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Der Spitzbunker in Limburg an der Lahn -  Bernd Weil

Der Spitzbunker in Limburg an der Lahn (eBook)

Die Geschichte eines Relikts aus der Zeit des Nationalsozialismus

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
192 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7693-7558-9 (ISBN)
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Der Luftschutzturm in Limburg an der Lahn ist außen wie innen original erhalten geblieben und kann Besuchern bis heute als militärhistorisches, authentisches Anschauungsobjekt dienen. Solche Spitzbunker der Bauart Winkel waren nach ihrem Konstrukteur Leo Winkel aus Duisburg benannt. Zwischen den Jahren 1936 und 1941 wurden in Deutschland und Österreich mehr als 200 Winkel-Türme gebaut. Sie dienten vor allem dem Werkluftschutz, dem Militär und den von der Deutschen Reichsbahn unterhaltenen Reichsbahnausbesserungswerken. Das spitze, steil abfallende Dach des Hochbunkers in Limburg bot nur eine sehr geringe Angriffsfläche für Bomben, die bei einem Treffer abgleiten sollten, ohne zu explodieren. Der markante Bunker, der inzwischen fast rundum mit Efeu und anderen rankenden Pflanzen bewachsen ist und von dessen Bedeutung viele Menschen bisher gar nichts wussten, steht wegen seiner zeitgeschichtlichen Bedeutung seit einigen Jahren unter Denkmalschutz des Landes Hessen. Die vorliegende Monografie stellt die erste und bisher einzige umfangreiche Abhandlung über den Limburger Hochbunker dar und schließt damit eine Lücke der historischen Forschung.

Dr. phil. Bernd A. Weil M. A., geboren am 28. November 1953, ist verheiratet mit Jutta Reichwein-Weil und studierte Germanistik, Politikwissenschaft, Geschichte, Diplompädagogik und Diplompsychologie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er ist Oberstudienrat, Diplompsychologe, Sozialpädagoge, Autor, Herausgeber und Verleger, war Rezensent der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn und der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden sowie Gutachter beim Hessischen Kultusministerium und bei verschiedenen internationalen Instituten. Neben zahlreichen Buchveröffentlichungen schrieb der Publizist und Vortragsreferent viele Beiträge für Bibliografien, Lexika, Zeitungen, Fachzeitschriften, Internet und Rundfunk.

Der Spitzbunker an der WERKStadt


Auf dem Gelände des am 26. August 2009 eröffneten Einkaufsund Erlebnis-Centers WERKStadt in Limburg an der Lahn21 fällt ein Bauwerk zwischen dem Parkdeck und dem Seniorenzentrum St. Georg sofort ins Auge. Es handelt sich um einen frei stehenden Hochbunker aus der Zeit des Nationalsozialismus, der nach seinem Erfinder auch Winkel-Turm genannt wird. Man findet den Betonbunker im Rohrweg 2 auf dem Flurstück 1/27. Die geografischen Koordinaten lauten nach dem Kartenbezugssystem WGS84: 50° 23' 5.0244" N, 8° 3' 26.4276" E oder in Dezimalgraden (DG): 50.384729 N, 8.057341 E. Im modernen What 3 Words-System (w3w) wird dieser Ort mit den drei Wörtern "möwen.nebel.bewohnt" lokalisiert.22 Die Höhe des Bunkereingangs über Normalhöhennull beträgt 124 Meter.

Spitzbunker hinter dem Parkdeck aus der Vogelperspektive23

Hoch- oder Spitzbunker der Bauart Winkel in Limburg

Bei dem Betonkegel mit einem konisch zulaufenden Knick etwa 3,50 Meter unterhalb der Spitze handelt es sich um einen ehemaligen Luftschutzbunker (LS-Bunker) der Bauart Winkel. Das Gebäude wurde vor einigen Jahren mit einem äußeren Blitzschutz versehen.24 Von der Fangeinrichtung in Form einer metallischen Stange ("Fangstange") an der Turmspitze verläuft der Blitzableiter entlang der äußeren Bunkerwand bis zum Fundament- und Tiefenerder im Erdreich, um bei einem Blitzeinschlag den enormen Blitzstrom mit einem durchschnittlichen Scheitelwert von 20 Kiloampere (kA) sicher in die Erde abzuleiten.25

