Zum Hauptinhalt springen
Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Eine Ode an das Licht (eBook)

Raoul Dufys La Fée Électricité

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025
120 Seiten
BoD - Books on Demand (Verlag)
978-3-8192-3844-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eine Ode an das Licht - Marga Bijvoet
Systemvoraussetzungen
7,99 inkl. MwSt
(CHF 7,80)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Seit 1964 können Besucher des Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris in einem eigens hierfür eingerichteten Raum das Monumentalwerk des Malers und Grafikers Raoul Dufy (1877-1953) bewundern: La Fée Électricité. Das Werk entstand im Auftrag der Pariser Compagnie Parisienne de distribution d'électricité anläßlich der Weltausstellung für Kunst und Technik 1937. Die niederländische Kunsthistorikerin Marga Bijvoet führt den Betrachter durch Dufys Panorama der Wissenschafts- und Kulturgeschichte, angeleitet von Lukrez' De rerum natura.

Marga Bijvoet hat in den Niederlanden und Italien Kunstgeschichte studiert, als Kuratorin am Los Angeles County Museum gearbeitet und über Kunst, Technik und Natur veröffentlicht.

I I


Olympische Götter


Was mich besonders reizte, war die Tatsache, dass Raoul Dufy die Götterwelt des Olymps als zentrales Motiv an die Spitze stellte. Nun war es so, dass es seit der Jahrhundertwende (oder ein paar Jahrzehnte davor) ein neues Interesse an den ›Klassikern‹ gegeben hatte. Dufys Interesse an der Antike und seine Kenntnisse darüber sind allgemein bekannt. Eingangs wurde schon erwähnt, dass sich Dufy, bevor er sich entschloss, den Auftrag anzunehmen, zunächst in Lukrez' berühmtes Werk De rerum natura vertiefte. Nun ist es bemerkenswert, dass dieser Lukrez nicht glaubte, dass die Götter das Leben auf der Erde bestimmt oder gar beeinflusst hätten. Damit war er zu seiner Zeit ein Revolutionär. Das heißt aber nicht, dass er nicht an eine Götterwelt geglaubt hätte; nicht umsonst beginnt sein Werk mit einer Anrufung der Göttin Venus. Und so stehen bei Dufy die olympischen Götter und Göttinnen an der Spitze; man könnte sagen, er eröffnet sein Werk mit ihnen.

Offiziell residierten zwölf Götter auf dem Olymp, die mit ihren griechischen Namen Zeus, Poseidon, Hera, Demeter, Apollon, Artemis, Athene, Ares, Aphrodite, Hermes, Hephaistos und Hestia angesprochen wurden. Dufys Olymp wird nur von acht der zwölf bewohnt, neun, wenn man Hermes mitzählt, der sich hier bereits zwischen den Welten bewegt. (Es scheint mir wenig sinnvoll, darüber zu spekulieren, warum der eine oder andere Gott oder die eine oder andere Göttin weggelassen wurde.) Die drei fehlenden Götter sind Demeter, Hephaistos und Hestia. In der Mitte sitzt Zeus, der Herrscher der Welt mit erhobenem Zepter und Blitzbündel. Zu seiner Rechten steht majestätisch Hera, Göttin der Familie und des Haushaltes, erkennbar am griechischen Gewand mit „königlicher Kopfbinde“, ihren Stab in der Rechten. Neben ihr steht Apollon mit seiner Kithara oder Leier, der Gott der Poesie und der Musik. Er war auch der Gott des Lichts, der mit seinem Sonnenwagen über das Firmament fuhr und wurde daher später oft mit Helius gleichgesetzt. Den Abschluss der Reihe bildet Dionysos. Der Gott des Weines und der Ekstase, sitzt mit dem Kelch in der Linkenhand. Auf der anderen Seite, links von Zeus, sitzt die Göttin Athene. Sie ist nicht nur die Göttin der Weisheit, der Künste und der Wissenschaften, sondern wacht auch über den Ackerbau. Neben ihr stehen wiederum Aphrodite, Göttin der Liebe und der Schönheit, und Ares, der Gott des Kampfes und des Krieges, gekennzeichnet durch Speer, Schild und Helm. Direkt unter Ares steigt Poseidon aus den Wolken herauf und hält seine wehende Fahne in den Händen. Schließlich gibt es noch die große, gleichsam frei schwebende Figur des Hermes mit seinen charakteristischen geflügelten Schuhen, seinem Hermesstab (Caduceus) und dem Petasos, einem antiken breitkrempigen, auf Reisen getragenen Strohhut. Bei Dufy sieht die Geldbörse, die er normalerweise in der Hand hält, ähnlich aus wie ein Füllhorn - ein Symbol für Reichtum. Hermes ist der Bote der Götter, der zwischen den Welten unterwegs ist. Damit ist er der Gott des Verkehrs und des Handels, der auch die Reisenden zu beschützen hat. Dass die Götter und Göttinnen auf dem Olymp alle irgendwie miteinander verwandt sind, spielt dabei keine Rolle.

