Radabar Teil4 (eBook)
215 Seiten
tredition (Verlag)
9783347639928 (ISBN)
Erwin Sittig wurde 1953 in Güstrow geboren. Sein Studium an der TU Dresden schloss er 1977 als Dipl.-Ing. für Informationstechnik ab. Heute lebt der Schriftsteller mit seiner Frau in Ludwigsfelde. Da er auch Hobbyfotograf ist, erstellt er gelegentlich seine Cover selbst.
Erwin Sittig wurde 1953 in Güstrow geboren. Sein Studium an der TU Dresden schloss er 1977 als Dipl.-Ing. für Informationstechnik ab. Heute lebt der Schriftsteller mit seiner Frau in Ludwigsfelde. Da er auch Hobbyfotograf ist, erstellt er gelegentlich seine Cover selbst.
Es geht nicht mehr
Saskia traf sich jetzt häufiger mit Mark, da sie durch Handlungen, die sie nicht beeinflussen konnte, immer mehr isoliert war. Obwohl sie ihre Hausaufgaben weiterhin ordentlich ausführte, geriet sie mit den Lehrern aneinander. Heute war wieder so ein Tag. Der Lehrer hatte die Aufsätze zum Thema „Der Fortschritt in der Stadt“ durchgesehen und sprach einige Kinder, während des Unterrichts, darauf an.
„Saskia, dein Aufsatz ist zwar gut durchdacht und auch vom Ausdruck sehr gelungen, aber meinst du nicht, dass du zu sehr in die Zukunft geschaut hast? Wir wollten eigentlich eine realistische Veränderung in unserem Leben aufzeigen, doch du scheinst Technik neu erfunden zu haben. Zum Beispiel …“
Saskia unterbrach ihn barsch, mit dieser fremden, etwas tieferen Stimme, die inzwischen alle schon mal erlebt hatten.
„Bloß, weil Ihr Spatzenhirn diesen brillanten Ausführungen nicht zu folgen vermag, versuchen Sie meine realistischen Darstellungen ins Reich der Fantasie abzuschieben? Ich könnte Ihnen anbieten, bei mir ein paar Nachhilfestunden zu nehmen.“
Es wurde totenstill in der Klasse. Selbst dem Lehrer blieb vor Verwunderung der Mund offen stehen.
„Mein liebes Fräulein. Wir sind es ja gewohnt, dass Sie sich gelegentlich im Ton vergreifen, doch dies war einmal zu viel. Verlassen Sie auf der Stelle den Raum. Sie werden mich, nach der Unterrichtsstunde, zur Direktorin begleiten!“ Während sie sich erhob, um das Klassenzimmer zu verlassen, sagte sie, ihm zugewandt:
„Warum? Soll ich Ihnen den Weg zeigen?“
Mit zurückgeworfenem Kopf und arrogantem Gesichtsausdruck knallte sie die Tür zu.
Mark war erschüttert. So durfte das nicht weitergehen. Es wurde immer schlimmer mit seiner Freundin. Er meldete sich.
„Herr Gelbrich, darf ich kurz den Raum verlassen? Ich habe, glaube ich, was Falsches gegessen.“
„Ist es nicht eher so, dass Sie Ihrer Freundin helfen wollen?“
„Was wäre schlecht daran?“
„Sie bleiben hier! Ihrer Freundin ist nicht mehr zu helfen.“
„Tut mir leid, Herr Gelbrich, es muss sein.“
Er folgte Saskia auf den Gang.
Herr Gelbrich öffnete den Mund, um ihn zurechtzuweisen, doch die Worte blieben ihm darin stecken. Stattdessen nickte er nur freundlich. Es war Mark schon öfter aufgefallen, dass er seine Wunschgedanken auf andere zu übertragen vermag, die dann nach seinen Vorstellungen reagierten. Er wunderte sich schon lange nicht mehr darüber, nahm es aber als Zufall.
Im Gang fand er eine völlig aufgelöste Saskia vor. Mit großen Augen sah sie ihn an.
