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Falscher Engel (eBook)

Mein Höllentrip als Undercover-Agent bei den Hells Angels
eBook Download: EPUB
2009 | 1. Auflage
384 Seiten
Riva Verlag
978-3-86413-004-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Falscher Engel -  Jay Dobyns,  Nils Johnson-Shelton
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Schon bald nach seiner Gründung Ende der 40er-Jahre in den USA machte der Hells Angels Motorcycle Club durch Gesetzesübertretungen und Gewaltdelikte von sich reden. Drogengeschäfte, Prostitution, Morde und Schlägereien sowie - mittlerweile auch international geführte - Bandenkriege mit rivalisierenden Clubs bringen den mitgliederstärksten Rockerclub der Welt immer wieder in den Verdacht der organisierten Kriminalität.

Jay Dobyns, geb. 1961, ehemaliger Footballspieler und Absolvent der University of Arizona, erlangte Bekanntheit, nachdem er zwei Jahre als Undercoveragent für die ATF (Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives; verantwortlich bei unerlaubtem Gebrauch und Besitz von Schusswaffen) in den Kreisen der US-amerikanischen Hells Angels ermittelt hatte. Heute ist er als Berater und Vortragsredner tätig. Jay Dobyns ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nils Johnson-Shelton war im Unterschied zu Jay Dobyns nie ein Cop und kann nicht einmal Motorrad fahren. Dies ist sein erstes Buch.

Jay Dobyns, geb. 1961, ehemaliger Footballspieler und Absolvent der University of Arizona, erlangte Bekanntheit, nachdem er zwei Jahre als Undercoveragent für die ATF (Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives; verantwortlich bei unerlaubtem Gebrauch und Besitz von Schusswaffen) in den Kreisen der US-amerikanischen Hells Angels ermittelt hatte. Heute ist er als Berater und Vortragsredner tätig. Jay Dobyns ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nils Johnson-Shelton war im Unterschied zu Jay Dobyns nie ein Cop und kann nicht einmal Motorrad fahren. Dies ist sein erstes Buch.

Teil II
DER ANFANG


2 Meine »saugende« Brustwunde


19. November 1987

IN MEINER FAMILIE gab es keine Polizisten. Ich wurde nicht zum Polizisten erzogen, und mein Vater war kein Alkoholiker, der mich verprügelte. Ich wuchs im weißen Mittelschichtsamerika auf, mit einem Fahrrad und einem Baseballhandschuh und mit Familienurlaub. Ich spielte Football, und zwar gut. Auf dem College war ich Fänger bei den Arizona Wildcats. In meinem ersten Jahr, 1982, fuhr ich ins Herbstlager nach Douglas in Arizona, ein 38 Grad heißes Dreckloch, und trainierte zweimal am Tag. Der Platz lag mitten in der Wüste. Rasen, Seitenlinien, ein halber Meter Wüstensand, dann Kakteen.

Die meisten Fänger wollen dem verteidigenden Team davonlaufen, um spielentscheidende Pässe zu erwischen; sie wollen den Ball über der Schulter fangen und die Schulballkönigin bumsen. Gegen die Ballkönigin hätte ich nichts einzuwenden gehabt, aber ich war kein Fänger dieser Sorte. Die Trainer wussten das, und darum setzten sie mich auf die Ersatzbank. Das musste sich ändern.

Immer wenn ausgewechselt wurde, weil ein schräger Pass über die Mitte angesagt war oder ein Verteidiger umgerannt werden musste, sprang ich auf – und jedes Mal bekam ich eine auf die Schnauze. Bei einem Spiel wollte ich einen zu weit geworfenen Ball außerhalb meiner Route fangen. Ich rannte aus dem Spielfeld hinaus in die Wüste, warf mich nach vorne, packte den Ball, landete aber in einem Busch aus Chollas, den garstigsten aller Kakteen. Den Rest des Trainings verbrachten die Trainer damit, mir mit Zangen Dornen aus dem Gesicht und aus den Armen zu ziehen. Die anderen Spieler lachten mich aus, denn welcher Idiot jagt einem zu weiten Wurf in ein Kaktusfeld nach?

Am nächsten Tag warf ich einen Blick auf die Mannschaftsaufstellung. Diesmal stand ich an erster Stelle, und diesen Platz sollte ich bis ans Ende meiner College-Karriere keinem anderen mehr überlassen, egal wie schnell er war.

