Star Trek: Deep Space Nine Relaunch (eBook)
426 Seiten
Books on Demand (Verlag)
9783819237379 (ISBN)
Julian Wangler ist ein deutscher Medienwissenschaftler und Autor. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter war er für das Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Tübingen tätig, arbeitete später am Institut für Demoskopie Allensbach sowie für die Fraunhofer-Gesellschaft und ist inzwischen in der allgemeinmedizinischen Versorgungsforschung tätig. Seit jeher ist Julian Wangler leidenschaftlicher Science-Fiction-Fan und (hobby-)schriftstellerisch aktiv. Unter anderem verfasste er gemeinsam mit Christian Humberg das Star Trek-Referenzwerk "Maximum Warp: Der Guide durch die Star-Trek-Romanwelten". Kürzlich von ihm erschienen sind bereits verschiedene Sachbücher zu den einzelnen Star Trek-Serien, unter anderem zu The Next Generation, Deep Space Nine, Voyager, Enterprise und PICARD.
01
>> Phase 1:
Vor‐Relaunch (2375/76)
Ein Stich zur rechten Zeit (A Stitch in Time)
- Autor: Andrew J. Robinson
- Erscheinungsjahr: 2000; deutsche Übersetzung: 2011
- Zeitraum: 1/2376
Inhalt
Garak, seines Zeichens Schneider, Gärtner, Spion, Verhörexperte, Attentäter, Philosoph und Überlebenskünstler, ist eine der vielschichtigsten Figuren in Star Trek. In sieben Jahren Deep Space Nine folgte seine Charakterentwicklung stets einem bestimmten Prinzip: Wir erhielten immer mal wieder eine (halbe) Antwort auf unsere Fragen über seine Vergangenheit, doch je mehr wir über den Schneider erfuhren, desto mehr neue Fragen tauchten auf. Das war auch ein Geheimrezept des Charakters, das ihn dauerhaft spannend machte. Immerhin: Versatzstücke dieser Vergangenheit, die Garak etwas latent Unberechenbares verlieh, durften wir im Laufe der sieben Staffeln kennenlernen, und uns offenbarte sich ein Mann voller frappierender Widersprüche, ein wildes, schillerndes Fragmentarium von Identitätsmerkmalen. Die Geschichte seiner komplexen Persönlichkeit wurde jedoch nie erzählt.
Mit Ein Stich zur rechten Zeit, einer unmittelbar an die Geschehnisse des DS9‐Finales anknüpfenden Erzählung, schließt sich der Kreis. In diesem, von Garak‐Schauspieler Andrew J. Robinson höchst selbst entwickelten Roman aus dem Jahr 2000 werden die entscheidenden Stationen in der Biografie des Cardassianers offengelegt. Alles beginnt damit, dass Garaks so viele Jahre gehegter Traum Wirklichkeit wird: Er darf nachhause zurückkehren, zurück nach Cardassia.
Doch was ist davon jetzt noch übrig? In den letzten Tagen des Dominion‐Kriegs legten die Jem’Hadar große Teile des Planeten in Schutt und Asche; Hunderte Millionen Cardassianer fanden den Tod. Nach seiner Ankunft läuft Garak durch Staub, Feuer und Ruinen. Vor ihm liegt eine gebrochene, von den Fehlern der Vergangenheit ruinierte Welt. Garak möchte helfen, sie wiederaufzubauen, auch wenn er weiß, dass dies vermutlich eine Generationenaufgabe werden wird. Er sieht sich mit einem kollabierten, von einer Identitätskrise befallenen Volk konfrontiert, dessen Glaubensgrundsätze zerborsten sind und das auch mental am Abgrund steht.
