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Äon (eBook)

Roman - Mit einem wissenschaftlichen Anhang von Uwe Neuhold

(Autor)

eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
656 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-10403-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Äon -  Greg Bear
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Aufbruch ins Unbekannte
Ein Lichtblitz zuckt über den Himmel, und wenig später entdecken Astronomen einen künstlichen Himmelskörper, der offenbar die Erde umkreist. Als Astronauten schließlich auf dem »Stein«, wie er bald genannt wird, landen, stoßen sie auf ein erschreckendes Phänomen: Der Stein ist künstlich ausgehöhlt, und eine der Kammern erstreckt sich weit in die Dunkelheit jenseits der Außenhülle. Ist es eine andere Dimension? Und was haben die geheimnisvollen Erschaffer des Steins mit der Menschheit vor?

Greg Bear wurde 1951 in San Diego geboren und studierte dort englische Literatur. Seit 1975 als freier Schriftsteller tätig, gilt er heute als einer der ideenreichsten wissenschaftlich orientierten Autoren der Gegenwart. Etliche seiner Romane wurden zu internationalen Bestsellern.

1 April 2005

Bei der ersten Etappe ihrer Reise in der Passagierkabine der bauchigen Raumfähre hatte Patricia Vasquez die wolkenverhangene Erdscheibe auf einem Videomonitor gesehen. Vor ihrem Übersetzen hatten ihr Kameras, die im Ladeschacht des Shuttle montiert waren, vorgeführt, wie die langen Greifer die gewaltigen Lasten aus dem Schacht in die wartenden Arme des OTV5 hievten, als würden zwei Spinnen eine kokonverpackte Fliege weiterreichen. Der zeitlupenhafte, faszinierende Ladevorgang, der eine Stunde dauerte, hatte sie davon abgelenkt, über ihre gegenwärtige Lage nachzugrübeln.

Als sie an die Reihe kam und die Passagierhülle überzog, um sich über das Zehn-Meter-Stück zur OTV-Schleuse führen zu lassen, strengte sie sich mächtig an, um ruhig zu erscheinen. Die Hülle bestand aus transparentem Plastik, damit sie keine Klaustrophobie bekäme, obwohl eher das Gegenteil der Fall war. Sie spürte die schwarze Unermesslichkeit hinter dem OTV, obwohl sie keine Sterne sah. Diese wurden überdeckt vom Lichtschein der Erde und von den hell erleuchteten Flächen des OTV, eines Zugs aus verschachtelten Tanks, Kugeln und Prismen in einem Aluschienenkorsett.

Die OTV-Besatzung aus drei Männern und zwei Frauen begrüßte herzlich die »schlüpfende« Patricia im schmalen Tunnel und führte sie dann zu ihrem Sitz unmittelbar hinter den eigenen. Von dieser Warte aus hatte sie gute, direkte Sicht, und nun konnte sie das Raster der Sterne sehen.

Ohne die behagliche Trennung durch ein Video-System erschien das direkt betrachtete Weltall wie Fluchten endloser, sternenübersäter Korridore. Patricia hatte das Gefühl, sie könne durch irgendeinen dieser Korridore spazieren und sich in der gewandelten Perspektive verirren.

Sie trug noch den schwarzen Overall, der ihr erst vor sechs Stunden in Florida ausgehändigt worden war. Sie fühlte sich schmutzig. Lästige Strähnen fielen ihr ins Gesicht, obwohl ihr Haar zu einem Knoten gebunden war. Sie konnte ihre Nervosität förmlich riechen.

Die Besatzung schwebte um sie herum, nahm letzte Checks vor und fütterte Daten in die Eingabeschlitze der Prozessoren. Patricia betrachtete ihre bunten Anzüge – die Frauen in Rot und Blau, die Männer in Grün, Schwarz und Grau – und fragte sich vergeblich, welchen Dienstgrad ein jeder hätte und wer das Kommando führte. Es ging alles gelassen über die Bühne, ohne Abweichung in Stimme oder Verhalten, als wären es Zivilisten. Aber das waren sie nicht.

