Aura von Thalos (eBook)
392 Seiten
tredition (Verlag)
9783347616325 (ISBN)
Britta Heinemeyer wurde 1986 in Gladbeck geboren. Nach dem Abitur zog sie nach Bückeburg, wo sie eine Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin absolvierte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits mehrere Notizbücher mit Ideen und Bruchstücken von Romanen gefüllt. Die Arbeit in der Apotheke ließ ihr jedoch kaum Zeit, an diesen Ideen weiterzuarbeiten. Unzufrieden mit der Situation, entschloss sie sich zu einer Veränderung. 2010 schrieb sie sich an der Ruhr-Universität Bochum für ein Studium der Komparatistik und Medienwissenschaften ein. Gegen Ende des Studiums stellte sie die Rohfassung ihres ersten Romans fertig (dieser wird voraussichtlich Ende 2022 veröffentlicht). Nach dem erfolgreichen Studienabschluss zog sie mit ihrem Mann nach England und lebte dort in der Nähe von Cambridge. Sie überarbeitete den ersten Roman und schrieb zwei weitere Romane, bevor sie sich Ende 2021 dazu entschied, ihre Bücher selbst zu publizieren. Im gleichen Jahr verließen sie und ihr Mann England und wohnen nun in den Niederlanden, wo sie an ihrem nächsten Roman arbeitet.
Britta Heinemeyer wurde 1986 in Gladbeck geboren. Nach dem Abitur zog sie nach Bückeburg, wo sie eine Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin absolvierte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits mehrere Notizbücher mit Ideen und Bruchstücken von Romanen gefüllt. Die Arbeit in der Apotheke ließ ihr jedoch kaum Zeit, an diesen Ideen weiterzuarbeiten. Unzufrieden mit der Situation, entschloss sie sich zu einer Veränderung. 2010 schrieb sie sich an der Ruhr-Universität Bochum für ein Studium der Komparatistik und Medienwissenschaften ein. Gegen Ende des Studiums stellte sie die Rohfassung ihres ersten Romans fertig (dieser wird voraussichtlich Ende 2022 veröffentlicht). Nach dem erfolgreichen Studienabschluss zog sie mit ihrem Mann nach England und lebte dort in der Nähe von Cambridge. Sie überarbeitete den ersten Roman und schrieb zwei weitere Romane, bevor sie sich Ende 2021 dazu entschied, ihre Bücher selbst zu publizieren. Im gleichen Jahr verließen sie und ihr Mann England und wohnen nun in den Niederlanden, wo sie an ihrem nächsten Roman arbeitet.
1
Ich rede mir ein, dass ich nur aufgrund der Kälte dermaßen zittere. Es hat nicht im Geringsten damit zu tun, dass ich in den nächsten Stunden verkauft werde. Mir ist so schlecht wie schon lange nicht mehr, aber ich habe mir geschworen, stark zu bleiben und mir keine Blöße zu geben.
Der Weg zum Marktplatz von Naarel, der Stadt, in der ich mein bisheriges Leben verbracht habe, kommt mir heute wesentlich länger vor als sonst. Vielleicht liegt es an meinen winzigen, unsteten Schritten. Ich halte meinen Blick auf den vereisten Boden vor mir gesenkt. Zum einen will ich auf dem glatten Untergrund nicht wegrutschen, was einen großen Teil meiner Konzentration in Anspruch nimmt. Zum anderen, und das ist der wichtigere Punkt, habe ich keine Lust, in die Gesichter der Menschen zu blicken, die uns auf unserem Weg anstarren. Fenster werden geöffnet, und ich kann mir vorstellen, wie sich die Bewohner von Naarel aus ihnen hinauslehnen, um einen besseren Blick auf uns erhaschen zu können. Sie machen sich nicht die Mühe, ihre tratschenden Stimmen zu senken, sondern kommentieren uns mit einer hämischen Freude, die mir egal sein sollte, es aber nicht ist. Die Verkaufstage lösen in dieser Stadt eine schon fast festtägliche Stimmung aus und sorgen bei denen, die nicht betroffen sind, für gern gesehene Abwechslung zum Alltag.
Ich weiß, dass ich keine Wahl habe, trotzdem würde ich am liebsten davonrennen. Es ist ja nicht so, als wäre ich jemals in meinem Leben frei gewesen. Allerdings bevorzuge ich das bekannte Übel dem Unbekannten, das nun auf mich lauert. Einen Schritt vor den anderen setzen. Später am Tag wird sich die Frostschicht auf dem Boden in zähen Matsch verwandeln, aber noch ist es dafür zu früh, also passe ich weiter auf, wo ich hintrete.