„Was ist passiert? Warum stehe ich hier draußen?“
„Habe mir schon gedacht, dass du wieder ein Black-out hast. Wir müssen dem auf den Grund gehen. Irgendwann schmeißen die dich noch von der Schule.“
„Wir waren doch schon bei allen möglichen Ärzten. Keiner findet etwas.“
„Kannst du dich erinnern, ob irgendetwas Besonderes passiert, bevor du deine Aussetzer bekommst?“
„Eigentlich nicht. Die Kopfhaut juckt vielleicht etwas. Aber ob das damit zu tun hat? Man hat sogar meine Gehirnströme gemessen.“
„Darf ich mal nachsehen?“
„Ob ich Läuse habe?“
„Ich denke da an andere Läuse. Wenn ich genau überlege, hast du das doch erst, seit wir aus der Zauberwelt zurück sind. Richtig?“
„Ja, schon, aber …“
„Was bleibt, wenn die menschliche Logik versagt? Zauberei vielleicht?“
„Du spinnst.“
„Was kann es schaden? Lass mich nachsehen.“
Widerwillig hielt sie ihm den Kopf hin. Die Libelle, die deutlich kleiner als eine Mücke war, stellte sich sofort auf ein Versteckspiel ein.
Mark hatte seine besonderen Fähigkeiten, dass er Gedanken auf Menschen übertragen konnte, extrem besser zu hören und zu sehen vermochte, wenn er sich konzentrierte, nie erkannt. Doch jetzt entwickelte sich eine aufkommende Ahnung davon. Er suchte jeden Millimeter der Kopfhaut ab, was sich bei ihren langen Haaren schwierig gestaltete. Einige Male konnte sich die Libelle erst im letzten Moment unter einem Haarbüschel verstecken. Er wollte schon fast aufgeben, da sah er etwas Silbriges davonhuschen. Gezielt nahm er die Verfolgung auf. Hektisch verfolgte er ihren Weg, indem er immer mehr Haare beiseite bog. Dann sah er sie endlich. Obwohl normale Menschen sie mit bloßem Auge nicht gesehen hätten, sah er sie so deutlich, dass er sogar Feinheiten erkannte. Die Haare erschienen ihm extrem dick. Erst jetzt wurde ihm klar, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Die Libelle musste einsehen, dass sie verloren hatte, und flog davon, bevor er sie zerquetschen konnte.
Mark berichtete Saskia, was er entdeckt hatte, und empfahl ihr, jeden Abend ihre Haare zu waschen, möglichst mit der doppelten Dosis Waschmittel, wie üblich. Vielleicht bestand so eine Chance, den Schädling aus der Zauberwelt, zumindest zeitweise, loszuwerden. Ab jetzt untersuchte Mark seine Fähigkeiten näher und setzte sie bewusst ein.
Die beste Gelegenheit ergab sich, als Saskia mit ihrem Lehrer den Weg zu Direktorin antrat. Mark stand draußen, hörte dennoch jedes Wort. Er bemühte sich, die Gedanken der Direktorin zu beeinflussen. Am Gesicht von Herrn Gelbrich sah er später, dass er Erfolg gehabt hatte. Sichtlich erleichtert kam Saskia heraus.
Sie wollten sich jetzt öfter treffen und ihre Haare durchsuchen. Die Libelle war vorübergehend auf den Kopf von Mark geflogen, wechselte dann aber wieder zu Saskia.
Abends duschte sie so gründlich wie noch nie. Sie entwickelte soviel Schaum, dass die Libelle Mühe hatte, sich an den Haaren festzuhalten. Ständig entglitten ihr die, an denen sie sich festklammerte. Nur mit großen Anstrengungen fand sie am nächsten Haar etwas Halt. Doch sie rutschte immer weiter hinunter. Irgendwann stürzte sie ab. Sie glitt an Saskias Körper entlang, ohne einen Rettungsanker zu finden, und wurde in den Abfluss gespült. Saskia hoffte, dass Mark, mit seiner Entdeckung, die Ursache ihrer Gedächtnislücken gefunden und auch, dass sie das intensive Duschen davon befreit hatte.
