismachen, dass diese drängelnden Schnösel in der vordersten Reihe nicht noch etwas anderes im Sinn hatten als unschuldig altruistische Sorge um die Zukunft des Mädchens. O nein!

Die Schar potentieller Wohltäter bildete eine Insel, um die der Rest der Bevölkerung des Marktplatzes strömte. Der Markt selbst konzentrierte sich in einem Ring aus Buden und Läden und Restaurants und Kneipen, die das ganze Stadtzentrum umgaben. Das Ergebnis des Ganzen war gerade modern genug, um zu funktionieren, und hinreichend ungeregelt, um auch jene anzuziehen, die das Geheimnis lockte.

Für Mutter Mastiff gab es auf diesem Markt nichts Geheimnisvolles. Der Marktplatz von Drallar war ihr Zuhause. Neunzig Jahre hatte sie im endlosen Kampf in jenem endlosen Strom aus Menschen und Aliens verbracht, manchmal nach unten gesogen und manchmal sich über die Flut erhebend, aber nie in Gefahr zu ertrinken.

Jetzt besaß sie einen Laden – klein, aber nur ihr gehörend. Sie handelte und feilschte um Kunstgegenstände, trieb Handel mit Elektronikgegenständen, kunstgewerblichen Arbeiten und vielerlei Schnickschnack, und verdiente daran gerade genug, um sich solchen Orten wie der Plattform fernzuhalten, auf der der Junge jetzt stand. Sie versetzte sich in seine Lage und schauderte. Eine neunzigjährige Frau würde keinen besonders hohen Preis einbringen.

Am Hals ihres Slicker gab es einen schlecht geflickten Riss, und der Regen fand inzwischen durch diesen Riss seinen Weg. Der Beutel mit Ware, den sie an sich drückte, wurde auch nicht leichter. Mutter Mastiff hatte noch andere Geschäfte zu erledigen und wollte zu Hause sein, ehe es dunkel wurde. Wenn die Sonne von Moth unterging, würde das düstere Tageslicht von Drallar zu schleimiger Dunkelheit verblassen, und dann würden aus den Slums etwas weniger höfliche Geschöpfe hervorkommen und den Markt verunsichern. Man musste schon sehr unvorsichtig sein, oder auf Händel aus, wenn man sich zu solcher Zeit noch draußen blicken ließ, und Mutter Mastiff war keines von beiden.

Die Augen des Jungen schweiften immer noch über die Zuschauerschar und erreichten schließlich die ihren – und hielten an. Plötzlich empfand Mutter Mastiff eine Art Schwindelgefühl. Ihre Hand griff an ihren Leib. Zu fett gefrühstückt, dachte sie. Die Augen waren bereits weitergewandert. Seit sie fünfundachtzig geworden war, musste sie sehr aufpassen, was sie zu sich nahm. Aber dann hatte sie auch einer Freundin einmal gesagt, »lieber sterbe ich an Verdauungsschwierigkeiten und mit vollem Bauch, als mich mit Pillen und Konzentraten dahinzuquälen.«

»Zur Seite!«, hörte sie sich plötzlich sagen, ohne selbst recht zu wissen, was sie tat oder warum. »Zur Seite!« Sie bahnte sich ihren Weg durch die Menge, stieß einem der Zuschauer mit dem Stock in die Seite, brachte das prunkvolle Arrangement von Schwanzfedern eines Ornithorpen in Unordnung und veranlasste eine übergewichtige Matrone zu einem erregten Schnattern. Sie arbeitete sich bis zu der freien Fläche unmittelbar vor der Plattform durch. Der Junge achtete nicht auf sie; seine Augen fuhren fort, die gleichgültige Menge abzusuchen.

»Bitte meine Damen und Herren und sonstige Geschöpfe«, bat die Beamtin auf der Plattform, »ist denn niemand von Ihnen bereit, diesem gesunden Jungen ein Zuhause zu bieten? Ihre Regierung bittet Sie darum; die Zivilisation fordert es von Ihnen. Heute haben Sie die Chance, gleich zwei gute Taten auf einmal zu begehen; eine für Ihren König und die andere für diesen unglücklichen Jungen.«

»Ich würde für den König schon gern eine gute Tat verrichten«, sagte eine Stimme aus der Menge, »und zwar dort, wo sie ihm am meisten gut tun würde.«

Die Beamtin warf dem Zwischenrufer einen zornigen Blick zu, sagte aber nichts.

»Was ist denn das niedrigste Gebot?« Ist das meine Stimme?, dachte Mutter Mastiff verblüfft.

»Bloße fünfzig Credits, Madam, um für die Verpflichtungen der...

Erscheint lt. Verlag 25.2.2014
Reihe/Serie Die Homanx-Reihe
Die Homanx-Reihe
Übersetzer Heinz Nagel
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel For Love of Mother-Not
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Alan Dean Foster • Alan Dean Foster, Pip und Flinx Roman, Homanx Commonwealth, Space Opera • eBooks • Homanx Commonwealth • Pip und Flinx Roman • Serien • Space Opera
ISBN-13 9783641133566 / 9783641133566
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