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Also sprach GOLEM (eBook)

Vom großen Vordenker und Kritiker der Künstlichen Intelligenz

(Autor)

eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
185 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
9783518743126 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Also sprach GOLEM - Stanisław Lem
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Die Hauptfigur in Stanis?aw Lems Also sprach Golem ist Golem XIV, ein von Menschen gebauter Supercomputer, der unsere grundlegenden Denk- und Wahrnehmungsweisen in Zweifel zieht. Er weist auf die Grenzen unseres Verstandes hin, des Versuchs, die Ziele der Natur zu erkennen. Als eine Art Übermensch kennt er weder ein Gefühlsleben, noch besitzt er einen menschlichen Charakter. Seine Ethik ist gewiß keine humanitäre. »Er selbst nannte sie ?Kalkül?. Liebe, Altruismus und Mitleid waren bei ihm durch Zahlen ersetzt.« Kurz vor seinem Eintritt in eine »Zone der Ruhe« hält er Vorlesungen über die Stellung des Menschen im Kosmos. Der Leser sieht sich mit der unbequemen Vorstellung konfrontiert, die Menschheit sei ein Fehlprodukt der Natur und keineswegs die Krone der Schöpfung.



<p>Stanis?aw Lem wurde am 12. September 1921 in Lw&oacute;w (Lemberg) geboren, lebte zuletzt in Krakau, wo er am 27. M&auml;rz 2006 starb. Er studierte von 1939 bis 1941 Medizin. W&auml;hrend des Zweiten Weltkrieges musste er sein Studium unterbrechen und arbeitete als Automechaniker. Von 1945 bis 1948 setze er sein Medizinstudium fort, nach dem Absolutorium erwarb Lem jedoch nicht den Doktorgrad und &uuml;bte den Arztberuf nicht aus. Er &uuml;bersetzte Fachliteratur aus dem Russischen und ab den f&uuml;nfziger Jahren arbeitete Lem als freier Schriftsteller in Kr&aacute;kow. Er wandte sich fr&uuml;h dem Genre Science-fiction zu, schrieb aber auch gewichtige theoretische Abhandlungen und Essays zu Kybernetik, Literaturtheorie und Futurologie. Stanis?aw Lem z&auml;hlt heute zu den erfolgreichsten Autoren Polens. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, verfilmt und in 57 Sprachen &uuml;bersetzt.</p>

Vorrede


Den historischen Zeitpunkt auszumachen, an dem ein Rechner die Stufe der Vernunft erreichte, ist ebenso schwer, wie jenen Moment herauszufinden, mit dem der Affe sich in den Menschen verwandelte. Dabei ist es kaum ein Menschenalter her, seit mit dem Bau des Analysators für Differentialgleichungen von Vannevar Bush die stürmische Entwicklung der Intellektronik eingeleitet wurde. Der anschließend, gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, konstruierte ENIAC war jene Anlage, auf welche die freilich verfrühte Bezeichnung »Elektronengehirn« zurückgeht. ENIAC war schon ein regelrechter Computer, aber verglichen mit dem Entwicklungsbaum des Lebens, war er ein primitives Nervenganglion. Mit ihm lassen jedoch die Historiker das Computerzeitalter beginnen. In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstand ein erheblicher Bedarf an Rechenmaschinen. Als einer der ersten hat der Konzern IBM mit der Massenproduktion begonnen.

Mit Denkprozessen hatten diese Anlagen kaum etwas zu tun. Es waren Datenverarbeitungsanlagen, sowohl in der Ökonomie und im Big Business wie auch in den Verwaltungen und der Wissenschaft. Auch in die Politik hielten sie Einzug – schon die ersten benutzte man, um die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen vorherzusagen. Ungefähr zur gleichen Zeit gelang es der RAND Corporation, militärische Stellen im Pentagon für die Methode zu interessieren, durch das Aufstellen sogenannter »Szenarien« Ereignisse auf dem internationalen militärisch-politischen Schauplatz zu prognostizieren. Von hier war es nicht mehr weit zu verläßlicheren Verfahren wie CIMA, aus denen zwei Jahrzehnte später die

angewandte Algebra der Ereignisse hervorging, die man (mit einem nicht sonderlich geglückten Ausdruck) als Politomatik bezeichnete. Auch in der Rolle der Kassandra bewies der Computer seine Fähigkeiten, als man, im Rahmen des berüchtigten Projekts »The Limits to Growth«, am Massachusetts Institute of Technology erstmals daran ging, formale Modelle der irdischen Zivilisation zu erstellen. Doch nicht dieser Zweig der Computer-Revolution hat sich als der wichtigste für den Ausgang des Jahrhunderts erwiesen. Die Armee benutzte Rechenmaschinen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, und zwar entsprechend dem auf den Schauplätzen dieses Krieges entwickelten System der operativen Logistik. Die strategischen Überlegungen blieben weiterhin Sache der Menschen, doch die sekundären und untergeordneten Probleme wurden immer stärker den Computern überlassen, die man zugleich in das Verteidigungssystem der Vereinigten Staaten integrierte.

