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Das Leben spielt hier (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019
160 Seiten
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
978-3-446-26542-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Leben spielt hier - Sandra Hoffmann
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Pe und Ona auf dem Weg zu sich selbst. Die Geschichte einer großen Liebe - intensiv erzählt von Sandra Hoffmann
Als Ona ihn zum ersten Mal sieht, weiß sie es schon. Da ist etwas in seinen Augen, das trifft sie mitten ins Herz. Unbedingt kennenlernen möchte Ona diesen schmalen, schweigsamen Jungen mit der Narbe am Kopf, der ganz anders ist als die übrigen Surfer-Typen am Strand. Als sie sich später wieder begegnen, werden Ona und Pe ein Paar. Es ist das erste Mal, dass sie sich einem anderen Menschen so anvertrauen, ihm von ihrem Schmerz und ihrem Verlust erzählen. Ona, die ihre Mutter verloren hat, und Pe, der im Gegensatz zu seinem Bruder den Autounfall überlebt hat. Sich öffnen macht verwundbar, bedeutet aber auch Heilung. Sandra Hoffmann schreibt mit beeindruckender erzählerischer Kraft von der ersten großen Liebe.

Sandra Hoffmann, 1967 geboren, lebt als freie Schriftstellerin in München. Sie unterrichtet kreatives & literarisches Schreiben u.a. für das Literaturhaus München und an Universitäten. Außerdem schreibt sie für das Radio und für Zeitungen. Und sie surft. Für ihren Roman Was ihm fehlen wird, wenn er tot ist (Hanser Berlin, 2012) erhielt sie den Thaddäus-Troll-Preis, für ihren letzten Roman Paula (Hanser Berlin, 2019) den Hans-Fallada-Preis. Das Leben spielt hier ist ihr erstes Jugendbuch (Hanser, 2019).

1


Wenn sie balzen, zeigen die Männchen ihre Füße her, sagt Ona. Und wer die blausten hat, gewinnt.

Wie gewinnt? Fragt Pe und schaut dabei seine eigentlich ziemlich braunen an und wie sie neben den etwas helleren von Ona von der Schlossmauer hinabbaumeln.

Den nimmt die Blaufußtölpelin dann eben. Sagt Ona.

Wegen der Füße? Fragt Pe.

Wegen der schönen Füße. Sagt Ona.

Sie streckt ihre Beine, und Pe mag, dass sie nicht so lang und dünn sind, sondern eher ein bisschen muskulös und kräftig. Und wie die sehr braunen Fesseln jetzt unter ihren weiten Hosen hervorschauen, das sieht gut aus.

Die Frauen entscheiden. Sagt Ona und lacht.

Wie bei uns. Sagt Pe. Er legt seine Hand auf Onas Oberschenkel, und Ona denkt, dass sie leicht ist, leichter, als man denkt, dass eine Hand ist.

Gar nicht. Sagt sie, weil einer alleine kann nicht entscheiden.

Doch, sagt Pe, du hast mich ausgesucht.

Und du hast mich nicht gewollt, sagt Ona.

Nein, ruft Pe so laut, dass Ona lachen muss, und Pe lacht auch und schüttelt so sehr seinen Kopf, dass der Ansatz der Narbe ein wenig hervorblitzt unter seinen blonden Haaren, aber nur einen kurzen Augenblick. Dann nimmt er seine Hand von Onas Bein und streicht sich das Haar mit dem Handballen wieder aus der Stirn. So, dass man nichts mehr von ihr sieht.

Ich hab dich nur gar nicht wahrgenommen, zuerst. Sagt Pe. Weil. Dann macht er eine Pause, und Ona versteht es und sie will nicht, dass Pe sich für etwas entschuldigt, wofür er sich nicht entschuldigen muss. Ich weiß doch, sagt sie. Und sie nickt, weil sie immer nickt, wenn Pe das sagt.

Es ist ein Spiel geworden. Wenn jemand sie beide fragt, wie sie zusammengekommen sind, dann erzählt Ona die Geschichte vom Surferjungen am Meer. Und Pe die von einem Jahr später aus dem Park. Und wie er Ona sah, die er schon einmal gesehen hatte, und dass er es plötzlich wusste: Sie ist es! The one and only. Ona.

Ich habe Hunger, sagt Ona.

Auf was? Fragt Pe.

