Holly Blair (eBook)
271 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-62914-1 (ISBN)
Kapitel 1
„Hi! Ich bin Mia! Wer bist du?“, rief das Mädchen mit den braunen, strubbeligen Haaren und den himmelblauen Augen. Sie strahlte mich bis über beide Ohren an.
„Guten Tag, mein Name ist Lady Holly Blair.“
„Lady?“, fragte sie in einem sarkastischen Ton und fing lauthals an zu gackern.
Sie war so ungeziert. Völlig faszinierend.
„Ja. Mein Name ist Lady Holly Blair“, wiederholte ich, verwirrt darüber, was an meinem Namen so komisch war.
„Tatsächlich eine Lady, ja? Dann musst du ja stinkreich sein!“
Ich schlug mir die Hände vor den Mund, so schockiert war ich über diese ungenierte Aussage.
„Ist das deine Art von Humor?“, fragte ich unsicher.
Immerhin war Mia - Mia, die sich ohne ihren Nachnamen vorgestellt hatte - die erste Bürgerliche, mit der ich mich je unterhalten hatte.
Wieder fing sie lauthals an zu lachen. Diesmal jedoch noch hysterischer, als zuvor.
„Das ist so cool! Ich werde mir mit einer richtigen Prinzessin ein Zimmer teilen!“
Ich hatte noch nie jemanden so laut reden hören.
„Dir ist doch hoffentlich klar, dass es seit geraumer Zeit keine Königreiche mehr gibt, oder? Ich bin eine Lady des Hauses Blair“, klärte ich sie freundlich auf.
Sie lächelte mich entzückt an.
„Lady Holly Blair. Du und ich, wir werden eine fantastische Zeit zusammen haben.“
„Aufwachen!“, grölte eine Stimme leider viel zu laut, aber vor allem viel zu früh, direkt in mein Ohr hinein. Ich ignorierte sie. Jemand fing an, immer fester an mir zu rütteln, aber ich ignorierte ihn, was ich kurz darauf zugegebenermaßen bereute.
Eine eiskalte Wasserfontäne breitete sich über mir aus. Sofort riss ich die Augen auf, um herauszufinden, wer es gewagt hatte, mich auf so eine brutale Art und Weise aus meinem Schlaf zu reißen. Mia, meine über alles geliebte Zimmergenossin hatte ein fettes Grinsen im Gesicht. Sie hatte ihre Hände über mir ausgebreitet, aus denen immer noch literweise Wasser flossen und schien dabei eine Menge Spaß zu haben.
„Hör auf!“, rief ich genervt.
Sie grinste mich schelmisch an, zog jedoch trotzdem ihre nun vor Anstrengung zitternden Hände wieder zurück, woraufhin das Wasser sofort aufhörte zu fließen. Triefend kletterte ich aus meinem Bett.
„Gott, hast du morgens Nerven!“, stellte ich fest, während ich mich mithilfe eines Zaubers zu trocknen begann. Eine atemberaubende Hitze drang vom Inneren meines Körpers immer weiter nach außen, bis das Wasser anfing zu verdampfen. Ich musste gut aufpassen, dass mein hellblauer Schlafanzug kein Feuer fing. Das konnte nämlich schnell mal geschehen, vor allem morgens, wenn ich noch nicht wirklich in der Lage war, mich richtig zu konzentrieren.
„Puh, ist mir heiß“, witzelte Mia, während sie sich Luft zufächelte.
Ich lachte kurz auf, sagte dann aber trocken:
„Den Rest machst du weg.“
Sie verdrehte die Augen.
„Holly, du weißt genau, wie schwer ich mich mit Umkehrzaubern tue! Kannst du den Rest nicht auch einfach verdampfen lassen?“
„Du musst aus deinen Fehlern lernen“, neckte ich sie.
„Im Gegensatz zu einer gewissen anderen Person bin ich wenigstens in der Lage, einen Weckzauber effektiv anzuwenden.“
Sie zwinkerte.
„Was?“
Ich schielte auf die Uhr, die direkt über unserem langen Schreibtisch hing. 7:56 Uhr. Mist! Ich hatte noch genau vier Minuten Zeit, um mich fertigzumachen! Ich warf Mia eines der bunten Kissen ins Gesicht.
„Denkst du, ich hätte mir sonst die Mühe gemacht, dich zu wecken?“, sagte sie unschuldig.
Als hätte sie es nicht genossen.
Ich rannte schnell zu meinem Kleiderschrank und nahm das erste heraus, das ich erblickte: eine blaue Jeans und ein pinkes T-Shirt. Nachdem ich mich angezogen hatte, lief ich durch den Flur zum Badezimmer und drückte die Klinke herunter. Die Tür ging nicht auf.
„Mia!“, brüllte ich durch die Tür. Es konnte nur sie sein. Unsere anderen Mitbewohnerinnen hatten die Wohnung bereits verlassen. Ich hämmerte mit meinen Fäusten gegen die Tür - etwas, was ich nur tun konnte, weil Mia und ich schon seit zwei Jahren zusammen wohnten. Als Mia schließlich die Tür öffnete, lächelte sie mich zufrieden an.
„Deinetwegen kommen wir zu spät“, stellte ich mit zusammengepressten Lippen fest.
„Wir kommen sowieso immer zu spät“, erwiderte sie schulterzuckend und konnte sich ein Grinsen dabei kaum verkneifen.
„Nur, weil ich immer auf dich warte“, murmelte ich, während ich ins Bad lief.
