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2084 (eBook)

Eine Zeitreise durch den Klimawandel. Mit einem Vorwort von Ernst Ulrich von Weizsäcker
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
255 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-9833-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

2084 -  James Lawrence Powell
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Das Jahr 2019 war das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Noch nie in der Geschichte der Menschheit sind Klimaschwankungen so rapide abgelaufen. In welcher Welt werden wir in Zukunft leben? Der renommierte Wissenschaftler James Powell nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch den Klimawandel: Die Alpen schneefrei, Australien, Spanien und weite Teile der USA verwüstet und verbrannt, westliche Staaten führen neue Kriege um Ressourcen. Eine packende Dystopie, die leider allzu real ist.



James Lawrence Powell ist Wissenschaftler, ehemaliger Hochschulpräsident, Museumsdirektor und Autor. Er war zwölf Jahre lang Mitglied des National Science Board der USA, eines renommierten Beratungsgremiums für die US-Forschungspolitik.

James Lawrence Powell ist Wissenschaftler, ehemaliger Hochschulpräsident, Museumsdirektor und Autor. Er war zwölf Jahre lang Mitglied des National Science Board der USA, eines renommierten Beratungsgremiums für die US-Forschungspolitik.

Vorwort


von Ernst Ulrich von Weizsäcker

Ein Kracher! Wenn wir den Klimaschutz nicht hinbekommen, wird das 21. Jahrhundert »das tödliche Jahrhundert«. Schweizer Skigebiete, spanische Lieblingsstrände, Millionärsparadiese in Florida und Kalifornien – alles kaputt und vorbei. Die grüne Lunge Amazonas, der ganze Erdteil Australien, das einst aufstrebende Bangladesch und die meisten Hafenstädte der Welt – verbrannt, vertrocknet oder aber überflutet. Neuartige Kriege (zum Beispiel um Wasser) sind die Folge, in Indien, in Kanada, in Afrika. Verzweiflung allenthalben.

Wehmütig über die zerstörte Welt erinnert sich ein alter Klimaforscher im Jahr 2084 an seinen Vater und seinen Großvater, beides auch Klimawissenschaftler. Er fragt sich mit einiger Bitterkeit, was für einen Grund die Leute zu Anfang des Jahrhunderts hatten, dass sie diese grausame Zerstörung des Planeten zulassen konnten. Wussten sie nicht, was sie da anrichteten? War die Wissenschaft in jenen Jahren noch nicht weit genug? Nein, heißt die schreckliche Wahrheit. Im Kern war damals alles schon bekannt. Aber das Volk oder politische Mehrheiten im Volk wollten das nicht hören. Klimaleugner konnten Wahlen gewinnen. Bequeme Lügen wurden regelrecht populär, und der guten Wissenschaft wurde das Geld entzogen.

Karikatur, gewiss. In allen höherentwickelten Ländern gibt es in den Jahrzehnten, in denen wir heute leben, gute und auch gut bezahlte Wissenschaftler. Aber die Anstrengungen, die der richtige Klimaschutz erfordert, wären für Wutbürger, für eingefleischte Optimisten und für Menschen mit Kurzfristgemüt zu negativ und daher sehr unpopulär gewesen. Speziell in den USA, wo der Autor dieses großartigen Buches lebt, gibt es seit den 1980er-Jahren, seit dem Amtsantritt von Präsident Ronald Reagan, eine sehr verbreitete Auffassung, die da lautet: Wenn du kein Optimist bist, bist du kein guter Patriot. Kritik und Pessimismus sind moralisch pfui.

Doch was zeichnet diesen Typ von Optimisten aus? Er blendet unangenehme kritische Fragen aus. Kritik hat Denkverbot oder mindestens Redeverbot. Und Erfolg hat man nur, so denkt man in Amerika, wenn man immer an das Gelingen glaubt.

Das Buch enthält jedoch ebenfalls einen gewaltigen moralischen Vorwurf, bloß mit umgekehrtem Vorzeichen: Unmoralisch ist die gigantische Verdrängung der Realität durch die »Klimaleugner« und ihre dumpfe Gefolgschaft.

Dies ist der Kern der Botschaft dieses Buches. Und die Botschaft ist auch nicht falsch.

