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Ich bin hier nur der Kumpel (eBook)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
176 Seiten
Thienemann Verlag GmbH
978-3-522-62136-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich bin hier nur der Kumpel -  Martin Gülich
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Locker bleiben, keine Hektik - damit ist Finn bisher gut gefahren. Vor allem bei den Mädchen. Doch dann kommt Carla in die Klasse, und mit Carla ist alles anders. Finn versucht, bei ihr zu landen, aber was er auch versucht, sie bleibt unbeeindruckt. Selbst als er seine Gitarre auspackt, was sonst immer funktioniert! Finn ist ratlos. Da verrät ihm Carla ein Geheimnis. Und das mit dem Lockerbleiben ist plötzlich gar nicht mehr so einfach ... Humorvoll und berührend - eine etwas andere Liebesgeschichte

Martin Gülich, geboren 1963, lebt und arbeitet als freier Schriftsteller in Stuttgart. Seit seinem Jugendroman-Debüt 'Vorsaison' (1999) sind neben zahlreichen Büchern für Erwachsene zuletzt bei Thienemann seine Jugendromane 'Der Zufall kann mich mal' (2014) und 'Entschuldigen ist nicht mein Ding' (2015) erschienen. Martin Gülichs Bücher wurden in neun Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Thaddäus-Troll-Preis, dem Reinhold-Schneider-Förderpreis der Stadt Freiburg und dem Heinrich-Heine-Stipendium der Stadt Lüneburg.

»O.K., KANN LOSGEHEN!«


Ich sag mal so: Das Leben ist eigentlich ganz o. k. Meistens jedenfalls. Und wenn es mal nicht o. k. ist, dann ist es fast immer besser als o. k. Gut also, oder richtig gut, manchmal auch richtigrichtig gut. Megagut sozusagen, auch wenn ich diesen ganzen Mega-Scheiß nicht besonders mag. Megagut, Mega-Teil, Mega-Game, Mega-Titten, Mega-Super-Shopping-Samstag. Mega-mega, alles Gelaber! Mega muss man tun, nicht quatschen. Weil wer mega nur quatscht, der hat eigentlich schon verloren.

Nur in der Schule ist es anders. Wer da am meisten labert, der bekommt auch die besten Noten, und wenn du nichts sagst, hast du schlechte Karten. Wobei, stimmt eigentlich gar nicht. Ich bin gar nicht so stumm und pass schon auch auf, und wenn ich mich melde und was sage, stimmt’s manchmal sogar. Aber eben nur manchmal, und öfter stimmt’s halt nicht, und deshalb hab ich auch keine guten Noten. Also eigentlich hab ich sogar richtig schlechte Noten, und wenn ich ehrlich bin, kommt jedes Schuljahr mindestens ein Fach dazu, in dem’s nicht mehr so richtig rundläuft. Zuletzt Bio, dabei war ich da früher mal ganz gut, aber eben, das war früher, und von früher kannst du dir nichts kaufen.

Trotzdem muss man ruhig bleiben. Goldene Regel! Nur keine Hektik, weil Hektik versaut einem alles. Den Spaß, die Laune, die ganze Stimmung eben. Und am Ende sogar die Mädchen, weil die Mädchen mit einem, der auf Hektik macht, nichts zu tun haben wollen. Muss man sich nur umsehen. Gerrit – hektisch – keine Mädchen. Luis – total hektisch – erst recht keine Mädchen. Tim – überhektisch – Svenja. Und Svenja ist, wie soll ich sagen, also jetzt nichts gegen sie, so als Mensch meine ich, aber Svenja, nein, dann lieber gar kein Mädchen.

Ruhig bleiben also! Außerdem ist das Schuljahr noch lang, und so einen Endspurt darf man auf keinen Fall zu früh anziehen. Sonst geht einem kurz vor dem Ziel die Puste aus, und statt Siegerehrung gibt’s eine Runde extra. Wobei ich mich, wie’s aussieht, in diesem Schuljahr gleich in vier Fächern beeilen muss. Da braucht es vielleicht doch so etwas wie einen Plan. Französisch: Fünf, glatt. Geschichte: Vier, gerade noch. Chemie: hoffnungslos! Und eben Bio – wobei ich da noch die besten Chancen sehe. Ich glaube, Frau Leibniz mag mich und lässt mich nicht so einfach über die Klinge springen. So dumm, sagt sie, dass man in Bio eine Fünf bekommt, kann man eigentlich gar nicht sein. Und dass sie ab jetzt jede Woche Extra-Übungsblätter ausgibt, um uns auf die Sprünge zu helfen. Also den Schlechten. Also mir!