Das OTV war ein unbewaffnetes Militärfahrzeug und unterlag den Beschränkungen, die nach dem Kleinen Tod festgelegt worden waren. Es war eines von Dutzenden neuer Fahrzeuge, die seit dem Auftauchen des Steins in der Erdumlaufbahn gebaut worden waren, und unterschied sich beträchtlich von den Fahrzeugen, die die ODPs6 der Joint Space Force versorgt hatten. Es war größer und konnte viel weitere Distanzen überwinden; vertragsgemäß durfte es keine ODP-Ladungen mitführen.

»Wir starten in drei Minuten«, sagte der Kopilot, eine Blondine, deren Namen Patricia wieder vergessen hatte. Sie tippte Patricia auf die Schulter und lächelte. »Die erste halbe Stunde oder so wird’s hektisch zugehen. Wenn Sie also was trinken oder zur Toilette möchten, so ist jetzt noch Zeit dafür.«

Patricia schüttelte den Kopf und erwiderte das Lächeln. »Alles okay.«

»Gut. Jungfrau?«

Patricia machte große Augen.

»Ob erster Flug, meint sie«, stellte die andere Frau klar. Ihren Namen wusste Patricia noch; sie hieß Rita wie ihre Mutter.

»Natürlich«, antwortete Patricia. »Würde ich mich sonst aufführen wie eine Kuh im Schlachthaus?«

Die Blondine lachte. Der Pilot – ein James oder Jack mit schönen grünen Augen – blickte über die Schulter zu Patricia; seinen Kopf umrahmten Gurt und Schwert von Orion. »Nur keine Panik, Patricia«, sagte er. So ruhig. Sie war beinahe eingeschüchtert von der berufsbedingten Zuversicht. Es waren Raumfahrer, die ursprünglich den erdnahen Orbitplattformen zugeteilt waren und nun zwischen Erde, Mond und Stein pendelten. Patricia hingegen war ein Mädchen, das frisch von der Uni kam und mit der Reise nach Florida zum Shuttle-Flug vom Kennedy Space Center erstmals über die Grenzen Kaliforniens hinausgekommen war.

Sie überlegte, was Vater und Mutter daheim in Santa Barbara wohl gerade täten. Wo mochten sie sich ihre Tochter jetzt vorstellen? Erst vor einer Woche hatte sie sich verabschiedet. Noch immer bekam sie ein flaues Gefühl im Magen, wenn sie an ihre letzten Minuten mit Paul dachte. Immerhin würde sie seine Briefe erhalten; dafür garantierte die Militärpost-Adresse. Aber was könnte sie ihm in ihren Antworten sagen? Nichts vermutlich. Und ihr Aufenthalt im Weltraum wurde auf mindestens zwei Monate veranschlagt.

Sie lauschte dem Brummen und Surren der OTV-Maschinen. Da hörte sie Treibstoffpumpen, geheimnisvolle Laute, Gluckergeräusche wie von großen Wasserblasen, die hinter der Passagierkabine zerplatzten, und das helle Klingeln der Lagekontrolldüsen, die das Fahrzeug von der Fähre wegbewegten.

Sie begannen zu rotieren; ihre Achse lag so ziemlich in der Mitte der Kokonladung, die festgemacht war, wo ansonsten ein zusätzlicher sechseckiger Treibstofftank untergebracht war. Das OTV setzte sich mit einem Ruck in Bewegung, als der erste Hauptmotor zündete. Die Blondine, die noch nicht saß, landete mit den Füßen am hinteren Schott, fing den Aufprall mit federnden Knien ab und beendete ihre Eingabe am Prozessor.

Dann legten alle die Gurte an.