Als wir beide fertig waren, traten wir nacheinander durch unseren großen Spiegel hindurch, der gleichzeitig als Portal diente. Ein gleißendes Licht blendete mich und ich fühlte mich einen Augenblick lang schwerelos. Doch so schnell das Gefühl aufgetreten war, war es auch schon wieder verflogen. Wir landeten sachte auf einer großen Wiese mit vielen, runden Tischen und Stühlen. Auf den Tischen lagen weiße Tischdecken und jeweils ein großer Korb, der gefüllt mit Kirschen war.
Zwischen den Tischen standen die Zeitlosen Kirschbäume. Man bezeichnete sie als zeitlos, da sie nicht den Jahreszeiten folgten, sondern in ihrem eigenen Tempo wuchsen. Wenn man sich einige Minuten nahm, konnte man das sogar mit dem eigenen Auge beobachten. Es schien, als würden alle Kirschen warten, bis die letzte gereift war. Dann pflückten sie sich von selbst und flogen in kleinen Schwärmen kunstvoll hoch in die Luft und teilten sich wieder auf, um die leeren Obstkörbe auf den Tischen zu füllen.
Die meisten Tische waren schon besetzt. Ich sah mich suchend um und entdeckte unsere Freunde, mit denen wir uns gestern Abend zum Frühstücken verabredet hatten. Wir liefen zu ihnen herüber. An dem Tisch saßen unsere beiden Mitbewohnerinnen Tyke und Sanny und Tykes Freund Cihil.
Cihil hatte goldrote, mittellange Haare und ein charmantes, verführerisches Lächeln, das er jedoch leider ein bisschen zu häufig anwendete. Er war ein Gottesmagier. Was alle Gottesmagier gemeinsam hatten, war, dass sie - wie alle anderen Magier auch - zaubern konnten. Zusätzlich hatten Gottesmagier jedoch Gaben von den Göttern erhalten. Mithilfe dieser Gaben waren sie besonders schnell, kräftig oder klug und, wie in Cihils Fall, eben besonders schön. Die Gottesmagier lebten in der Provinz Hyaria.
Neben Cihil saß Tyke. Tyke hatte gewelltes, türkisfarbenes Haar, das ihr bis zur Hüfte ging und war fast so hübsch wie Cihil. Sie war eine Transformandin. Transformanden waren Magier, die sich in eine bestimmte Tierart verwandeln konnten, in Tykes Fall in einen Delfin. Ihre Familie lebte daher in einem Haus in der Provinz Melania, in der fast alle Transformanden lebten, unter Wasser. Tyke war jedoch nicht nur eine Transformandin, denn sie war auch durch ihre Großmutter zu einem Achtel eine Elementmagierin. Ihre Fähigkeit war Wasserkunst, was bedeutete, dass sie Wasser hart werden lassen konnte, ohne dabei das Wasser gefrieren lassen zu müssen. Sie konnte damit Gegenstände in jeglicher Festigkeit kreieren, solange sie Wasser zu Verfügung hatte.
Neben Tyke saß Sanny. Sie war groß und kräftig und hatte kurze, grüne Haare, frisch gefärbt von Tyke. Sie war, so wie Mia und ich, Elementmagierin und lebte somit, wenn sie nicht gerade an der Akademie war, in der Provinz Sargonia. Sie war eine Wettermagierin und dazu noch eine ziemlich gute, worüber wir alle sehr froh waren. Denn die eher weniger Guten waren nicht sehr geübt darin, ihre eigenen Emotionen von ihrer magischen Verbindung zum Wetter zu trennen. So konnte es schnell mal passieren, dass es plötzlich um einen herum anfing zu regnen oder zu gewittern. Glücklicherweise konnten die schlechteren Wettermagier das Wetter nur in einem ganz kleinen Radius beeinflussen, wodurch größere Katastrophen meistens vermieden wurden.
„Guten Morgen!“, flötete Sanny und lächelte Mia und mich breit an. Die Sonne schien, so wie sie.
„Gut geschlafen?“, fragte Tyke und vergaß dabei nicht, sich die Haare über die Schulter zu werfen.
„Wohl eher gut geweckt“, kicherte Mia. Ich funkelte sie böse an.
„Uh!“, machte Cihil und legte einen Arm um Tykes Schultern, „Was ist passiert?“
„Holly war mal wieder zu dämlich, einen Weckzauber anzuwenden“, erklärte Mia schulterzuckend und setzte sich auf einen der beiden freien Plätze zwischen Sanny und Cihil. Ich setzte mich neben sie.
„Und anstatt mich zu wecken, wie eine normale Magierin, hat sie eine Wasserfontäne über mich vergossen und damit unsere halbe Wohnung versenkt“, erzählte ich den Rest der Geschichte.
Tyke sah Mia genervt an.
„Ich hoffe für...
| Erscheint lt. Verlag | 9.9.2022 |
|---|---|
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Vorlesebücher / Märchen |
| Schlagworte | Adel • Akademie • Elemente • Familie • feuermagier • Freundschaft • Geheimnis • Geheimnisse • Götter • Holly • Internat • Liebe • Magie • Magier • Mia • Natur • Prinzessin • Schloss • Schule • Tradition • Wassermagier • Zauberei • Zaubern |
| ISBN-10 | 3-347-62914-0 / 3347629140 |
| ISBN-13 | 978-3-347-62914-1 / 9783347629141 |
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