Den Mythen zufolge hatte Zeus von den Zyklopen Blitz, Donner und Zündkeil als Waffen im Kampf gegen die Titanen erhalten, die daraufhin besiegt und verbannt wurden. Auf Anraten von Gaia regiert Zeus nun die himmlische oder obere Welt, Poseidon wird der Gott der Meere und Gewässer und Hades jener der Unterwelt. Der römische Gott Neptun teilte sich ursprünglich die ›Oberwelt‹ mit Jupiter. Er war der Gott des fließenden Wassers, der Wellen und wohnte in den Tiefen der Ozeane. Erst später wurde er in die griechische Götterwelt aufgenommen und mit Poseidon, dem Gott der Meere, gleichgesetzt.

Die Götter haben alle nicht nur eine göttliche, sondern auch eine menschliche Seite, die sie gewissermaßen mit der Welt unter ihnen verbindet. In ihrer göttlichen Gestalt regieren – und kontrollieren - sie die Tätigkeiten und Berufe, die von den Menschen ausgeübt und entwickelt werden. Im Laufe der Zeit wurden den Göttern und Göttinnen jeweils eigene Funktionen zugewiesen: Athene als Göttin der Weisheit, der Technik und der Kampfkunst; Hera als Göttin der Familie; Demeter wurde die Göttin des Ackerbaus und des Getreides; Aphrodite die Göttin der Schönheit und der Liebe; Hestia die Göttin des Herdes oder des Herdfeuers. Apollo habe ich bereits als Gott des Lichts erwähnt, aber er wurde auch zur Muse der schönen Künste und zum Beschützer der Bogenschützen; Artemis ist als Göttin der Jagd bekannt, aber sie ist auch die Göttin der freien Natur und der Wildnis, d. h. der Mutter Erde; Hephaistos beherrscht die Kunst des Schmiedens, mithin das Feuer und die Vulkane; Ares blieb einfach der Gott des Krieges; schließlich der bereits erwähnte Hermes als Gott des Handels und Götterbote, dem neben seinen vielen Aufgaben auch die des Schirmherren der Maler zugewiesen wurde.

Wie ich bereits erwähnt habe, wird in der Fee oft die Göttin Iris gesehen. Nach den griechischen Mythen ist sie die Tochter der Meerjungfrau Elektra und des Meeresgottes Thaumas. Im Griechischen kommt Ἶρις (iris) ursprünglich von εἴρω (eiro) und bedeutet ›sprechen‹ oder ›erzählen‹. Wir denken bei Iris sofort an das Auge, also an das Sehen bzw. an das Licht, was an die griechische Mythologie anknüpft, in der es heißt, dass die Göttin Iris, wenn ein Regenbogen am Horizont erscheint, (wieder einmal) eine Botschaft vom Himmel auf die Erde bringt. Auch sie war eine Götterbotin, die zwischen der Oberwelt der Götter und der irdischen Welt der Menschen hin- und herflog. Als Tochter der Elektra verweist Iris hier also vor allem auf das Licht. So wird ihr hier ein natürlicher Platz als Göttin innerhalb eines antiken, klassischen mythologischen und kulturellen Rahmens eingeräumt.

