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Rabenherz und Eismund (eBook)

Magische und märchenhafte Romantasy

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
544 Seiten
cbj Kinder- & Jugendbücher (Verlag)
978-3-641-22703-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rabenherz und Eismund -  Nina Blazon
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Romantische Fantasy in traumhaft schöner Welt
Das Land über dem gefrorenen Himmel hat Mailin bisher für ein schönes Märchen gehalten, mehr nicht. Als eines Tages ihre Freundin Silja angeblich ins Reich des Winterkönigs entführt wird, macht die unerschrockene Mailin sich auf einen gefährlichen Weg. Toma aus dem Clan der Elchreiter und Birgida, selbst eine Gefangene des Winterkönigs, helfen ihr, sich in dessen Schloss einzuschleichen - doch was hat es mit dem rätselhaften Eisprinzen auf sich, den sie in einem geheimen Trakt entdecken und den sie alle drei aus ihren Träumen kennen?

Nina Blazon, geboren in Koper bei Triest, las schon als Jugendliche mit Begeisterung Fantasy-Literatur. Selbst zu schreiben begann sie während ihres Germanistik-Studiums. Ihr erster Fantasy-Jugendroman wurde mit dem Wolfgang-Hohlbein-Preis und dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. Seither haben Nina Blazons Bücher zahlreiche Preise erhalten, darunter 2016 den Seraph für »Der Winter der schwarzen Rosen«. Die erfolgreiche Kinder- und Jugendbuchautorin lebt in Stuttgart.

Die raunenden Ranken


Seit Kapitän Santalnik den letzten Eiswinter mit sich genommen hatte, wucherte der Wald hinter der Stadt von Jahr zu Jahr wilder. Die Frauen, die Birkenzweige für das Fest schnitten, mussten sich den Weg durch tief hängende Würgeranken bahnen. Der Pfad, der vom Waldrand zum Wasserfall führte, war in diesem Sommer zugewachsen und auch die kleinen Steinfiguren am Fuß der Weide – Schutzheilige der Wälder – waren unter Gestrüpp und Blättern verborgen. Die drei Statuen waren nur noch Relikte einer vergangenen Zeit, die Stadtbewohner glaubten schon längst nicht mehr an sie – nur Mailíns Schwester Rún liebte die Steinfrauen ebenso sehr wie die Märchen, die von diesen Feen erzählten. Auch heute stellte sie ihren Korb ab und zupfte vorsichtig die Spinnweben von den Gesichtern. Zum Vorschein kamen verwitterte Züge, die Regen und Wind im Lauf von Jahrhunderten glatt geschliffen hatten. Und dennoch waren Rúns Hände so behutsam, als wären die Figuren lebendig. Mailín musste lächeln, als sie beobachtete, wie ihre jüngere Schwester auch noch eine Birne aus ihrem Korb holte und die Frucht ins Moos bettete. »Hast du auch eine Gabe für die Feen, Mailín?«

»Nein.« Mailín löste ihre Sichel vom Gürtel. »Ich könnte ihnen auf dem Rückweg höchstens eine Nachtlilie hinlegen.«

Rún runzelte die Stirn. »Du willst wirklich zum Wasserfall? Wieso schneidest du nicht einfach rote Sternblumen? Die sehen in den Haarkränzen viel schöner aus und wachsen auch hier am Bach.«

»Lovis braucht blaue Blumen. Nachtlilien haben die Farbe des Meeres.«

Rún kaute auf ihrer Unterlippe herum, als würde sie angestrengt nachdenken. Offenbar über etwas, das ihr Sorgen machte. Allerdings machte sie sich ohnehin ständig über alles und jedes Sorgen. Doch plötzlich nickte sie, als hätte sie insgeheim einen Entschluss gefasst, der sie viel Mut kostete. »Dann komme ich mit!«

Mailín lachte auf. »Du willst freiwillig ins Unterholz?«

»Was ist daran so lustig?«, erwiderte Rún gekränkt. »Ich will auch eine Lilie für meinen Kranz haben.« Sie sprang auf und strich sich den Rock glatt. Es war der einzige, den sie besaß. Er war schon etliche Male geflickt worden, was auch daran lag, dass er früher Mailín gehört hatte. Doch Lovis hatte die Risse geschickt unter so kunstvollen Stickereien verschwinden lassen, dass das ärmliche Kleidungsstück sogar ein wenig an ein Tanzkleid erinnerte. In der Mittagssonne, die ihre Lichtfinger gerade durch die Baumkronen streckte, leuchteten die gelben Fäden der Stickereien ebenso golden wie Rúns feines, glattes Haar.

