Magic of Moon and Sea. Die Diebin der vielen Gesichter (eBook)
288 Seiten
SchneiderBuch (Verlag)
978-3-505-15249-8 (ISBN)
Diebische Gesichtwandlerin kommt dunklen Geheimnissen auf die Spur
In den nebligen Gassen von Shelwich steigt und fällt die Magie mit Ebbe und Flut. Für die meisten ist ihre magische Fähigkeit nur eine nette Spielerei, die mit ansteigender Flut zu Tage tritt. Sie können plötzlich ihre Augenfarbe ändern oder einen Löffel vor ihrer Nase herumtanzen lassen. Aber Ista Flit besitzt eine mächtige Gabe, die sie zur Meisterdiebin der Stadt hat werden lassen. Dabei ist Ista nur auf der Suche nach ihrem verschollenen Vater. Doch er ist nicht der Einzige, der in dieser Stadt verschwunden ist. Mit Nat und Ruby an ihrer Seite, taucht Ista ab in die dunklen Geheimnisse einiger Bewohner und stellt fest, dass in Shelwich manches mehr Schein als Sein ist.
Erster Teil eines rasanten Fantasy-Abenteuers mit mutigen Heldinnen und Helden
Eine Geschichte, die einen nicht mehr loslässt: spannnend, magisch und außergewöhnlich
<p>Früher war Clare Harlow Schauspielerin und tourte mit ihrem Theater in ganz Großbritannien und Irland. Vor ein paar Jahren wandte sich ihre Liebe zum Geschichtenerzählen von der Bühne zur Buchseite, und sie wurde Schriftstellerin. Sie lebt im Südosten Londons, wo sie viel Zeit damit verbringt, am Fluss spazieren zu gehen, in der Hoffnung, dass ein wenig Gezeitenmagie auf sie abfärben könnte.</p>
1
Die wandelnde Gasse
Die Straße wurde Wandelgasse genannt, weil man niemals genau wusste, wo sie sich befand. Manche Menschen behaupteten, sie wären von einer seltsamen leisen Melodie zu ihrem Eingang geführt worden. Andere meinten, um sie aufzuspüren, müsse man sich lediglich an die Ecke zwischen Glockenstraße und Backhausgasse stellen und darauf warten, dass der Wind dreht.
Aber Ista Flit war vollkommen klar, dass keiner dieser Menschen die Gasse je betreten hatte.
Die Glücklichen, dachte sie und wandte sich vom Fluss ab, der sich durch das nachmittägliche Sonnenlicht schlängelte wie eine breite graue Zunge. Selbst im besten Fall erwartete einen nichts Gutes bei einem Besuch der Wandelgasse, und die heutige Aufforderung zu erscheinen war zeitlich alles andere als ideal. Denn die Flut hatte eingesetzt, prickelte über Istas Arme und säuselte ihr in den Ohren. Noch dazu zog Nebel auf.
Ein Schauer lief ihr über den Körper, und er hatte nichts mit der kühlen Luft zu tun.
Starke Magie, Nebel und Dunkelheit – genau das lockte die Ungeheuer an.
Wenigstens hatte Ista noch eine gute halbe Stunde, bis die Flut ihren Höchststand erreichte, und bis zum Einsetzen der Abenddämmerung blieb sogar noch etwas mehr Zeit. Hätte Ista frei entscheiden können, wäre sie trotzdem schleunigst nach Hause gelaufen, bevor die Magie weiter anstieg. Doch am Vordach der Aalhütte war ein blaues Stofftaschentuch befestigt gewesen, und für sie war das eine eindeutige Aufforderung zu kommen. Also schlängelte sie sich nun durch das Labyrinth der Straßen südlich vom Schiffsbauerplatz und blieb alle paar Schritte stehen, um einmal tief durch die Nase einzuatmen. Die Luft war so kalt, dass Ista trotz der Dicke ihres zu großen Mantels fröstelte.
Die Wandelgasse war ziemlich hinterlistig, aber irgendwo hier musste sie sein. Ista konnte sie bereits riechen – rauchig und brackig zugleich, so, als hätte jemand neben einem schlickigen Gezeitentümpel eine Geburtstagskerze ausgeblasen. Einen guten Riecher hast du, hatte ihre Tante vor gar nicht allzu langer Zeit mal zu ihr gesagt, als in Istas Leben noch so unkomplizierte Dinge wie Tanten und Geburtstage existiert hatten. Und zwar für Schwierigkeiten. Selbst deine scharfe Zunge hilft dir nicht dabei, dich aus denen wieder rauszuwinden. Was wahrscheinlich stimmte. Tatsächlich war es Istas etwas überdurchschnittlich langer Riechkolben – durch den sie zusammen mit ihren abgenutzten Kleidern und den dünnen Gliedmaßen wie ein aufgeschreckter Reiher aussah –, der sie in letzter Zeit zu allerhand Schwierigkeiten führte.
