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China (eBook)

Auswege aus einem Dilemma
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
256 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3611-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

China - Felix Lee, Finn Mayer-Kuckuk
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Spiegel-Bestsellerautor Felix Lee und Finn Mayer-Kuckuk, langjähriger Handelsblatt-Korrespondent, entwerfen Wege aus dem China-Dilemma.

Xi Jinping verfolgt knallharte Interessen: die Formung einer Welt mit China an der Spitze. Deutschland spielt derzeit dabei nur eine nützliche Nebenrolle. Das zu erkennen, sollte uns nicht frustrieren, sondern motivieren! Wenn wir Schlüsseltechnologien, Infrastruktur und Digitalisierung vorantreiben, Entscheidungen in Politik und Wirtschaft beschleunigen und vor allem zwei Verhaltensweisen ablegen: unsere Unentschlossenheit und unser Harmoniedenken - dann können wir wieder Verhandlungspartner auf Augenhöhe werden. Denn China braucht uns, politisch, aber auch wirtschaftlich. China-Experte und Spiegel-Bestsellerautor Felix Lee und der langjähriger Handelsblatt-Korrespondent für Ostasien Finn Mayer-Kuckuk entwerfen Wege aus dem China-Dilemma.

'China stellt unser System infrage - das sollte uns nicht frustrieren, sondern motivieren!' Felix Lee und Finn Mayer-Kuckuk, China-Experten.

Das neue Buch von Felix Lee, Autor des Spiegel-Bestsellers 'China, mein Vater und ich'.



Felix Lee, geb. 1975 in Wolfsburg, studierte Soziologie, Volkswirtschaft und Politik und absolvierte die Berliner Journalistenschule. Von 2003 bis 2022 arbeitete er als Wirtschafts- und Politikredakteur der taz. Ab 2010 war er neun Jahre China-Korrespondent in Peking. Er arbeitete für Table Media, bevor er Redakteur bei Süddeutsche Zeitung Dossier wurde. Sein Buch 'China, mein Vater und ich' wurde zum Spiegel-Bestseller, gewann den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis 2023 und war ein Jahr lang unter den Top 10 des manager magazin. Er lebt in Berlin.

1Von China umgarnt – nirgends ist Pekings Umgang mit der Welt besser zu beobachten als auf Kinmen


Kinmen wirkt heute wie ein Urlaubsparadies. Fischerdörfer schmücken die beiden Hauptinseln, alte Tempel, die zu Ehren der daoistischen Göttin Mazu errichtet wurden, Beschützerin der Seeleute, leuchten in der Sonne. Den Uferweg auf den Klippen flitzen Mountainbiker entlang. Unten am Strand flanieren Liebespaare, die glitzernde Skyline der Millionenstadt Xiamen auf dem gegenüberliegenden Festland vor Augen.

Xiamen liegt an Chinas Küste, während Kinmen zu Taiwan gehört. Die chinesische Führung betrachtet Taiwan als abtrünniges Territorium. Staats- und Parteichef Xi Jinping kündigt regelmäßig eine »Wiedervereinigung« mit Taiwan an,1 während Taiwan gar nicht zur Volksrepublik gehören will und auch niemals dazugehörte. Als die Volksrepublik 1949 gegründet wurde, war Taiwan faktisch schon unabhängig. Seit Xi an der Macht ist, führt die Volksbefreiungsarmee auffällig oft Manöver im Meer um Taiwan durch und dringt dabei auch in Gebiete vor, die die Inselrepublik für sich beansprucht.

Die Einwohner der kleinen Inseln direkt vor Chinas Küste sind zwar in einer völlig anderen Lage als beispielsweise Menschen in Deutschland, dennoch lässt sich aus der Art und Weise, wie Kinmen von China geradezu eingesponnen wird, eine für die westliche Welt wichtige Lehre ziehen. Ausschlaggebend ist dabei Chinas Doppelstrategie: Es droht und umarmt gleichzeitig.

