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Die verlorenen Pferde der grünen Insel (eBook)

Rasantes Leseabenteuer in Irland

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
272 Seiten
Thienemann Verlag GmbH
978-3-522-62177-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die verlorenen Pferde der grünen Insel -  Astrid Frank
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Tiefgründiger Coming-of-Age-Roman für Mädchen ab 12, der auf einem Pferdeschutzhof in Irland spielt. Lea verbringt die Sommerferien bei einem Freund ihrer Mutter in Irland. Dort mitten in der Natur, ohne WLAN und Fernseher, verarbeitet Lea in Briefen die Erlebnisse, die sie beschäftigen: die Trennung ihrer Eltern, der Unfall ihrer besten Freundin. Als sie auf einem Spaziergang ein verwahrlostes, halb verhungertes Pferd sieht, engagiert sich Lea für den Vierbeiner. Nach einer schwierigen Einfangaktion kümmert sie sich auf dem benachbarten Pferdeschutzhof um 'ihren' Beó. Ihm und den anderen Tieren zu helfen, bestärkt Lea in ihrem Wunsch, Tierärztin zu werden. Beó ist auch, der Lea an ein Studium in Irland denken lässt. Oder hat das mit Sean, Sohn der Hofbesitzerin, zu tun, in den sich Lea auf der grünen Insel verliebt?

Astrid Frank,1966 in Düsseldorf geboren, studierte Germanistik, Biologie und Pädagogik. Sie war als Lektorin und Übersetzerin in mehreren und für mehrere deutsche Verlage tätig und machte außerdem eine Ausbildung zur 'Zoobegleiterin des Kölner Zoos'. Nach dem Studium arbeitete sie für ein halbes Jahr in einer Buchhandlung und beleuchtete das Medium Buch damit von einer weiteren Seite. Seit 1998 schreibt sie Geschichten (für Kinder und Jugendliche). Mehrere ihrer Bücher wurden mit Preisen ausgezeichnet und in andere Sprachen übersetzt. Astrid Frank lebt mit Mann, zwei Söhnen und Hund Aimee in Köln.

1


Möge der neue Tag sich im Einklang mit dir treffen

Irischer Segenswunsch

Wolken.

Weiß, weich, wattig.

Als Kind hatte sie sich immer vorgestellt, die Wolken bestünden aus Zuckerwatte und sie könne sich aus dem Fenster des Flugzeugs mitten hineinfallen lassen. Ihr Körper würde sanft abgefedert und sie läge wie in einem weichen Bett und bräuchte nur den Mund zu öffnen, um den süßen Schmelz auf ihrer Zunge zu schmecken. Irgendwie war ihr damals alles leicht und weich und gut vorgekommen.

Wie sehr man sich irren konnte.

Heute wusste sie, dass nichts ihren Fall bremsen, geschweige denn sacht abfedern würde, wenn sie sich aus dem Flugzeugfenster fallen ließe. Davon abgesehen, dass sie da gar nicht durchpasste (und wenn doch bei etwa minus fünfzig Grad natürlich sofort schockgefrostet wäre).

Wie schön müsste es sein, noch einmal so unbeschwert und positiv gestimmt all die Dinge um sich herum wahrnehmen zu können, wie sie es damals mit sechs oder sieben Jahren gekonnt hatte. Oder vor einem Dreivierteljahr, als ihre Mutter neben ihr im Flieger gesessen hatte: gut gelaunt und lachend. Wie immer perfekt gestylt, das blonde lange Haar glänzend, die jugendliche Figur in einer schmalen Jeans, sonnengebräunte Haut, die von dem ärmellosen weißen Top besonders betont wurde. Klackernde Armbänder um das zierliche Handgelenk und ein frischer Duft, der sie unaufdringlich umwehte. Für Lea war dieser Duft gleichzusetzen mit dem Geruch ihrer Mutter – obwohl sie wusste, dass er von dem Parfüm herrührte, das Mum benutzte, seit Lea denken konnte. Denken und vor allem riechen. Damals waren sie erholt vom zweiwöchigen Urlaub zurück nach Hause geflogen. Leas Eltern Händchen haltend wie Frischverliebte.

Zumindest war es Lea so vorgekommen. Den gesamten Urlaub hatte sie in guter Erinnerung. Sonne, Strand und das schicke Hotel. Abends mit Mum und Dad auf dem Balkon, beide ein Glas Wein in der Hand und glücklich miteinander lachend, während sie alle drei aufs offene Meer hinausblickten und den fast schon kitschigen Sonnenuntergang beobachteten.