Dumm nur, dass nicht alle so wie Frau Leibniz ticken. Herr Seeger zum Beispiel. Kai-Uwe Seeger! Der wäre garantiert auch ein guter Gefängniswärter geworden. Also ein schlechter, einer der die Gefangenen quält und dem dabei vor lauter Freude der Sabber aus dem Mund läuft. Einer, der sich am Feierabend zu Hause noch ein paar Brutalofilme in den DVD-Player reinschiebt, um sich Anregungen für den nächsten Tag zu holen. Nazi halt, und wenn er keiner ist, dann nur, weil Nazis gerade nicht so beliebt sind. Vor allem nicht an Schulen. Da fliegst du raus, wenn du Nazi bist, vor allem als Lehrer, und deshalb ist Seeger lieber kein Nazi. Zumindest nicht offiziell, aber jede Wette, dass bei dem zu Hause alles voll mit Nazi-Scheiß ist. Hakenkreuz-Fahne, Hakenkreuz-Kaffeetasse, Hakenkreuz-Zahnbürste, Hakenkreuz-Bettwäsche, das ganze Sortiment. Und wenn nicht, dann macht das aus ihm auch keinen besseren Menschen.

O. k., wenn man Svenja oder Ann-Christin oder auch Lara fragt, klingt das mit Seeger vielleicht anders. Aber das sind halt auch Mädchen, und Seeger steht nun mal auf Mädchen. Mädchen, eine Note besser! Sagt er selbst, aber davon, dass er sie bevorzugt, will er natürlich nichts wissen. Mädchen sind eben fleißiger, sagt er, war schon immer so. Von mir aus, kann ja sogar sein, und wenn’s um fleißig geht, steh ich nun wirklich nicht in der ersten Reihe. Aber trotzdem: Seeger ist ein Arsch. Ein Arsch, der mich an den Arsch kriegen will, und wenn ich nicht aufpasse, schafft er das sogar. Französisch und Chemie. Allein seine Fächer sind ja schon Beweis genug, dass er nicht alle Tassen im Schrank hat.

Aber genug von Seeger. Seeger macht schlechte Laune, und schlechte Laune ist absolut nicht mein Ding. Schon gar nicht heute, wo ich mein erstes Date mit Elli hab. Elli ist in der Elf, also eine über mir, und dass ich ein Date mit einer aus der Elf habe, kommt jetzt auch nicht jeden Tag vor. Aus meiner Klasse oder aus der Neun, kein Problem, aber an eine aus der Elf ist echt nicht gut rankommen. Elf ist Oberklasse, Elite, da muss man sich schon was einfallen lassen. Wobei, eigentlich hab ich mir gar nichts einfallen lassen. Elli hat auf einmal in der Pause im Hof neben mir gestanden und gemeint, dass wir doch mal was zusammen machen können. So ganz unverbindlich. Ja, unverbindlich, hat sie wirklich gesagt, und machen auch, was vermutlich bedeutet, dass das gleich mal die große Knutscherei bei ihr im Zimmer gibt und vielleicht sogar mehr. Nur ohne miteinander gehen danach, unverbindlich halt, und unverbindlich ist mir eigentlich ganz recht.

Elli wohnt ein Stück weg von uns. Otto-Fikentscher-Weg, ohne Scheiß, und bei dem Straßennamen pack ich mal lieber die Kondome ein. Kondome und meine Gitarre. Ja, Gitarre, Mädchen stehen auf Gitarren. Also auf Jungs, die Gitarre spielen. Dabei ist eigentlich ziemlich egal, wie gut man spielt. Hauptsache, man tut es und bekommt drei, vier Songs einigermaßen unfallfrei über die Bühne. Und ob alle drei oder vier mit den gleichen drei oder vier Akkorden sind, ist schon wieder komplett egal. Und ehrlich, mehr kann ich auch nicht. Na ja, sagen wir fünf, C, D, G, A-moll und E-moll, aber damit kann man schon mal das halbe Pop-Programm durchspielen, und wo das nicht reicht, weil da noch irgendein F oder H drin ist, schummelt man einfach ein bisschen. Merkt keiner, zumindest, wenn man nicht ausgerechnet an ein Mädchen gerät, das selbst Gitarre spielt. Auch schon passiert. Pech gehabt. Ist nichts draus geworden.

