Zum Hauptinhalt springen
Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de
Jules Verne und die Entdeckung der Meeresforschung - Bettina Wurche

Jules Verne und die Entdeckung der Meeresforschung (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025
264 Seiten
Hirnkost (Verlag)
978-3-98857-058-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
(CHF 12,65)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Jules Verne (1828-1905) ist der Erfinder des wissenschaftlichen Romans mit Science-Fiction-Elementen. Er lebte und schrieb in einer Zeit der bahnbrechenden Erfindungen, Entdeckungen, die er begeistert aufnahm und den Faden weiter bis ins Fiktive spann. Seine Helden stießen in die Ozeane, den Luft- und Weltraum und unter die Erde vor. Vernes zahlreiche Romane enthalten viel Fachwissen, eingebettet in aufregende Abenteuer. Sein Roman 'Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer' ist eines seiner wichtigsten Werke und ein einzigartiges Zeugnis der Entstehung der Meeresbiologie. Darin schickt der französische Autor seinen Prof. Aronnax, einen berühmten französischen Meeresbiologen auf ein unglaubliches Abenteuer durch die Ozeane, von exotischen Inseln bis in die Tiefsee und zum Südpol. Dafür erdachte Verne das erste literarische Tauchboot und erschuf den rätselhaften, düsteren Kapitän Nemo als Aronnax` Antagonisten. Bettina Wurche erkundet in ihrem Buch 'Jules Verne und die Entdeckung der Meeresforschung', wie viel Wissenschaft und Technik in Vernes Meeresepos steckt, was damals bereits erforscht und erfunden war und was er sich dazu ausgedacht hatte.

Die Diplom-Biologin und Wissenschafts-Journalistin Bettina Wurche studierte in Hamburg Zoologie, Fischereiwissenschaft und Paläontologie. Nach Seereisen in Arktis und Antarktis strandete sie schließlich in Darmstadt. Ihr Schwerpunkt liegt heute auf der Wissens- und Wissenschaftskommunikation in Texten und Vorträgen. Auf ihrem SciLog Meertext schreibt sie vor allem über Meere und Meereswesen der Vergangenheit, der Gegenwart und Zukunft - Wale, Fische und Plankton, Tiefsee und Polargebiete sowie die Folgen der Klimakrise im Meer. Manchmal macht sie auch Abstecher ins Weltall, in die Astrobiologie und Raumfahrt. Außerdem ist sie bekennender Science Fiction-Fan.

MEER UND MENSCH – VON DER FURCHT ZUM VERGNÜGEN


„Ein biederer holländischer Seemann, ein untrüglicher und kühler Beobachter, […] gesteht offen, dass der erste Eindruck, den man vom Meer empfängt, Furcht ist. […] Verwundern wir uns nicht, wenn die gewaltige Wassermasse […], fremd und düster in ihrer nicht zu erschließenden Tiefe, der menschlichen Einbildungskraft immer beängstigend erschien.“

Michelet: Das Meer (2006, S. 16–17)

Der Meeresboden liegt unter großen Mengen Wassers, das macht ihn unnahbar und geheimnisvoll gleichermaßen. Lange Zeit konnten nur wenige Menschen nur an den Meeresküsten oder an seiner Oberfläche einen kleinen Einblick in diese andere Welt nehmen. Die Nähe zum Meer war oft feucht, kalt und gefährlich, jederzeit konnte die nächste Flut oder Sturmflut kommen. Nur arme Leute wohnten dort und setzten sich diesen Unbilden freiwillig aus. Fischer, die mit kleinen Booten dem feindlichen Element ihren kleinen Fang auch bei Kälte und Sturm entrissen, und arme Landarbeiter, die den kargen Küstenstrichen mit ihrem schlechten Boden schlechte Ernten abtrotzen mussten. Die eisigen Winde und die salzige Feuchtigkeit des Meeres drangen durch die schäbigen Mauern und undichten Fenster dieser Küstenkaten und machten deren Bewohner krank. Wer sich auf das Meer begab, auf den Planken zerbrechlicher, Wind und Wogen ausgesetzter Segelschiffe, wusste nie, ob er das Ziel seiner Reise erreichen würde. Strömungen und Stürme, vielleicht sogar Piraten und möglicherweise Meeresungeheuer boten vielfältige Gefahren. Gerade die Meere Nord- und Westeuropas waren nicht gerade lieblich, kaum jemand machte in diesen Gebieten eine Vergnügungsfahrt. Fischer, Walfänger und andere Seeleute hatten ein gefährliches Leben, oft kamen sie früh um und hinterließen fast mittellose Witwen und Waisenkinder.

