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I wie immer ich - Judith Mohr

I wie immer ich (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025
240 Seiten
Verlag Freies Geistesleben
978-3-7725-4117-9 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
14,99 inkl. MwSt
(CHF 14,65)
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F wie Freundschaft Es gibt zu Hause mächtig Ärger, als der 14-jährige Lennox wegen Sachbeschädigung von der Polizeiwache abgeholt werden muss. Dass er deswegen zu Sozialstunden verurteilt wird, reicht dem Vater allerdings nicht als »pädagogische Maßnahme«. Daher heißt es für Lennox: Handyverbot für zwei Monate, kein Handballtraining, Nachhilfe statt Sardinien in den Ferien und nebst den Sozialstunden noch ein weiteres »freiwilliges soziales Projekt« obendrauf. Schöne Sch... Die 16-jährige Rollstuhlfahrerin Grit, deren Eltern eine Assistenz für die Tochter suchen, möchte allerdings kein »Projekt« sein und macht es Lennox alles andere als leicht. Doch nützlich könnte er für ihren geheimen Plan durchaus sein ... Am Ende entsteht aus dem unfreiwilligen Projekt eine ungewöhnliche Freundschaft. Judith Mohr gelingt es mit Sprachwitz und einem fantastischen Gespür für die Jugendlichen und ihre Wünsche, Sorgen und Hoffnungen, eine Freundschaftsgeschichte zu erzählen, die man selbst gerne erlebt hätte.

Judith Mohr studierte Germanistik und Biologie in Göttingen und promovierte über fantastische Jugendbücher. Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin an einem Gymnasium im hohen Norden ist Singen und vor allem Schreiben ihre große Leidenschaft. Ihr berührendes Debüt ?Cole und die Sache mit Charlie? erschien im Herbst 2024 bei Freies Geistesleben, im Herbst folgte das Jugendbuch ?I wie immer ich? über eine Freundschaft auf Umwegen.

Ä WIE ÄRGER


Der jüngere Polizist macht ein Foto von meinen Fingern. Mehrere, um genau zu sein. Ich soll die Hand ein Stück drehen, damit die rote Sprühfarbe auf meinen Fingern gut zu sehen ist. Ein Beweis!

Der alte Polizist stopft schnaufend das Telefon zurück in die Ladestation. «So, dein Vater ist unterwegs, Junge!» Er starrt mich missgelaunt an und schüttelt den Kopf. «Der ist aber kein Anwalt oder so etwas? Hä?»

«Nein, er arbeitet in einer Bank.» Meine Stimme klingt ganz schön dünn.

«Wenigstens was! Weißt du, was mein Vater mit mir gemacht hat, wenn ich solchen Mist gebaut habe?» Er wartet nicht auf meine Antwort. «Ich musste mich über einen Stuhl legen und er hat mir mit seinem Gürtel den Hintern versohlt, bis ich nicht mehr ‹piep› sagen konnte. Aber heutzutage!» Er schnauft unzufrieden. «Da bringen die Papis gleich ihre Anwälte mit und wehe wir haben die kleinen Unschuldslämmer auch nur schief angesehen!»

«Keine Sorge, er wird stocksauer auf mich sein», murmele ich. Mein Vater wird mich ganz gewiss nicht schlagen, aber ich werde mich für die nächsten fünf Jahre wahrscheinlich von meinem Handy und allem anderen, was Spaß macht, verabschieden können.

«Na wenigstens was», brummt der ältere Polizist undeutlich, aber doch sichtlich zufrieden.

Mein Vater ist wie erwartet das komplette Gegenteil von zufrieden. «Wie kann man nur so dumm sein?», faucht er mich an. «Hast du auch nur einen Moment lang darüber nachgedacht, was du da für einen Mist verzapfst?»

Ich glaube nicht, dass er wirklich eine Antwort hören will. Schnaufend lässt er sich auf einen Stuhl fallen.

Der ältere Polizist leiert eine ziemlich auswendig gelernt klingende Ansprache über mein Recht zu schweigen herunter. «Möchten Sie und Ihr Sohn davon Gebrauch machen?», fragt er und sieht meinen Vater halb fragend, halb abschätzig an. Doch der winkt nur ab. Dann faucht er mich an: «Du redest besser!»

