Der Aufstieg Des Dritten Reiches (eBook)
452 Seiten
Seahorse Pub (Verlag)
978-0-00-108868-9 (ISBN)
Im Schatten eines zerbrochenen Kaiserreichs stand ein fragiles Freiheitsexperiment am Abgrund. Vom revolutionären Chaos des Jahres 1918 - als Matrosen in Kiel meuterten und Menschenmengen die Straßen Berlins stürmten - bis zum schicksalshaften Morgen des 30. Januar 1933, als die zitternde Hand eines alternden Kriegshelden Deutschlands Untergang besiegelte, enthüllt diese packende Chronik den erschütternden Zerfall der Weimarer Republik.
Basierend auf über dreißig Jahren bahnbrechender Archivforschung in den Sammlungen des wiedervereinigten Deutschlands webt Lamb eine meisterhafte Erzählung von Hybris, Verrat und menschlicher Schwäche. Erleben Sie den Dolchstoßmythos, der die Seele einer besiegten Nation vergiftete; den Albtraum der Hyperinflation von 1923, der Schubkarren voll wertlosen Bargelds durch die Ruinen der Mittelschicht schob; und den eisernen Griff der Weltwirtschaftskrise, der die Nazis von Randfanatikern zu Wahlmachten mit 37 % der Stimmen bis 1932 katapultierte.
Im Kern ist dies kein trockenes Lehrbuch - es ist ein packendes Drama über fehlgeleitete Visionäre und skrupellose Opportunisten. Erleben Sie Friedrich Eberts verzweifelten Pakt mit dem Militär, um den bolschewistischen Terror abzuwehren; Franz von Papens aristokratische Arroganz, als er flüsterte, er würde Hitler 'bis zum Umfallen in die Enge treiben'; und Paul von Hindenburgs tragische Fehleinschätzung, als er einem zum Demagogen gewordenen Gefreiten die absolute Macht übergab. Anhand eindringlicher Vignetten, vergessener Tagebücher und Straßenterror - von Spartakus-Blutbädern bis zu den Amokläufen der SA-Braunhemden - enthüllt das Buch, wie wirtschaftliche Verzweiflung, Elitenverschwörungen und kulturelle Verzweiflung demokratische Normen Dekret für Dekret untergruben.
Doch 'Die Entstehung des Dritten Reiches' geht über die Tragödie hinaus und bietet wichtige Lehren für unser polarisiertes Zeitalter: Wie fragile Institutionen in Krisen zerfallen und warum Wachsamkeit gegenüber autoritären Einflüsterungen die letzte Verteidigung der Demokratie ist. Mit atemberaubenden Karten von Wahlumwälzungen, seltenen Fotos von Triumphen im Fackelschein und einer Reihe von Helden, Schurken und ganz normalen Deutschen, die in den Strudel geraten, beleuchtet dieser maßgebliche Bericht den dunkelsten Weg zur Macht. Entdecken Sie, wie die Freiheit nicht mit einem Knall, sondern mit einer Signatur stirbt. Ihr unverzichtbarer Leitfaden zu den Wurzeln der Tyrannei.
Prolog
Der Moment der Entscheidung
30. Januar 1933, 11:15 Uhr, Präsidentenpalast Berlin
Das Morgenlicht fiel schwach durch die hohen Fenster von Paul von Hindenburgs Büro im zweiten Stock des Präsidentenpalastes und warf blasse Schatten auf die schweren Eichenmöbel, die über ein Jahrzehnt lang den Aufstieg und Fall deutscher Kanzler miterlebt hatten. Draußen auf der Wilhelmstraße bedeckte eine dünne Schneeschicht das Kopfsteinpflaster und dämpfte die Geräusche des morgendlichen Berliner Verkehrs. Im Inneren des reich verzierten Zimmers versammelten sich fünf Männer um den massiven Mahagonischreibtisch, der als Altar für das letzte Opfer der Demokratie dienen sollte.
Mit 84 Jahren saß Reichspräsident Paul von Hindenburg steif in seinem Ledersessel. Sein einst souveräner Körper war vom Alter und der Last unmöglicher Entscheidungen geschwächt. Der Sieger von Tannenberg, der Mann, der Ostpreußen 1914 vor der russischen Invasion gerettet hatte, hatte nun selbst mit den einfachsten Gesprächen zu kämpfen, da ihn sein legendäres Gedächtnis in entscheidenden Momenten im Stich ließ. Seine wettergegerbten Hände, die einst Militärbefehle unterzeichnet hatten, die Armeen über Kontinente hinweg bewegten, zitterten nun leicht auf der Schreibunterlage, unter der die Dokumente lagen, die Deutschland für immer verändern sollten.