Nun ja, sowohl ihre Nase als auch die Gabe, mit der die Flut sie gesegnet hatte.
Ista machte noch einen Schritt. Atmete noch einmal durch die Nase ein. Da. Ganz am Rand ihres Gesichtsfeldes – wo sich einen Sekundenbruchteil zuvor nichts weiter befunden hatte als eine Reihe unscheinbarer Kaufläden – erschien plötzlich und auf erstaunliche Art und Weise eine Straße, wie eine sich öffnende dunkle Mundhöhle. Der Eingang war in Schatten gehüllt, und ganz hinten in Istas Kopf flüsterte eine Stimme – wie jedes Mal, wenn sie die Wandelgasse gefunden hatte –, dass das alles eine ganz, ganz schlechte Idee war.
Ein anderer, eher praktisch veranlagter Teil von ihr wusste jedoch, dass sie keine andere Wahl hatte. In ihrem Leben gab es nicht mehr viele Dinge, die ihr wichtig waren, aber eines davon befand sich dort unten, genauso wie die Person, die es in Gewahrsam genommen hatte.
Ista straffte die Schultern und ging in die Finsternis hinein. Der Weg verbreiterte sich; unter ihren Füßen tauchten Pflastersteine auf, und von beiden Seiten der Straße bedrängten sie Gebäude mit schwarzen Dachbalken. Neben ihr wurde knarzend eine Tür geöffnet und mit einem Klick wieder geschlossen, als sie nachsehen wollte, wer sich dort befand.
Am Ende der Gasse stand das Gasthaus Zum Kreischenden Aal. Gezeitenlaternen erhellten den Weg und leuchteten mit jeder Sekunde heller, in der auch die Magie stärker wurde. Sie gossen ihren bläulich-wässrigen Schein über die schiefen Holzbalken und weiß getünchten Wände des Gebäudes. Über dem Vordach quietschte das rostige Namensschild an seiner Stange, so, als würde es von einer unsichtbaren Hand geschaukelt. Die Eingangstür war vollkommen kahl: kein Griff, keine Glocke, kein Türklopfer, kein Briefkastenschlitz. Kein versteckter Riegel, keine verborgene Kordel und nicht mal ein Schlüsselloch. Jeder, der es nicht besser wusste, musste annehmen, dass sie sich nur von innen öffnen ließ.
Doch Ista wusste es besser. Sie legte eine Hand auf das Holz. Augenblicklich erschien über ihren Fingerspitzen eine schwache Linie, wie der Kratzer einer sehr scharfen Klaue. Die Linie wurde länger und beschrieb eine Kurve, sodass sie einen gezackten Kreis um Istas Hand bildete. Als der Kreis vollständig war, schwang die Tür nach innen auf, und eine leise Stimme knurrte zur Begrüßung:
»Willkommen, Wanderer. Tritt ein und triff deine Wahl.«
In der mit Steinboden ausgelegten Eingangshalle warteten zwei Liftkabinen, deren Türgitter aus kunstvoll gewundenen Metallstäben bestanden, die aussahen wie wallendes Flussgras und sich windende Tentakel. Neben den Liften war je ein Messingschild angebracht: Auf dem einen waren ein abwärts zeigender Pfeil und das Wort Geschäfte eingraviert; auf dem anderen befanden sich ein aufwärts deutender Pfeil und das Wort Vergnügen.
Der einzige weitere Gegenstand in dem Raum war ein lederner Portierssessel mit einer Art Baldachin an der Rückenlehne. Ein großer weißer Kater döste auf dem Sitz. Er öffnete sein grünes Auge – er besaß nur das eine – und blinzelte Ista an, die sich für eine Streicheleinheit zu ihm hinunterbeugte.
»Hallo, Maunz der Schreckliche«, begrüßte sie ihn, denn so hieß der Kater, und Ista glaubte, dass es ihm gefiel, wenn man ihn mit Namen ansprach. »Nicht schwer zu erraten, für welche Richtung ich mich entscheide.«
Maunz der Schreckliche hob das Kinn, damit sie an das dichte Fell an seinem Hals herankam. Ista gönnte sich seine schnurrende Wärme für ein paar Sekunden, dann richtete sie sich auf und wandte sich den Liften zu. Noch nie hatte sie einen Fuß in die ins obere Stockwerk führende Kabine zu ihrer Rechten gesetzt, wo es Gerüchten zufolge Essen und Musik und auch Zimmer für müde Nachtschwärmer gab.