Sie bildeten die Nervenknoten des kontinentalen Warnsystems. In technischer Hinsicht waren diese Systeme sehr rasch veraltet. Auf das erste – CONELRAD – folgte, in mehreren Varianten, das System EWAS (Early Warning System). Das Angriffs- und Verteidigungspotential beruhte damals auf einem System beweglicher (Unterwasser-) und unbeweglicher (unterirdischer) ballistischer Raketen mit thermonuklearen Sprengköpfen und auf Ketten von Radar- und Sonarbasen, und die Rechenmaschinen erfüllten darin die Aufgabe von Verbindungsgliedern, also nur ausführende Funktionen.

Die Automation drang auf breiter Front in das Leben Amerikas ein, zunächst von »unten«, das heißt von jenen Dienstleistungen her, die, da sie keine geistige Aktivität erfordern, am leichtesten zu mechanisieren sind (Bankwesen, Transport, Hotelwesen). Die militärischen Computer führten eng spezialisierte Aufgaben aus: sie suchten Ziele für einen kombinierten Atomschlag, werteten die Ergebnisse von Satellitenbeobachtungen aus, optimierten die Flottenbewegungen und koordinierten die Bahnen der MOLs (Military Orbital Laboratory – Schwerer militärischer Satellit).

Wie zu erwarten, nahm der Umfang der Entscheidungen, die man automatischen Systemen überließ, ständig zu. Während des Rüstungswettlaufs war das verständlich, doch auch die spätere Entspannung wurde nicht zu einer Investitionsbremse an dieser Front, denn auf die beträchtlichen Haushaltsmittel, die durch das Einfrieren des Wasserstoffbombenwettlaufs frei wurden, mochte das Pentagon nach Beendigung des Vietnamkrieges nicht völlig verzichten. Doch auch die damals gebauten Computer der zehnten, elften und schließlich zwölften Generation waren dem Menschen nur an Operationsgeschwindigkeit überlegen. Dadurch erkannte man dann auch, daß innerhalb der Verteidigungssysteme gerade der Mensch jenes Element darstellt, das die angemessene Reaktion verzögert.

Es ist deshalb verständlich, wenn unter den Experten des Pentagon – insbesondere unter den Wissenschaftlern, die mit dem sogenannten »Militärisch-industriellen Komplex« zusammenhingen – die Idee aufkam, dem geschilderten Trend der intellektronischen Entwicklung entgegenzuwirken. Man hat diese Bewegung vielfach als »antiintellektuell« bezeichnet. Sie geht – nach Aussage der Wissenschafts- und Technikhistoriker – auf den englischen Mathematiker der Jahrhundertmitte A. Turing zurück, den Schöpfer der Theorie vom »universellen Automaten«. Dabei handelte es sich um eine Maschine, welche jede Operation auszuführen vermag, die sich formalisieren läßt, der man also den Charakter einer perfekt wiederholbaren Prozedur geben kann. Der Unterschied zwischen der »intellektuellen« und der »antiintellektuellen« Richtung innerhalb der Intellektronik läuft darauf hinaus, daß die Möglichkeiten der Turing-Maschine, die von elementarer Einfachheit ist, in ihrem Handlungsprogramm vorgegeben sind; demgegenüber haben die beiden amerikanischen »Väter« der Kybernetik, N. Wiener und J. von Neumann, in ihren Arbeiten ein System konzipiert, das sich selbst programmieren kann.