Zuerst aber redet der Polizist noch einmal und erzählt meinem Vater haarklein, wie sie mich geschnappt haben. «Wir waren auch schon so frei und haben ein paar Beweisfotos gemacht, während wir auf Sie gewartet haben. Hätten wir eh gemacht, wissen Sie. Egal ob mit oder ohne Anwalt. Mein Kollege zeigt sie Ihnen natürlich.»

Der jüngere Polizist tippt noch konzentriert etwas in seinen Computer, dann dreht er den Bildschirm und zeigt uns die Fotos von meinen rot besprühten Fingern. Mein Vater nickt nur.

«So, Lennox», sagt der Polizist schließlich gedehnt und schaut mich kalt wie eine Schlange an, «jetzt mal raus mit der Sprache: Wer waren die zwei anderen Spezialisten? Ich will Namen!»

Einen Teufel werde ich tun! Thorge ist größer als ich und Arne kompromissloser. Ich schüttele stumm den Kopf.

Der Polizist blickt mich immer noch starr an, ohne zu blinzeln. «Wir bekommen es sowieso heraus, der Spaziergänger, der uns angerufen hat, kann sie bestimmt beschreiben. Du würdest das Ganze lediglich beschleunigen.» Er sagt das ganz ernsthaft. Ich glaube ihm sogar schon halb.

Er versucht es jetzt anders. «Sind das gute Kumpel von dir?»

Ich zucke mit den Schultern. Eigentlich nicht besonders. Zumindest Arne nicht. Er war auch als Erster wieder über den Zaun, ohne sich nach Thorge und mir auch nur umzusehen, als die Polizisten kamen.

Mein Vater holt gereizt Luft, doch der Polizist winkt ihm zu, sich zurückzuhalten.

«Glaubst du, sie würden auch für dich dichthalten, wenn sie hier säßen?»

Keine Ahnung. Thorge vielleicht. Arne? Ich zucke wieder mit den Schultern.

Eine Weile mustert er mich stumm. Schließlich weiche ich seinem Blick aus. «Schau mich mal an!», befiehlt er prompt.

Da ich weder abgebrüht noch sonst etwas bin, gehorche ich.

Er lehnt sich jetzt weit über den Tisch und schaut mir direkt in die Augen. «Du hast Angst, dass sie sich an dir rächen, wenn du sie verrätst, stimmt’s?»

Mein Zusammenzucken beantwortet seine Frage. Zufrieden nickt er und lässt sich wieder in seinen Schreibtischstuhl sinken. «Hab ich mir schon gedacht.» Immer noch fixiert er mich. Mein Shirt klebt mir unangenehm am Rücken und mir wird langsam, aber sicher schlecht.

Ich halte seinen Blick einfach nicht mehr aus. «Dürften Sie denen denn sagen, dass ich ihre Namen genannt habe?»

Er beantwortet diese Frage nicht, sondern sagt stattdessen: «Für dich sähe das etwas besser aus, wenn du mit der Polizei kooperieren würdest. Richter sehen so etwas äußerst gern.»

Richter? Was für Richter? Muss ich etwa vor Gericht? Ein kalter Schauer läuft mir den Rücken hinunter. Mein Vater wird einen Riesenanfall bekommen! Sein Sohn muss vor Gericht!

Der Anfall meines Vaters scheint aber noch auf sich warten zu lassen, er starrt gerade wie in Schockstarre vor sich hin. Hat er das Wort ‹Richter› überhaupt mitbekommen?

«Fragen Sie doch mal meinen Vater, mit wem ich vorhin weggefahren bin.»

Der Polizist grinst breit. «Na, also! Gar nicht so dumm für jemanden, der so einen Mist anstellt!»

Mein Vater ist da offensichtlich anderer Meinung. Jetzt kann er nicht mehr an sich halten.

«Nicht dumm?! Was soll dieser Affenzirkus! Das wird ernste Konsequenzen haben, Freundchen!»

