Über die Liebe (eBook)
133 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-73544-1 (ISBN)
<br />Jane Austen wurde am 16. Dezember 1775 in Steventon, Hampshire, als Tochter des Pfarrers George Austen geboren. Dank der umfangreichen Bibliothek ihres Vaters fand sie früh Zugang zur Literatur und begann bereits im Alter von zwölf Jahren mit dem Schreiben. 1801 zog die Familie in den Kurort Bath, den Austen später häufig zum Schauplatz ihrer Romane machte. Der Tod des Vaters zwang die Familie 1805 zum erneuten Ortswechsel. Zusammen mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern zog die junge Jane Austen zunächst nach Southhampton, vier Jahre später dann in das Landhaus eines wohlhabenden Onkels. Sein Anwesen in Chawton, Hampshire, sollte bis kurz vor ihrem Tod (1817) die Heimat der Schriftstellerin bleiben. Sie widmete sich fortan dem Schreiben und veröffentlicht 1811 den Roman <i>Sense and Sensibility</i> (Verstand und Gefühl), gefolgt von <i>Pride and Prejudice</i> (Stolz und Vorurteil, 1813), <i>Mansfield Park</i> (1814) und <i>Emma</i> (1816). Die Werke erschienen anonym und auf ihr eigenes finanzielles Risiko. Als Autorenangabe fand sich darin nur der Hinweis: »By a Lady«. Den bis heute währenden großen Erfolg ihrer Werke erlebte Jane Austen nicht lange. Am 18. Juli 1817 verstarb sie nach kurzer, schwerer Krankheit in Winchester.
Einkreisen des Objekts der Begierde
Elinor […] bereute den Eifer, zu dem sie sich hatte hinreißen lassen, während sie von Edward sprach. Sie fühlte, daß er sehr hoch in ihrer Meinung stand. Sie hielt die Zuneigung für gegenseitig, aber sie mußte der Sache erst gewisser sein, um sich mit Mariannes Überzeugung von dieser Liebe anfreunden zu können. Sie wußte, was Marianne und ihre Mutter in einem Augenblick vermuteten, das glaubten sie im nächsten – Wünschen war für die beiden Hoffen –, und Hoffen hieß Erwarten. [VG 27f.]
Elinor mußte lachen. »Verzeih mir«, sagte sie, »und glaube mir, daß ich dich nicht ärgern wollte, als ich so zurückhaltend über meine Gefühle sprach. Halte sie ruhig für stärker, als ich zugegeben habe, kurz, halte sie für so stark, wie es seine Vorzüge und die Vermutung – die Hoffnung, daß er mich liebt, rechtfertigen mögen, ohne daß ich dabei unbedacht oder töricht wäre. Aber weiter darfst du in deiner Annahme nicht gehen. Ich bin mir seiner Zuneigung keineswegs sicher. Es gibt Augenblicke, in denen ich mich frage, wie groß sie eigentlich ist; und ehe er mir seine Gefühle nicht rückhaltlos offenbart hat, darfst du dich nicht wundern, wenn ich vermeiden möchte, meine eigene Zuneigung noch dadurch zu bestärken, daß ich sie für größer halte oder sie größer nenne, als sie tatsächlich ist. In meinem Herzen hege ich wenig – kaum einen Zweifel an seiner Freundschaft. Aber neben seiner Zuneigung gibt es noch andere Dinge zu bedenken. Er ist sehr weit davon entfernt, auf eigenen Beinen zu stehen. Was für ein Mensch seine Mutter wirklich ist, können wir nicht wissen; aber nach dem, was Fanny gelegentlich über ihr Verhalten und ihre Ansichten äußerte, haben wir sie uns nicht gerade als besonders liebenswert vorzustellen; und ich müßte mich sehr irren, wenn Edward nicht selbst wüßte, daß ihm viele Schwierigkeiten in den Weg gelegt würden, wenn er eine Frau heiraten wollte, die weder über ein großes Vermögen noch über einen hohen Rang in der Gesellschaft verfügt.« [VG 28]
»Du irrst dich«, sagte sie leidenschaftlich, »wenn du meinst, daß ich Willoughby kaum kenne. Ich kenne ihn in der Tat noch nicht lange, aber er ist mir viel vertrauter als irgendein anderer Mensch auf der Welt, dich und Mama ausgenommen. Nicht Zeit oder Gelegenheit sind für Vertrautheit bestimmend – sondern allein die Wesensart zweier Menschen. Bei manchen Leuten würden sieben Jahre nicht ausreichen, um sich näher zu kommen, und für andere sind sieben Tage mehr als genug.« [VG 70]
Sie saß neben Edward, und als er sich von Mrs. Dashwood Tee einschenken ließ, hatte sie seine Hand so unmittelbar vor sich, daß ihr an einem seiner Finger ein Ring mit einer Haarlocke in der Mitte deutlich auffiel.
