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Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry (eBook)

Roman | Der Weltbestseller jetzt verfilmt mit Jim Broadbent und Penelope Wilton

(Autor)

eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
384 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-402075-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry -  Rachel Joyce
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Eigentlich wollte er nur zum Briefkasten. Dann geht Harold Fry 1000 Kilometer zu Fuss. Rachel Joyce' unvergesslicher Selbstfindungs-Roman über eine ungewöhnliche Pilgerreise hat die ganze Welt erobert. »Ich bin auf dem Weg. Du musst nur durchhalten. Ich werde Dich retten, Du wirst schon sehen. Ich werde laufen, und Du wirst leben.« Harold Fry will nur kurz einen Brief einwerfen an seine frühere Kollegin Queenie Hennessy, die im Sterben liegt. Doch dann läuft er am Briefkasten vorbei und auch am Postamt, aus der Stadt hinaus und immer weiter, 87 Tage, 1000 Kilometer. Zu Fuß von Südengland bis an die schottische Grenze zu Queenies Hospiz. Eine Reise, die er jeden Tag neu beginnen muss. Für Queenie. Für seine Frau Maureen. Für seinen Sohn David. Für sich selbst. Und für uns alle. Der preisgekrönte Roman von Rachel Joyce über Geheimnisse und lebensverändernde Momente, Tapferkeit und Betrug, Liebe und Loyalität und ein ganz unscheinbares Paar Segelschuhe. Die Reihenfolge der Trilogie: Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry (Band 1) Das Geheimnis der Queenie Hennessy (Band 2) Die erstaunliche Entdeckungsreise der Maureen Fry (Band 3)

Rachel Joyce nimmt uns in ihren Romanen immer wieder mit auf besondere Lebensreisen. Mit ihren liebenswerten Figuren, ihrem Humor und ihrer feinfühligen Sprache bewegt sie Millionen Leserinnen und Leser. Für ihre Werke, darunter »Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry«, wurde sie vielfach ausgezeichnet. Rachel Joyce war Bühnenschauspielerin u.a. bei der Royal Shakespeare Company und ist Autorin zahlreicher Hörspiele für die BBC. Sie lebt mit ihrer Familie auf dem Land in Gloucestershire. 

Rachel Joyce nimmt uns in ihren Romanen immer wieder mit auf besondere Lebensreisen. Mit ihren liebenswerten Figuren, ihrem Humor und ihrer feinfühligen Sprache bewegt sie Millionen Leserinnen und Leser. Für ihre Werke, darunter »Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry«, wurde sie vielfach ausgezeichnet. Rachel Joyce war Bühnenschauspielerin u.a. bei der Royal Shakespeare Company und ist Autorin zahlreicher Hörspiele für die BBC. Sie lebt mit ihrer Familie auf dem Land in Gloucestershire.  Maria Andreas lebt als Übersetzerin von Belletristik und Sachbüchern in München. Mit feinem Sprachgefühl macht sie das besondere Leseerlebnis der Romane von Rachel Joyce und Eleanor Ray auf Deutsch erfahrbar.

1 Harold und der Brief


Der Brief, der alles verändern sollte, kam an einem Dienstag. An einem ganz gewöhnlichen Vormittag Mitte April, der nach frisch gewaschener Wäsche und Grasschnitt roch. Harold saß glattrasiert und im sauberen Hemd mit Krawatte am Frühstückstisch vor einer Scheibe Toast, die er nicht aß. Er sah aus dem Küchenfenster auf den kurzgeschorenen Rasen hinaus, der an drei Seiten von den blickdichten Bretterzäunen der Nachbarn eingeschlossen war. Mittendrin steckte Maureens Teleskopwäschespinne.

»Harold!«, rief Maureen über den Staubsaugerlärm hinweg. »Post!«

Eigentlich wäre er gern hinausgegangen, aber das Einzige, was es draußen zu tun gab, war Rasenmähen, und das hatte er gestern schon erledigt. Der Staubsauger verstummte, und seine Frau erschien mit dem Brief und einem säuerlichen Gesicht. Sie setzte sich Harold gegenüber.

Maureen war eine zierliche Frau mit silbergrauem Bob und flinken Schritten. Als sie sich kennenlernten, war es Harolds größte Freude, sie zum Lachen zu bringen. Zuzusehen, wie sie ihre straffe Haltung verlor und ausgelassen zu zucken begann. »Für dich«, sagte sie. Er wusste nicht, was sie meinte, bis sie einen Umschlag über den Tisch schob und bei seinem Ellbogen liegen ließ. Beide betrachteten ihn, als hätten sie noch nie einen Brief gesehen. Er war rosa. »Abgestempelt in Berwick upon Tweed.«

Er kannte niemanden in Berwick. Er kannte nirgendwo viele Leute. »Vielleicht ist er falsch abgestempelt.«

»Ich glaube nicht. Bei so was wie Poststempeln passieren keine Fehler.« Sie nahm sich Toast aus dem Ständer. Sie mochte ihn kalt und knusprig.