Die Zündung des zweiten Motors erfolgte nach fünfzehn Minuten. Patricia schloss die Augen, schmiegte sich in den Sitz und beschäftigte sich wieder mit einem Problem, das sie vor mehr als zwei Wochen auf die Seite gelegt hatte. Im Anfangsstadium ihrer Arbeit benötigte sie nie Papier. Nun, es marschierte Fraktur vor ihr auf, abgetrennt von eigenen Symbolen, die sie mit zehn erfunden hatte. Obwohl da keine Musik war – normalerweise hörte sie bei der Arbeit Vivaldi oder Mozart –, tauchte sie ein in ein Meer der Abstraktion. Sie griff mit der Hand zum Stapel von Musikmünzen und dem Stereozusatz in ihrer Handgepäcktasche.

Einige Minuten später schlug sie die Augen auf. Alles saß auf den Plätzen und behielt die Armaturen im Auge. Patricia versuchte zu schlafen. Bevor sie eindöste, war sie kurz ihrer großen Frage nachgegangen:

Warum war sie, ausgerechnet sie ausgesucht worden von einer Liste von Mathematikern, die meterlang gewesen sein musste? Dass sie einen Wettbewerb gewonnen hatte, das schien keine hinreichende Begründung zu sein; es gab andere Mathematiker mit viel mehr Erfahrung und Format …

Hoffman hatte an sich keine Erklärung geliefert. Sie hatte lediglich gesagt: »Sie gehen auf den Stein. Alles, was Sie wissen müssen, finden Sie dort oben. Es unterliegt der Geheimhaltung, also darf ich Ihnen keine Unterlagen aushändigen, solange Sie hier auf der Erde sind. Sie haben verdammt viel zu studieren. Aber ich wette, für einen Denker wie Sie wird das ein Höllenspaß sein.«

Soweit Patricia wusste, gab es für ihr Können keinerlei praktische Anwendung, und das war ihr lieber so.

Sie zweifelte nicht an ihren Talenten. Aber dass ausgerechnet sie herangezogen wurde, das machte sie nervös.

Vor sechs Jahren hatte ein Matheprofessor der Stanford University zu ihr gesagt, dass ein Gott oder Außerirdischer sein müsse, wer ihre Arbeit voll zu schätzen wisse.

Während Patricia im Dunkeln schläfrig aus dem lauten OTV entschwand und ihr Magen ständig nach oben drückte, dachte sie an den Stein. Die betroffenen Regierungen missbilligten Spekulationen nicht, stellten aber keinen Stoff zur Verfügung, um das Feuer zu schüren. Die Russen, die erst im letzten Jahr auf den Stein vorgelassen worden waren, ließen vage anklingen, was ihre Forscher gesehen hatten.

Hobbyastronomen – und ein paar zivile Himmelskundler, die nicht von Regierungsagenten aufgesucht worden waren – hatten auf die drei gleichmäßigen Latitudinalbänder und die eigenartigen Dellen an den Polen hingewiesen, als wäre der Stein auf der Drehbank entstanden.

Die Folge davon war, dass jeder wusste, der Stein war ein heißes Thema, vielleicht das Thema aller Zeiten.

Und so war es nicht verwunderlich, dass Paul, der zwei und zwei zusammenzählte, zu Patricia gesagt hatte, dass sie seiner Meinung nach auf den Stein gehe. »Ein Kopf, ungewöhnlich wie du – da kann’s nur der Stein sein«, hatte er gefolgert.

Götter oder Außerirdische. Trotzdem fand sie Schlaf.

Als sie aufwachte, sah sie kurz den Stein, während das OTV zum Landemanöver beidrehte. Er hatte viel Ähnlichkeit mit den unzähligen Bildern, die sie in Zeitungen und Magazinen gesehen hatte: bohnenförmig, in der Mitte ungefähr ein Drittel so dick wie lang, übersät mit Kratern zwischen den sauber ausgehöhlten, künstlichen Rillen. Der größte Durchmesser betrug einundneunzig Kilometer, die Länge...

Erscheint lt. Verlag 13.5.2013
Übersetzer Reinhard Heinz
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Eon
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Asteroid • diezukunft.de • eBooks • Ferne Zukunft • Forschungsexpedition • Greg Bear • Thistledown-Dilogie • Zeitreise
ISBN-10 3-641-10403-3 / 3641104033
ISBN-13 978-3-641-10403-0 / 9783641104030
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