Denjenigen, die mit der antiken Mythologie einigermaßen vertraut sind, wird inzwischen aufgefallen sein, dass ich durchweg griechische Namen verwendet habe. Diese Verwendung hatte sich im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts zunehmend durchgesetzt. Davor, zumindest bis etwa 1800, wurden römische Namen verwendet, da die verwendeten Quellen und damit das Wissen über das klassische Altertum hauptsächlich in lateinischer Sprache überliefert waren. Neue Forschungen auf dem Gebiet der Archäologie und der Altertumswissenschaften führten dazu, dass sich das Interesse und auch die Wertschätzung für die antiken Kulturen mehr in Richtung Griechenland verschoben. Auf dem Gebiet der Kunst- und Kulturgeschichte waren die Gedanken und Ideen von Johan Joachim Winckelmann (1717-1768) sicherlich ausschlaggebend für diese Aufwertung der griechischen Ästhetik, die seiner Meinung nach die römische weit übertraf. 1755 veröffentlichte Winckelmann seine Gedanken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst (Dresden) in einer Auflage von nur fünfzig Exemplaren, die jedoch in kürzester Zeit vergriffen war und sofort zu einer Nachauflage führte. Vielleicht haben auch die jüngsten Ausgrabungen und Entdeckungen in Griechenland dieses neue Revival ausgelöst, begleitet von einer zunehmenden Sammelwut in der Museumswelt. So war es einem gewissen Lord Elgin (Thomas Bruce, 7. Graf von Elgin, 1766-1841) Anfang des 19. Jahrhunderts gelungen, einen großen Teil der Parthenon-Skulpturen nach England zu bringen. Obwohl das Interesse und damit auch die Kenntnis der antiken Mythen und Sagen im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts nachgelassen hatte, erwachte das Interesse am Ende des Jahrhunderts und zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wieder. Lars Olof Larsson zufolge war dies auf neuere Funde zurückzuführen, die eine Art »neue Antike« der »archaischen und vorarchaischen griechischen Kultur ans Licht bringen«.18 Die ›neuen‹ archäologischen Entdeckungen hatten insbesondere auf die bildende Kunst dieser Zeit großen Einfluss. Wir sollten auch nicht vergessen, dass der Wandel des Geschmacks sicherlich auch mit dem Aufschwung des Interesses an afrikanischen und anderen Skulpturen sogenannter primitiver Völker infolge der europäischen Kolonisation zusammenhing. Vor allem afrikanische Masken waren beliebte Beispiele. Man denke an die afrikanische Periode von Pablo Picasso zwischen 1906 und 1909. Oder an die Künstler des deutschen Expressionismus, darunter Karl Schmitt-Rottluff, der selbst eine große Anzahl von Masken und anderen Objekten gesammelt hatte, oder an die Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner und Emil Nolde. Viele der ethnografischen Objekte wurden als ›Beutekunst‹ an Privatpersonen und Museen verkauft. (Ein mittlerweile bekanntes Beispiel sind die Benin-Bronzen, von denen ein größerer Teil erst kürzlich zurückgegeben wurde).

Trotz des wiedererwachten Interesses an der klassischen Antike am Ende des neunzehnten Jahrhunderts wird das durchschnittliche Wissen über die griechische und...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte 1937 • dufy • Elektrizität • Panorama • Weltausstellung
ISBN-10 3-8192-3844-1 / 3819238441
ISBN-13 978-3-8192-3844-4 / 9783819238444
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Mit einem Geleitwort von Elke Heidenreich

von Manfred Lütz

eBook Download (2024)
Kösel-Verlag
CHF 24,40
Lehren als künstlerische Praxis

von Barbara Putz-Plecko

eBook Download (2025)
De Gruyter (Verlag)
CHF 49,95