Harold studierte den geheimnisvollen Umschlag. Sein Rosa war nicht wie das Rosa im Bad, das sich in den Handtüchern und dem plüschigen Toilettenbezug wiederholte. Das grelle Pink weckte in Harold immer das Gefühl, er gehöre nicht hierher. Das Umschlagrosa dagegen war zart, ein Rosa wie Erdbeermilch. Name und Adresse waren ein einziges Gekrakel, die ungelenken Buchstaben purzelten durcheinander wie von einem Kind hingekritzelt: Mr. H. Fry, Fossebridge Road 13, Kingsbridge, South Hams. Die Handschrift sagte ihm nichts.

»Und?«, fragte Maureen. Sie reichte ihm ein Messer. Er setzte es an einer Umschlagecke an und stieß es in den Falz. »Vorsichtig«, mahnte sie.

Unter ihrem bohrenden Blick zog er den Brief heraus und schob seine Lesebrille zurecht. Das Blatt war mit Schreibmaschine getippt, die Absenderadresse kannte er nicht: Bernardino-Hospiz. Lieber Harold, dieser Brief wird Sie vielleicht überraschen. Sein Blick sprang nach unten zur Unterschrift.

»Und?«, fragte Maureen wieder.

»Du liebe Güte. Er ist von Queenie Hennessy.«

Maureen spießte ein Stück Butter auf und verstrich es bis in alle Ecken ihres Toasts. »Queenie wer?«

»Sie hat in der Brauerei gearbeitet. Vor Jahren. Erinnerst du dich nicht?«

Maureen zuckte mit den Achseln. »Ich wüsste nicht, wieso. Ich wüsste nicht, warum ich mich an jemanden erinnern sollte, den du vor Jahren mal gekannt hast. Reichst du mir die Erdbeermarmelade, bitte?«

»Sie war in der Buchhaltung. Sehr tüchtig.«

»Das ist die Orangenmarmelade, Harold. Erdbeermarmelade ist rot. Es hilft übrigens, wenn du die Dinge ansiehst, bevor du sie in die Hand nimmst.«

Harold reichte ihr das Gewünschte und wandte sich wieder seinem Brief zu. Perfekt in der Form natürlich, ganz das Gegenteil des Gekrakels auf dem Umschlag. Lächelnd erinnerte er sich, dass Queenie immer so gewesen war: Alles wurde gewissenhaft und tipptopp erledigt. »Sie erinnert sich an dich. Lässt dich grüßen.«

Maureen spitzte die Lippen. »Im Radio hab ich gehört, dass die Franzosen ganz wild auf unser Brot sind. Ihr eigenes lässt sich nicht richtig in Scheiben schneiden. Die kommen rüber und kaufen alles auf. Es hieß, das Brot könnte bis zum Sommer knapp werden.« Sie hielt inne. »Harold? Ist was?«

Er sagte nichts. Er richtete sich auf, ganz blass im Gesicht, öffnete halb den Mund. Als er die Stimme wiederfand, klang sie leise und wie aus weiter Ferne. »Sie hat – sie hat Krebs. Queenie schreibt, um sich zu verabschieden.« Er suchte nach weiteren Worten, fand aber keine. Da zog er ein Taschentuch aus der Hosentasche und schnäuzte sich. »Ich … ähem. Oje.« Seine Augen drohten überzufließen.

Augenblicke verstrichen, vielleicht Minuten. Maureen schluckte schwer, laut hörbar in der Stille. »Das tut mir leid«, sagte sie.

Er nickte. Er hätte aufblicken sollen, konnte aber nicht.

»Es ist ein schöner Vormittag«, setzte sie wieder an. »Du könntest doch die Terrassenstühle rausholen?« Aber Harold blieb reglos, wortlos sitzen, bis sie die Teller abräumte. Kurz darauf heulte in der Diele der Staubsauger wieder auf.

 

Harold fühlte sich, als bekäme er keine Luft. Als würde, wenn er auch nur einen Finger, einen Muskel rührte, ein Sturm von Gefühlen losbrechen, die er unbedingt unter Verschluss halten wollte. Warum hatte er zwanzig Jahre verstreichen lassen, ohne nach Queenie Hennessy zu forschen? Vor ihm stieg das Bild der kleinen, dunkelhaarigen Frau auf, mit der er vor langer Zeit zusammengearbeitet hatte; unvorstellbar, dass sie nun – wie alt? – sechzig sein sollte. Und in Berwick an Krebs starb. Warum ausgerechnet Berwick, dachte er; so weit nach Norden war er nie gereist. Er blickte wieder in den Garten hinaus und sah einen Plastikstreifen, der sich in der Lorbeerhecke verfangen hatte, hartnäckig herumflatterte und sich doch nicht löste. Er steckte Queenies Brief in die Tasche, klopfte zur Sicherheit zweimal darauf und stand auf.

