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Monumenta Rhenaniae Historica (eBook)

Texte und Bilder zur Geschichte des Rheinlandes, Band 9

Norbert Flörken (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024
220 Seiten
BoD - Books on Demand (Verlag)
9783759725820 (ISBN)

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Monumenta Rhenaniae Historica -
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Texte und Bilder zur Geschichte Bonns, Kölns oder des Rheinlandes von der Frühgeschichte über das Mittelalter und die Frühe Zeit bis in die Gegenwart

DAS 20. JAHRHUNDERT


1914 DIE MENSCHEN VON OBERKASSEL


Funde aus der Späteiszeit vor 14.000 Jahren

Bei Steinbrucharbeiten56 stießen Arbeiter 1914 an der Rabenlay in BonnOberkassel unverhofft auf menschliche Knochen: Verborgen unter Basaltplatten und Sediment fanden sie die Skelettreste57 zweier Menschen und eines hundeartigen Tieres, sowie Kunstgegenstände und einige weitere Tierknochen. Es war die späteiszeitliche regelrechte Doppelbestattung einer etwa 25-jährigen Frau und eines 35 bis 45-jährigen Mannes, gemeinsam beigesetzt mit einem Haushund und Kunstobjekten, alle rund 14.000 Jahre alt. Die Skelette zählen zu den ältesten Funden anatomisch moderner Menschen (homo sapiens sapiens).

Der Mann war etwa 1,68 m groß und 72,5 kg schwer, die Frau etwa 1,59 und 54,5 kg. Die Frau war eher zart gebaut, der Mann eher kräftig. Beim Mann war ein Unterarmbruch lange vor dem Tod verheilt. Die Frau war mindestens einmal schwanger gewesen. Ob sie mit dem Mann verwandt war, ist nicht endgültig geklärt. Mit Hilfe der Gerichtsmedizin konnten die Gesichter rekonstruiert werden.

Die Landschaft der damaligen Zeit war ein lichtes Waldbiotop mit einigem Unterwuchs, mit Birken, Weiden, Zitterpappeln und offenen Grasflächen. Die Menschen von Oberkassel – Jäger und Sammler – ernährten sich von erjagten Wildtieren und Süßwasserfischen.

Abb. 3: Die Menschen von Oberkassel, rekonstruiert, mit Hund

(LVR Landesmuseum Bonn, 2015)

1933 FEB 06 AUFZEICHNUNG DES [PREUßISCHEN] STAATSSEKRETÄRS NOBIS ÜBER DIE SITZUNG DES ›DREIMÄNNERKOLLEGIUMS‹58


Der Rechtsstaat lässt sich nicht mehr durchsetzen

Berlin, den 6. Februar 1933

Aktennotiz.

Auf Veranlassung des Herrn Präsidenten des Preußischen Landtags versammelten sich heute nachmittag 4 ½ Uhr im Preußischen Staatsministerium, Wilhelmstr. 63, zu einer Besprechung über die Auflösung des Preußischen Landtags gemäß Artikel 14 der Preußischen Verfassung die Herren Dr. Adenauer, Präsident des Preuß[ischen] Staatsrats, Kerrl, Präsident des Preuß. Landtags [seit 25.05.1932, NSDAP], von Papen59, Vizekanzler und Reichskommissar für das Land Preußen.

Außerdem war der Staatssekretär des Preuß. Staatsministeriums Dr. Nobis60 anwesend.

Herr von Papen gab einleitend eine Darstellung über die politische Lage, wie sie sich in Auswirkung des Urteils des Staatsgerichtshofs vom 25. Oktober v. J. gestaltet habe. Er legte dar, daß die Aufteilung der Regierungsgewalt

zu Verhältnissen geführt habe, die das Staatswohl auf das schwerste zu gefährden drohten, insbesondere <91> enthalte diese Aufteilung die Zumutung an die Beamtenschaft, zweien Regierungen dienen zu sollen, ein Zustand, der auf die Dauer für die Beamtenschaft unerträglich sei.

An diesem 6. Februar 1933 dürfte es dem Kölner Oberbürgermeister und Präsidenten des preussischen Staatsrats, Konrad Adenauer, bewußt gewesen sein, daß er hier und jetzt einen vielleicht letzten Kampf um die Verteidigung der preussischen Verfassung kämpft. Gegen sich hat er den Nazi Kerrl (als Präsident gestellt von der stärksten Fraktion im Landtag, der NSDAP) und Papen (ehemals Zentrum wie Adenauer und für ein paar Wochen in 1932 Reichskanzler), jetzt Vizekanzler unter Adolf Hitler. Papen hatte im Juli 1932 mit Hilfe des Reichspräsidenten von Hindenburg die preussische Regierung abgesetzt und als Reichskommissar in Preussen alle Befugnisse an sich gerissen. Nunmehr führt er den – angeblich – gesetzlosen Zustand in Preussen, den er selbst herbeigeführt hat, als Grund dafür an, Neuwahlen abzuhalten; diese dürften zum jetzigen Zeitpunkt der NSDAP reichlichen Stimmengewinn bescheren. Adenauer hält dagegen, dass der existierende Landtag durchaus einen Ministerpräsidenten – und damit eine Regierung – wählen könnte, wenn man ihn nur liesse: Vergeblich, das Unheil nimmt seinen Lauf.