Aber man könnte auch echten Klimaschutz machen, ohne dabei den Wohlstand zu verlieren. Selbst Bequemlichkeit und Gemütlichkeit können erhalten bleiben. Powell hätte das Buch wohl auch nicht geschrieben, wenn er nicht heimlich die Hoffnung hätte, dass unsere Gesellschaft noch lernfähig wäre. Allerdings halte ich im gegenwärtigen Zustand die deutsche Gesellschaft für sehr viel lernfähiger und vor allem lernwilliger als die amerikanische. In den sechs Jahren, in denen ich in den USA gelebt habe, bekam ich den Eindruck, dass das Land tief gespalten ist und dass es den Streithähnen wichtiger ist, der anderen Seite Böses zu unterstellen und sie politisch »kleinzukämpfen«, als nach Gemeinsamkeiten zu suchen, die zu einer strategischen Vermeidung künftiger Katastrophen führen könnten.

Man könnte die Schreckensvisionen, die in den rund 25 Kapiteln im Erzählstil vorgeführt werden, je einzeln durchbuchstabieren und vielleicht an der einen oder anderen Stelle wissenschaftlich kritisieren. So ist etwa das Ausmaß des Meeresspiegelanstiegs strittig. Auch sind die Orte und die Schäden durch Dürre, Brände, Eisschmelze, Wetterkapriolen und Wassernot diskutabel. Aber der Grundtenor, dass eine globale Erwärmung um vier Grad oder auch sechs Grad Celsius absolut gigantische Zerstörungen auslösen würde, ist ganz einfach richtig.

Viel wichtiger für deutsche und auch amerikanische oder afrikanische oder chinesische Leser ist allerdings die Skizze einer Politik, die die gegenseitige Verträglichkeit von wirksamem Klimaschutz und hohem Wohlstand plausibel macht. Powell würde vielleicht einwenden, dass das doch alles längst durchgehechelt worden sei und dass trotzdem die Mehrheit der Wahlmänner bei der Präsidentenwahl 2016 einen brutalen Leugner der Klimagefahren ins Weiße Haus geschickt hätten. Aber damit würden sich deutschsprachige Leserinnen und Leser nicht abspeisen lassen.

Wie sähe denn eine solche Strategie aus? Im Buch selbst findet man die Antwort des Autors im letzten Teil. Hier mischt sich die fantasievolle, schreckliche Fiktion mit Überlegungen, wie unsere Generation ihre Fehler hätte vermeiden können. Powell sinniert darüber, wie man in unserer Zeit, dem noch jungen 21. Jahrhundert, Indien (oder andere Entwicklungsländer) davon hätte abhalten können, jede Menge neuer Kohlekraftwerke zu bauen. Und seine Antwort heißt: Die einzige Chance wäre gewesen, ihnen einen besseren, billigeren Weg zur Stromerzeugung zu zeigen.

Bloß kommt dann etwas später der abenteuerliche Vorschlag, endlich wieder zur Atomkraft zurückzukehren. So als ob die Anti-Atomkraft-Bewegung ein riesiges Missverständnis gewesen wäre. So also ob die gigantischen Mengen spaltbaren Materials niemals in Form von Atomwaffen eingesetzt würden, in Bürgerkriegen, Kriegen zwischen einzelnen Nationen oder Weltkriegen. Und so, als ob es für hohen Wohlstand eben nur die Alternative Kohle oder Atomkraft gäbe.

Viel besser gefällt Powells Schilderung von Schweden, wo in unserer Zeit vieles richtig gemacht wurde, insbesondere mit der frühen Einführung einer CO2-Steuer. Die führte zu einer Blüte der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz.

Hieran anknüpfend erlaube ich mir, fünf recht unterschiedliche Strategieelemente zu skizzieren, die unserer heutigen Generation zur Verfügung stehen und die die Klimakatastrophe noch abwenden könnten.