Hätte sie nicht damals schon etwas merken müssen?

Und wenn ja – hätte das etwas geändert?

Hätte sie, Lea, etwas ändern können?

Lea schüttelte den Kopf.

Nein.

Nichts. Gar nichts konnte sie ändern. Weder damals noch heute. Sie hatte genau null Komma null Einfluss auf das, was geschah. So einfach war das.

Punkt.

Ein warmes Gefühl durchströmte Lea, während sie an ihre Mutter dachte. An ihr Bild vorhin am Flughafen, als sie Lea hinterhergewinkt hatte. Tapfer lächelnd, aber mit dunklen Ringen unter den müden, ungeschminkten Augen. Die Haare strähnig, ungewaschen und ohne jeden Glanz. Vollkommen schmucklos. Ohne jegliches Geklimper. Aber immer noch mit ihrem Duft.

Lea schluckte schwer. Sie wandte den Kopf und blickte aus dem Fenster.

Die Wolken kamen näher. Das Flugzeug setzte bereits zur Landung an. Lea spürte den zunehmenden Druck auf ihren Ohren und das unsanfte Rütteln des Flugzeugs, während es durch die Wolkendecke sackte.

Was ihr damals wie eine süße Verlockung erschienen war, entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als mikroskopisch kleine Wassertropfen. Besser bekannt als Regen oder Schnee. Oder im schlimmsten Fall als zerstörerischer Hagel.

Von wegen watteweich.

Lea folgte einfach der Menschentraube. Menschen waren auch nichts anderes als Schafe, die alle hintereinander hertrotteten und das taten, was alle anderen taten. Aber die Schwarmintelligenz führte sie immerhin wie erwartet zur Gepäckausgabe. Auf der Suche nach der Busstation konnte ihr die allerdings nicht weiterhelfen. Da war sie ganz auf sich allein gestellt. Das leichte Herzklopfen, das sie an der Passkontrolle bekommen hatte, ebbte allmählich wieder ab, während sie ihre Dokumente sorgsam zurück in die Tasche steckte. Es war das erste Mal, dass sie ohne ihre Eltern im Ausland unterwegs war. Und was hätte sie tun sollen, wenn der Zollbeamte, der ihren Ausweis kontrollierte, sich nicht mit der Einverständniserklärung ihrer Mutter, dass Lea alleine reisen durfte, zufriedengegeben hätte?

Jetzt blickte Lea sich suchend um. Flughäfen sahen irgendwie überall gleich aus. Und nachdem sie die Busstation gefunden hatte, wusste sie, dass auch diese sich nicht wesentlich von anderen unterschied, die sie zuvor gesehen hatte. Nur dass hier mehr Doppeldecker unterwegs waren.

Der 761 stand bereits abfahrbereit an der Haltestelle.

Grün. Alles hier war grün. Hellgrün, dunkelgrün, gelbgrün, braungrün, türkisgrün. Grün in allen Schattierungen. Zumindest, seit sie aus Dublin heraus war. Wäre es ihr nicht schon vorher klar gewesen, spätestens jetzt hätte Lea begriffen, warum Irland auch »die grüne Insel« genannt wurde.

Kleine Ortschaften. Und noch kleinere.

Kühe auf einer Weide.

Grasende Pferde.

Streunende Hunde am Wegesrand.

Verfallene Steinhäuser, die von der Natur Stück für Stück zurückerobert wurden.

Regentropfen prasselten gegen die Scheiben des Busses und ließen Leas Blick verschwimmen. Der graue Himmel wollte nicht recht zum Datum passen. Schließlich sollte es Mitte Juli die meisten Sonnenstunden und den geringsten Niederschlag geben. Aber in Irland galt diese Regel wohl nicht.

Dafür passte das Wetter ganz hervorragend zu ihrer Stimmung.

Lea seufzte und lehnte die Stirn an das kühle Glas. Das würden die schlimmsten Sommerferien ihres Lebens werden. Ganz bestimmt. Eigentlich sollte sie ihrer Mutter eine Nachricht senden, dass sie gut gelandet war und bereits im Bus saß. Aber irgendwie hatte sie keine Lust dazu. Noch nicht. Sie würde ihr Bescheid geben, wenn sie wirklich angekommen war.