Vor dem Präsidentenpult stehend, bewahrte Adolf Hitler eine äußere Gelassenheit, die das revolutionäre Feuer, das in ihm brannte, Lügen strafte. Mit 43 Jahren hatte der gebürtige Österreicher einen außergewöhnlich weiten Weg von den Münchner Bierhallen bis zu diesem Moment seines größten politischen Triumphs zurückgelegt. Sein dunkles Haar war sorgfältig gekämmt, seine schlichte braune Parteiuniform gebügelt und makellos, sein Schnurrbart akkurat gestutzt. Nichts in seinem beherrschten Auftreten deutete auf den radikalen Wandel hin, den er dem deutschen Volk bringen wollte. Seine hellblauen Augen blieben auf Hindenburgs Gesicht gerichtet und hielten Ausschau nach Anzeichen eines Zögerns in letzter Minute, das seinen sorgfältig orchestrierten Aufstieg zur Macht hätte gefährden können.
Franz von Papen stand leicht links von Hitler. Seine aristokratische Haltung strahlte ein Selbstvertrauen aus, das sich als völlig fehl am Platz erweisen sollte. Der ehemalige Kavallerieoffizier und ehemalige Kanzler präsentierte sich mit der lässigen Sicherheit eines Mannes, der in privilegierte Verhältnisse hineingeboren, an den besten Militärakademien ausgebildet und an politische Manöver in Deutschlands konservativer Elite gewöhnt war. Sein perfekt gewachster Schnurrbart und sein teurer Cutaway zeugten von einer Welt, in der Gentlemen’s Agreements revolutionäre Bewegungen eindämmen konnten und Erziehung und Bildung ausreichend Schutz gegen plumpe populistische Appelle boten. Mit 53 Jahren besaß Papen die fatale Gewissheit, dass sein überlegener Intellekt und seine gesellschaftliche Stellung es ihm ermöglichen würden, den Emporkömmling Hitler für konservative Zwecke zu manipulieren.
Otto Meißner, Staatssekretär und Verfassungsberater dreier verschiedener Präsidenten, stand mit einer Ledermappe mit den für den Machtwechsel erforderlichen Dokumenten am Fenster. Seine bürokratische Präzision und sein umfassendes Wissen über juristische Verfahren hatten ihn für das Funktionieren des Präsidialamts unverzichtbar gemacht, doch sein technisches Fachwissen reichte nicht aus, um die beispiellose politische Krise zu meistern, die diese Männer zusammengeführt hatte. Meißner verstand zwar die verfassungsrechtlichen Mechanismen der Kanzlerernennung, doch die revolutionären Auswirkungen dieser besonderen Ernennung begriff er nicht.
Hinter dem Stuhl seines Vaters beobachtete Oskar von Hindenburg die Vorgänge mit der nervösen Aufmerksamkeit eines Mannes, dessen Einfluss hinter den Kulissen diesen Moment mitbestimmt hatte. Der jüngere Hindenburg war maßgeblich an den Geheimverhandlungen beteiligt gewesen, die seinen Vater davon überzeugt hatten, seinen Widerstand gegen die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler aufzugeben. Seine Anwesenheit im Raum spiegelte die persönliche Familiendynamik wider, die sich mit nationalpolitischen Überlegungen überschnitten hatte und zu dieser schicksalshaften Entscheidung führte.
Die Atmosphäre im Raum war trotz der revolutionären Bedeutung der Veranstaltung fast zeremoniell. Porträts preußischer Könige blickten von den Wänden herab, ihre strengen Gesichter schienen die Politiker zu verurteilen, die nun Deutschlands demokratische Regierung einer Bewegung übergaben, die die parlamentarische Demokratie ausdrücklich abgelehnt hatte. Die schweren Vorhänge, kunstvollen Stuckarbeiten und die formelle Möblierung schufen eine Atmosphäre traditioneller Autorität, die ein trügerisches Gefühl von Kontinuität und Kontrolle vermittelte.
Als Hindenburg schließlich sprach, klang die Müdigkeit eines Mannes in seiner Stimme, der seine Ära überlebt hatte und Entscheidungen treffen musste, die er nicht ganz verstand. „Ich habe große Zweifel an der ganzen Sache“, sagte er, kaum hörbar über dem Ticken der Standuhr in der Ecke. „Dieser österreichische Gefreite wird Deutschland zugrunde richten.“ Der Widerwille des Präsidenten war deutlich spürbar, sein instinktives Misstrauen gegenüber Hitler kämpfte gegen den politischen Druck, der ihn in diese Lage gebracht hatte.