  • Das erste Element knüpft unmittelbar an Powells Buch an: Wir müssen uns zumuten, die unglaubliche Schrecklichkeit einer drastisch aufgeheizten Welt für unser eigenes Land, und noch schlimmer für stärker gefährdete Länder, vor Augen zu führen. Da kann die Erfahrung mit dem Corona-Virus helfen: Wer hätte es 2019 für zumutbar gehalten, monatelang »eingesperrt« zu sein, die Kleinen nicht in die Kita zu bringen, den Job zu verlieren, bloß um höherer Ziele willen? Und nachher schätzen wir uns glücklich (anders als die optimistischen Amerikaner!), die Einschränkungen auf uns genommen zu haben. Diese Erfahrung könnte es der Politik leichter machen, auch einmal etwas unbequeme Vorgaben zu verordnen, wenn sie offenkundig der Abwehr einer noch größeren Gefahr dienen.
  • Das zweite Element ist technischer Natur. Rein physikalisch und logistisch ist es möglich, einen gleichwertigen Wohlstand mit einem Drittel, langfristig wohl sogar einem Zehntel des heutigen Rohstoff- und Energieeinsatzes zu erzielen. Dann stellt sich die Alternative Kohle oder Kernkraft gar nicht mehr. Mit Effizienz und erneuerbaren Energien ist dann der gewünschte Wohlstand voll erreichbar. Inzwischen ist die Kilowattstunde Sonnenstrom viel billiger als die Kilowattstunde Kernkraft aus einem neuen Meiler. Unser Buch Faktor Fünf – Die Formel für nachhaltiges Wachstum1) zeigt, dass in den vier wichtigsten Wirtschaftsbereichen Gebäude, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft eine Verfünffachung der Effizienz technisch erreichbar ist.
  • Das dritte Element ist politischer Natur. Man muss dafür sorgen, dass sich diese revolutionäre Effizienzverbesserung und der weitere Ausbau der Solar- und Windenergie finanziell lohnen. Hierfür müssen allerdings der Verbrauch von Energie und Rohstoffen und speziell die Emission von Treibhausgasen teurer werden. Damit dies nicht sozial unzumutbar und für die Industrie zum Auswanderungsanlass wird, muss die Verteuerung einigermaßen langsam vor sich gehen und müssten zeitweilig finanzielle Kompensationen durchgesetzt werden. Detailvorschläge sind längst verfügbar. Die Verteuerung von Treibhausgasemissionen würde auch das Einfangen von Treibhausgasen und deren Versenkung immer lukrativer machen. Gute Ackerböden fressen pro Hektar etwa so viel CO2 wie Wälder. Plötzlich wollen die Landwirte, anders als heute, eine klimafreundliche Subventionspolitik!
  • Ein viertes Element ist die Klima-Außenpolitik. Powell hat ja recht mit seiner Frage, wie man die Entwicklungsländer von Kohlekraftwerken abbringen kann. Hierfür hat der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU) schon 2009 einen genialen Vorschlag gemacht2): eine weltweite Vereinbarung darüber, dass alle Länder ein pro Kopf gleich großes Budget für die Abnutzung der Atmosphäre haben. Aber die alten Industrieländer (also auch Deutschland) hätten dieses Budget schon weitgehend verfrühstückt und müssten nun nach Indien und in andere Länder gehen, um noch ein paar freie Lizenzen zu kaufen. Über Nacht würde es für Indien lukrativer, die Umstellung auf Effizienz und erneuerbare Energien zu beschleunigen, dafür wertvolle Lizenzen nach Europa, USA oder Japan zu verkaufen und die Kohleverbrennung langsam oder sogar schnell zu beenden. Leider haben damals, 2009, einige sture Länder des Nordens und des Nahen Ostens gemauert. Wir müssten den Vorschlag also wieder auf die Tagesordnung bringen.
  • Am schwierigsten könnte das fünfte Element werden: eine Umstellung unserer Lebensstile. In Afrika wäre das Wichtigste der rasche Umstieg auf durchschnittlich zwei Kinder pro Familie (und die reichen Länder sollten helfen, auch dort ein brauchbares Rentensystem aufzubauen). In Nordamerika und...

Erscheint lt. Verlag 30.9.2020
Übersetzer Axel Merz, Dietmar Schmidt, Rainer Schumacher
Sprache deutsch
Original-Titel 2084: An Oral History of the Great Warming
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Film / TV
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Sozialwissenschaften Soziologie
Schlagworte Artensterben • Bürgerkrieg • Buschbrände • Demokratie • Dystopie • Flüchtlinge • Fridays For Future • Gesellschaft • Globale Erwärmung • Green Deal • Greta Thunberg • Jonathan Franzen • Kampf um Rohstoffe • Klimakrise • Klimalagenforschung • Klimapoltik • Klimaschutz • Klimawandel • Kultur • Luftverschmutzung • Mensch • Migration • Nachhaltigkeit • Naturkatastophen • Ökokrise • Politik • Politik und Gesellschaft • Sozial • Überschwemmungen • Umwelt • Umweltzerstörung • Vernichtung von Lebensraum • Wassermangel • Wirtschaft • Zerstörung des Regenwalds • Zukunftsprognose
ISBN-10 3-7325-9833-0 / 3732598330
ISBN-13 978-3-7325-9833-5 / 9783732598335
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