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Spaß muss sein (eBook)

Die Schlagerwelt der Siebziger | Die erste umfassende Oral History des deutschen Schlagers

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1., Originalausgabe
400 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-76649-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Spaß muss sein - Rudi Esch
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Wer in den siebziger Jahren an den Samstagabenden frisch gebadet und im Frotteebademantel auf der Couch der Eltern saß, wird sich an die Hitparade erinnern. Hier wurde ritualhaft und verlässlich deutsches Kulturgut in Form von dreiminütigen Schlagern verabreicht. Föngewellte Heroen in Schlaghosen hauchten Schmachtfetzen in orangefarbene Kunststoff-Mikrofone, und offensiv gutgelaunte Heldinnen eroberten mit lockerem Hüftschwung die Partykeller.

Jenes schillernde, wunderbar geschmacksverirrte Jahrzehnt wird in Spaß muss sein wieder lebendig. Rudi Esch hat sich auf die Spur dieses Musikphänomens begeben und mit allen wichtigen Protagonisten der Schlagerszene der Siebziger gesprochen: mit Christian Anders und Michael Holm, mit Graham Bonney und Ricky Shayne, mit Cindy Berger und Liz Mitchell, mit Frank Farian und Jack White und vielen, vielen anderen, die uns diese unbeschwerte Zeit beschert haben. Und ganz nebenbei wird in seiner ebenso unterhaltsamen wie überraschenden Oral History eine ganz andere Kultur- und Alltags-Geschichte der Bundesrepublik und der Mauerstadt West-Berlin sichtbar. Hossa!



<p>Rudi Esch, geboren 1966 in Düsseldorf, studierte Philosophie und Germanistik an der Heinrich-Heine-Universität. Er arbeitet als Musiker und Autor und ist seit 1988 Bassist der Elektronikrockband <em>Die Krupps</em> sowie Mitglied in Deutschlands erster Punkband <em>Male.</em> Bei Suhrkamp erschien sein Erstlingswerk <em>ELECTRI_CITY. Elektronische Musik aus Düsseldorf.</em> Weitere Veröffentlichungen, auch in englischer Sprache, sowie die Ausgestaltung einer jährlichen Musikkonferenz folgten. Er lebt mit seiner Familie auf Graceland im Süden von Düsseldorf und arbeitet als Musik-Consultant in Düsseldorf und London.</p>

Prolog


Hier ist Berlin!


Michael HolmLivemusik gab es hier entweder im Cheetah an der Hasenheide oder im Liverpool Hoop, dem Tanzsalon der Jugend, wie es im Programmheft hieß. Da wurde getanzt bis zum Umfallen. Das war einmalig.

Christian AndersDie Stadt, in der es abging, war natürlich Berlin. Hier mischte Behlinda die Szene auf. Sein Laden, das Liverpool Hoop, war das Lokal der Zeit. Gespielt wurde deutscher Beat.

Thomas TomczakDieser Dieter Behlendorf – der sich nun vornehm Behlinda nannte – war ein Macher. Er sollte musikalischer Leiter und Direktor des Liverpool Hoop werden. Einem Tanzlokal in der Bülowstraße, ganz nach dem Vorbild des legendären Star-Club in Hamburg gestaltet, mit Emblem und allem Schisslaweng.

Christian AndersEr legte Platten auf und machte einen Schallplattensampler, der mit folgenden Worten begann: Hallo, Beatfreunde, es ist 23 Uhr, hier ist Dieter Behlinda, und heute präsentiere ich für Sie live at the Liverpool Hoop. Damit wurde er Deutschlands Plattenreiter Nummer eins, ein Schallplatten-Jockey. Die Jugendlichen standen Schlange.

Thomas TomczakAlso, ich komme an der Schlange, die vor dem Club wartet, vorbei. Es kommt ein breitschultriger Kerl auf mich zu und fragt, ob ich schon eine Karte hätte. »Klar«, log ich ihn an, und er bat mich höflich herein. So hatte ich schon mal fünf Mark gespart, die ich stante pede in die Firma Schultheiss investieren konnte.