In der Kabine auf der linken Seite gab es keine Knöpfe, die man hätte drücken können. Das Gitter und die Türen glitten zu, schlossen sie ein. Man musste entweder verzweifelt oder verwegen sein, um für geschäftliche Angelegenheiten ins Gasthaus Zum Kreischenden Aal zu kommen – da waren sich in Shelwich alle einig.
Ich bin verwegen, dachte Ista entschlossen, während die Liftkabine nach unten ratterte. Ich bin verwegen. Ich bin verwegen!
Sie trat hinaus in einen Gang, der nur von einer einzigen flackernden und an einer Kette baumelnden Gezeitenlaterne erhellt wurde. Am Ende des Ganges befand sich eine Tür. Ich bin verwegen, sagte sie sich noch einmal. Doch tief in ihrem Inneren war ihr bewusst, dass eigentlich die Verzweiflung sie hierhergeführt hatte.
Bevor sie klopfen konnte, brauste ein Luftzug heran, stieß die Tür auf und trug sie so mühelos über die Schwelle, wie eine Welle ein Stück Seetang an den Strand spült. Den Raum, in dem sie landete, hätte man als Arbeitszimmer, Bibliothek oder sogar Werkstatt bezeichnen können, je nachdem, wer die Benennung vornahm. Unter anderen Umständen hätte Ista vielleicht behauptet, dass er heimelig anmutete. Jeder verfügbare Platz war vollgestopft mit antik aussehenden Büchern, bunt zusammengewürfelten Möbelstücken und unzähligen Regalen voll mit Dingen, die sie als Kuriositäten bezeichnete und die unterschiedlichsten Arten von Kinkerlitzchen und Gerätschaften waren: von Chutney-Löffeln über Mikroskope bis hin zu einer ganzen Menagerie mechanischer Tiere.
Ista schlängelte sich vorsichtig durch das Wirrwarr, gab dabei acht, nichts umzuwerfen. »Du hast mich herbeordert.«
In solchen Augenblicken kam es ihr vor, als übernähme jemand anderes ihren Mund. Jemand Älteres und viel, viel Mutigeres. Dieser Jemand schien auch ihre Hände zu steuern, denn sie wischte weder ihre feuchten Handflächen am Mantel ab, noch glättete sie den Schopf kurzer brauner Haare, die ihr vom Kopf abstanden – sosehr es sie auch in den Fingern juckte.
Die Antwort drang aus den Schatten auf der anderen Seite des Raumes zu ihr. »Hallo, kleine Diebin. Ich habe einen Auftrag für dich.«
An Alexo Rokis selbst war nichts heimelig. Er hatte ein Gesicht wie ein Fuchs und Augen wie ein Wolf; überall spitze Ecken und Kanten, insbesondere am Kinn und an den Ellbogen. Alles Weitere – angefangen bei seinem Alter bis hin zu der Frage, wie lange er schon in der Stadt lebte – war ungewiss. Man war sich lediglich einig, dass er auf jedem Schwarzmarkt in Shelwich seine Finger im Spiel hatte und es meisterlich verstand, ein Schweigen unangenehm in die Länge zu ziehen – so wie jetzt gerade.
Sein Grinsen brannte Ista auf der Haut. Ihr Gesicht blieb jedoch ausdruckslos – zumindest hoffte sie das –, und nachdem die Uhr ein paarmal langsam getickt...
| Erscheint lt. Verlag | 4.4.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Magic of Moon and Sea |
| Übersetzer | Sabrina Sandmann |
| Sprache | deutsch |
| Original-Titel | Tidemagic.The many faces of Ista Flit |
| Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
| Schlagworte | Abenteuer • Atmosphärisch • atmosphärische Fantasy • Ebbe • Eltern • Elternsuche • England • Fans • fantastisch • Fantastische Welt • Fantasy • Fantasyabenteuer ab 10 • Flut • Freundschaft • Freundschaftsabenteuer ab 10 • Geheimnis • Gestaltenwandler • Gestaltwandler-Fantasy • Großbritannien • Harry Potter • Jugendbuch • Kinderbuch • Kinderbuch ab 10 • Kinderbuch Abenteuer • Kinderbuch Geheimnis • Kinderbuch Jungs und Mädchen • Kinderbuch Spannung • Kinderbuch vermisste Eltern • Kinderbuch wie Harry Potter • Magie • Magische Welt • Meer • Spannung • Tide • Vermisst • Zauber |
| ISBN-10 | 3-505-15249-8 / 3505152498 |
| ISBN-13 | 978-3-505-15249-8 / 9783505152498 |
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