»Ich habe Sie noch nie einen Ring tragen sehen, Edward«, rief sie. »Ist das Fannys Haar? Ich entsinne mich, daß sie Ihnen welches versprach. Aber ich hätte gedacht, ihr Haar sei dunkler gewesen.«
Unüberlegt sprach Marianne aus, was sie tatsächlich empfand – aber als sie sah, wie sehr sie Edward damit getroffen hatte, war sie von ihrer eigenen Gedankenlosigkeit nicht weniger peinlich berührt als er. Edward wurde puterrot und erwiderte mit einem flüchtigen Blick auf Elinor: »Ja; es ist das Haar meiner Schwester. Der Farbton wechselt in der Fassung ja immer ein wenig.«
Elinor hatte seinen Blick aufgefangen und schaute ebenfalls betreten drein. Daß es sich um ihr eigenes Haar handelte, davon war sie auf der Stelle ebenso überzeugt wie Marianne; der einzige Unterschied in ihren Schlußfolgerungen bestand darin, daß Marianne es für ein freiwilliges Geschenk ihrer Schwester hielt, während Elinor genau wußte, daß er es sich durch eine Art Diebstahl oder eine ihr unbekannte List beschafft haben mußte. Sie fühlte sich jedoch nicht danach, es als einen Affront zu betrachten, und indem sie so tat, als habe sie nicht bemerkt, was geschehen war, und schnell von etwas anderem sprach, nahm sie sich insgeheim vor, von jetzt ab jede Gelegenheit zu ergreifen, um sich das Haar genauer anzusehen und sich zu vergewissern, ob es genau der Farbton ihres eigenen sei. [VG 116f.]
Oberst Brandon, der keine besondere Einladung brauchte, um stets willkommen zu sein, war fast täglich bei ihnen. Er kam, um Marianne anzuschauen und mit Elinor zu reden, die an der Unterhaltung mit ihm nicht selten mehr Freude hatte als an allem, was der Tag sonst so brachte, aber gleichzeitig mit großer Besorgnis sah, wie er ihre Schwester auch weiterhin verehrte. Sie hegte die Befürchtung, daß es sich dabei um eine eher noch wachsende Verehrung handelte. Es stimmte sie traurig, mitansehen zu müssen, mit welch eindringlichem Ernst er Marianne oft betrachtete; und seine seelische Verfassung war zweifellos schlechter als in Barton. [VG 193]
»Ist denn dieses Lied nicht noch des Bleibens wert?« fragte Anne und ein plötzlich in ihr aufsteigender Verdacht ließ ihr seine Ermutigung noch angelegener erscheinen.
»Nein!« erwiderte er jäh und betont, »es lohnt nicht, daß ich bleibe!« Damit ging er hinaus.
