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Der Traum von Rapa Nui (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
656 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42126-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Traum von Rapa Nui -  Carla Federico
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Chile im 19. Jahrhundert: Katharina ist 26 Jahre alt - und hat Angst, keinen Mann mehr zu finden. Da kommt ihr eine Anzeige in der Zeitung gerade recht, in der ein verwitweter Schafzüchter von den Osterinseln eine Frau und Mutter für seine Kinder sucht. Voller Hoffnung bricht Katharina auf. Doch ihre Sehnsüchte scheinen sich zunächst nicht zu erfüllen, denn das Leben auf den Osterinseln ist hart, und ihr Mann ist wortkarg und hält nicht viel von zur Schau getragenen Gefühlen. Doch Katharina ist entschlossen, durchzuhalten und sich nicht den Unbilden des Klimas und der Rauheit der Menschen geschlagen zu geben. Da begegnet sie dem Missionar Aaron, der sie vom ersten Augenblick an fasziniert.

Carla Federico ist eine österreichische Autorin, die unter anderem Geschichte studiert hat und heute als freie Autorin in Frankfurt am Main lebt. Ihre große Leidenschaft fürs Reisen hat sie in zahlreiche Länder geführt - und auch auf diverse Kreuzfahrtschiffe. Für ihren Roman hat sie intensive Recherchen betrieben und viele Originalquellen und Reiseberichte von der ersten Kreuzfahrt studiert, um detailgenau das Bordleben und die Landausflüge zu beschreiben.

Carla Federico ist eine österreichische Autorin, die unter anderem Geschichte studiert hat und heute als freie Autorin in Frankfurt am Main lebt. Ihre große Leidenschaft fürs Reisen hat sie in zahlreiche Länder geführt - und auch auf diverse Kreuzfahrtschiffe. Für ihren Roman hat sie intensive Recherchen betrieben und viele Originalquellen und Reiseberichte von der ersten Kreuzfahrt studiert, um detailgenau das Bordleben und die Landausflüge zu beschreiben.

1. Kapitel


Katharina liebte es, in Valdivia zu sein, und zugleich hasste sie es. Das Leben hier war viel abwechslungsreicher als in ihrer kleinen Siedlung am Llanquihue-See: Aus den Bäckereien duftete es köstlich nach frischem Brot und Kuchen, aus den großen, stabilen Häusern tönte Klaviermusik; die Frauen waren elegant gekleidet, trugen Sonnenschirme, manchmal sogar Handschuhe. Doch das, was Katharina so inständig bewunderte, war zugleich stete Quelle des Haders: Die Frauen waren so viel hübscher als sie! Und das nicht etwa, weil sie feinere Züge und wohlgeformtere Körper hatten, sondern weil sie sich weiße Blusen, spitzenbesetzte Jäckchen und seidene, raschelnde Röcke leisten konnten. Kein Wunder! Die meisten von ihnen waren mit Fabrikbesitzern verheiratet, und die verdienten viel Geld – zumindest mehr als die Bauern vom Llanquihue-See. Auf diese blickten jene eleganten Damen ebenso verächtlich herab wie auf Katharina, und diese konnte es ihnen nicht einmal verdenken: Sie schämte sich ja selbst dafür, dass ihr Kleid voller Flicken war, der Strohhut hässlich und ihre Haare von der Sonne ausgebleicht, ganz zu schweigen von den rissigen Händen, denen man die harte Arbeit auf dem Feld oder im Kuhstall nur zu deutlich ansah und die sie, so verzweifelt sie sie auch wusch, nie ganz vom Dreck befreien konnte. Unter den Fingernägeln waren immer dunkle Ränder zu sehen, auch wenn sie sie noch so oft bürstete.

»Und jetzt?«, fragte eine Stimme dicht an ihrem Ohr. »Kriegen wir Kuchen?«

Sofort fielen die anderen Kinder in das Geschrei ein. »Au ja! Kuchen! Wir wollen Kuchen haben!«

Seufzend blickte Katharina auf die Schar. Insgesamt fünf Kinder standen wie Orgelpfeifen vor ihr: Der Jüngste, Taddäus, war erst drei, die Älteste, Elisabeth, schon sieben; alle waren sie Neffen und Nichten von ihr – und alle standen sie unter ihrer Aufsicht.

»Ich habe so viel zu erledigen!«, hatte Frida, ihre ältere Schwester, vorhin erklärt. »Da brauche ich deine Hilfe. Achte auf die Kinder!«

Pah! Von wegen viel zu erledigen! In Wahrheit ließ Frida sich bloß das neue Kleid anpassen, das Katharina sich selbst doch so sehr gewünscht hatte. Eigentlich konnte sich Frida so ein Kleid gar nicht leisten, zumal ihr Mann Jacobo als der faulste Bauer der ganzen Siedlung galt, aber irgendwie hatte sie ihm so lange in den Ohren gelegen, bis er schließlich bereitwillig genickt hatte – sehr zum Missfallen seiner Mutter Christl.