«Jawohl!», pflichtet ihm der alte Polizist bei. «Zumindest wenn die Jugendstaatsanwaltschaft Anklage erhebt, wovon Sie lieber mal ausgehen sollten. Vandalismus schätzen die nicht. In dem Fall wird Ihr Sohn eine schriftliche Anklage wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch erhalten.»

«Anklage?» Mein Vater schaut verwirrt drein und streicht sich unbewusst über die kurzen, grauen Haare an seiner Schläfe. Ansonsten sind seine Haare noch ziemlich dunkel, aber dort über dem Ohr sammeln sich die hellen Haare. Er hat das also tatsächlich eben nicht richtig mitgeschnitten.

«Wegen der Gerichtsverhandlung», erklärt der Beamte knapp.

Mein Vater killt mich gerade mit Blicken. «Eine Gerichtsverhandlung? Braucht er einen Anwalt?»

«Nein, nein», meint der jüngere Polizist, «Jugendstrafsache, da brauchen Sie keinen Anwalt. Können Sie aber natürlich machen, steht Ihnen frei. Allerdings ist die Sachlage eh eindeutig.» Er zeigt auf meine Finger, auf denen noch deutlich die Spuren der roten Sprühfarbe zu sehen sind.

Schuldbewusst schiebe ich meine Hände in die Bauchtasche meines orangefarbenen Lieblingshoodies.

Es war natürlich Arnes Idee, das Ding anzusprühen. Aber ich habe es gemacht.

«Wir wüssten nur gern noch die Sache mit den Mittätern: Als Ihr Sohn vorhin das Haus verlassen hat, mit wem hat er sich getroffen?»

Wieder wirft mir mein Vater einen bitterbösen Blick zu. «Thorge irgendwas und der andere heißt … heißt …» Er überlegt. «Das war dieser Fiese mit der schlimmen Frisur, den Bengel konnte ich noch nie leiden.» Der Polizist schreibt eifrig mit. Ob er auch ‹schlimme Frisur› mitgeschrieben hat?

Arne hat einen Undercut. Den hat im Moment jeder Dritte. Aber für meinen Vater ist es natürlich eine ‹ schlimme Frisur›.

«Vielleicht sagst du auch mal was!», ranzt er mich an und verpasst mir einen Knuff gegen die Schulter.

Ich starre auf meine Schuhe und schweige.

Mein Vater seufzt genervt. «Darf ich eben meine Frau anrufen? Die weiß die Namen bestimmt.»

Das Telefonat ist kurz, mein Vater spricht laut und abgehackt. Seine linke Hand zerknittert derweil genervt sein Sakko, das er unter der offenen Jacke trägt. Das muss er extra angezogen haben, bevor er mich abholen gekommen ist. Normalerweise trägt er um diese Zeit bereits einen Pullover. Meine Mutter antwortet kurz, dann sagt er noch «Aha. Bis gleich» und legt auf.

Er lässt das Handy wieder in seine Jackentasche gleiten. «Golecka. Thorge Golecka. Und Arne Täufer heißt der andere Knabe. Der wohnt im Albertring.»

Noch ein paar Unterschriften auf irgendwelchen Formularen, dann können wir gehen.

Das Auto meines Vaters steht auf dem Parkplatz vor der Polizeiwache. Die beiden Polizisten begleiten uns nach draußen, sie sind wahrscheinlich schon auf dem Weg zu den Goleckas und den Täufers.

«Einsteigen!», kommandiert mein Vater.

Ich steige ein, ziehe die Tür zu und schnalle mich an. Am liebsten würde ich im Sitz versinken. Das Auto riecht nach Erfolg und gutem Ruf. Alles, was meinem Vater wichtig ist. Das habe ich jetzt wohl vermasselt.

«So etwas Dämliches wie dich gibt es auch nicht noch mal!», schimpft mein Vater. Sein Gesicht ist unnatürlich rot....

Erscheint lt. Verlag 19.3.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
ISBN-10 3-7725-4117-8 / 3772541178
ISBN-13 978-3-7725-4117-9 / 9783772541179
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