Um die Cardassianer zu vereinen, muss sich Garak mehr denn je mit seiner eigenen Vergangenheit auseinandersetzen. Dabei hilft ihm seine intensive Korrespondenz mit dem auf DS9 verbliebenen Julian Bashir. Nach und nach breitet Garak seinem alten Freund sein Leben aus. Im Zuge dessen beginnt er sich der Welt zu erinnern, die ihn großzog; der Welt, die er stets verachtete und doch über alles liebte. Es ist ein introspektiver Rückblick, der mit Schmerzen einhergeht. Doch nur so ist es möglich, Frieden mit sich zu machen.
Kritik
Der Roman besteht aus drei großen Handlungsbögen, die in unterschiedlichen Zeitperioden spielen und einander ständig abwechseln. Klug ineinander verschachtelt, werden sie alle aus Garaks Perspektive in der Ich‐Form als Teil seiner urpersönlichen ‚Memoiren‘ erzählt, die er Bashir anvertraut. Der erste Plot spielt in der Gegenwart. Er schildert die unmittelbaren Eindrücke und Gedanken des Schneiders im Angesicht des untergegangenen Cardassia, auf dem er sich in Rettungsteams engagiert, in den Ruinen nach Überlebenden Ausschau hält und sich von Zeit zu Zeit in einen kleinen Schuppen am Rande des zerstörten Anwesens von Enabran Tain zurückzieht, um sein kompliziertes Leben Revue passieren zu lassen.
Dort zeichnet er einen Großteil der Einträge des zweiten Plots – Kern der Geschichte – auf, die sich mit dem Rückblick auf sein Leben beschäftigen. Hier geht es im Wesentlichen um die Schilderung der gesellschaftlichen Verhältnisse zur Zeit seiner Kindheit und Jugend, seine frühzeitige Rekrutierung für den cardassianischen Geheimdienst und die darauf folgende Ausbildung an der Spionage‐Akademie Bamarren, seinen allmählichen Aufstieg im Obsidianischen Orden und eine ziemlich traurige, da unerfüllte Liebe zu einer Frau namens Palandine. Später folgt eine Spionagemission auf Romulus und die Situation, in der er bei seinem Mentor in Ungnade fällt, bis hin zu seiner letztendlichen Verbannung nach Terok Nor.
Das in der Schwebe verharrende Verhältnis zu Enabran Tain, der von Anfang eine Rolle in Garaks Leben spielt, die Wahrheit seiner Vaterschaft jedoch hinter einer Lüge verbirgt, ist hierbei ein Schlüsselelement. Bereits früh beschleicht den Jungen das Gefühl, Tain würde die Fäden in seinem Leben ziehen und nicht seine (vermeintlichen) Eltern. Dabei ist gerade das unausgesprochene, verleugnete Vater‐Sohn‐Verhältnis zwischen Tain und Garak die große Hypothek im Leben des jungen Mannes. Obwohl Garak so einige Male im Leben die Rollen wechseln wird, bis ihm schließlich jene des Schneiders auf DS9 zufällt, wird er das unausgesprochene Leiden niemals los, und nur so lässt sich erklären, wieso er immer wieder derart stark um Tains Zuneigung und Lob gebuhlt hat. Dieses geistige Abhängigkeitsverhältnis machte ihn ausbeut‐ und instrumentalisierbar.
Der dritte Handlungsbogen beinhaltet Tagebuchaufzeichnungen im Zeitraum der Invasion des cardassianischen Territoriums durch Sternenflotten‐ und alliierte Verbände im letzten Kriegsjahr. Sie schildern Begebenheiten auf der Station, Gespräche mit seinen Kameraden von DS9, das Verhältnis zu einer jungen Bajoranerin namens Remara (einer alten Freundin von Tora Ziyal), in die er sich verliebt, und immer wieder Garaks große Sehnsucht nach der Rückkehr in die Heimat. Und doch spricht gerade aus diesem Plot immer wieder der große Zweifel, den er mit seinen Gedanken an die Heimkehr verbindet. Sie leisten gleichsam einer schonungslosen Auseinandersetzung mit seinem frühen Leben Vorschub.