So war das Meer bis 1800 für die Menschen überwiegend beängstigend. Erst später entwickelten Gruppen wie etwa die Quäker-Walfänger der US-amerikanischen Ostküste erste Kooperativen und Pensionskassen für eine Versorgung der Hinterbliebenen, wie Herman Melville 1851 in seinem berühmten Moby Dick schilderte (s. Melville 1955, S. 103). Aber die meisten Seeleute und ihre Familien blieben weniger privilegiert. Erst mit dem Einsetzen der Dampf- und Motorschifffahrt wurden Seereisen weniger gefährlich, vorhersagbarer und lohnenswerter.

Jules Michelet: La Mer


Der französische Historiker Jules Michelet hatte 1861 mit seiner naturhistorischen und naturphilosophischen Abhandlung Das Meer (La mer) (s. Michelet 2006) das damalige Standardwerk vorgelegt.

Voller ursprünglicher Gewalt lässt Michelet die Wellen unbezwingbar und unaufhaltbar an den Strand rauschen und an die Kaimauern schlagen. Kein Mensch kann im Wasser atmen, die trügerisch glitzernde Meeresoberfläche ist eine Trennmauer zwischen zwei Welten. Unendlich tief und ausgedehnt erscheint das Meer und überwältigt mit dieser scheinbaren Unendlichkeit die Menschen, die staunend an seinen Ufern stehen. Mit seiner Kraft, seiner Tiefe, seiner Ausdehnung und Fremdartigkeit übersteigt das Meer das Begriffsvermögen der Menschen. Mit solch pompösen Schilderungen führt Jules Michelet die Leser in seine Meereswelten ein (s. Michelet 2006, S. 16 ff.).

Das Meer (La mer) changiert zwischen Naturkunde und Philosophie, beschreibt Fakten in poetischer bis pathetischer Sprache und bewertet sie vor allem aus anthropozentrischer Sicht: „Quallen und Weichtiere waren im allgemeinen arglose Kreaturen“ – friedliche Kreaturen, kaum Fleischfresser, so beschreibt der Historiker Medusen. Was für ein profundes Fehlurteil, schließlich sind diese durchsichtigen, gallertigen Tiere mit ihren Nesselkapseln gewandte Meeresjäger, die sogar Menschen töten können. Fakten und Sprache, Perspektive und Selbstverständnis entsprechen dem Stand der Zeit bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts; die moderne Erforschung vieler Meeresbewohner begann gerade erst. Begeistert schreibt Michelet vom Liebesleben der Tange (s. Michelet 2006, S. 118) oder schwärmt ausschweifend von der Vielfalt, Schönheit und Fragilität fossiler und rezenter Korallen sowie ihrer architektonisch so beeindruckenden Riffe. Fiktive Dialoge wechseln ab mit wissenschaftlichen Beschreibungen; Sachkunde, Begeisterung und Poesie verwebt er eng in Formulierungen wie: „Unser Naturgeschichtsmuseum ist ein Feenpalast“ (Michelet 2006, S. 119).

Trotz seines Pathos und seiner anthropozentrischen Perspektive war Michelet auch ein erster Mahner und warnte vor den Auswirkungen der Industrialisierung auf die Meere, etwa im Walfang und der Kabeljau-Fischerei. Er mahnte, die Schätze des Meeres zu erhalten und keinen Raubbau zu betreiben. Damit war er seiner Zeit weit voraus, denn zum damaligen Zeitpunkt konnte sich noch kaum jemand vorstellen, dass auch die Ressourcen des Meeres endlich sein könnten. Leider hat er die Folgen der Industrialisierung des Meeres ganz richtig eingeschätzt (s. Michelet 2006, S. 231).

Das Liebesleben der Tange und andere schlüpfrige Intimitäten aus den Ozeanen hatten in der damaligen Prüderie übrigens für reichlich Aufregung gesorgt, gleichzeitig garantierten die skandalösen Schilderungen auch viel Aufmerksamkeit und waren sicherlich verkaufsfördernd.

Die Industrialisierung des Meeres


Im 19. Jahrhundert standen mit der aufkommenden Industrialisierung neue Methoden und Techniken zur Bezwingung der Ozeane zur Verfügung. Die Industrialisierung hielt auch in der Seefahrt und Fischerei Einzug, mit Maschinenleistung wuchsen die Fangmengen enorm an. Dampfantriebe machten die Schifffahrt wesentlich sicherer; Seeleute waren nicht mehr den launischen Winden oder Flauten ausgesetzt, sondern erreichten ihr Ziel schnell, beständig und sicher in einer berechenbaren Zeit. Erschwingliche Navigationsinstrumente erleichterten und präzisierten die Navigation selbst in den abgelegenen Gewässern des Nordpazifiks oder des gigantischen Südozeans. Nach einem ersten Meeres-Goldrausch nahmen die Bestände einiger Arten schnell und sichtbar ab, etwa die Walbestände und der nordatlantische Kabeljau.