Ich höre Tilly hinter mir schniefen und muss mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass sie weint. Ich kann sie nicht ausstehen, habe in diesem Moment jedoch zum ersten Mal Mitleid mit ihr. Tilly hat die meiste Zeit ihres Lebens damit verbracht, mein Leben anstrengender zu machen. Sie ist hinterhältig und gemein, dennoch habe ich das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen und ihr zu sagen, dass alles nicht so schlimm wird.
Wir haben alle versucht, uns auf diesen Tag vorzubereiten, aber ich bin überzeugt, dass es niemanden in unserer elenden Gruppe gibt, der nicht nervös und unsicher ist.
In ganz Neramah werden Waisenkinder als Sklaven verkauft. Die Jungen mit vierzehn Jahren und die Mädchen mit fünfzehn. Ich habe meine Eltern nie gekannt, da ich als Baby ausgesetzt wurde und dann im Heim aufgewachsen bin. Seit frühesten Kindertagen wusste ich, dass der Tag kommen würde, an dem ich verkauft werde. Ich dachte immer, er wäre weit weg, aber hier bin ich nun. Wenige Schritte von dem großen Holzpodium entfernt, auf dem wir gleich ausgestellt werden. Dasselbe Podium, auf dem an anderen Tagen Tiere zum Verkauf angeboten werden.
Es gibt einen Steckbrief zu jeder von uns, in dem unsere Stärken und Schwächen aufgelistet sind. Wir haben diese nie zu Gesicht bekommen, allerdings kann ich mir denken, was in meinem steht. Ich bin nicht gerade für Folgsamkeit und Höflichkeit bekannt. Dafür kann ich mir gut Dinge merken und bin ausdauernd, aber ich glaube kaum, dass diese Eigenschaften meine negativen ausbügeln können.
Yvon war stark. Viel stärker als die meisten anderen Jungen, die mit ihm zusammen verkauft wurden. Eigentlich hätten sie mir nicht erzählen dürfen, wo er gelandet ist, aber ich habe damals keine Ruhe gegeben. Yvon und ich haben so gut wie keine Chance, uns jemals wiederzusehen. Ich musste nur wissen, wo er war. Sie hatten ihn an einen der Schiffsbauer verkauft, also war er nach Lumios gezogen, und nun lag das halbe Land zwischen ihm und mir. Seit einem Jahr habe ich nichts von ihm gehört. Ein stilles Jahr, in dem die Frage an mir nagte, was genau zwischen Yvon und mir eigentlich ist. Wir sind beste Freunde gewesen, all die Jahre, die wir zusammen im Heim gelebt und überlebt haben. Das wäre immer noch so, wenn da nicht die Ereignisse in der letzten Nacht gewesen wären, bevor er verkauft wurde.
Nel vor mir hält an, und ich muss aufpassen, nicht in sie hineinzulaufen. Der abrupte Stopp lenkt meine Gedanken von der Vergangenheit auf das Geschehen um mich herum. Wir sind am Podium angekommen, und eine nach der anderen klettern wir empor. Das Konstrukt unter meinen Füßen weist deutlich Spuren von Blut und anderen Körperflüssigkeiten auf, die das Holz überziehen. Ich versuche mich daran zu erinnern, wann das Podium das letzte Mal komplett erneuert wurde, um nicht über den Verkauf nachdenken zu müssen. Mein Gedächtnis gibt mir jedoch keine Antwort, sosehr ich auch darin grabe, was ungewöhnlich ist, weil ich mir sonst immer alles merken kann. Aber heute ist eben nichts normal.
Wir stellen uns in mehreren Reihen auf, wobei ich etwa in der Mitte der Plattform lande. Ich habe mir vorgenommen, gerade zu stehen, so stolz ich kann, und meinem Schicksal mutig entgegenzublicken. Der Wind bläst allerdings scharf und eisig, sodass ich die Schultern anziehe und meinen Kopf, soweit es geht, in meinem Halstuch verstecke. Wir finden nicht alle einen Platz, daher müssen etliche Mädchen in der Reihe darauf warten, aufrücken zu können, sobald eine vom Podium verkauft wird.
Vor uns hat sich bereits eine große Menschenmenge versammelt. Zu den potenziellen Käufern haben sich die schaulustigen Bewohner gesellt, um nichts von dem Spektakel zu verpassen. Es ist laut und in der Menge herrscht eine ausgelassene Stimmung. Ich versuche über die Köpfe hinwegzusehen und zu ignorieren, dass ich angestarrt werde. Ein schlaksiges Mädchen mit struppigen, blonden Haaren und dunkelgrauen Augen, die einem Himmel voller Sturmwolken ähneln. Zumindest ist das die Beschreibung von Yvon.