Jack WhiteIm Februar 67 zog ich nach Berlin. In die niemals schlafende Stadt. Die Stadt, die keine Sperrstunde kannte. Ich wurde als Plattenaufleger engagiert und wohnte in der Heerstraße, zwischen Funkturm und Olympiastadion.

Ricky ShayneIch kam von Rom aus angereist und war immer in der Bundesallee untergebracht. Da war so ein moderner Apartmentkomplex, wo Hansa einige Leute einquartiert hatte; auch den deutschen Star Manuela. Das lief über Peter Meisel.

Thomas TomczakDas Liverpool Hoop war ein ehemaliges Kino auf zwei Etagen. Hinter der Bar arbeitete Dieters Frau. Es gab Live-Musik und viel zu trinken. Man konnte auch zocken: Würfeln, Kartenspiele – alles, was das Herz begehrt.

Didi ZillWir hatten noch die ganz alten Mikrofone und waren die erste Band, die an der Berliner Twist-Meisterschaft teilgenommen hat. Ich bin gebürtiger Berliner: also ein echter Berliner, will ich meinen.

Thomas TomczakIch jedenfalls komme da an. Keinen Knopf in der Tasche – vielleicht ein paar Mark aus der Portokasse geliehen, wenn überhaupt. Ich hatte ja damals als Lehrling geknechtet, während meine Kumpels alle schon im Beruf waren und ihr eigenes Geld verdienten. Ich war der Jüngste in der Runde, bin aber trotzdem schon schön mit sechzehn durchs Nachtleben getigert, immer gut aufgelegt, immer elegant: Anzug mit Strickkrawatte, Hemden nicht aus Seide, sondern aus Polyacryl. Meine Schuhe waren die eleganten Treter von Kaps – die hatte ich in Schwarz, Braun und Grün, natürlich mit angesagtem Torero-Absatz: leicht erhöht. Dazu trug ich ein Rüschenhemd mit Schleife und manchmal auch einen Smoking.

Didi ZillDidi and His ABC-Boys hießen wir, und wir haben noch die richtige Beat-Phase mitgemacht. Zuerst haben wir Skiffle gespielt. Das war im Jugendheim in Friedenau, wo wir vor Bill Haley auftraten. Es gab nur die Lords als Skiffle-Band und uns, sonst keinen.

Michael BorgeIch wurde in Heide in Holstein, in der Nähe von Büsum, geboren. Mein Cousin hatte damals eine Band, und ich übernahm das Management. Zuerst versuchten sie es mit Skiffle und Jazz, aber ich sagte: »Mit sowas kann man kein Geld verdienen.« Zweimal im Monat dreißig Mark bei Knut Kiesewetter abholen – das war es einfach nicht. Also stellten wir auf Tanzmusik um und spielten an den Wochenenden. Mit der Zeit kamen immer mehr kleine Bands dazu, die ich ebenfalls managte.

Jack WhiteIch war am Puls der Zeit. Die Musik, die ich auflegte, bewegte die Gemüter und die Herzen. Wenn ich am Pult war, bebte die Tanzfläche. Und die Kasse klingelte.

Christian AndersDieter Behlindas Karriere begann genau hier, in Berlin. Er stieg vom Macher zum Manager auf.

Thomas TomczakDieser Typ hatte richtige Wurstfinger, an denen ein dicker goldener Ring mit den Initialen DB prangte. Ich fragte ihn, ob er von der Deutschen Bahn sei: Das war Dieter Behlinda. Ein Kerl wie ein Klops, im blauen Anzug; mit einem Gesicht wie ein Schwamm. Er war zehn Jahre älter als ich und sollte mich kurz drauf als rechte Hand fürs Showgeschäft engagieren.

Christian AndersIn den folgenden Jahren nahm er nahezu alle Stars der deutschen Schlagerszene unter Vertrag: also Holm und mich, Drafi Deutscher, Gitte, Gunter Gabriel, Ricky Shayne und andere: wie Dieter Thomas Heck.