Der Roman kreist in seiner Essenz um die Frage, als welche Person sich Garak letztendlich sehen möchte, wo er den Kern seiner Identität nach einem derart zerrütteten, verwirrenden und oft fremdbestimmten Leben verortet. Und das Faszinierende ist, dass er nichts von dem, was er war, zurückweisen möchte. Vielmehr fügt er die Splitter seines Ichs zusammen und erkennt sie als ein Ganzes, was sich in berührenden Passagen niederschlägt.
„Wir alle tragen – bis zu einem gewissen Grad – Erinnerungen, Charakterzüge und Fragmente jener Persönlichkeiten in uns, die vor uns lebten. Vielleicht sind wir sogar auf einer tieferen, spirituelleren Ebene ‚verbunden‘. Die ersten Hebitianer glaubten das. Auf jede Generation folgt nicht nur die nächste, sie wird von ihr subsumiert, so dass die Vergangenheit immer gegenwärtig ist und aktiv an der Gestaltung der Zukunft beteiligt ist. In gewissem Sinne gibt es also keine Vergangenheit und Zukunft; es gibt nur die Gegenwart. So gesehen sind wir alle Teil einer ewigen Gegenwart.“ (Auszug aus Ein Stich zur rechten Zeit)
Wenn man sich philosophische Anwandlungen wie diese ansieht, so kann eigentlich kein Zweifel bestehen: Ein Stich zur rechten Zeit ist eine Perle, prall gefüllt mit Weisheiten, die häufig zwischen den Zeilen liegen, und einer wunderbaren Sprache.
Am Beispiel des nach sieben Jahren bekannten und doch ominösen Schneiders kündet der Roman vom Leben in einer autoritär geführten und zutiefst misstrauischen Gesellschaft. In einer solchen Gesellschaft gibt es kein Mitgefühl, sondern nur den Zwang zum Funktionieren im Sinne der allgemeinen Losungen und Prämissen. Jeder Einzelne in ihr ist erstaunlich einsam, und deshalb gibt es bloß ein Rezept: Man muss sich innerlich von den Gräueln abschotten, die man im Namen der eigenen Nation zu tun genötigt wird – und um jemand zu sein. Dieses elitäre Gefühl, dieser krankhafte Ehrgeiz, seinem Vaterland einen besonderen Dienst zu tun, erfasst auch Garak früh und trägt seinen Teil zum Entstehen einer Person bei, die sowohl schmeicheln als auch entsetzen kann. Der Verlust einer einstmals einflussreichen Religion in der cardassianischen Gesellschaft ist dabei stellvertretend für das eigentliche Problem zu sehen: Irgendwann verlernte es diese Nation, im Gleichgewicht zu leben, Demut zu üben, sich Idealen zu verschreiben und danach zu streben, besser zu werden als sie ist. Sie wurde zu ihrem eigenen Dämon.
Im Laufe des Romans wird nichtsdestotrotz fühlbar, dass Garak längst nicht mehr ohnmächtiger Betrachter seines Lebens ist, sondern eine beträchtliche Stärke und Eigenständigkeit entwickelt – die durchaus auch schon bei seinem Exil beginnt. Seine Liebe Palandine gegenüber steht hierfür ebenso wie die zeitweilige Beschäftigung mit dem Oralianischen Weg, jener verschütteten Spiritualität der cardassianischen Ahnen, die einen Ausweg aus dem nimmersatten Macht‐ und Mordgelüst eines vergifteten Gemeinwesens in der Union weisen könnte. Garak ist somit bereits in jüngeren Jahren an manchen Stellen (beinahe) bereit, das herrschende System zu hinterfragen, hinter die Fassade zu blicken und eigenen Wertvorstellungen einen Platz einzuräumen. Am langen Ende ist er jedoch machtlos, denn...
| Erscheint lt. Verlag | 14.5.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Kunst / Musik / Theater ► Film / TV |
| Schlagworte | Deep Space Nine • Enterprise • Relaunch • Roman • Star Trek |
| ISBN-13 | 9783819237379 / 9783819237379 |
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