 

Oben schloss Maureen leise die Tür von Davids Zimmer, stand kurz da und atmete Davids Gegenwart ein. Sie zog die blauen Vorhänge auf, die sie jeden Abend schloss, und vergewisserte sich, dass kein Staub am Gardinensaum hing, wo er ans Fensterbrett stieß. Sie polierte den Silberrahmen des Fotos, das ihn als Student in Cambridge zeigte, und das kleine schwarzweiße Babyfoto daneben. Sie hielt den Raum sauber, denn sie wartete darauf, dass David zurückkehrte – wann er kommen würde, wusste sie nicht. Eigentlich war sie ständig am Warten. Männer hatten keine Ahnung, was es bedeutet, Mutter zu sein. Schmerzlich ein Kind zu lieben, auch wenn es sich längst entfernt hat. Sie dachte an Harold unten mit seinem rosaroten Brief und wünschte, sie könnte mit ihrem Sohn darüber reden. Maureen verließ das Zimmer genauso leise, wie sie es betreten hatte, und ging die Betten abziehen.

 

Harold Fry nahm mehrere Blatt Briefpapier und einen von Maureens Tintenrollern aus der Schublade. Was sagt man zu einer an Krebs sterbenden Frau? Sie sollte wissen, wie leid es ihm tat, aber mein Beileid konnte er schlecht schreiben, das stand auf den Karten, die man fertig kaufen konnte, sozusagen für hinterher, und klang auch formelhaft, als nähme er keinen großen Anteil. Er machte einen Versuch: Liebe Miss Hennessy, ich hoffe aufrichtig, Ihr Zustand wird sich bessern, aber als er den Stift hinlegte und den Satz noch einmal überdachte, kam er ihm ebenso steif wie unglaubwürdig vor. Er knüllte das Blatt zusammen und versuchte es noch einmal. Er hatte sich noch nie gut ausdrücken können. Was er empfand, war so übermächtig, dass er es schwer in Worte fassen konnte, und selbst wenn es ihm gelänge, schickte es sich nicht, so an jemanden zu schreiben, mit dem er zwanzig Jahre lang keinen Kontakt gehabt hatte. Wäre die Lage andersherum, wüsste Queenie genau, was zu tun wäre.

»Harold?« Maureens Stimme überraschte ihn. Er dachte, sie sei oben und poliere etwas oder spreche mit David. Sie hatte ihre gelben Gummihandschuhe an.

»Ich schreibe Queenie einen kurzen Brief.«

»Einen Brief?« Sie wiederholte oft, was er sagte.

»Ja. Möchtest du unterschreiben?«

»Ich denke, nein. Es wäre kaum passend, einen Brief an jemanden zu unterschreiben, den ich nicht kenne.«

Er konnte jetzt nicht länger um formvollendeten Ausdruck ringen, sondern musste einfach niederschreiben, was von selbst kam: Liebe Queenie, danke für Ihren Brief. Es tut mir sehr leid. Alles Gute – Harold (Fry).

Das war zwar schwach, aber immerhin. Er steckte den Brief in einen Umschlag, klebte ihn rasch zu und schrieb die Hospizadresse darauf. »Ich geh mal schnell zum Briefkasten.«

Es war kurz nach elf. Er nahm seine regendichte Jacke von dem Haken, den Maureen dafür vorgesehen hatte. An der Tür wehte ihm ein Schwall Wärme und Salzgeruch in die Nase, aber bevor er den Fuß über die Schwelle setzen konnte, stand seine Frau schon neben ihm.

»Bist du länger weg?«

»Ich geh nur die Straße runter.«

Sie sah mit ihren moosgrünen Augen zu ihm hoch, hob ihm ihr zierliches Kinn entgegen. Er wünschte, ihm würde etwas einfallen, was er zu ihr sagen könnte, aber ihm fiel nichts ein, was der Rede wert gewesen wäre. Er sehnte sich danach, wie in alten Zeiten den Arm um sie zu legen, den Kopf auf ihre Schulter sinken und dort liegen zu lassen. »Tschüss dann, Maureen.« Er schloss zwischen sich und ihr die Tür, behutsam und leise.

 

Die Fossebridge Road zog sich an einem Hang oberhalb von Kingsbridge entlang, und so genossen die Anwohner, was Immobilienmakler gern eine unverbaubare Panoramalage nennen, mit einer weiten Aussicht über die Stadt und die Landschaft. Allerdings neigten sich die Vorgärten gewagt steil zum Gehweg hinunter, die Pflanzen klammerten sich an Bambusstäbe, als fürchteten sie um ihr Leben. Harold ging den abschüssigen, betonierten Gartenweg etwas schneller hinunter, als ihm lieb war; dabei stachen...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2012
Reihe/Serie Die Harold-Fry-Trilogie
Übersetzer Maria Andreas
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Berührend • Bestseller • bewegend • Christine Westermann Buchtipps • Devon • Emotion • England • Entspannung • Freundschaft • Hospiz • Inspiration • Inspirierend • Liebe • Natur • Queenie • Reise • Schottland • Schuhe • Segelschuhe • Südengland • Taschenbuchbestseller 2023 • Tod • Trauer • Vertrauen • Wandern • Wanderung • Weg
ISBN-10 3-10-402075-2 / 3104020752
ISBN-13 978-3-10-402075-4 / 9783104020754
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