Der Luftschutzbunker vom Parkdeck aus gesehen26

Benannt wurde der Betonbunker nach Ludwig Leo Winkel, der am 15. September 1885 in Köln geboren wurde. Nach Abschluss seines Architekturstudiums, wurde er in der Bauabteilung der Gewerkschaft Deutscher Kaiser (GDK), Bergbau, in Hamborn bei Duisburg als "Baumeister" angestellt. Diese veraltete Berufsbezeichnung würde heute der eines Architekten oder Bauingenieurs entsprechen. Leo Winkel arbeitete unter anderem auch am Bau der 1901 fertiggestellten katholischen Pfarrkirche St. Agnes am Neusser Platz in Köln mit. Im Jahr 1916 wechselte er als Baumeister in die Bauabteilung des Unternehmens von August Thyssen (1842-1926) in Hamborn, für die er Werksanlagen und Werkswohnungen baute. Da man seine Tätigkeit als kriegswichtig einstufte, wurde Leo Winkel weder im Ersten noch im Zweiten Weltkrieg zum Militärdienst eingezogen. Seit Anfang der dreißiger Jahre beschäftigte er sich mit der Konstruktion oberirdischer Schutzbauwerke aus Stahlbeton und anderen Betonarten, während man bisher nur unterirdische Bunkeranlagen geplant und gebaut hatte. Die von ihm entwickelten neuartigen Luftschutzbunker der "Bauart Winkel" wurden nach ihm benannt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Leo Winkel weiter erfolgreich als Architekt tätig. Im hohen Alter von neunzig Jahren entdeckte er für sich die Malerei und brachte vor allem idyllische Landschafts- und Stadtansichten (besonders von seiner Geburtsstadt Köln) in Öl und Wasserfarben auf die Leinwände, darunter auch ein Gemälde aus dem Jahr 1978 im Stil der naiven Malerei, das einen von ihm konstruierten Luftschutzturm vor einer Rheinlandschaft mit Menschen, Häusern und Industrieanlagen darstellt.27

Ludwig Leo Winkel erfreute sich bis zu seinem Lebensende einer guten Gesundheit, obwohl er bis zum Schluss Zigarren rauchte. Er starb am 12. März 1981 im Alter von 95 Jahren in Duisburg. Beigesetzt wurde Leo Winkel auf dem Friedhof im niederrheinischen Dinslaken in Nordrhein-Westfalen (NRW).

Das von Leo Winkel am 18. September 1934 beim Reichspatentamt in Berlin-Kreuzberg (Gitschiner Straße / Ecke Lindenstraße) mit der Anmelde-Nr. T 0044444 (DE1934T0044444D) eingereichte erste Patent erhielt die Nummer 658344A. Laut den Konstruktionsunterlagen plante er einen frei stehenden, etwa zwanzig Meter hohen, sehr schlanken Turm mit sieben oberirdischen und zwei unterirdischen Stockwerken sowie Raum für 200 Personen. Durch die spitze, an eine Granate erinnernde schlanke Form mit einer Wandstärke von nur 20 bis 30 Zentimeter eisenverstärktem Stampfbeton sollten laut Patentschrift "etwa aufschlagende Bomben wirkungslos abgleiten" und – wenn überhaupt – erst am Boden detonieren oder dort liegen bleiben.

Nach ersten Versuchen im September 1935 wurde ein Luftschutzbunker der Bauart Winkel bereits vor seiner Freigabe am 8. Januar 1936 von der Reichsanstalt der Luftwaffe für Luftschutz auf dem sogenannten "B-Platz" der Luftwaffen-Erprobungsstelle am Südostufer der Müritz bei Rechlin im heutigen Mecklenburg-Vorpommern auf Bombentauglichkeit getestet.28 Es wurden 500 kg- und 1.000 kg-Sprengbomben sowohl von Sturzkampfbombern (Stukas) auf das Bauwerk abgeworfen als auch an der Außenwand angebracht und elektrisch aus der Ferne gezündet. Die durchgeführten, streng geheimen Erprobungen unterstanden dem Bauingenieur und ordentlichen Professor Dr. Ing. habil. Theodor Maximilian August Kristen (1888-1976),29 dem späteren Leiter des 1937 gegründeten Instituts für baulichen Luftschutz an der Technischen Hochschule Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig.30 Um die Wirkung des Bombendrucks auf das Gehör zu testen, wurden Ziegen auf allen Stockwerken am Inneren der Außenwand festgebunden. Während der Luftschutzturm nahezu unbeschädigt blieb, verloren fast alle Ziegen ihr Gehör, weswegen immer ein Mindestabstand von dreißig bis fünfzig Zentimetern zur Außenwand vorgeschrieben wurde.31 Diese Empfehlung wurde im Limburger Luftschutzbunker allerdings nicht eingehalten.