In Ufernähe der Kinmen-Inseln ragen noch immer schräg in den Boden gerammte Eisenträger aus dem Wasser. Sie sollten einst vor Landungsbooten des Feindes schützen. Denn China, das war – und ist – für viele Taiwaner: der Feind. Bis heute wagt es das seit über 70 Jahren selbstständig regierte Land mit eigenem Militär und Rechtssystem nicht, offiziell seine Unabhängigkeit zu erklären. So sehr fürchtet die Republik China, wie sich Taiwan nennt, einen Konflikt mit seinem übermächtigen Nachbarn.

Dass Kinmen überhaupt zu Taiwan gehört, hat es dem Führer der Nationalen Volkspartei, der Kuomintang (KMT), zu verdanken: Chiang Kai-shek. Der musste sich 1949 nach seiner Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten unter Mao Zedong mit seinen Anhängern vom chinesischen Festland nach Taiwan zurückziehen. Kinmen konnte Chiangs Armee trotz der Nähe zu China halten. Von hier aus wollte er das Riesenreich zurückerobern und baute die Inseln zu einer Festung aus. Mehr als 100 000 Soldaten stationierte er zeitweise hinter den Verteidigungsanlagen. Dabei ist die Kinmen-Gruppe zusammengenommen kleiner als Fehmarn.

Mehrere Male griff Maos Volksbefreiungsarmee Kinmen an. Einmal im Oktober 1949. Chiangs Truppen konnten den Angriff mithilfe der USA erfolgreich abwehren. Der zweite Angriff erfolgte am 3. September 1954, diesmal als monatelanges Bombardement. Vier Jahre später beschoss Chinas Volksbefreiungsarmee Kinmen erneut. Noch bis in die Mitte der Siebzigerjahre hielten die Angriffe an. Eine Million Granaten ging im Lauf der Jahrzehnte auf Groß-Kinmen und Klein-Kinmen nieder. 2500 Zivilisten und Soldaten kamen ums Leben. In den Hirsefeldern sind noch immer Stöckchen zu sehen, die die Fundorte ihrer Leichen markieren. Bis 1992 galt auf Kinmen das Kriegsrecht, Brieftauben waren verboten, ebenso wie helle Kleidung. Die Bewohner lebten wie Maulwürfe in Verteidigungsanlagen unter ihren Dörfern.

Im Südteil der Hauptinsel befindet sich heute noch ein in den Felsen gesprengter, etwa 350 Meter langer Tunnel mit Zugang zum Meer, in dem einst kleine Kriegsschiffe versteckt wurden. Inzwischen finden in den farbig beleuchteten Höhlen Klassikkonzerte statt.

Entlang der Klippen, teilweise in die Felsen einbetoniert, stehen Bunker umzäunt von Stacheldraht. Sie sind allesamt außer Betrieb, Relikte der Vergangenheit. Die Behörden haben einige der Abwehranlagen für Touristen zugänglich gemacht. Darin zu sehen sind auch ausrangierte Panzer und Kanonen, die aufs Festland zielen.

Am Kliff von Beishan, dem nördlichsten Zipfel der Hauptinsel, erhebt sich ein Turm von etwa 15 Metern in die Höhe, an dem 48 Lautsprecher installiert sind. Sie dienten dazu, China mit Propaganda zu beschallen. Auf dem chinesischen Festland befanden sich ebenfalls Lautsprecher. In den 1950er Jahren beschimpften sich beide Seiten über diese Anlagen anhaltend und lautstark. Später versuchte die taiwanische Seite, ihre Widersacher mit taiwanischen Schlagern für sich zu gewinnen.

Ein paar der Lautsprecher sind heute noch in Betrieb. Allerdings nur für Touristen. Manchmal erklingt daraus die Stimme der inzwischen verstorbenen taiwanischen Sängerin Teresa Teng mit dem Ohrwurm »Tianmimi«. Die erste Zeile lautet: »So süß wie der Honig dein Lächeln.« Und weiter: »Wo habe ich dich bloß gesehen?« – eine Anspielung, dass zusammenwachsen soll, was zusammengehört? Teresa Teng war in den 1980er Jahren auch in der Volksrepublik ein Star. Weil ihre Musik von Kinmen aus übers Meer schallte? Schon möglich.