Papen beruhigte seinen betagten Gönner rasch, und seine Stimme klang von der ruhigen Zuversicht, die sein politisches Taktieren während der gesamten Krise geprägt hatte. „Herr Präsident, Sie brauchen sich wegen dieser Vereinbarung keine Sorgen zu machen. Wir haben ihn für unsere Arbeit engagiert. In zwei Monaten werden wir Hitler so weit in die Enge getrieben haben, dass er nur noch piepst.“ Die Worte des Altkanzlers enthüllten den grundlegenden Fehleinschätzung, der sich als so verheerend erweisen sollte – den Glauben, traditionelle Politiker könnten eine revolutionäre Bewegung kontrollieren und manipulieren, die bereits ihre Gewaltbereitschaft und ihre Missachtung demokratischer Normen unter Beweis gestellt hatte.
Hitler reagierte mit der förmlichen Höflichkeit, die seine wahren Absichten verschleierte. In seiner Dankesrede betonte er den rechtmäßigen Verfassungsprozess und den Respekt vor der Autorität des Präsidenten. „Ich fühle mich durch Ihr Vertrauen zutiefst geehrt, Herr Präsident, und ich gelobe, die Verfassung zu wahren und dem deutschen Volk im Rahmen unserer demokratischen Institutionen zu dienen.“ Jedes Wort war sorgfältig gewählt, um konservative Politiker zu beruhigen, dass sie es mit einem konventionellen politischen Führer zu tun hatten, der innerhalb der etablierten parlamentarischen Grenzen agieren würde.
Meißner trat mit den Verfassungsdokumenten vor und sorgte mit seiner bürokratischen Präzision dafür, dass jede juristische Formalität ordnungsgemäß beachtet wurde. „Wenn Sie hier unterschreiben, Herr Präsident, ist die Ernennung verfassungsmäßig abgeschlossen.“ Der Fokus des Staatssekretärs auf verfahrensmäßige Korrektheit spiegelte das allgemeine deutsche Vertrauen in rechtliche Mechanismen und institutionelle Schutzmechanismen wider, die sich im Falle eines revolutionären Angriffs als unzureichend erweisen würden.
Als Hindenburgs zitternde Hand das Dokument unterzeichnete, das Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannte, schien das fahle Wintersonnenlicht leicht zu verblassen, als hätte die Natur selbst die Bedeutung dieses Augenblicks erkannt. Die verfassungsmäßige Machtübergabe war abgeschlossen, mit perfekter juristischer Ordnung und zeremonieller Würde vollzogen. Doch die fünf Männer in diesem Raum hatten gerade die Zerstörung der deutschen Demokratie durch genau jene Institutionen herbeigeführt, die sie eigentlich schützen sollten.
Das Geräusch des über das Papier kratzenden Stifts markierte das Ende des fünfzehnjährigen Experiments der Weimarer Republik mit einer parlamentarischen Regierung. Vor den Fenstern des Schlosses gingen die einfachen Berliner ihrem Alltag nach, ohne zu wissen, dass ihre politische Welt durch die Unterschriften unter Otto Meißners sorgfältig vorbereiteten Dokumenten soeben grundlegend verändert worden war. Die konservativen Politiker, die Hitlers Ernennung eingefädelt hatten, gratulierten sich zu ihrer politischen Klugheit und waren überzeugt, eine Lösung für Deutschlands Krise gefunden zu haben, die die Stabilität wiederherstellen und gleichzeitig den Naziführer unter ihrer Kontrolle halten würde.
Fünfzehn Jahre demokratisches Experiment
Die Deutsche Republik, die an jenem Januarmorgen in Hindenburgs Büro starb, war fünfzehn Jahre zuvor inmitten des Chaos militärischer Niederlagen und revolutionärer Umwälzungen geboren worden. Am 9. November 1918, als die deutschen Armeen an der Westfront zusammenbrachen und in Berlins Straßen eine Revolution ausbrach, dankte Kaiser Wilhelm II. ab und floh ins niederländische Exil. Er hinterließ ein politisches Vakuum, das demokratische Politiker nur schwer füllen konnten. Der Sozialdemokrat Friedrich Ebert, der durch Umstände, die außerhalb seiner Kontrolle lagen, an die Macht gekommen war, hatte vom Balkon des Reichstags die Deutsche Republik ausgerufen, während revolutionäre Arbeiter und Soldaten im ganzen Land die Kontrolle über wichtige Institutionen übernahmen.
Von Anfang an war die Weimarer Republik mit Herausforderungen konfrontiert, die selbst die etablierteste Demokratie auf die Probe gestellt hätten. Die neue Regierung erbte die Verantwortung für Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg und akzeptierte die demütigenden Bedingungen des Versailler Vertrags, der dem deutschen Volk massive Reparationen,...
| Erscheint lt. Verlag | 28.10.2025 |
|---|---|
| Übersetzer | Dominik L. Mehler |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Geschichte ► Allgemeine Geschichte ► 1918 bis 1945 |
| ISBN-10 | 0-00-108868-8 / 0001088688 |
| ISBN-13 | 978-0-00-108868-9 / 9780001088689 |
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