Ich bete darum, dass ich in dieselbe Stadt wie er verkauft werde. Dann hätte ich eine winzige Chance, ihn wiederzusehen. An diesen Gedanken klammere ich mich fest, als ginge es um mein Leben.
Im Vergleich zu den Verkäufen der letzten Jahre sind wir eine große Gruppe, weswegen die Käufer sich Zeit lassen können und nicht das erstbeste Mädchen nehmen müssen, auf das ihr Blick fällt. Sie sehen sorgfältig die Papiere durch und kommen aufs Podium, um uns genau in Augenschein zu nehmen. Also, die anderen Mädchen. Mich sieht keiner der Käufer an, was mich nicht verwundert.
Es sind etwa zwei Stunden vergangen, als eines der Mädchen hinter mir versucht zu fliehen. Ich kann schnelle Schritte übers Holz und direkt darauf laute Rufe hören. Instinktiv schließe ich die Augen. Jede von uns weiß genau, was passiert, wenn man etwas Derartiges versucht. Es gibt genug Erzählungen darüber, und ich habe es selbst vor einigen Jahren erlebt, als Yvon und ich uns den Verkauf im Sommer angesehen haben. Ich will gar nicht wissen, wer dumm genug war, einen Fluchtversuch zu wagen. Ich kann die Schreie in der Menge hören und dann ein schrilles und kaum mehr menschliches Aufheulen. Natürlich wurde sie erwischt, schließlich ist noch nie jemand entkommen. Und selbst wenn, wo sollten wir auch hin? Niemand würde uns aufnehmen, und ohne Herrn sind wir vogelfrei.
Ich kneife die Augen weiterhin zusammen. Traurigerweise kann ich mir genau ausmalen, was gerade passiert. Sie werden ihr eine Schlinge um den Hals legen und an der Mauer hinter uns hochziehen, bis ihre Hände aufhören, panisch an dem Seil zu zerren, und ihre Füße nicht mehr zucken. Ein weiteres Mädchen, das als Abschreckung für alle anderen dient. Erst als ich sicher bin, dass es vorüber ist, öffne ich die Augen wieder. Ich werde mich nicht umdrehen. Ich werde nicht nachsehen, welche von uns es ist. Stattdessen starre ich weiter geradeaus, über die Menge hinweg, und versuche, meinen verkrampften Magen zu beruhigen und den Schmerz in meinem Inneren zu unterdrücken. Der Verkauf geht nach dem Vorfall normal weiter, als wäre nichts geschehen.
Nach etlichen Stunden ist es mir fast egal, wer mich kauft, solange ich nur endlich hinunterdarf, um mich irgendwo zu wärmen, meine Blase zu leeren und etwas zu essen. Mein Magen knurrt mittlerweile laut und vernehmlich. Während um mich herum die Mädchen verkauft werden, stehe ich immer noch an derselben Stelle wie zu Beginn. Meine Nase gleicht einem Eiszapfen und meine Finger sind schon lange taub. Ich habe Geschichten von Mädchen gehört, die niemand haben wollte und die dann im Freudenhaus gelandet sind. Ich versuche, nicht darüber nachzudenken. Ganz gelingt es mir nicht.
Die Zuschauerzahl hat sich merklich verringert. Dadurch fällt der Krieger, der sich seinen Weg über den Platz sucht, umso mehr auf. Ich kann keine Waffe an ihm sehen, aber das macht ihn nicht weniger respekteinflößend. Seine weiße Maske glänzt hell im Licht der frühen Nachmittagssonne, lässt ihn fast ein wenig unmenschlich wirken. Er überragt die meisten anderen um mindestens eine Kopflänge, fast schon zwei. Ich habe bisher kaum Krieger gesehen, allerdings kennt jedes Kind die Geschichten über die außergewöhnlich...
| Erscheint lt. Verlag | 17.8.2022 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Aura von Thalos | Aura von Thalos |
| Mitarbeit |
Sonstige Mitarbeit: Carolin Ruthenbeck Cover Design: Mink - the Drawing Researcher |
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Vorlesebücher / Märchen |
| Schlagworte | Abenteuer • Aufgabe • Bibliothek • Fantasy • Freundschaft • High-Fantasy • Sklavin |
| ISBN-13 | 9783347616325 / 9783347616325 |
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