Eigentlich ist es kein Wunder, dass Frida ein neues Kleid braucht, dachte Katharina boshaft.

Mit den Jahren war sie immer dicker geworden, und seitdem sie letzten Frühling Zwillinge geboren hatte, platzten alle ihre Kleider aus den Nähten. Wenigstens musste Katharina nicht auf die beiden Jüngsten aufpassen, weil diese in der Siedlung geblieben waren.

»Also, kriegen wir Kuchen?«

Katharina wollte schon wütend entgegnen, dass sie kein Geld für Kuchen habe, aber dann dachte sie trotzig, dass Frida diesen ruhig bezahlen konnte, wenn sie sich schon ein neues Kleid leistete. So oft, wie sie die Kinderschar hütete, hatte sie sich eine Belohnung verdient!

Wenig später betraten sie eine Bäckerei, die von deutschen Einwanderern gegründet worden war. Obwohl diese ihre einstige Heimat schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatten, wurde hier – wie überall im mittelchilenischen Seengebiet – immer noch Deutsch statt Spanisch gesprochen, das Haar zu Zöpfen geflochten, wie es im Schwarzwald üblich war, und das Brot saftig und dunkel gebacken wie dort. Zu den Deutschen, die sich in Chile niedergelassen hatten, hatten auch Katharinas Großeltern gehört, doch dass diese immer wieder darauf herumritten, um wie viel einfacher das Leben mittlerweile sei und um wie viel reicher die Ernten verglichen mit denen der Anfangszeit ausfielen, war Katharina kein Trost.

Reiche Ernten, pah! Ich werde mit jedem Tag älter, finde keinen Mann und muss immer nur arbeiten, dachte sie missmutig.

Alle jungen Männer der Siedlung – und das waren so wenige, dass man sie an einer Hand abzählen konnte – hatten bereits geheiratet, nur leider nicht sie.

»Isst du deinen Kuchen denn gar nicht?«, fragte die kleine Elisabeth.

Katharina blickte auf ihren Teller. Er war aus Porzellan, mit kleinen Rosen verziert und stammte gewiss aus Deutschland. Das Stück Marmorkuchen darauf war sehr trocken, und obwohl sie eben noch so große Lust auf Kuchen gehabt hatte, wusste sie plötzlich, dass sie keinen Bissen davon herunterbringen würde.

»Du kannst ihn gerne haben, wenn du dafür auf die Kleinen aufpasst!«, sagte Katharina.

Elisabeth lächelte begeistert, während die anderen damit beschäftigt waren, überall Krümel zu verstreuen oder sich mit den Gabeln gegenseitig zu erstechen. Katharina wusste, dass sie eingreifen sollte, konnte sich jedoch nicht dazu überwinden, sondern floh in den hinteren Teil der Backstube, wo etwas mehr Ruhe herrschte.

Bei ihrem letzten Besuch in Valdivia hatte sie hier ein paar Zeitungen gefunden, die in ihrer Siedlung am See Mangelware waren. Einer ihrer Onkel lebte zwar in Valparaíso, einer Hafenstadt im Norden des Landes, arbeitete dort als Journalist und schickte hin und wieder Zeitungen, aber dort wurde nur von den Ereignissen in Valparaíso oder Santiago informiert. Hier hingegen fand sie eine Wochenzeitung von Valdivia. Neugierig schlug Katharina sie auf und überflog einen Artikel über zwei konkurrierende Bierbrauereien. Außerdem wurde über die steigende Anzahl von Diebstählen geklagt, die wie so oft den Ureinwohnern Chiles, den Mapuche, angelastet wurden, und über eine geplante Bahnstrecke berichtet, die von Santiago in den Süden des Landes führen sollte.

»Können Sie darauf achten, dass die Kinder etwas leiser sind?«, mahnte der Bäcker ungeduldig.

Katharina hob kaum den Blick. »Kinder! Seid still! Ich bin gleich wieder bei euch. Warum könnt ihr in der Zwischenzeit denn nicht draußen spielen?«

Sie achtete nicht darauf, ob sie ihrem Befehl folgten, aber dass keine neuerliche Beschwerde folgte, wertete sie als gutes Zeichen. Und im nächsten Augenblick wurde sie ohnehin völlig blind und taub für ihre Umgebung.