Michael HolmIch studierte in Berlin und kannte die Gebrüder Meisel durch meinen ersten Produzenten, einen gewissen Mal Sondock, ein Amerikaner, der beim Radio arbeitete. Ich hatte gerade mein Jurastudium begonnen, um dann auf seinen Tipp hin als Volontär beim Meisel-Verlag zu landen. Und abends ging man feiern.

Thomas TomczakAls Sänger tingelte Holm schon Mitte der Sechziger herum und hatte auch erste Erfolge. Sein Hit Alle Wünsche kann man nicht erfüllen verschaffte ihm Aufmerksamkeit. Zu dieser Zeit, Mitte der Sechziger, lebte er in Berlin und studierte Jura – sang jedoch regelmäßig.

Didi ZillDann haben wir mit Little Richard und Bill Haley gespielt, als ABC-Boys. Wahnsinn. Wir spielten Nicht eine Mark, unsere Version von Can’t Buy Me Love. Und dann haben wir unsere erste Platte gemacht.

Michael BorgeMein besonderes Highlight war: dass ich die Beatles einmal ansagen durfte, obwohl sie damals noch The Beat Brothers hießen. Eines Abends sagte der Geschäftsführer des Star-Club, Horst Fascher, zu mir: »Komm, mach doch mal ’ne Ansage für John, Paul, George – und …« Ringo war ja noch gar nicht dabei. Dafür erwähnte ich Bert Kaempfert, der im Laden war, und sagte: »Please welcome Tony Sheridan and The Beat Brothers

Thomas TomczakZur Eröffnung des Liverpool Hoop trat Drafi Deutscher gemeinsam mit einer der besten Berliner Beat-Bands der damaligen Zeit auf: Edgar & The Breathless. Diese Band war viele Jahre lang die Hausband des Club 45 in der Rheinstraße gewesen und wurde jetzt fürs Liverpool Hoop verpflichtet. Hier nannten sie sich jetzt Eddie und die Atemlosen und spielten den ganzen Abend Komm, gib mir deine Hand anstelle von I Want to Hold Your Hand. Drafi war zur Eröffnung im weißen Anzug mit roter Schärpe erschienen.

Didi ZillDann kam die Twist-Meisterschaft. Da haben wir mit der Band von Drafi gespielt, den Magics. Drafi war ebenfalls ’n echter Berliner. Zehlendorf, Tempelhof war so mein Kiez; er kam ausm Wedding.

Thomas TomczakSo wurde ich dann Stammgast in dem Laden. Da traf ich Dieter Zill. Alle nannten ihn Didi. Später ist er nach München gezogen und hatte dann immer die gleiche Frisur wie Günter Netzer.

Didi ZillDann gehe ich auf die Toilette, und als ich zurückkomme, fragt mich der Wirt: »Sagen Sie mal, was hat denn der Drafi gegen Sie? Der hat hier eben ganz schön über Sie hergezogen, als Sie weg waren.« O nein, dachte ich, was ist denn das für ein Typ?

Michael BorgeIch...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte 1970er Jahre • aktuelles Buch • Bücher Neuerscheinung • Chris Roberts • Christian Anders • Cindy & Bert • Cindy Berger • Deutschland • Dieter Thomas Heck • Disco • Ein Bett im Kornfeld • Es fährt ein Zug nach nirgendwo • Fiesta Mexicana • Frank Farian • Graham Bonney • heintje • Hitparade • Ilja Richter • Jack White • Karel Gott • Katja Ebstein • Liz Mitchell • Michael Holm • Mitteleuropa • Musik • Neuerscheinung 2025 • neues Buch • Peter Alexander • Popmusik • Rex Gildo • Ricky Shayne • Roy Black • Schlager • Schlager-Hits • Schlagermusik • Schlagerparade • Schlagersänger • ST 5097 • ST5097 • Stars • suhrkamp taschenbuch 5097 • Tränen lügen nicht • Udo Jürgens • Unterhaltungsbranche • Unterhaltungsmusik • Wann wird’s mal wieder richtig Sommer
ISBN-10 3-518-76649-X / 351876649X
ISBN-13 978-3-518-76649-1 / 9783518766491
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