Nudeln. Sagt Ona. Mit Löchern.

Penne? Fragt Pe.

Ja. Sagt Ona.

Mit Tomatensoße. Sagt Pe.

Oder Carbonara, sagt Ona.

Oder Tomatensoße mit Kapern, sagt Pe.

Oder Carbonara mit Zucchini anstelle von Speck. Sagt Ona.

Oder Tomatensoße mit Anchovis und Zucchini. Sagt Pe.

Oder ohne Tomatensoße, aber mit Zucchini und Anchovis. Sagt Ona. Und Parmesan.

Oke. Sagt Pe. So, wie nur Pe okay sagt, mit k und einem e, das länger ist als nötig, aber gut klingt. Und dann sagt er noch ›yeah!‹. Weil so ist es oft, dass sie zuerst ganz unterschiedliche Sachen essen wollen, aber am Ende doch irgendwie das Gleiche.

Und also sagt Ona jetzt auch ›oke‹, und beim langen ›e‹ springt sie von der Mauer hinab zu ihren Turnschuhen, die neben den Espandrilles von Pe stehen. Blau neben Rosa. Und Pe springt ihr hinterher.

Bei Kriedel im Buchladen brennt auch am helllichten Tag Licht, und als Pe den Kopf zur Ladentür hineinstreckt, dingelt das Glöckchen. Kriedels Kopf erscheint im Rahmen zum grünen Zimmer. Ein hellgrauer kurzer Haarschopf über einer hohen Stirn. Hinter den Gläsern seiner Brille blitzen seine Augen, und als er Pe erkennt, fältelt sich die Haut um die Augen. Pe sieht, dass er sich freut. Und er freut sich, wenn Kriedel sich freut, weil Kriedel ist cool. Oder vielleicht auch das Gegenteil davon. Kriedel ist entspannt und schlau und so weiter. Und wenn Kriedel etwas gefällt, leuchten seine Augen, als seien es Edelsteine, sie glitzern ein bisschen, wie Weißwasserwellen in der Morgensonne, so ungefähr, aber Pe denkt, dass das vielleicht auch nur deshalb so ist, weil man die Zähne von Kriedel sehen kann, wenn er sich freut: sehr weiße Zähne für einen älteren Mann. So alt auch wieder nicht, aber fünfzig, fünfzig ist Kriedel sicher, nicht nur wegen der grauen Haare. Kriedel hat Falten, tiefe Gräben am Mund entlang, eine steile Furche zwischen den Augen und ziemlich viele von diesen Sonnenstrahlen rechts und links der Augenwinkel. Mehr als sein Vater, mehr als seine Mutter, viel mehr, das hat Pe schon mehrfach verglichen. Und die sind auch fast fünfzig. Also ist Kriedel vielleicht noch ein bisschen älter, aber gefragt hat Pe ihn nie. Trotzdem. Im Kopf ist Kriedel kein bisschen alt.

Hey, sagt Kriedel, jetzt schon? Und dann steht er bereits in der Tür zum grünen Zimmer und schließlich vor Pe, der immer noch in der Ladentür steht, weil Ona steht auf der Straße, und sie hat Hunger.

Nein, nein, sagt Pe, ich wollte nur fragen: Klappt das heute Abend?

Natürlich, sagt Kriedel. Und dann sieht er Ona. Da ist ja die Lady! Sagt Kriedel, und es ist nicht zu übersehen, dass Kriedel auch Ona gernhat. Manchmal ist Pe deshalb eifersüchtig. Kriedel will nichts von Ona. Kriedel ist wenigstens dreißig Jahre älter als sie. Trotzdem. Ona mag Kriedel auch. Eigentlich ist alles gut. Wichtig ist nur, dass Kriedel ihn, Pe, am liebsten mag. Keine Ahnung wieso.

Ona steht jetzt hinter Pe, und Pe dreht sich um, er legt ihr kurz den Arm um die Schulter.

Dann komm ich so um elf Uhr heute Abend?

Kannst auch schon um halb elf kommen. Sagt Kriedel.

Kommt noch wer? Fragt Pe.

Ich weiß es nicht. Sagt Kriedel. Basti vielleicht.

Basti wäre okay. Denkt Pe.

Dann können wir jetzt endlich kochen. Sagt Ona, und sie legt ihren Arm um Pes Oberkörper, und Pe spürt ihre Brust an seinem Rücken und Onas warmen Körper an seinem.

