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Herz aus Nacht und Scherben (eBook)

Romantische Dark Fantasy

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016
cbj (Verlag)
978-3-641-19270-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Herz aus Nacht und Scherben - Gesa Schwartz
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»Seine Augen waren wie eine Frage, deren Antwort sie ersehnte und zugleich fürchtete, und sie spürte instinktiv, dass ein einziger Schritt auf ihn zu sie ins Bodenlose führen würde … ein einziger Schritt, der alles ändern konnte, was sie zu sein glaubte

In Venedig gerät die siebzehnjährige Milou in die Welt der Scherben: das Reich der verlorenen Gedanken, der zerschlagenen Träume, der unvollendeten Geschichten und vergessenen Wünsche. Auf der Suche nach spurlos im Nebel verschwundenen Menschen verliebt sie sich in den mysteriösen Rabenwandler Nív, doch sie weiß: Seine Welt ist nicht für sie bestimmt. Und mit jedem Augenblick zieht das Reich der Scherben sein Netz enger …

Gesa Schwartz wurde 1980 in Stade geboren. Sie hat Deutsche Philologie, Philosophie und Deutsch als Fremdsprache studiert. Nach ihrem Abschluss begab sie sich auf eine einjährige Reise durch Europa auf den Spuren der alten Geschichtenerzähler. Für ihr Debüt »Grim. Das Siegel des Feuers« erhielt sie 2011 den Deutschen Phantastik Preis in der Sparte Bestes deutschsprachiges Romandebüt. Zurzeit lebt sie in der Nähe von Hamburg in einem Zirkuswagen.

1

Der Ne­bel zog in geis­ter­haf­ten Schlei­ern durch Ve­ne­digs Gas­sen. Tief­schwarz thron­te der Nacht­him­mel über den Dä­chern, die Ka­nä­le glüh­ten im Schein der La­ter­nen, als be­stün­den sie aus dunk­len Spie­geln, und wäh­rend Mi­lou durch die ver­wais­ten Stra­ßen lief, konn­te sie die Stil­le at­men hö­ren: wis­pernd wie ein Ge­heim­nis. Sie lieb­te es, Ve­ne­dig in die­ser Jah­res­zeit zu be­su­chen, wenn der na­hen­de Win­ter die Schat­ten schon am Nach­mit­tag in den Hin­ter­hö­fen tan­zen ließ und nur das leuch­ten­de Rot ih­res Kof­fers die Il­lu­si­on stör­te, in eine Schwarz-Weiß-Fo­to­gra­fie aus lang ver­gan­ge­ner Zeit ge­ra­ten zu sein. Die Som­mer­mo­na­te, in de­nen die schma­len Gas­sen aus al­len Näh­ten platz­ten und rie­si­ge Kreuz­fahrt­schif­fe im Ha­fen an­lan­de­ten, wa­ren fern, und mit je­dem fros­ti­gen Pin­sel­strich ver­wan­del­te die Stadt sich stär­ker zu­rück in das, was sie ei­gent­lich war: eine Zau­be­rin, ge­gen de­ren Ma­gie Mi­lou seit je­her macht­los ge­we­sen war.

Ihr Kof­fer rum­pel­te in stör­ri­schem Stak­ka­to über das Pflas­ter, als woll­te er sei­nen Un­mut da­rü­ber kund­tun, dass sie ihn durch die hal­be Stadt zerr­te, ob­wohl es doch ver­flucht noch eins kür­ze­re Wege gab, um an ihr Ziel zu kom­men. Fast mein­te sie, in dem är­ger­li­chen Pol­tern die Stim­me ih­res On­kels Ma­this zu hö­ren, der ihr ein­dring­lich ge­ra­ten hat­te, die Stre­cke vom Bahn­hof mit ei­nem Vapo­retto zu­rück­zu­le­gen. Sie sah ihn vor sich, wie sie sich in Pa­ris ver­ab­schie­det hat­ten: das Ge­sicht so sor­gen­voll, als hät­te er sie in ein Kriegs­ge­biet fah­ren las­sen, und die Au­gen dun­kel um­wölkt wie im­mer, wenn der sel­te­ne Fall ein­trat, dass er in ei­ner An­ge­le­gen­heit kei­ne Wahl hat­te. Er hass­te nichts mehr, als kei­ne Wahl zu ha­ben. Aber die Re­no­vie­rungs­ar­bei­ten in sei­ner Woh­nung ver­zö­ger­ten sich, und wäh­rend er in die­ser Zeit auf Ge­schäfts­rei­se war, hat­ten Ma­ler und Bo­den­le­ger Mi­lou ob­dach­los ge­macht. Sie selbst hät­ten Farb­ge­ruch und Bau­lärm nicht ge­stört, doch Ma­this be­stand da­rauf, dass sie sich auch in den Fe­ri­en dem Ler­nen wid­me­te. Denn trotz der teu­ren Pri­vat­schu­len, auf die er sie in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ge­schickt hat­te, war es ihr nicht ge­lun­gen, ihre Leis­tun­gen sei­nen An­sprü­chen an­zu­pas­sen. In we­ni­gen Wo­chen wür­de da­her eine Ar­ma­da von ex­zel­len­ten Nach­hil­fe­leh­rern auf sie war­ten, um sie un­ter Ma­this’ stren­gem Blick durch das letz­te Schul­jahr zu be­glei­ten, und so hat­te er ei­nen ru­hi­gen Ort für sie fin­den müs­sen, an dem sie sich an­ge­mes­sen da­rauf vor­be­rei­ten konn­te. Das war al­les an­de­re als ein­fach ge­we­sen. Er selbst konn­te auf Rei­sen kei­ne Ab­len­kung ge­brau­chen, ihre bes­te Freun­din Ce­line war mit ih­ren El­tern in Me­xi­ko, und Mi­lou muss­te grin­sen, als sie da­ran dach­te, wie sie nach ei­ner an­ge­mes­se­nen Pau­se Ve­ne­dig vor­ge­schla­gen und Ma­this’ Ge­sicht sich ver­fins­tert hat­te. In der­sel­ben Se­kun­de hat­ten sie bei­de ge­wusst, dass die Stadt in der La­gu­ne ihre ein­zi­ge Mög­lich­keit war. Und so ver­brach­te sie die Fe­ri­en bei Non­na, ih­rer Groß­mut­ter – zum Un­wil­len ih­res On­kels und zu ih­rer Freu­de.