»Bleib lieber hier bei den anderen, Rún. Der Weg ist zugewuchert und sicher auch schlammig.«

»Das macht nichts. Ich binde mir den Rock hoch.«

»Da werden sich die Stechmücken freuen! Am Wasserfall leben außerdem Martiskatzen. Willst du nicht lieber zu deinen Freundinnen zurückgehen? Die Lilie bringe ich dir mit, versprochen.«

Bei der Erwähnung der Martiskatzen war Rún blass geworden, aber zu Mailíns Erstaunen schüttelte sie beharrlich den Kopf. »Ich will mitkommen!«

»Und wenn du auf halbem Weg Angst bekommst? Dann muss ich ohne Lilien mit dir zurücklaufen und Lovis zahlt mir keinen Lohn.« Noch während sie sprach, tat Mailín ihr barscher Tonfall bereits leid, denn Rún sah aus, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen.

»Du willst mich wohl um jeden Preis loswerden«, sagte sie gekränkt.

Nein, nur alleine sein, dachte Mailín. Sie rang sich ein Lächeln ab. »Natürlich nicht, Floh.« Doch wie immer spürte Rún auch jetzt die kleinste Schwingung eines falschen Untertons. Mailín machte sich schon auf Tränen gefasst, aber heute überraschte ihre empfindsame kleine Schwester sie ein zweites Mal. »Ach so!« Ihre grünen Augen blitzten auf. »Du triffst dich beim Wasserfall heimlich mit Joun, oder?«

Mailín seufzte. Das war das Schlimme am Leben in ihrer Stadt: Jedes Haus und jede Straßenecke hatten Augen und Ohren. Und der Wind, der durch die Gassen Falúns strich, hatte Flüsterstimmen, die alles zu ganz neuen Geschichten verdrehten. »Warum sollte ich mich heimlich mit ihm treffen, wenn ich ihn jeden Tag bei der Arbeit in der Schmiede sehe?«, sagte sie verärgert. »Was habt ihr neuerdings nur alle mit Joun und mir?«

Rún grinste wie eine Fledermaus und hob vielsagend die Augenbrauen. »Sieht doch jeder, dass er in dich verliebt ist. Und du bist ständig mit ihm unterwegs.«

»Wenn es danach geht, mit wem ich ständig unterwegs bin, müssten sich die Leute eher über Pjott und Kerem die Mäuler zerreißen.«

»Aber Leen sagt, sie geht jede Wette ein, dass ihr noch in diesem Dezember heiratet …«

»Ich werde weder in diesem noch im nächsten Winter heiraten!«

»Du willst wirklich bis zum übernächsten Jahr warten? Dann bist du neunzehn und steinalt.« Rún kicherte los, als sie Mailíns entgeistertes Gesicht sah.

»Wenn du unbedingt mitkommen und mir auf die Nerven gehen willst, hör wenigstens auf, Unsinn zu reden«, sagte Mailín verärgert und schlug den Weg bachaufwärts ein.

»Jetzt werde doch nicht gleich wieder wütend!«, rief Rún ihr lachend hinterher. »Warte! Du hast dein Haarband verloren.«

Statt einer Antwort fasste Mailín ihre krausen Locken genervt im Nacken zusammen und stopfte sie unter den Kragen ihrer Lederweste, während sie weitereilte.

Aber ihre Schwester holte sie ein und hielt sie zurück. »Doch nicht so!« Mit geschickten Fingern flocht sie Mailíns Mähne zu einem armdicken, zerzausten Zopf. Als einzige von vier Geschwistern hatte Mailín das schwarze Sturmwolkenhaar ihrer Mutter geerbt und auch die Haut, die in der Sonne so dunkel wurde, dass sie früher »Troll« oder »Rabenhaut« gerufen wurde. Auch die blauen Augen ihrer Mutter hatte nur sie. Rún und ihre zwei kleinen Brüder waren blond und blass wie ihr Vater Elaj und hatten genau wie er feine, zerbrechliche Hände, die zu schwach für die viele Arbeit waren, die nötig war, um eine Familie von Halbwaisen zu ernähren.

Nur ganz selten schaffte es Elaj noch, mit seinem Geigenspiel ein paar Münzen zu verdienen. Von Jahr zu Jahr zitterten seine Hände mehr, wenn er nachts hinter dem Haus saß und die Flasche zum Mund hob, um seinen Kummer in Mondlicht und Branntwein zu ertränken.