Claas berichtete begeistert, von den Auftritten seines Freundes Chris in den Schulpausen. Jeder kaufte ihm ab, dass er ein Bauchredner war, und fragte, wie er das mache. Seine Nase fühlte sich richtig wohl bei diesen Vorstellungen und steuerte so manchen gelungenen Witz bei. Sie war inzwischen sein bester Freund geworden und er verzieh ihr die Kommentare an unpassender Stelle.
Mark überlegte, wie viel Zauberei sie wohl noch in ihre Welt geschleust hatten. Er setzte seine Fähigkeiten nun häufiger ein und testete vorrangig die Möglichkeit, die Gedanken anderer zu beeinflussen. Nach vielen Grübeleien war er sich ziemlich sicher, dass er mit dem Trank, den er von Hektulus eingeflößt bekam, um ihm seine geschwundenen Kräfte wiederzugeben, auch diese Fähigkeiten erwarb. Immer wieder tauchte das Bild vor ihm auf, wie Hektulus ihn rasiert hatte und versehentlich etwas von seinem eigenen Bart abschnitt. Daraus hatte seine Laborechse diesen Trank gebraut, der ihm vermutlich etwas magische Energie von Hektulus zuführte.
Saskia freute sich darüber, dass sie heute von der Libelle verschont geblieben war und hoffte, sie endgültig beseitigt zu haben.
Turtelina hatte mit angesehen, wie ihre Gehilfin, die Libelle, entdeckt und entsorgt worden war. Ärgerlich beobachtete sie, wie sich das Insekt durch den Abwasserkanal kämpfte und nur mit äußersten Kraftanstrengungen den Weg zurück in Saskias Badezimmer fand. Immer wieder wurde durch andere Bewohner des Hauses, Wasser in den Kanal gespült, und riss die Libelle mit sich. Endlich hockte sie wieder im Bad und wartete auf neue Instruktionen Turtelinas.
Claudia war zum vereinbarten Termin, an der Bannzone erschienen. Konzentriert starrte sie hinein, um Radabar ausfindig zu machen. Bisher war er immer pünktlich, doch heute kam er nicht. Sie wartete Stunden. Wieder und wieder flog sie an der Trennwand entlang und suchte das Unterholz ab, bis sie endlich eine Bewegung wahrnahm. Doch es war nur ein missgebildeter Zauberer, dessen Kopf durch einen runden Spiegel ersetzt worden war. Er sprang auf sie zu und baute sich blitzartig vor ihr auf, so dass Claudia plötzlich in ihr eigenes Gesicht sah. Sie schreckte zurück. Der Zauberer lachte sie aus. Sie hatte nicht erwartet, dass schon am äußersten Rand der Bannzone, die Gefangenen in Kämpfen verunstaltet werden. War der Plan Radabars gar nicht realistisch, in der äußeren Zone Auseinandersetzungen zu vermeiden?
„Was hast du hier zu suchen?“, blaffte sie der Zauberer an. Er war so dürr, dass seine Kleidung schlaff an ihm herunterhing.
„Ich warte auf einen Freund“, antwortete Claudia, in der Hoffnung, etwas von ihm zu erfahren.
„Wer hier drin ist, hat keine Freunde. Freundschaft ist eine ganz gefährliche Angelegenheit. Wer, bildest du dir ein, ist dein...
| Erscheint lt. Verlag | 12.8.2022 |
|---|---|
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Vorlesebücher / Märchen |
| Schlagworte | Abenteuer • Fantasie • Freundschaft • Gefahr • Gerechtigkeit • Humor • Mut • Offenheit • Spannung • Strafe • Taktik • Tiere • Zauberei • Zusammenhalt |
| ISBN-13 | 9783347639928 / 9783347639928 |
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