Non­na war die warm­her­zigs­te, ver­rück­tes­te Per­son, die Mi­lou kann­te. Sie hat­te kei­ne Ah­nung von Com­pu­tern oder Han­dys, schick­te ihr aber re­gel­mä­ßig Brie­fe mit ge­press­ten Blu­men und Fo­tos ih­rer Kat­zen (wo­bei sie stets be­ton­te, dass sie viel mehr den Kat­zen ge­hör­te als um­ge­kehrt), sie tanz­te bar­fuß im Re­gen, sie setz­te sich lus­ti­ge Hüte auf und lief da­mit durch die Stra­ßen, wenn sie Mi­lou zum La­chen brin­gen woll­te, sie düste mit ih­rem knall­rot ge­stri­che­nen Mo­tor­boot so ra­sant durch die Ka­nä­le, dass selbst er­fah­re­ne Ve­ne­zi­a­ner auf dem Was­ser vor ihr Reiß­aus nah­men, und sie sang düs­te­re Lie­der aus dem Reich der Sa­gen und Le­gen­den. Bis­wei­len hat­te sie Mi­lou in Pa­ris be­sucht, dann war sie wie ein far­bi­ger Fleck ge­we­sen in die­ser rie­si­gen Stadt und hat­te Ma­this’ nüch­ter­nes Pent­house mit Blu­men und bun­ten Bil­dern voll­ge­stellt. Im­mer wie­der hat­te Mi­lou ih­ren On­kel in den letz­ten Jah­ren ge­drängt, ihr ei­nen Ge­gen­be­such ab­stat­ten zu dür­fen, doch meist hat­te er ab­ge­lehnt, kühl und sach­lich wie im­mer, viel­leicht aus Furcht vor den Er­in­ne­run­gen, die auch ihn zwi­schen die­sen Häu­sern heim­su­chen könn­ten, viel­leicht auch aus Sor­ge vor die­sen Gas­sen, die das Träu­men so leicht mach­ten, dass all­zu schnell jede Stren­ge und Ra­ti­o­na­li­tät, die er Mi­lou in den ver­gan­ge­nen Jah­ren müh­sam ver­sucht hat­te bei­zu­brin­gen, in flüs­tern­den Schat­ten un­ter­gin­gen. Ra­ti­o­na­li­tät. Mi­lou muss­te lä­cheln, als sie die Stim­me ih­rer Groß­mut­ter über die­ses Wort stol­pern hör­te, als wäre es nichts als eine Il­lu­si­on für all jene, die nicht ge­nug Fan­ta­sie hat­ten, die Wahr­heit rings um sie he­rum zu er­ken­nen.

Sie ließ den Blick über die vom Hoch­was­ser ge­zeich­ne­ten Fas­sa­den schwei­fen und stell­te sich vor, wie Ma­this die­se Gas­sen be­trach­ten wür­de: ab­schät­zig und mit küh­ler Stren­ge in sei­nen hel­len blau­en Au­gen, als be­gut­ach­te­te er eine der ma­ro­den Fir­men, die er auf­kauf­te, um sie ge­winn­brin­gend wie­der los­zu­schla­gen. Sie seufz­te. Ma­this hat­te es gut ge­meint, als er ihr zu dem Was­ser­ta­xi ge­ra­ten hat­te. Er selbst leg­te größ­ten Wert auf kom­for­tab­les Rei­sen. Aber er ver­stand nicht mehr von Ve­ne­dig als ihr Kof­fer, und da­her wuss­te er nicht, dass es für sie nur eine Art gab, wirk­lich in die­ser Stadt an­zu­kom­men. Schritt für Schritt hat­te sie in das La­by­rinth der Gas­sen ein­tau­chen und den Ge­ruch in sich auf­neh­men müs­sen, den sie nir­gends so in­ten­siv wahr­neh­men konn­te wie hier: den Duft ih­rer Kind­heit nach Meer, Ge­heim­nis und Aben­teu­er … ein Duft vol­ler Er­in­ne­run­gen, den Ma­this ver­ab­scheu­te, so sehr, dass er es nicht über sich ge­bracht hat­te, sie durch die­se Gas­sen zu be­glei­ten.

Mi­lou nahm es ihm nicht übel. Zu deut­lich sah sie ihn vor sich, wie er in je­ner Nacht vor vie­len Jah­ren auf dem Flur im Kran­ken­haus von Ve­ne­dig ge­stan­den hat­te, ihr küh­ler, un­nah­ba­rer On­kel, die Hand ge­gen die Tür ge­stützt, hin­ter der ihre El­tern den Kampf um ihr Le­ben ver­lo­ren hat­ten. Nie hat­te sie Ma­this wei­nen se­hen bis zu die­sem...

Erscheint lt. Verlag 3.10.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 14 • eBooks • Fantasy • Italien • Jugendbuch • Jugendbücher • Liebe • Liebesromane • Raben • Rabenwandler • Romantasy • romantisch • Romantische Fantasy • Urban Fantasy • Venedig • Young Adult
ISBN-10 3-641-19270-6 / 3641192706
ISBN-13 978-3-641-19270-9 / 9783641192709
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