Nach erfolgreichem Abschluss der Tests bei Rechlin erhielt der als "volltreffersicher" geltende Winkel-Turm am 4. September 1936 eine vorbehaltliche Vertriebserlaubnis. Der Reichsminister der Luftfahrt (RdL) und Oberbefehlshaber der Luftwaffe (ObdL) Hermann Göring (1893-1946) betonte in einem als "geheim" eingestuften Schreiben vom 18. September 1936, dass "das Ziel in vollem Umfang erreicht worden ist".

Am 31. Dezember 1936 meldete Leo Winkel (1885-1981) eine Firma mit dem Namen "L. Winkel & Co. Luftschutztürme Duisburg" an, die er neben seiner Tätigkeit bei Thyssen leitete. Als Gründungskapital verfügte Leo Winkel über 15.000,- Reichsmark (RM), dessen heutiges Kaufkraftäquivalent bei etwa 105.000,- Euro (€) liegt.32

Am 26. Juli 1937 bekam Leo Winkel vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring "die widerrufliche Genehmigung zum Vertrieb des Luftschutzturmes der »Bauart Winkel«", der im November 1937 offiziell in Serie ging.

Wegen der sich stark zuspitzenden Verknappung von Rohstoffen wie Stahl und Zement wurde Leo Winkel aber bereits am 4. Mai 1937 von Hermann Göring gemäß den Schutzraumbestimmungen dazu veranlasst, den Stahlbedarf seiner Luftschutztürme um die Hälfte zu reduzieren, was zu einer entsprechenden Neukonstruktion seines ersten Patents führte.

Am 22. Februar 1938 hatte Winkel eine überarbeitete, im verbauten Material (Eisen, Zement und Holz) stark reduzierte Version seines Luftschutzturms unter der Patentnummer 702711 beim Reichspatentamt eingereicht (zweites Patent). Gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung vom 28. April 1938 dehnte sich der Patentschutz damit auch auf Österreich aus.33

Im Jahr 1940 wurde dieser auch im Innenausbau verbesserte Winkel-Turm von der Fachgruppe Bauwesen des Nationalsozialistischen Bundes Deutscher Techniker (NSBDT) beim Preiswettbewerb "Alarm" unter 1.150 Bewerbern prämiert,34 worauf Leo Winkel in diversen Anzeigen und in seiner Werbeschrift "5 Jahre Winkelturm" 1940 ausdrücklich hinwies.35 Als entscheidend bei dem Preisausschreiben galt, dass der Luftschutzraum bombensicher war, sich gut in die Umgebung einfügte und in möglichst kurzer Frist ausgeführt werden konnte.36

Werbeschrift "5 Jahre Winkelturm"

Am 9. April 1938 wurde Leo Winkel für seine inzwischen erneut verbesserte Konstruktion vom Reichspatentamt unter der Nummer 658344C (heute DE658344C)37 ein drittes Patent zuerkannt. Darin findet sich die folgende Konstruktionsbeschreibung: "Luftschutzgebäude, bestehend aus einem frei stehenden, übereinander angeordnete Schutzräume enthaltenden, sich kaminartig über den Erdboden erhebenden, vorteilhaft aus eisenbewehrtem Beton gebildeten Turm, der vorzugsweise Kegelform besitzt."

Am 10. Oktober 1940 befahl Adolf Hitler das als "geheim" deklarierte "Luftschutz-" oder "Führer-Sofortprogramm", den sogenannten "Führer-Erlass" zur "Sonderaktion Luftschutzbau". Mit der daraus resultierenden kriegswichtigen "Anweisung für den Bau bombensicherer Luftschutzräume" des Reichsministers der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe Hermann Göring vom 25. November 194038 begann man im gesamten Deutschen Reich verstärkt mit der Planung und dem Bau...

Erscheint lt. Verlag 27.3.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte 1918 bis 1945
ISBN-10 3-7693-7558-0 / 3769375580
ISBN-13 978-3-7693-7558-9 / 9783769375589
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