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Posener Märchenschätze. -

Posener Märchenschätze. (eBook)

Volksmärchen aus der Provinz Posen.

Steffen Großpietsch (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
158 Seiten
Books on Demand (Verlag)
9783695174416 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
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Neun der schönsten Posener Volksmärchen, nacherzählt von Hermann Konrad, mit Bildschmuck von G. Suhr. Geeignet für alle Generationen, von jung bis alt, für jeden ist etwas dabei. Lesen Sie die Märchen Ihrer Groß- und Urgroßeltern, versetzen Sie sich mit diesem Buch in deren Jugend. Erleben Sie, was man damals in der Provinz Posen gelesen hat und bewahren Sie diesen einmaligen Schatz in Ehren. Erleben Sie Lesespaß auf 150 Seiten!

Der dumme Hans.


Es lebte einmal ein alter Bauer, der hatte drei Söhne. Die beiden ältesten hatte er sehr lieb; den jüngsten aber, den Hans, konnte er nicht leiden, denn bei dessen Geburt hatte er seine Frau verloren, und das mochte er ihm nicht verzeihen. Darum wurde Hans auch stets zurückgesetzt, durfte nicht mit am Tische sitzen, wenn man aß, durfte nicht mit, wenn ein Besuch bei den Nachbarn gemacht wurde. Fuhr der Bauer zur nächsten Stadt, nahm er stets seine beiden Ältesten mit, und als einmal der Hans an ihn herantrat mit der Bitte, ihn doch auch mitzunehmen, schlug er mit der Peitsche nach ihm und sprach: „Du dummer Hans, was willst du in der Stadt? Wir müßten uns ja schämen, wenn dich die Leute in deinem abgeschabten Kittel sähen.“ Hans schlich betrübt zur Seite und ging an seine Arbeit. Auch hierbei behandelte man ihn stiefmütterlich. Was niemand tun wollte, das übertrug man ihm. Er mußte die Schweine füttern und sonst schlechte Arbeit übernehmen. War es im Winter in den Ställen zu kalt, durfte er wohl in die Wohnstube kommen, mußte aber hinter dem Ofen sitzen und hier auch für die Nacht sein Lager aufschlagen.

An einem Winterabende saß der Bauer mit seinen zwei Söhnen und einigen Nachbarn um den Tisch herum, und die erzählten, was sie gutes von der Welt da draußen wußten oder gehört hatten. Die Söhne des Bauern hörten eifrig zu und in dem ältesten wurde die Lust rege, auch die unbekannte Welt kennen zu lernen. Als er seine Absicht kundgab, bestärkten ihn die Nachbarn in seinem Vorhaben und redeten auch dem Vater zu, den Sohn ziehen zu lassen. Dem Bauern schmeichelten die Worte der Nachbarn, und er überlegte, daß er dann stolz auf alle anderen Bauern niedersehen könne, wenn er so einen weitgereisten Sohn habe, er wolle schon ordentlich mit ihm prahlen. Er willigte darum schnell ein, und schon am andern Tage wurde eifrig gerüstet. Als alle Vorbereitungen zur Reise getroffen waren, lud der Bauer die Nachbarn zusammen und feierte das Abschiedsfest seines Sohnes.

Mit Lebensmitteln reichlich versehen und mit einer mit mehreren hundert Talern gefüllten Geldkatze beschwert, trat der älteste Sohn am nächsten Morgen seine Wanderung an. Gar fröhlich war ihm zumute, und die Bekannten, die ihm hinter dem Dorfe begegneten, grüßte er mit lustigem Scherzwort und Schwenken des Hutes. Bald lag der heimatliche Ort weit hinter ihm und entschwand allmählich seinen Blicken. Er trat nun in den Wald, aus dem sie für den Winter den Holzvorrat zu besorgen pflegten. Ihn dünkte, als er eine Strecke im Walde gegangen, es wäre nun wohl an der Zeit, kurze Rast und dabei sein Mahl zu halten. Als er auch in der Nähe einen umgebrochenen Baumstamm bemerkte, ließ er seinen Gedanken die Tat gleich folgen, setzte sich nieder und öffnete sein Ränzel. Noch hielt er den ersten Bissen im Munde, so kam auf ihn ein altes kleines Männchen in einem grauen Rocke zugehumpelt, setzte sich nach kurzem Gruße ächzend auf den Baumstamm und schaute sehnsüchtig nach den schönen Vorräten des Bauernsohnes. Dieser schien nichts zu merken und aß ruhig weiter. Da rückte der kleine Alte näher an ihn heran, der Hunger mochte ihn doch zu sehr quälen, und bat mit zitternder Stimme um einen kleinen Bissen. Unwillig wandte sich der Bauernsohn und sprach mit harten Worten: „Ich kann euch nichts geben, denn ich habe eine weite Reise vor und gebrauche meine Vorräte selbst. Warum habt ihr nicht in der Jugend sparsam gelebt, damit ihr im Alter was hättet?“ Stöhnend und schwerfällig erhob sich der Alte und trottete wieder in den Wald hinein. Im gehen sprach er: „Du wirst nicht weit kommen.“ Der Bauernsohn ließ sich durch diese Worte nicht beirren, schloß sein Ränzel und setzte seinen Weg fort. Nachdem er den Wald verlassen, näherte er sich der Stadt, die er mit seinem Vater oft besucht hatte. „Was werden meine Freunde in der Stadt für Augen machen,“ dachte er, „wenn sie hören, dass ich eine große Reise in die weite Welt unternommen habe. Ich will doch von ihnen noch Abschied nehmen und mich an ihren neidischen Blicken weiden.“ In die Stadt gekommen, ging er nun von einem Freunde zum andern. Diese machten denn auch große Augen, wollten aber von einem so kurzen Abschiede nichts wissen, sondern rieten, ihnen doch ein Festmahl zu bereiten, da es jedenfalls lange dauern werde, ehe sie einander wiedersehen könnten. Dem Bauernsohne schmeichelte die Beliebtheit bei den Stadtfreunden sehr, und da seine Geldkatze ja gefüllt war, willigte er gern ein. Das Fest war aber auch schön, da war dasjenige in seines Vaters Hause armselig dagegen. Der Wein floß in Strömen, und Freunde hatten sich eingefunden, die er noch nie gesehen hatte. Ja, ja, ein Fest in so einer Stadt läßt sich doch ganz anders feiern! Drei Tage hatte man so durchgejubelt, als der letzte Freund unserm Bauernsohne die Hand drückte und tränenden Auges glückliche Reise wünschte.