Ihr Blick war bei den Anzeigen hängen geblieben: Da wurden Saatgut, Baumaterial und Tiere angeboten, des Weiteren Grammophonnadeln, Nähkissen und ein Segel für Boote, und dann plötzlich stand da in fehlerhaftem Spanisch: Suche eine Ehefrau!

Katharina musste trotz ihrer schlechten Laune grinsen. Das konnte nur ein Irrtum sein! Wahrscheinlich stammte die Anzeige von einem Deutschen, der kein Spanisch beherrschte und versehentlich das falsche Wort verwendet hatte. Aber dann las sie weiter und erfuhr, dass der Mann, der die Anzeige aufgegeben hatte, seit Kurzem verwitwet war, zwei kleine Kinder hatte und dringend Hilfe im Haushalt benötigte. Ob er kalt berechnend war und, ganz Geschäftsmann, nach einer brauchbaren Frau suchte wie andere nach einem Zuchtbullen, oder ihn schlichtweg die Verzweiflung dazu trieb, konnte sie aus den wenigen Worten nicht herauslesen.

»Kann ich auf deinem Schoß sitzen?«

Katharina zuckte zusammen, als sich eine kleine Gestalt an sie schmiegte und klebrige Finger ihr Kleid beschmutzten. Es war der kleine Taddäus, der ihre Nähe suchte und der Katharina von allen am liebsten war, weil er ein sanftes, liebevolles Kind war, und für gewöhnlich mochte sie es, wenn er auf ihren Schoß geklettert kam und ihre Wangen küsste. Jetzt hatte sie jedoch keinen Kopf dafür.

»Geh zu den anderen raus!«, befahl sie.

»Du musst aber mitkommen!«

»Nicht jetzt!«

Sie bedauerte sofort die Schärfe, die in ihrer Stimme lag, war jedoch zugleich erleichtert, dass sie ihre Wirkung tat. Taddäus trollte sich tatsächlich nach draußen, und sie konnte sich wieder in die Annonce vertiefen. Der Witwer, so erfuhr sie nun, lebte nicht etwa hier in Valdivia oder am Llanquihue-See, sondern auf der Isla de Pascua, wo er seit geraumer Zeit als Schafzüchter arbeitete.

»Isla de Pascua …«, murmelte Katharina.

Vage erinnerte sie sich daran, diesen Namen schon einmal gehört zu haben, man ihn mit »Osterinsel« übersetzte und dass die Insel weit entfernt vom Festland mitten im Ozean lag. Sie hatte allerdings keine Ahnung, wie es dort aussah. Ob es große Berge, gar Vulkane wie hier gab? Oder ob das Land flach war wie die patagonische Steppe im Süden des Landes? Große Seen waren wohl auf einer kleinen Insel nicht zu erwarten.

Wieder starrte sie auf die Annonce und stellte fest, dass sie vom Februar 1886 stammte, also schon über neun Monate alt war. Die Zeitung hingegen trug das heutige Datum, was bedeutete, dass seine Anzeige entweder irgendwo liegen geblieben war oder fast ein Jahr gebraucht hatte, um von der Insel aufs Festland zu gelangen.

Ob er in der Zwischenzeit schon eine Frau gefunden hatte? Und wie hieß er überhaupt?

Erst jetzt entdeckte sie den Namen, der ganz klein darunter stand: Barnabas Wilkinson.

Das klang nicht spanisch – was angesichts des fehlerhaften Gebrauchs der Sprache nicht verwunderlich war –, aber auch nicht unbedingt deutsch.

»Tante Katharina!«

»Was ist denn jetzt schon wieder?«

Sie blickte stirnrunzelnd hoch, aber der Ärger über die erneute Störung wich rasch dem Schrecken, als plötzlich Elisabeth zu ihr trat und besorgt fragte: »Ist Taddäus nicht hier?«

»Ich dachte, er ist zu euch nach draußen gegangen!«

»Nein, er wollte unbedingt zu dir!«

»Mein Gott, ich habe dir doch gesagt, du sollst ein Auge auf die Kinder haben.«

Elisabeth war sichtlich den Tränen nahe, und Katharina packte prompt das schlechte Gewissen. Was hatte...

Erscheint lt. Verlag 28.1.2014
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 19.Jahrhundert • Aaron Hayes • Alex Salmon • Archibald Smythe • Auswanderersaga • Barnaba • Barnabas Wilkinson • Bürgerkrieg • Chile • Genau meins • Hanga • Insel-Roman • Katharina Steiner • Lucius Grey • Osterinseln • Policarpo • Rapanui • ROA • Roman • Schaffarm • Tahiti • Tane
ISBN-10 3-426-42126-7 / 3426421267
ISBN-13 978-3-426-42126-0 / 9783426421260
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