Elli spielt Flöte. Weiß ich von Luis, und der weiß es von Krok, und Krok weiß es – keine Ahnung von wem. Querflöte, und nur klassisch, keine Gefahr würde ich mal sagen. Die Gitarre kommt jedenfalls mit, und wenn sie fragt, warum ich sie dabeihabe, sag ich einfach, dass ich gerade vom Unterricht komme. Stimmt natürlich nicht, und in Wahrheit habe ich in meinem ganzen Leben noch keine einzige Stunde gehabt. Wozu auch, für’s Mädchen-Beeindrucken braucht’s keinen Unterricht. Ein paar Clips auf YouTube, und man hat das drauf. Gut, ab und zu üben ist schon nicht schlecht, aber das mache ich immer erst kurz vor dem Date. Oder der Party. Oder der Klassenfahrt oder was sonst gerade ansteht. Dann hat man alles noch in den Fingern, und es klingt einigermaßen so, als ob man’s kann.

Ach ja, eines noch: nie von alleine anfangen. Goldene Regel! Muss immer ein anderer auf die Idee kommen. Sonst sieht’s nach Angeberei aus, und Angeberei ist was für Idioten. »He, Finn, spiel doch mal!« Oder: »Pack schon aus, Finn, wir wollen was hören!« So oder so ähnlich. Dann noch ein bisschen zieren und schließlich mit einem kurzen Seufzen gnädigst die Gitarre auspacken und erst mal stimmen. Auch wenn sie gar nicht verstimmt ist, immer stimmen! Sieht irgendwie professionell aus. Konzentriert gucken dabei, drei Akkorde spielen, kurz Stirn runzeln und noch mal stimmen.

»O. k., kann losgehen.«

Und ja, dann geht’s los!

* * *

Übrigens: Ich wohne bei Vicky. Vicky ist so alt wie meine Mutter und sieht auch genauso aus. Also genau so, wie meine Mutter aussehen würde, wenn sie noch am Leben wäre. Zwillingsschwestern, eineiig, auf Fotos kann man sie kaum auseinanderhalten. Vicky sagt, dass sie auch sonst genau gleich gewesen sind. Komplett, sagt sie, gleiche Ideen, gleiche Jungs, gleiche Lieblingseissorte, gleiche Träume. Von Anfang an und dass das bis zum Schluss so geblieben ist.

»Ein Mensch in zwei Körpern«, sagt Vicky, und dass es meine Mutter deshalb noch gibt, irgendwie jedenfalls, weil es sie, also Vicky, ja noch gibt, und dass Mam erst dann richtig tot sein wird, wenn auch sie einmal stirbt. »In hundert Jahren oder so«, sagt sie und lacht oder nimmt mich in den Arm, und obwohl wir beide wissen, dass das alles kompletter Schwachsinn ist, ist es mir doch ein Trost. Manchmal wenigstens.

Mein Vater hat einen Bruder. Sieht aber nicht so aus wie er oder so, wie er aussehen würde, wenn er noch am Leben wäre. Im Fotoalbum gibt’s jedenfalls keine Verwechslungsgefahr. Mochten sich auch nicht besonders, mein Vater und sein Bruder. Sagt Vicky, und dass sie sich eigentlich nie besucht haben und darüber noch nicht einmal unglücklich gewesen sind. Wohnt auch nicht in der Gegend, der Bruder, und mal abgesehen von den Geschenken, die er mir immer noch zu Weihnachten und meinem Geburtstag schickt, kenne ich ihn eigentlich überhaupt nicht. Tut auch nichts zur Sache, warum auch? Zur Sache tut nur, dass a) Mam und Dad tot sind und ich b) bei Vicky lebe. A) schlecht, b) gut, so viel in aller Kürze dazu. Später mehr! Aber jetzt muss ich zu Elli, und auch dazu gibt’s später mehr. Zumindest, wenn’s was zu erzählen gibt, aber das gibt’s ja eigentlich immer.

* * *

O. k., Tag vorbei, Bett, Licht aus. Nachmittag: durchwachsen! Hab mir auf dem Weg zu Elli den linken Daumen verstaucht. Und die Otto-Fikentscher-Kondome sind auch in der Tasche...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2016
Mitarbeit Designer: Vivien Heinz
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Adoption • Coming-of-age • Freundschaft • Homosexualität • Jugendbuch • lesbisch sein • Liebe • Schule • Schwul sein
ISBN-10 3-522-62136-0 / 3522621360
ISBN-13 978-3-522-62136-6 / 9783522621366
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