Das friedliche Miteinander in jüngster Zeit ist also nicht selbstverständlich und nur wegen der exponierten Lage von Kinmen möglich. Was die kleine Inselgruppe früher gefährdet hat, schützt sie heute: die Entfernung zu Taiwans Hauptinsel. Unter Militärexperten kursieren viele Szenarien, wie ein Krieg um Taiwan beginnen könnte. Ein Angriff der Volksbefreiungsarmee auf Kinmen als erster Schritt gilt dabei jedoch als unwahrscheinlich.

Taiwans militärische Verteidigung beruht maßgeblich auf Hilfen der USA. Wäre Taiwan auf sich allein gestellt, würde Chinas Armee sämtliche wichtigen Militäreinrichtungen Taiwans binnen weniger Tage ausschalten. Nicht aber, wenn die USA rechtzeitig eingreifen. Sollte die Volksbefreiungsarmee Kinmen angreifen, wären Taipeh und Washington rechtzeitig alarmiert und könnten den Gegenangriff beginnen. Ein Erstschlag auf Kinmen würde den Alliierten also wertvolle Zeit verschaffen. Wenn die Volksbefreiungsarmee Taiwans Verteidigung überrennen will, muss sie das Land als Ganzes und in einem Zug angreifen.

Chinas Führung verfolgt gegenüber Kinmen aber eine völlig andere Strategie. Sie kommt ganz ohne Waffen aus, ist viel effektiver – und bereits im Gange. Sie lautet: Einnahme durch Umarmung.

Nirgendwo ist Chinas Umgang mit der Welt daher besser zu beobachten als auf Kinmen. Die Inselgruppe befindet sich nur eine halbe Fährstunde von Xiamen entfernt, einer boomenden Vier-Millionen-Metropole. Alle 20 Minuten verkehren Fähren zwischen Kinmen und Xiamen. Chinesische Touristen decken sich in Kinmen mit Gaoliang ein, einem Hirseschnaps, für den Kinmen seit Jahrhunderten berühmt ist. Und sie kaufen Messer und andere Souvenirs aus Granaten, die ihre Großeltern einst auf Kinmen geschossen haben. Die Menschen von Kinmen wiederum vergnügen sich in den großen Shoppingmalls von Xiamen, den Multiplexkinos und Restaurants. Sie genießen das Großstadtleben, das sie auf ihren von Fischerei und Hirseanbau geprägten Inseln nicht haben.

An der Wand des Besprechungsraums von Li Wenliang, dem stellvertretenden Bürgermeister des Landkreises Kinmen, hängt eine Karte. Zu sehen sind Kinmen und Xiamen. Bürgermeister Li zeigt auf eine durchgezogene Linie, die eine bereits bestehende Pipeline darstellt, über die das chinesische Festland Kinmen mit Leitungswasser versorgt. Dann macht er auf gestrichelte Linien aufmerksam: Stromleitungen zwischen China und Kinmen. Als nächstes deutet Li auf den internationalen Flughafen von Xiamen, der sich momentan noch im Inland befindet. Er soll aber verlegt werden. Mit seinem Zeigefinger tippt Li auf zwei kleine Inseln zwischen Kinmen und dem Festland, in der Realität nicht größer als zwei aus dem Wasser ragende Felsen. Den Raum dazwischen schüttet China derzeit auf. Entstehen soll darauf eine riesige Start- und Landebahn für den neuen Flughafen. Das erste Terminal ist im Bau. Sobald es vollendet ist – und das soll bereits 2025 der Fall sein –, wird das chinesische Festland so nah an Kinmen herangerückt sein, dass man fast einen Stein hinüberwerfen könnte.

Auch eine Brücke will China nach Kinmen bauen. Die Regierung in Taiwans Hauptstadt Taipeh will diese Brücke auf keinen Fall. Eine Mehrheit der Menschen in Kinmen hingegen schon. »Wir haben seit 30 Jahren regelmäßigen Fährverkehr«, sagt Chen Tsang-chiang, ...

Erscheint lt. Verlag 15.10.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management
Schlagworte Bestseller Sachbuch • China und ich • Ostasien • Wirtschaft • Wirtschaftsmacht • Wirtschaftspolitik
ISBN-10 3-8412-3611-1 / 3841236111
ISBN-13 978-3-8412-3611-1 / 9783841236111
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