Die gleichen technischen Entwicklungen ermöglichten im 19. Jahrhundert auch schnelle Fortschritte bei der systematischen Erforschung der Meere: Zuverlässige Uhren, hochwertiges Instrumentenglas und schnelle Fortschritte in der Metallverarbeitung machten Instrumente besser und für immer mehr Menschen bezahlbar. Bis dahin hatten vor allem Marineschiffe zuverlässige und kontinuierliche Messreihen durchgeführt, vor allem die englische Royal Navy arbeitete mit Naturwissenschaftlern wie Alexander von Humboldt zusammen. Für die englische Krone und ihr Kolonialreich waren diese Daten die Basis für exakte Karten, die ihre Herrschaft zur See sicherten. Die neu entwickelten Messinstrumente ermöglichten nun die konsequente und akkurate Vermessung der Ozeane und ihrer Strömungen, deren Temperaturen und Fließgeschwindigkeiten auch durch zivile Forscher; dies war der Beginn der modernen Ozeanographie. War Meeresforschung bisher eine hoheitliche Aufgabe der Marine oder das Freizeitvergnügen finanziell unabhängiger Menschen, entwickelte sich nun eine Professionalisierung der Ozeanographie als eigene Wissenschaft. So konnten auch Zivilisten ohne eigenes Vermögen forschen, wenn sie fachlich geeignet waren.

Gleichzeitig war es mit der neu entwickelten Eisenbahn immer einfacher, auch vom Hinterland aus die Küsten zu erreichen. So kamen immer mehr Bürger an die Strände, um sich dort für eine kurze Zeit am Meer zu vergnügen. Durch die schnellere und günstigere Anreise konnten sie einen vergnüglichen Wochenendausflug oder eine kurze Urlaubsreise planen, um die Schätze des Meeres zu entdecken. Zu den bevorzugten Meeresfunden gehörten Muscheln und Schnecken, die sogenannten Conchylien, und an einigen Stellen auch versteinerte „Kuriositäten“, also Fossilien.

Als dann noch ärztliche Empfehlungen zur heilsamen Wirkung des Meerwassers aufkamen, führte dies zur Gründung der ersten Badeorte, zunächst in England, etwas später in Deutschland und in Frankreich. Am Meer konnte man und frau flanieren und dabei gesunde Luft atmen. Bei gutem Wetter verlockte das blaue Glitzern der Wellen Müßiggänger zum Betrachten, Hineinwaten oder gar zum Schwimmen, meist von einem Badekarren aus und im hochgeschlossenen Schwimmgewand. Etwas betuchtere Meeresbesucher mieteten sich für die Ferien in einer Pension oder gar einem Hotel ein und konnten sich dann auch noch an den Sonnenauf- und -untergängen sowie kulturellen Angeboten erfreuen. So wurde das Meer vom feuchtkalten Ort des Schreckens zu einem verlockenden Ort für Entdeckungen, Erholung und Müßiggang (s. Brunner 2003, S. 12).

Aus der barocken Wunderkammer an den Strand und ins bürgerliche Wohnzimmer


Seit der Renaissance hatten außergewöhnliche Objekte aus der Natur ihren Platz in Wunderkammern und Raritätenkabinetten gefunden. Dabei wurde meist fern jeglicher biologischer, geologischer oder sonstiger Systematik alles gesammelt und arrangiert, was einem Mitteleuropäer außergewöhnlich erschien: Versteinerungen, Mineralien, Pflanzen, Eier, Mumien von Menschen und Tieren, marine Objekte wie Muscheln, Schnecken und Korallen genauso wie ethnologische oder Kunstobjekte. Zunächst nur unter Fürsten verbreitet, wurde diese...

Erscheint lt. Verlag 10.6.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Schlagworte 20 000 Meilen unter dem Meer • Amiens • französische Science Fiction • Futurologie • Jules Verne • Literaturwissenschaft • Meeresforschung • Umwelt • Utopie • Vorhersage von technischen Entwicklungen • Zukunft
ISBN-10 3-98857-058-3 / 3988570583
ISBN-13 978-3-98857-058-1 / 9783988570581
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich