Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Schockstarre (eBook)

Katinka Palfys fünfter Fall
eBook Download: PDF | EPUB
2009 | 3. Auflage
288 Seiten
Gmeiner-Verlag
978-3-8392-3306-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schockstarre -  Friederike Schmöe
Systemvoraussetzungen
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Jahresbeginn 2005: Privatdetektivin Katinka Palfy ist vom Pech verfolgt. Erst wird sie Opfer eines Anschlags, dann verschwindet ihre Beretta, um kurz darauf wieder aufzutauchen: als Mordwaffe in einem Fall ohne Beweise, dafür mit umso mehr Motiven. Katinka folgt der Spur in das mittelalterliche Städtchen Coburg, wo sie sich sehr zum Missfallen der dortigen Polizei in die Ermittlungen einklinkt. Diese führen sie zur Arbeitsstelle des Toten, einer Werbeagentur. Als die Detektivin erkennt, dass seelische Abgründe hinter scheinbarem Glück und beruflichem Erfolg klaffen, wird der Burghof der trutzigen Veste Coburg zur tödlichen Falle.

Friederike Schmöe wurde 1967 in Coburg geboren. Die habilitierte Germanistin und Romanistin lebt in Bamberg und ist an der dortigen Universität seit über zehn Jahren als Dozentin tätig.

Friederike Schmöe wurde 1967 in Coburg geboren. Die habilitierte Germanistin und Romanistin lebt in Bamberg und ist an der dortigen Universität seit über zehn Jahren als Dozentin tätig.

1. Offene Rechnungen 10
2. Beschattung 17
3. Filmriss 25
4. Beretta 9000S 38
5. Entzweiung 48
6. Durchschuss 67
7. Plauderstunde mit Edith 78
8. Zwei Frauen 90
9. Agentur Fenering 112
10.OberstleutnantBennoLehmann 124
11. Der Erpresser 141
12. Von Häusern und Frauen 163
13. Drohungen 172
14. Herzoginbau 186
15. Schockstarre 198
16. Sturm 209
17. Opfer im Schnee 228
18. Schlag auf Schlag 245
19. Ein schwerer Verdacht 265
20. Gottes Gedanken 280
21. Details 306

1. Offene Rechnungen


Freitag, 7. 1. 2005, 17:01 Uhr

Katinka Palfy saß im Mantel an ihrem Schreibtisch, einen Becher Kaffee in den klammen Händen, und studierte angespannt die Ausdrucke ihrer aktuellen Einnahme-Überschuss-Rechnung. Mit dem Ellenbogen schob sie ein paar Blätter hin und her, löste widerwillig die rechte Hand von dem heißen Becher und fuhr mit dem Finger über die Ziffernreihen.

»Ich kapier das nicht«, murmelte sie und kuschelte sich tiefer in ihren Mantel.

Gerade vor einer halben Stunde hatte sie den Auftrag einer Versicherung abgeschlossen, erfolgreich, wie sie fand. Weniger würde sich allerdings der Simulant gefreut haben, der mit angeblich zu siebzig Prozent geschädigten Bandscheiben flugs zur Pensionierung durchschreiten wollte, sich aber nicht zu schade war, zwei bauchige Partyfässer in seinen Kombi zu laden. Sie hatte die Fotos gleich an die Versicherung weitergeschickt. Um ehrlich zu sein: Sie kam sich ein wenig schofel vor, die Lebenspläne eines Mittfünzigers durchkreuzt zu haben. Selbst für einen Versicherungsbetrüger konnte sie eine Prise Mitleid empfinden. Dennoch war die Versicherung als Kunde ein dicker Fisch, den sie in ihrem Netz zappeln wissen wollte. Lebenstraum hin oder her. In ein paar Tagen würde sie die Kohle der Versicherung auf ihrem Konto vorfinden. Ganz anders als die Summe, die sie in ihren Unterlagen suchte. Offene Rechnungen wurden allmählich zum Alltag.

Ärgerlich fuhr Katinka sich durch das kurze Strubbelhaar und griff nach ihrer Brille. Sie langte ins Leere.

Lächelnd sah sie auf, vergaß die Papiere und schickte genießerisch ihre Augen durch ihr Büro, so wie ein Wanderer nach dem Aufstieg vom Gipfel ins Tal schaut. Nicht, dass der kleine Raum in der Hasengasse 2a ein besonders apartes Büro gewesen wäre, im Gegenteil: Die Einrichtung stammte größtenteils vom Trödelmarkt. Zwei Besuchersessel, Regale mit Nachschlagewerken, Schreibtisch und Bürostuhl, ein IKEA-Kleiderständer, dazu ein noch jungfräulicher Terminplaner für 2005 an der Wand und ein Dalí-Poster. Katinkas Begeisterung galt vielmehr ihrem völlig neuen Sehgefühl. Zu ihrer großen Freude hatten ihre Augen sich umgehend an die lang ersehnten Kontaktlinsen gewöhnt, sie setzte sie mit Leichtigkeit morgens ein, nahm sie abends genauso einfach wieder heraus, und mittlerweile kam es ihr vor, als habe sie niemals ein Brillengestell auf der Nase gehabt. Ab und zu freilich verfolgten sie die stereotypen Bewegungen aus alten Zeiten: Brille abnehmen, zurechtrücken, am Pulli abwischen. So wie jetzt.

»Denkste«, sagte sie zu sich selbst, zog fröstelnd die Schultern hoch und wandte sich wieder ihren Unterlagen zu. Seit mehr als drei Monaten wartete sie auf eine Überweisung. Viertausend Euro Honorar für einen kniffligen Auftrag, bei dem sie sich einmal mehr Feinde gemacht hatte. Schließlich mochte es kein Außendienstler, wenn er dabei ertappt wurde, wie er für die Konkurrenz tätig war, ohne dass sein Arbeitgeber es wusste, und dabei auch noch eine fantastische Anzahl von Arbeitsstunden und Kilometern geltend machte. Nach seinem Rausschmiss war der Mann in der Detektei aufgekreuzt und hatte sich alle Mühe gegeben, Katinka zur Schnecke zu machen. Am liebsten hätte sie den viertausend noch eine Schmerzensgeldforderung in gleicher Höhe folgen lassen, doch nun wäre sie schon froh, überhaupt einen Zahlungseingang auf ihrem Konto vorzufinden. Sie hasste den Papierkram, sie hasste es, ihrem Geld hinterherzulaufen. Es wurde tatsächlich Zeit, dass sie ihre Rechnungen außer Haus gab. Energisch öffnete sie die Schreibtischschublade und fischte die Gelben Seiten heraus.

»Inkassobüros«, murmelte sie und ging die Spalten durch. »B … B wie Bamberg. Hier haben wir’s ja.«

Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken.

»Ja?« Draußen war es mittlerweile vollkommen dunkel. Der Januarnachmittag hockte in der engen Gasse. Vorsicht, mahnte sie sich. Sie trug die Waffe immer bei sich und war obendrein schnell im Zielen. Ein Spleen. Klar. Aber sie dachte an den Außendienstmitarbeiter.

Jemand drückte die Tür auf und trat ein. Erleichtert ließ Katinka Luft ab und stand auf. Eine junge Frau, das kurze, blonde Haar nass vom Regen, gekleidet in einen dicken Daunenanorak, Jeans und Stiefel, sah sich unsicher um und fragte: »Sind Sie Frau Katinka Palfy?«

»Ja, die bin ich. Bitte«, Katinka drückte ihr die Hand und wies auf einen der Besuchersessel, »setzen Sie sich. Leider ist meine Heizung kaputt, und der Installateur lässt auf sich warten. Ich bitte Sie also lieber nicht, abzulegen.«

Ihre neue Klientin schüttelte den Kopf wie ein junger Hund und nickte wissend.

»Immer das gleiche mit den Handwerkern«, meinte sie, während die Wassertropfen spritzten, und setzte sich auf die vordere Kante des Besuchersessels. Eine seltsame Mischung aus Heiterkeit und Nervosität umspielte ihr Gesicht. Da huschte ein Lächeln vorbei, dann zuckte eine Augenbraue, sie fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lippen und ließ den Blick hektisch durch den Raum eilen.

»Was kann ich für Sie tun?«, fragte Katinka, schob ihre Buchhaltungspapiere zusammen und zog ein neues Notizblatt hervor.

»Ich …«, kam es zögernd, um sofort zu verstummen.

Erfahrungsgemäß war das der schwerste Moment im Kundengespräch. Die Klienten mussten sich erst warmlaufen. Sie erschienen Katinka oft wie stotternde alte Motoren, im Zaum gehalten von Hemmungen, Vorurteilen Privatdetektiven oder Frauen oder beidem in Kombination gegenüber. Oft jedoch war der Auftrag, den sie Katinka erteilen wollten, der Kern des Problems. Viele nahmen es als Eingeständnis eigener Unzulänglichkeit, wenn sie mit irgendetwas in ihrem Leben nicht klarkamen. Das war ungefähr so logisch, wie sich schuldig zu fühlen, wegen Migräne einen Arzt aufzusuchen, fand Katinka. Sie verließ sich auf ihre mittlerweile zweijährige Erfahrung im Geschäft. Bot einen Kaffee an oder entschuldigte sich für einen Moment, um in ihrem Nebenraum zu verschwinden und den Leuten Zeit zum Durchatmen zu geben. Manchmal genügten auch ein Augenzwinkern und ein einladendes Lächeln. So wie jetzt.

»Mein Mann …«, begann die junge Frau, »geht fremd. Glaube ich.«

Katinka schrieb geht fremd auf ihr Blatt.

»Das Problem ist … ich bin mir so unsicher. Wir haben doch erst geheiratet, im vergangenen September.«

Vorsicht, mahnte sich Katinka. Vorsicht mit der weiblichen Solidarität. Der Kerl ist vermutlich ein Saftsack, aber im Zweifelsfall für den Angeklagten.

»Ich bin schwanger. Zweiter Monat erst, naja.« Die junge Frau lächelte schüchtern. »Aber ich muss einfach wissen, was Henryk treibt, verstehen Sie?«

Es fiel Katinka schwer, neutral zu bleiben, als sie den Namen auf ihr Papier kritzelte und fragte: »Wieso nehmen Sie an, dass Ihr Mann fremdgeht?«

»Naja, er kommt abends spät, behauptet, er hätte noch in der Firma zu tun, geht aber nicht ans Telefon.«

»Wo arbeitet er?« Katinka schrieb Firma auf den Zettel.

Ihre neue Klientin wurde rot.

»Das … will ich lieber nicht sagen.«

Na gut, dachte Katinka.

»Gibt es sonst Anhaltspunkte? Warum sollte er fremdgehen, wenn er nicht erreichbar ist? Er könnte sich mit einem Kollegen treffen.«

Die andere zögerte.

»Das glaube ich nicht«, kam es schließlich.

»Warum nicht?«

»Wo sollte er ein Geschäftstreffen haben, wenn nicht in der Firma?«

»In einer Kneipe, in der Sauna, im Fitness-Studio«, schlug Katinka vor. »Männer reden überall über die Arbeit.«

Die junge Frau druckste ein wenig herum, bevor sie sagte: »Beschatten Sie ihn. Nur für einige Tage. Es geht mir einfach darum, Sicherheit zu haben. Verstehen Sie?«

Katinka lehnte sich zurück. Selbstverständlich verstand sie, was ihr da bevorstand. Etliche langweilige Stunden in Autos und an dunklen Hausecken. Hochklettern an Baugerüsten, um Einblick in fremde Schlafzimmer zu bekommen, wo zwei Leute Spaß hatten. Ein paar Fotos schießen und ein oder zwei Leben mächtig durcheinanderbringen.

»Haben Sie ein Foto von Ihrem Mann dabei?«

Katinka erwartete ein Hochzeitsfoto oder eine Porträtaufnahme. Stattdessen reichte die andere ihr ein verschwommenes Bild in Schwarz-weiß von einem Typen mit australischem Farmerhut, in dessen Schatten sein Gesicht beinahe völlig verschwand.

»Oje«, sagte Katinka. »Darauf erkenne ich aber nicht viel.«

»Morgen ist Samstag, da geht Henryk nach der Arbeit gerne in den Rio-Club, ein Bier trinken.«

»Samstags? Nach der Arbeit?«

Wieder färbten sich die Wangen der jungen Frau rot. Katinka runzelte die Stirn. Argwohn flirrte durch ihren Magen.

»Tja«, sagte ihre neue Klientin ungeduldig. »So ist das. Gegen 23 Uhr. Wenn Sie ihn da treffen …«

Katinka notierte Rio-Club.

»Machen Sie’s? Ich meine: Übernehmen Sie den Auftrag?«

Das schien alles dürftig. Zu dürftig.

»Ich brauche noch einige Informationen«, sagte Katinka. »Wie diskret soll es sein? Darf er mich sehen? Was, wenn er mich anspricht? Darf ich ihn ansprechen?«

»Lieber nicht! Mir genügt ein Beweis.« Die Frau fuhr sich durchs Haar. Müdigkeit und Erschöpfung schrieben Fältchen in ihr Gesicht.

»Es wird sicher nötig sein, ihm eine Weile an den Fersen zu bleiben. Ich nehme drei Tagessätze als Anzahlung.« Katinka griff nach...

Erscheint lt. Verlag 13.8.2009
Reihe/Serie Katinka Palfy
Kriminalromane im GMEINER-Verlag
Verlagsort Meßkirch
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bamberg • Coburg • Franken • Oberfranken
ISBN-10 3-8392-3306-2 / 3839233062
ISBN-13 978-3-8392-3306-1 / 9783839233061
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
PDFPDF (Wasserzeichen)
Größe: 2,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seiten­layout eignet sich die PDF besonders für Fach­bücher mit Spalten, Tabellen und Abbild­ungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten ange­zeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smart­phone, eReader) nur einge­schränkt geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.

Zusätzliches Feature: Online Lesen
Dieses eBook können Sie zusätzlich zum Download auch online im Webbrowser lesen.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 5,3 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Zusätzliches Feature: Online Lesen
Dieses eBook können Sie zusätzlich zum Download auch online im Webbrowser lesen.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
CHF 9,75
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
CHF 9,75