Als ich meinen Abschluss machte, spielte ich im Auswahlteam unserer College-Liga. Spielerkäufer beobachteten mich ein wenig, und ich wurde zur NFL Combine (ein Sichtungstrainingslager für die Nationalliga) eingeladen. Doch als ich aufs Spielfeld ging, wurde mir umgehend klar, dass ich nur geringe oder gar keine Chancen hatte. Ein Talentsucher drückte es treffend aus: »Ich kann diesen Burschen beibringen, wie du zu fangen; aber ich kann dir nicht beibringen, schneller zu laufen.« Neben den Jungs, die damals im Lager waren, sah ich wie Melasse aus, die in Zement gegossen war. Es waren Leute wie Vance Johnson, Al Toon, Andre Reed, Eddie Brown und Jerry Rice – Spitzenspieler der kommenden Jahre.

Ich wusste, dass ich eine zwei- oder dreijährige Karriere hinbekommen konnte; aber ich hätte mich jedes Jahr im Trainingslager neu beweisen müssen und wäre bestenfalls dritte oder vierte Wahl gewesen. Meine Träume zerplatzten, und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war zu sehr daran gewöhnt, dass Menschenmengen mir zujubelten, zu süchtig nach Adrenalin, um darauf zu verzichten.

Schließlich wurde ich Polizist. Ich war jung und hatte das Bild vor Augen, das Hollywood von der Polizeiarbeit vermittelte. Zunächst dachte ich ans FBI und an den Geheimdienst, aber letztlich landete ich bei der ATF, die für Alkohol, Tabak und Feuerwaffen zuständig ist. Dort wurde aus einem gefeierten College-Sportler ein hartgesottener Undercover-Agent.