Er war eifersüchtig auf Mr. Elliot! Das war die Erklärung. Kapitän Wentworth war eifersüchtig auf ihre Zuneigung! Hätte sie das eine Woche früher annehmen dürfen – selbst vor drei Stunden! Für eines Augenblickes Länge empfand sie köstlich die Beglückung. Aber war diese Eifersucht zu beschwichtigen? Wie konnte ihn je die Wahrheit erreichen? Wie würde er bei dem widrigen Umstand ihrer beiderseitigen Stellungen je ihre wahren Gefühle erfahren? Kummer ergriff sie bei dem Gedanken an Mr. Elliots Aufmerksamkeiten. Ihr Unheil war unübersehbar! [AE 212]
»Nicht um alles in der Welt«, sagte Emma und lächelte huldvoll, »würde ich dir zu- oder abraten. Du kannst über dein eigenes Glück fraglos selbst am besten entscheiden. Wenn du Mr. Martin vor allen anderen den Vorzug gibst, wenn du ihn für den nettesten Mann hältst, dem du je begegnet bist, warum solltest du dann zögern? Du wirst ja rot, Harriet. – Fällt dir in diesem Augenblick irgendein anderer ein, auf den diese Definition zutreffen könnte? Harriet, Harriet, gib dich keiner Selbsttäuschung hin; laß dich nicht aus purer Dankbarkeit und Mitleid zu etwas hinreißen. An wen denkst du in diesem Augenblick?«
Die Zeichen standen günstig. – Anstatt zu antworten, wandte sich Harriet verwirrt ab und blieb in Gedanken versunken neben dem Kamin stehen. Den Brief hatte sie zwar noch immer in der Hand, doch knüllte sie ihn mechanisch und achtlos zusammen. [E 65]
»Aber es geht nicht darum, ob es für ihn eine schlechte Verbindung wäre, sondern ob er sie eingehen will; und ich glaube, er will. Ich habe ihn Jane Fairfax in den höchsten Tönen loben hören, und Sie doch auch! Das Interesse, das er an ihr nimmt – seine Besorgtheit um ihre Gesundheit – sein Kummer, daß sie keine besseren Zukunftsaussichten hat! Ich habe gehört, mit welch leidenschaftlicher Anteilnahme er sich hierüber äußerte! Wie er ihr Klavierspiel und ihre Stimme bewundert! Ich habe ihn sagen hören, er könnte ihr ewig zuhören. Oh! eine Idee, die mir noch gekommen ist, hätte ich ja beinah ganz vergessen: Dieses Klavier, das von irgend jemandem geschickt worden ist – obgleich wir alle so überzeugt waren, daß es ein Geschenk von den Campbells ist –, könnte es nicht von Mr. Knightley sein? Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe nun einmal ihn in Verdacht. Ihm, finde ich, sähe so etwas ähnlich, selbst wenn er nicht verliebt wäre.« [E 265]
»Harriet, ich will nicht so tun, als wüßte ich nicht, was du damit meinst. Dein Entschluß oder vielmehr: deine Erwartung, niemals zu heiraten, entspringt der Vorstellung, daß die Person, die du lieben könntest, in der gesellschaftlichen Rangordnung zu hoch über dir steht, um dich eines Gedankens zu würdigen. Ist es nicht so?«
»Oh! Miss Woodhouse, glauben Sie mir, ich bin nicht so vermessen anzunehmen – wirklich, so verrückt bin ich nicht –. Aber es erfüllt mich mit Freude, ihn aus der Ferne zu bewundern und mit all der ihm gerade von meiner Seite gebührenden Dankbarkeit, Verwunderung und Verehrung daran zu denken, wie unendlich er allen anderen Männern auf dieser Welt überlegen ist.«
»Das überrascht mich von dir keineswegs, Harriet. Bei der Gefälligkeit, die er dir erwiesen hat, dürfte es dir durchaus warm ums Herz geworden sein.«
»Gefälligkeit? Oh, es war viel mehr als das, ich bin ihm zutiefst zu Dank verpflichtet. Die bloße Erinnerung daran und an all das, was ich in jenem Augenblick empfand, als ich ihn kommen sah – der edle Ausdruck seines Gesichts – die erbärmliche Lage, in der ich mich zuvor befand. Welch ein Umschwung! Von einer Minute zur anderen, ein solcher Umschwung! Aus tiefstem Elend ins vollkommene Glück.« [E 398f.]
Mr. Knightley, der aus irgendeinem Grund, den nur er allein kannte, schon von Anfang an eine gewisse Abneigung gegen Frank Churchill gefaßt hatte, konnte ihn mit der Zeit immer weniger leiden. Es keimte in ihm der Verdacht auf, er treibe mit Emma ein doppeltes Spiel. Daß er es auf sie abgesehen hatte, schien unbestreitbar. Alles deutete darauf hin: seine eigenen...
| Erscheint lt. Verlag | 21.10.2013 |
|---|---|
| Nachwort | Felicitas von Lovenberg |
| Übersetzer | Angelika Beck, Margarete Rauchenberger |
| Verlagsort | Berlin |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Klassiker / Moderne Klassiker |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 50plus • Anthologie • Best Ager • Generation Gold • Golden Ager • insel taschenbuch 3261 • IT 3261 • IT3261 • Liebe • Literatur • Rentner • Rentnerdasein • Ruhestand • Senioren |
| ISBN-10 | 3-458-73544-5 / 3458735445 |
| ISBN-13 | 978-3-458-73544-1 / 9783458735441 |
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