Als unser Weltreisender noch überlegte, welche Richtung er einschlagen solle, griff er mit der Hand nach der Gegend, wo er die Geldkatze trug, und merkte, daß sie gar dünn geworden war. Erschreckt schnallte er sie schnell ab und öffnete sie. Aber, o weh, sie war leer! Das schöne Abschiedsfest hatte auch den letzten Heller verzehrt. Ohne Geldmittel konnte er doch nicht weiterziehen! Was war zu tun? Es bleib ihm nichts anderes übrig als wie der umzukehren. Still schlich er zur Stadt hinaus und ging denselben Weg zurück, den er vor drei Tagen gekommen war.

Daheim machten denn auch alle erstaunte Gesichter, als sie den Reiselustigen nach so kurzer Zeit schon zurückkommen sahen. Auch der alte Bauer war im ersten Augenblick nicht sehr erfreut. Schließlich beruhigte er sich damit, daß er seinen Ältesten wieder gesund, wenn auch mit leeren Taschen, daheim hatte. Wie leicht hätte seinen Sohn in der fremden Welt ein Unglück treffen können!

Jetzt trat der zweite Sohn an den Alten heran und bat, auch ausziehen zu dürfen. Er wolle schon die Welt versuchen und sich durch die Freunde in der Stadt nicht aufhalten lassen. Vor einem Jahr käme er schon nicht zurück. Der Vater willigte diesmal nicht so schnell ein, wie das erste Mal; denn er fürchtete, sein Zweiter, wie er ihn gern nannte, werde es ähnlich machen wie der älteste Sohn. Auch behagten ihm die Spöttereien der Nachbarn nicht, denen er und sein Ältester ausgesetzt waren. Als aber sein Sohn nicht nachließ, rüstete er ihn ebenso aus wie den älteren und füllte auch wieder die Geldkatze mit harten Talern. Von einem Abschiedsfeste wollte er diesmal aber nichts wissen. Damit war jedoch der zweite Sohn nicht zufrieden. Er sei nicht schlechter als sein Bruder, sagte er und ließ nicht nach, bis der Vater zuletzt nachgab. Das Fest wurde ähnlich gefeiert wie das erste Mal, nur daß der älteste Sohn ihm einen städtischen Anstrich zu geben suchte dadurch, daß der Wein nicht fehlen durfte.

Endlich war alles vorüber, und die Reise konnte angetreten werden. Als ihm aber der Vater noch einige Lehren mit auf den Weg geben wollte, wies sie der Sohn kurz zurück: „Ich will schon klüger sein als mein Bruder.“ Auch er kam in den Wald zu der Stelle, wo sein Bruder die erste Rast gehalten, und obwohl er noch nicht recht müde war, setzte er sich doch auf den Baumstamm und begann zu essen. Wieder kam das alte Männchen dahergegangen, setzte sich zu ihm und bat um eine kleine Gabe. Da kam er aber schön an. Mit Scheltworten trieb ihn der Bursche hinweg und stieß ihn erregt vom Stamme herunter. „Du wirst nicht weiter kommen als dein Bruder,“ murmelte der Kleine und hinkte in den Wald hinein.

Der Bauernsohn hörte nicht auf die Worte des Alten, stand auf und schlug den Weg zur Stadt ein. Er wollte die Freunde nicht besuchen wie der Bruder, das hatte er sich fest vorgenommen, und war er erst jenseits der Stadt, so mußte ja schon die Welt anfangen. In der Stadt war es aber bereits bekannt geworden, daß auch der zweite Sohn des Bauern auswandern wolle; und kaum hatte dieser die Stadt betreten, so kamen auch von allen Seiten die lieben Freunde herbei und wünschten ihm Glück auf die Reise. Ein Abschiedstrunk mußte doch eingenommen werden. Bald saßen sie fröhlich um den Tisch herum; aber immer mehr gesellten sich dazu, und das Zutrinken wollte kein Ende nehmen. Wie seinem Bruder, so erging es auch ihm: mit dem letzten Freunde schied auch das letzte Geldstück aus des Vaters Geldkatze.

Was sollte er nun in der fremden Welt? Besser war es doch daheim, und schnell entschlossen kehrte er, wie sein Bruder, um. Der Vater empfing ihn mit harten Worten. Hatte er auch nicht allzu große Hoffnung gehegt, so glaubte er doch, daß dieser Sohn, durch das Beispiel des Bruders belehrt, besser auf der Hut sein werde. Er mußte sich aber ebenfalls trös ten und ging seinen Nachbarn, soviel er konnte, aus dem Wege, um ihren neuen Spott nicht ertragen zu müssen.

Da trat Hans an seien Vater heran und sprach: „Vater, laßt mich in die Welt ziehen, ich will mein Glück versuchen!“ „Dummer Hans,“ wetterte der...

Erscheint lt. Verlag 29.8.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch
ISBN-13 9783695174416 / 9783695174416
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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