Herr Adenauer führte zunächst aus, daß wohl kein Zweifel bestehe, daß jedes Mitglied des sogenannten Dreimänner-Kollegiums das Recht habe, jederzeit dessen Zusammentreten zu verlangen. Er gehe wohl nicht fehl in der Auffassung, daß der Herr Reichskommissar von Papen auf Grund der heute ergangenen Verordnung des Herrn Reichspräsidenten das Recht des Ministerpräsidenten zur Teilnahme an diesem Kollegium ohne weiteres für sich in Anspruch nehme. Wenn man dem Landtag den Vorwurf mache, daß er bisher zu einer Wahl des Ministerpräsidenten noch nicht gelangt sei, obgleich der Staatsgerichtshof in der Begründung seiner Entscheidung vom 25. Oktober zu erkennen gegeben habe, daß dies nunmehr die Aufgabe des Landtags sei, so müsse er feststellen, daß der Staatsgerichtshof keinesfalls den Landtag zur Wahl eines Ministerpräsidenten aufgefordert habe, er habe vielmehr nur die Feststellung gemacht, daß es bei dem Preußischen Landtag stehe, zu versuchen, ob durch Bildung einer neuen Preußischen Landesregierung dem jetzigen Zustand ein Ende bereitet werden könne.

Tatsächlich habe der Landtag niemals über die Wahl eines Ministerpräsidenten abgestimmt, es sei also mindestens theoretisch die Frage offen, ob ein solcher Versuch zu einem Erfolg geführt haben würde oder nicht. Er als Präsident des Staatsrats müsse besonders hervorheben, daß der Staatsrat sich stets als Hüter der Verfassung betrachtet habe. Er müsse von diesem Standpunkt aus die heute ergangene neue Verordnung des Reichspräsidenten insofern, als sie die plena potestas übertrage, verfassungsmäßig als sehr zweifelhaft ansehen. Das Fundament jedes Staates sei und bleibe das Recht. Er bekenne, daß er Sorge habe, auf der jetzt vorliegenden Basis den Landtag aufzulösen, zudem werde die Zusammensetzung des Landtags nach einer Neuwahl sich wesentlich nicht ändern. Die Wahl eines Ministerpräsidenten werde ohne Auflösung auch leichter und schneller zu erreichen sein als nach einer Auflösung. Er habe Grund, es als sicher zu betrachten, daß im Falle der Nichtauflösung spätestens Anfang April61 mit einer die Homogenität zwischen Reich und Preußen sichernden Wahl eines Ministerpräsidenten zu rechnen wäre, und auch deshalb könne er nicht anerkennen, daß ein ausreichender Grund zur Auflösung vorliege.

Herr von Papen erwiderte darauf, daß der Landtag ¾ Jahr Zeit gehabt habe zur Wahl eines Ministerpräsidenten. Es sei kein Zweifel, daß auch er den normalen Weg einer Ministerpräsidentenwahl vorgezogen haben würde. Allein durch die Unfähigkeit, die der Landtag bewiesen habe, seine oberste Aufgabe zu erfüllen, dem Lande eine Regierung zu geben, sei die Situation entstanden, die schließlich zu den jetzigen Maßnahmen geführt habe. Auch er gehe keinesfalls leichtsinnig an diese Schritte heran, aber das Staatswohl habe keinen anderen Ausweg mehr gestattet.

Herr Adenauer führte aus, er müsse doch daran erinnern, daß ernsthafte Verhandlungen über die Wahl eines Ministerpräsidenten stattgefunden hätten.62 Es sei die Wahl des Reichstagsabgeordneten Göring in Aussicht genommen gewesen, das Zentrum sei damit einverstanden gewesen, aber Herr Reichskanzler von Schleicher habe zunächst den Herren Präsidenten Kerrl und Göring erklärt, daß er mit dieser Wahl völlig einverstanden sei und darauf den Reichskommissar zurückziehen werde. Einige Stunden später habe aber Reichskanzler von Schleicher dem Führer der Zentrums-Fraktion Prälat Lauscher das gerade Gegenteil erklärt und gesagt, daß für den Fall <92> dieser Wahl mit einer Zurückziehung des Reichskommissars nicht gerechnet werden könne63. Es sei aber doch selbstverständlich gewesen, daß eine Wahl des Ministerpräsidenten überhaupt nur dann einen Sinn gehabt hätte, wenn damit gleichzeitig das Verschwinden des Reichskommissars erreicht worden wäre.

Herr von Papen erwiderte darauf, daß ihm diese Eröffnung vollkommen neu sei; im übrigen beweise die Unkenntnis von den Vorgängen während der Kanzlerschaft Schleichers nur, wie unbefangen er der ganzen Situation und den Aufgaben, die nun an ihn herangetreten seien, gegenüberstehe.

Herr Dr. Adenauer stellte fest, daß der Grund für die Verordnung von heute lediglich die Tatsache der Nichtwahl des Ministerpräsidenten durch den Landtag und die durch die doppelte Regierung in Preußen entstandenen Verhältnisse sei. Den Anschauungen, daß die jetzigen Verhältnisse in Preußen unmöglich seien, stimme er restlos zu, aber er müsse feststellen, daß nach seiner Auffassung die Sachlage folgendermaßen liege:

Bleibe der Landtag, dann werde fast sicher Mitte März ein Ministerpräsident gewählt, und zwar ein solcher, der die Homogenität mit dem Reiche nicht störe,...

Erscheint lt. Verlag 22.5.2024
Reihe/Serie Monumenta Rhenaniae Historica
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte
Schlagworte Bonn • Köln • Kurköln • NS • Rheinland
ISBN-13 9783759725820 / 9783759725820
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