Doch bereits während eines meiner ersten Einsätze als Polizeischüler kam es zu einem Zwischenfall.
Uns lag ein Haftbefehl gegen einen gewissen Brent Provestgaard vor, der eben aus dem Gefängnis entlassen worden war und angeblich eine gebrauchte .38er Rossi besaß. Wir wollten ihn wegen eines Vergehens festnehmen, das zum täglichen Brot der ATF gehörte: verbotener Besitz einer Waffe nach 18 USC § 922 (g) (1).
Ich sollte mit meinem Ausbilder, Lee Mellor, die Umgebung absichern. Wir fuhren in einem klapprigen 1983er Monte Carlo. Zuerst befragten wir Provestgaards Mutter in ihrem Haus südlich des Flughafens Tucson an der Kreuzung Creeger Road und Old Nogales Highway. Sie sagte, er sei nicht zu Hause, werde aber früher oder später zurückkehren. Wir zogen ab und überwachten das Haus.
Frau Provestgaard hatte uns verschwiegen, dass ihr Sohn geschworen hatte, nie wieder ins Gefängnis zu gehen, und gerade draußen im Buschland von Tucson mit seiner .38er herumballerte.
Er kam auf seinem Motorrad nach Hause. Wir schwärmten aus, und er flüchtete zu Fuß. Ich rannte los, an allen anderen vorbei, und ignorierte den Befehl, beim Team zu bleiben. Nun ist ein 40-Yard-Sprint in 4,6 Sekunden in der National Football League nichts Besonderes, aber für einen Cop ist das verdammt schnell. Es war eine richtige Verfolgungsjagd zu Fuß; aber er kannte das Gelände und entwischte mir. Ich ging zu meinen Kollegen zurück, die mich hänselten. War ich nicht ein Sportstar? Wieso konnte ich dann keinen Junkie in Motorradstiefeln einfangen, der knapp 70 Kilo wog? Kein Wunder, dass ich in der ATF war und nicht in der NFL. Und so weiter.
Während wir die Lage erörterten, schrie eine Nachbarin aus dem Fenster, sie habe Provestgaard eben gesehen. Wir rannten los.
Erster Anfängerfehler: Zieh während einer Gefechtspause nie deine schusssichere Weste aus, egal wie sehr die Jagd nach einem Täter dich geschlaucht hat.
Aber genau das hatte ich getan.
Das Team teilte sich auf. Ich ging hinter unserem geliebten Chef, Larry Thomason, durch einen verwilderten Streifen zwischen dem Baugebiet und der Straße. Überall wuchsen niedrige Bäume und hohes Gras. Wir krochen an Provestgaards Versteck vorbei. Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr; doch bevor ich reagieren konnte, stand er mit seiner Knarre vor mir.
»Lass sie fallen, Dreckskerl!«
Ich war stur. Ich hielt meinen Revolver, eine .357er Smith & Wesson, griffbereit. Er zeigte in einem Winkel von 45 Grad nach unten. Provestgaard spannte den Hahn seiner Rossi und schrie: »Ich bring dich auf der Stelle um, wenn du die verdammte Kanone nicht fallen lässt!«
Ich schob die Waffe ins Halfter und streckte die Hände in die Luft. Thomason spannte den Hahn. Er hatte Provestgaard im Visier; doch er führte nur einen fünf Zentimeter langen Trommelrevolver mit sich und war fast zehn Meter entfernt. Wenn er schoss, war das Risiko groß, mich zu treffen, und das wusste er. Er wartete. Das war die richtige Entscheidung, aber sie belastete ihn sehr. Er war ein engagierter Einsatzleiter, der einem jungen Mann die Grundlagen seines neuen Berufs beibringen wollte. Er verzieh es sich nie, dass er diesen Schuss nicht abgegeben hatte. Wie oft ich auch zu ihm sagte, es sei mein Fehler gewesen – er wies es immer zurück.
Die anderen durchsuchten ein angrenzendes Gebiet. Als Provestgaard sah, dass unser Auto leer war, leuchteten seine stechenden, unergründlichen Augen auf. Er würde noch einmal davonkommen!
Er streckte die Waffe nach vorne. Sobald ich nahe genug an ihn herankam, wollte ich seinen Arm als Hebel benutzen und ihn entwaffnen. Dieser Plan zerschlug sich, als er den Revolver an seine Seite presste. Wenig später schob er mich vor sich her, legte mir den Arm um den Hals und hielt mir den kalten Lauf seiner Rossi an die Schläfe.
Das ge?el mir nicht. Plötzlich wurde mir klar, dass es vor kurzem geregnet hatte und das Gestrüpp in der Wüste wie ein sauberer Hinterhof roch. So stellte ich mir den Duft des Himmels vor – aber ich wollte jetzt noch nicht heraus?nden, ob ich recht hatte.
Wir gingen zum Auto. Provestgaard stieß mich auf den Fahrersitz und zwängte sich auf den Rücksitz. Seine Waffe drückte er mir immer noch an den Kopf. ATF-Agenten mit gezückten Waffen und grimmigem Blick umringten uns.
Provestgaard sagte: »Schließ die Tür und fahr, Dreckskerl!«
Ich fuhr nicht. Das Auto lief nicht. Der Schlüssel steckte im Zündschloss. Er presste mir den Lauf in den Nacken. Ich fragte mich, ob ich den Sicherheitsgurt anlegen und gegen einen Telegrafenmast fahren sollte. Oder sollte ich mich hier erschießen lassen, woraufhin meine Kollegen ihn erledigen würden? Oder darauf hoffen, dass einer von ihnen genau in diesem Augenblick einen präzisen Schuss setzen konnte? Oder mich hinlegen und versuchen, den Kugeln auszuweichen, die den Monte Carlo bestimmt gleich durchsieben würden? Oder … den Schlüssel fallen lassen? Ja, das war’s. Wenn ich sterben musste, sollte auch er sterben. Ich zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und ließ ihn in den Fußraum fallen.
Dann sagte ich: »Ich hab den Schlüssel fallen lassen.«
»Du Wichser!«
Wir beugten uns beide vor. Mellor, der dem Beifahrersitz am nächsten war, schob seinen Revolver durch das leicht geöffnete hintere Fenster und leerte das Magazin. Andere schossen ebenfalls. Provestgaard wurde ins Herz und in die Lungen getroffen, drückte aber noch im Reflex ab. Die Kugel drang zwischen meinen Schulterblättern ein, verfehlte die Wirbelsäule knapp, durchbohrte die linke Lungenspitze und trat unter dem Schlüsselbein aus.
Provestgaard röchelte nur noch.
Ich hatte ein Loch in der Brust.
Man nennt dies auch eine Luft saugende Brustwunde, weil beim Einatmen Luft durch das Loch in die leere, kollabierte Lunge strömt. Blut schoss aus dem Loch wie Wasser aus einem Gartenhahn.
Sie zogen uns aus dem Wagen, legten Provestgaard Handschellen an (streng nach Vorschrift, auch in solchen Situationen) und legten ihn im Sand auf den Rücken. Ich wurde auf den Rücksitz geschoben – in die Pfützen aus Provestgaards Blut und Galle –, und Thomason sprang auf den Fahrersitz und fuhr los. Ich wurde immer wieder bewusstlos, während er mich in der Dämmerung durch Tucson...

Erscheint lt. Verlag 12.10.2009
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Romane / Erzählungen
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Auftragsmord • Autobiografie • Autobiographie • Bandenkrieg • Biografie • Biographie • biographie agent • Buch • Bücher • Doppelleben • Drogen • Drogenhandel • Drogenschäft • Footballspieler • Geheimagent • geheimagent buch • Geheimagenten • hells angels buch • Hells Angels Club • hells angels doku • Hells Angels Motorcycle Club • hells angels undercover • Lebensgeschichte • Memoiren • Mord • Motorradgang • Organisierte Kriminalität • Rockerclub • Spitzel • undercover • Undercover Agent • Verdeckter Ermittler
ISBN-10 3-86413-004-2 / 3864130042
ISBN-13 978-3-86413-004-5 / 9783864130045
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