»Fertig«, rief Rún. »Und … glaubst du, wir finden in diesem Jahr vielleicht sogar eine raunende Ranke?«

»Die wachsen nur dort, wo auch die Sommer kalt sind. Die letzte habe ich bei uns vor elf Jahren gesehen.« Und es ist nicht so, dass ich nicht jedes Jahr nach den Raunen suche, setzte Mailín in Gedanken hinzu. Das war der wahre Grund, warum sie so oft in den Wald ging, manchmal bis zu den schattigen Mooshöhlen an der Schlucht, wo es besonders kühl war. Aber kalt genug für die magischen Ranken war es nie. »Geh einen Schritt zurück«, befahl sie und holte mit der Sichel aus. Sie brauchte ihre ganze Kraft, um die zähen Flechten, die die Bäume wie lose Spinnennetze verbanden, zu zerschneiden.

»Es heißt doch, die Raunen sprechen mit den Stimmen der Toten«, hörte sie Rún hinter sich sagen. »Es gab da mal einen kleinen Jungen, der hatte sich im Rankenwald verlaufen. Und bis er gefunden wurde, sprach seine verstorbene Großmutter durch die Raunen zu ihm und sang ihm Lieder vor, die nur er und sie kannten. So machte sie ihm Mut und hielt ihn in der Kälte wach, bis er schließlich gerettet wurde. Hast du als Kind im Wald auch Totenstimmen gehört?«

Mailín rutschte mit der Sichel aus. Eine Flechte schnellte zurück und kratzte über ihre Wange. Mailín schluckte und atmete tief durch, bevor sie sich zu ihrer Schwester umdrehte. »Die Geschichte ist nur ein Kindermärchen.« Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. »Vater hat es dir früher vor dem Einschlafen erzählt, weißt du das nicht mehr?«

Rún gelang es nur selten, ihre Gefühle zu verbergen. Auch heute erinnerte ihr zartes, klares Gesicht Mailín an Wasser, dessen Spiegel sich durch die kleinste Berührung trübte. »Oh«, murmelte sie ehrlich bestürzt. »Das hatte ich ganz vergessen. Aber … es stimmt doch, dass Raunen sprechen können?«

»Natürlich, aber es ist wie bei einem Wahrsager: In ihrem Geflüster hört jeder nur das, was er ohnehin zu hören hofft.«

Fast tat Mailín diese nüchterne Antwort leid, denn Rún war sichtlich enttäuscht. »Dann können sie gar nicht in die Zukunft sehen? Aber früher hat man die Raunen doch in der Nacht des Lichterfestes unter das Kissen gelegt, damit sie …« Sie verstummte und biss sich auf die Unterlippe.

Und endlich dämmerte Mailín der wahre Grund, warum sich ihre ängstliche Schwester so tief in den Wald wagte. Verliebtheit scheint mutig zu machen.

»Du willst mich also nur begleiten, um heimlich Raunen zu suchen. Und welchen Namen sollen sie dir heute Nacht im Traum zuwispern?« Mailín beugte sich zu Rún und flüsterte ihr ins Ohr: »Miiika?«

Rún sprang erschrocken zurück. »Was? Aber … nein … Er ist doch Avas Bruder!« Empört schüttelte sie den Kopf. Doch sie wurde so rot, dass sogar ihre Ohren wie Sternblumen leuchteten.

Mailín grinste und wandte sich wieder den Flechten zu. »Der Orakelzauber ist jedenfalls kein Märchen. Er zeigt dir im Traum, welcher Mensch dich im Leben am glücklichsten machen wird …« Oder am unglücklichsten. Aber das sprach sie wohlweislich nicht laut aus. Hinter sich hörte sie Rún aufgeregt nach Luft schnappen und musste lächeln. Meine Kleine ist ja...

Erscheint lt. Verlag 25.11.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 14 • Der Winter der schwarzen Rosen • deutscher phantastik preis • eBooks • Eiskönigin • Eisprinz • Holly Black • Jugendbuch • Magie • Naomi Novik • Nixe • Nordlicht • Prinz • Romantische Liebe • Sarah Maas • Seraph • Seraph 2020 Longlist • starke Heldin • Young Adult
ISBN-10 3-641-22703-8 / 3641227038
ISBN-13 978-3-641-22703-6 / 9783641227036
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