Lea zuckte zusammen und schnappte nach Luft. Jetzt war sie tatsächlich eingeschlafen und hatte geträumt. Im Urlaub war sie gemeinsam mit ihren Eltern schnorcheln gewesen. Sie erinnerte sich gut an diese beeindruckende Unterwasserwelt, die vielen und zum Teil bunten Fische, die fantastischen Meerespflanzen, die sich in der Bewegung des Wassers sanft hin und her wiegten. Soweit hatte ihr Traum der Realität entsprochen. Doch dann wurde sie plötzlich von einer Riesenmuräne unter Wasser gezogen und um Luft ringend war sie aufgewacht.

In letzter Zeit hatte sie häufiger solche Träume. Immer war da etwas, das ihr die Luft zum Atmen nahm.

Lea blickte sich unauffällig um, ob einer ihrer Mitreisenden etwas bemerkt hatte. Aber alle starrten entweder aus dem Fenster oder auf ihr Smartphone. Oder sie hatten die Augen geschlossen.

Lea tastete nach ihrem Handy. Noch eine knappe halbe Stunde Fahrt lag vor ihr. Zwei Stunden Flugzeit für 1000 Kilometer. Und nun drei Stunden mit dem Bus für 200 Kilometer. In Galway würde Schorsch sie abholen.

Was er wohl für ein Typ war?

Er war groß. Sehr groß. Und dünn. Sehr dünn. Und er verzog das Gesicht zu einem breiten Grinsen, als er sie sah.

»Du siehst genauso aus wie deine Mutter, als sie so alt war wie du, nur deine Haare …«, er fasste sich an seinen eigenen langen Schopf, den er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, »… sind ein bisschen kürzer.«

Lea grinste verlegen und strich sich ebenfalls über ihre raspelkurzen Haare. Sollte sie Schorsch erzählen, dass ihre Haare vor zwei Wochen noch bis zur Taille gereicht hatten?

Bevor sie eine Entscheidung treffen konnte, war der Moment schon wieder vorbei. Schorsch griff nach ihrem Trolley und deutete voraus auf einen alten rostigen Pick-up, der am Straßenrand stand. Der Lack des Wagens (natürlich grün, was sonst) sah aus, als hätte Schorsch ihn selbst angepinselt. Und zwar mit Wandfarbe: Er war matt und an manchen Stellen dicker als an anderen.

Die schwere Autotür quietschte, als Lea sie zu sich heranzog, und Lea hätte sich nicht gewundert, wenn sie einfach abgefallen wäre. Aber der Motor startete mit einem satten zufriedenen Brummen.

»Du musst müde sein«, stellte Schorsch fest, den Blick auf die Straße gerichtet. »Seit wann bist du jetzt unterwegs?«

Lea überlegte. Ihre Mutter hatte sie um sieben Uhr geweckt. Um halb neun hatten sie sich auf den Weg zum Flughafen gemacht. Und jetzt war es kurz nach siebzehn Uhr. »Achteinhalb Stunden ungefähr«, antwortete sie schließlich.

»Dann bist du bestimmt froh, wenn wir endlich da sind«, entgegnete Schorsch. »Ohne Zwischenfälle dauert die Fahrt nicht länger als eine gute halbe Stunde, also lass uns hoffen …«

Ohne Zwischenfälle? Was denn für Zwischenfälle? Lea schluckte. Mindestens eine weitere halbe Stunde Fahrt lag also noch vor ihr. Damit hatte sie nicht gerechnet. »Ich dachte, du wohnst hier?«

»In Galway meinst du?«, fragte Schorsch und setzte den Blinker. »Nein. Galway ist die nächstgrößere Stadt, aber ich wohne etwas außerhalb.«

Etwas?

Außerhalb?

Lea schwieg und blickte aus dem Fenster. Wie weit außerhalb ging es denn noch? Sie kam sich jetzt schon vor, als wäre sie am Ende der Welt gelandet.

Das Ende der Welt.

Worauf hatte sie sich hier nur eingelassen? Als Mum ihr den Vorschlag unterbreitet hatte, die Sommerferien in Irland zu verbringen, war Lea die Idee gar nicht so schlecht vorgekommen. Oder zumindest war ihr keine Alternative eingefallen. Alles...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Coming-of-age • Elena • Irland • Jugendbuch ab 12 • Liebe • Nele Neuhaus • Pferd • Pferdeschutzhof • Tierrettung
ISBN-10 3-522-62177-8 / 3522621778
ISBN-13 978-3-522-62177-9 / 9783522621779
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