Ein Ringen um die Zeit
Zeitvorstellungen, Zeitregime und Temporalitäten im 6. Jahrhundert
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Im Oströmischen Reich des 6. Jahrhunderts wurde im Angesicht des unmittelbar befürchteten Weltendes intensiv über das Thema Zeit diskutiert und Konzepte wie Enteschatologisierung, Beschleunigung und Retardation, Pluritemporalität und Nontemporalität diskutiert. Auch Kaiser Justinian war aktiver, wenngleich nicht unumstrittener Protagonist in dieser lebhaften, in der Forschung bisher nicht hinreichend beachteten Debatte.
Im 6. Jahrhundert n. Chr. wurde ein großer Teil der oströmischen Bevölkerung von sehr konkreten Ängsten vor dem unmittelbar bevorstehenden Ende der Welt umgetrieben. Diese Naherwartungen folgten aus chronologischen Kalkulationsmodellen zur Dauer der irdischen Weltzeit, die seit dem 3. Jahrhundert aufkamen und zunehmende Popularität genossen, und schienen durch eine Reihe schwerer Katastrophen, die ab ca. 500 einsetzten und schließlich in der ‚Justinianischen Pest' (541/42) kulminierten, eine Bestätigung zu finden. Die Erwartung des drohenden Weltendes musste sich auch auf die Wahrnehmung von Zeit und den Umgang mit ihr auswirken. Tatsächlich zeigt ein näherer Blick auf zeitgenössische Texte, dass das Thema ‚Zeit' im 6. Jahrhundert intensiv diskutiert wurde. Mitlebende boten unterschiedliche Strategien an, um mit dem nahenden Ende umzugehen. Dazu zählten die Enteschatologisierung der Gegenwart und Zukunft, die Umwandlung von zeitlicher Tiefe in räumliche Breite, Beschleunigung und Retardation sowie Konzepte wie Pluritemporalität und Nontemporalität. Nicht nur Theologen und Historiographen, sondern sogar Kaiser Justinian selbst beteiligten sich an dieser Debatte. Insbesondere der Kaiser bemühte sich, die Hoheit über die Zeit zu gewinnen; er definierte Vorgaben für Zeitmessung und -festlegung, legte aber auch einen Vorschlag für eine neue Periodisierung der römischen Geschichte vor. Verschiedene Zeitgenossen setzten sich mit diesen Vorgaben auseinander und widersprachen. Mischa Meier widmet sich diesem Ringen um die Zeit, welche einen bisher vernachlässigten Aspekt der Geschichte des 6. Jahrhunderts darstellt. Due to the widespread fear of an imminent apocalypse, the concept of time was extensively debated in the Eastern Roman Empire of the sixth century. Topics such as de-eschatologization, acceleration, retardation, pluritemporality, and non-temporality were explored. Mischa Meier explores the different aspects of this lively debate, which has not yet received sufficient attention from researchers.
Im 6. Jahrhundert n. Chr. wurde ein großer Teil der oströmischen Bevölkerung von sehr konkreten Ängsten vor dem unmittelbar bevorstehenden Ende der Welt umgetrieben. Diese Naherwartungen folgten aus chronologischen Kalkulationsmodellen zur Dauer der irdischen Weltzeit, die seit dem 3. Jahrhundert aufkamen und zunehmende Popularität genossen, und schienen durch eine Reihe schwerer Katastrophen, die ab ca. 500 einsetzten und schließlich in der ‚Justinianischen Pest' (541/42) kulminierten, eine Bestätigung zu finden. Die Erwartung des drohenden Weltendes musste sich auch auf die Wahrnehmung von Zeit und den Umgang mit ihr auswirken. Tatsächlich zeigt ein näherer Blick auf zeitgenössische Texte, dass das Thema ‚Zeit' im 6. Jahrhundert intensiv diskutiert wurde. Mitlebende boten unterschiedliche Strategien an, um mit dem nahenden Ende umzugehen. Dazu zählten die Enteschatologisierung der Gegenwart und Zukunft, die Umwandlung von zeitlicher Tiefe in räumliche Breite, Beschleunigung und Retardation sowie Konzepte wie Pluritemporalität und Nontemporalität. Nicht nur Theologen und Historiographen, sondern sogar Kaiser Justinian selbst beteiligten sich an dieser Debatte. Insbesondere der Kaiser bemühte sich, die Hoheit über die Zeit zu gewinnen; er definierte Vorgaben für Zeitmessung und -festlegung, legte aber auch einen Vorschlag für eine neue Periodisierung der römischen Geschichte vor. Verschiedene Zeitgenossen setzten sich mit diesen Vorgaben auseinander und widersprachen. Mischa Meier widmet sich diesem Ringen um die Zeit, welche einen bisher vernachlässigten Aspekt der Geschichte des 6. Jahrhunderts darstellt. Due to the widespread fear of an imminent apocalypse, the concept of time was extensively debated in the Eastern Roman Empire of the sixth century. Topics such as de-eschatologization, acceleration, retardation, pluritemporality, and non-temporality were explored. Mischa Meier explores the different aspects of this lively debate, which has not yet received sufficient attention from researchers.
ist Professor für Alte Geschichte an der Universität Tübingen und Sprecher des SFB 923 "Bedrohte Ordnungen".
| Erscheinungsdatum | 05.08.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Tria Corda |
| Verlagsort | Tübingen |
| Sprache | deutsch |
| Maße | 131 x 183 mm |
| Gewicht | 564 g |
| Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Religion / Theologie ► Christentum |
| Schlagworte | 6. Jahrhundert • Apokalypse • Beschleunigung • Chronologie • Eschatologie • Historiographie • Justinian • Kaiserkritik • Nontemporalität • Oströmisches Reich • Pluritemporalität • retardation • Spätantike • Temporalität • Weltende • Weltuntergangserwartung • Zeitregime • zeitvorstellungen • Zeitwahrnehmung |
| ISBN-10 | 3-16-164885-4 / 3161648854 |
| ISBN-13 | 978-3-16-164885-4 / 9783161648854 |
| Zustand | Neuware |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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