So wie wir sie darstellen, ist diese Alternative natürlich gewaltig vereinfacht, gewissermaßen aus der Vogelperspektive gesehen. Begreiflicherweise hat sich die Fähigkeit der Selbstprogrammierung auch nicht aus dem Nichts ergeben. Ihre unerläßliche Voraussetzung war eine hohe Komplexität des inneren Aufbaus der Computer. Diese, um die Jahrhundertmitte noch nicht absehbare Differenziertheit hat die weitere Entwicklung der mathematischen Maschinen stark beeinflußt, besonders nachdem solche Zweige der Kybernetik wie die Psychonik und die Vielphasige Entscheidungstheorie sich verselbständigt hatten. In den achtziger Jahren entstand in militärischen Kreisen die Idee, alle höchsten Funktionen sowohl auf dem Gebiet des militärischen Kommandos als auch in Politik und Wirtschaft vollständig zu automatisieren. Diese Konzeption, die man später als die »Idee des Einzigen Strategen« bezeichnete, soll General Stewart Eagleton als erster geäußert haben. Hinausgreifend über die Computer, deren Aufgabe die Suche nach optimalen Angriffszielen war, über das Melde- und Rechensystem, das Alarm- und Verteidigung steuerte, hinausgreifend über die Sensoren und Raketen sah er ein machtvolles Zentrum voraus, das während aller, dem äußersten militärischen Fall vorausgehenden Phasen aufgrund einer umfassenden Analyse ökonomischer, militärischer und politischer sowie sozialer Daten imstande wäre, die globale Situation der USA ständig zu optimieren und dadurch im Bereich des Planeten und seiner bereits über den Mond hinausreichenden kosmischen Umgebung den Vereinigten Staaten die Überlegenheit zu sichern.

Diejenigen, die sich anschließend für diese Doktrin einsetzten, sprachen von einer Notwendigkeit des zivilisatorischen Fortschritts, der eine Einheit bilde, so daß man den militärischen Sektor nicht willkürlich davon ausschließen könne. Nachdem man mit der Eskalation der nuklearen Schlagkraft und der Reichweite der Trägerraketen Schluß gemacht hatte, begann eine dritte, scheinbar weniger gefährliche, vollkommenere Phase der Konkurrenz, bei der es nicht mehr um einen Antagonismus der Schlagkraft, sondern des operativen Denkens gehen sollte. So wie zuvor die militärische Stärke, so sollte jetzt das Denken den Menschen entzogen und mechanisiert werden.

Diese Doktrin wurde – wie übrigens auch ihre atomarballistischen Vorläuferinnen – zur Zielscheibe einer Kritik, die vor allem von liberalen und pazifistischen Kreisen ausging, und sie wurde von vielen hervorragenden Vertretern der Wissenschaft, darunter auch Experten der Psychomatik und der Intellektronik, bekämpft, doch schließlich setzte sie sich durch und fand ihren rechtlichen Niederschlag in Beschlüssen beider gesetzgebender Körperschaften der USA. Übrigens entstand schon im Jahre 1986 als ein dem Präsidenten unterstelltes Organ das USIB (United States Intellectronical Board) – mit einem eigenen Haushalt, der im ersten Jahr mit der Summe von 19 Milliarden Dollar abschloß. Das waren allerdings nur die bescheidenen Anfänge.

Mit Hilfe eines Beratergremiums, das halbamtlich vom Pentagon delegiert worden war und von Verteidigungsminister Leonard Davenport geleitet wurde, schloß USIB mit einer Reihe großer Privatfirmen wie International Business Machines, Nortronics und Cybermatics Verträge über den Bau eines Rechnerprototyps ab, der die Codebezeichnung HANN (Abkürzung für Hannibal) erhielt. Durch die Presse und durch verschiedene »undichte Stellen« wurde allerdings eine andere Bezeichnung verbreitet: ULVIC (Ultimative Victor). Bis zum Ende des Jahrhunderts entstanden weitere Prototypen. Als die bekanntesten ließen sich Systeme nennen wie AJAX, ULTOR, GILGAMESH – und die lange Serie der GOLEMs.

Mit einem enormen, stürmisch wachsenden Finanz- und Arbeitsaufwand wurden die traditionellen Verfahren der Informatik revolutioniert. Von ungeheurer Bedeutung war vor allem, daß man bei der innermaschinellen Informationsübermittlung von Elektrizität zu Licht überging. Das führte, in Verbindung mit der fortschreitenden »Nanisierung«...

Erscheint lt. Verlag 17.4.2013
Nachwort Richard Popp
Übersetzer Friedrich Griese
Vorwort Irving T. Greve
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte AI • Artifical Intelligence • Artificial Intelligence • Chat-GPT • Computer • DALL-E • Ehrendoktor der Universität Bielefeld (Dr. rer. nat. h.c.) 2003 • Ehrendoktortitel der Universitäten Oppeln und Krakau sowie der Staatlichen Medizinischen Universität Lemberg 1998 • Ethik • generative AI • "Golem" XIV deutsch • gpt • KI • Künstliche Intelligenz • Mitglied der Berliner Akademie der Künste 2004 • Science Fiction • ST 1266 • ST1266 • suhrkamp taschenbuch 1266 • Übermensch • Verstand
ISBN-13 9783518743126 / 9783518743126
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