Kriedel winkt, als Ona Pe an der Hand nimmt und auf die Straße zieht.

Bis später, ruft Pe.

Und Ona winkt mit links.

Was ist denn das?, fragt Pe, als Ona das Fenster zum Garten öffnet und draußen auf der Fensterbank dieses merkwürdige Häufchen liegen sieht.

Gewölle, sagt Ona, von Feirefiz, manchmal kotzt er das aus. Ona atmet einmal kräftig ein, dann bläst sie den Knuddel mit einem Atemstoß vom Fensterbrett.

Pe kennt sich nicht aus mit Katzen. Onas Kater ist die erste Katze, die Pe näher kennenlernt. Er sieht so buntscheckig und wild aus, als sei er eine Mischung aus allen nur möglichen Katzen dieser Welt. Eigentlich war er der Kater von Onas Mama. Und er heißt Feirefiz, wie der Halbbruder von Parzifal aus so einem alten Roman, weil sie den sehr geliebt hat. Wenn Ona nach Hause kommt, kommt auch Feirefiz nach Hause, und das hört man schon lange davor. Irgendwo draußen im Garten maunzt oder ruft oder schreit der Kater so laut, dass ihn keiner überhören kann. Dann springt er mit einem Satz auf die Fensterbank. Er ignoriert Pe, wirft sich mit den Flanken gegen Ona, die sich zu ihm hinabbeugt und ihn so sehr wuschelt, dass der Kater sich sofort auf den Rücken schmeißt und schnurrt. Für Pe interessiert sich der Kater erst später am Abend. Erst dann, wenn er bemerkt, dass Pe bei Ona bleiben wird, dass Ona nicht alleine schlafen wird. Dann wirft sich Feirefiz aufs Bett. Wenn Pe sich neben ihn legt, streckt sich der Kater lang aus und seine Krallen tun das auch. Wenn Ona sich ihm nähert, schnurrt er wie ein kleiner Motor.

Ona stellt einen Wassertopf auf den Herd, erst danach holt sie das Futter für Feirefiz aus dem Kühlschrank. Seit er hereingekommen ist, streicht er um Onas Beine, und dabei reden Ona und der Kater, als sei Pe gar nicht da. Und Pe mag das.

Feire, alles gut? Fragt Ona, und Feirefiz macht ein Geräusch, das nur ›ja‹ heißen kann.

Und Ona sagt: Dann ist gut! Aber musst noch warten, sagt Ona, und der Kater guckt an ihr hoch, und Pe denkt, jetzt nickt er, aber das kann auch Interpretation sein. Und dann mischt Ona ihm gekochte Erbsen unters Futter und sagt: Das sieht nicht nur schön aus, es ist auch gesund.

Und der Kater macht wieder so einen Maunzton.

Und so geht es weiter, bis Feirefiz seine Schüssel hingestellt bekommt und Ona ›guten Appetit‹ sagt und der Kater ein Geräusch macht, das hundertprozentig ›danke‹ heißt.

Und Pe lachen muss.

Und Ona muss auch lachen, obwohl sie nicht recht weiß, warum Pe jetzt lacht, aber es ist ein schönes Lachen, das von Pe, und deshalb ist es gut.

Sie holt ihr Smartphone und verbindet es mit dem Lautsprecher, weil es gut ist, wenn Musik läuft beim Kochen. Weil sie das an Mama erinnert und an Papa auch, an zu Hause also, und auch daran, wie es war, bevor Mama nicht mehr da war. Und sie mag es, dass Pe ihre Playlisten liebt, oder genauer, dass er mag, dass sie Playlisten hat für zum Duschen, für zum Frühstück, für wenn’s cool sein soll und für das Gegenteil, für zum Putzen auch und für zum Nachdenken und für zum Nichtsdenken und so weiter. Während Pe vollkommen manisch wochenlang ein Album hören kann, bis...

Erscheint lt. Verlag 23.9.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Buchhändler • Das erste Mal • (Erste) Liebe • Freundschaft • Jugendbuch • Meer • Reise • Sommer • Sonne • Surfen • Toleranz • Trost • Unfall • väterlicher Freund • Verlust • Vertrauen • Wellenreiten
ISBN-10 3-446-26542-2 / 3446265422
ISBN-13 978-3-446-26542-4 / 9783446265424
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