Slow Productivity - Effizienz ohne Überlastung (eBook)
224 Seiten
REDLINE Verlag
978-3-96267-557-8 (ISBN)
Cal Newport ist Bestsellerautor und Informatiker. Er betreibt in den USA die beliebte Website »Study Hacks«. Newports erfolgreiche Karriere- und Zeitmanagementbücher zum Thema »Deep Work« wenden sich oft mit unkonventionellen Ratschlägen an die Leser. Von ihm sind im Redline Verlag bereits der Bestseller »Konzentriert arbeiten«, »Digitaler Minimalismus«, »Eine Welt ohne E-Mail« und »Wie man immer Bestnoten bekommt« erschienen.
Cal Newport ist Bestsellerautor und Informatiker. Er betreibt in den USA die beliebte Website »Study Hacks«. Newports erfolgreiche Karriere- und Zeitmanagementbücher zum Thema »Deep Work« wenden sich oft mit unkonventionellen Ratschlägen an die Leser. Von ihm sind im Redline Verlag bereits der Bestseller »Konzentriert arbeiten«, »Digitaler Minimalismus«, »Eine Welt ohne E-Mail« und »Wie man immer Bestnoten bekommt« erschienen.
Einleitung
Im Sommer 1966, gegen Ende seines zweiten Jahres als Redaktionsmitglied des New Yorker, lag John McPhee in seinem Garten bei Princeton, New Jersey, rücklings auf einem Picknicktisch unter einer Esche. »Dort lag ich fast zwei Wochen lang, starrte hinauf in die Äste und Blätter und kämpfte gegen das Gefühl von Angst und Panik an«, erinnert er sich 2017 in seinem Buch Draft No. 4.1 McPhee hatte bereits fünf lange Beiträge im New Yorker veröffentlicht und war zuvor sieben Jahre Mitherausgeber der Time gewesen.2 Mit anderen Worten, er war kein Neuling im Geschäft des Journalismus, aber der Artikel, der ihn in jenem Sommer auf seinem Gartentisch lähmte, war der komplizierteste, den er je zu schreiben versucht hatte.
Zuvor hatte McPhee Porträts verfasst, so etwa seine erste große Arbeit für den New Yorker, »A Sense of Where You Are«, die sich mit Bill Bradley befasste, dem Basketballstar der Universität Princeton.3 Er hatte auch Beiträge zu historischen Themen geschrieben: Im Frühjahr 1966 war sein zweiteiliger Artikel über Orangen veröffentlicht worden, in dem er die Spuren der bescheidenen Frucht bis zu ihrer ersten Erwähnung 500 vor Christus in China zurückverfolgte.4 Doch McPhees aktuelles Projekt, in dem es um die unfassbar umfangreiche Thematik der Pine Barrens im südlichen New Jersey ging, sollte noch viel mehr leisten. Anstelle eines fokussierten Porträts musste er die Geschichten zahlreicher Figuren miteinander verknüpfen und dabei auch Dialoge und Besuche an speziellen Örtlichkeiten ausführlich wiedergeben. Statt die Historie eines einzelnen Objekts zusammenzufassen, musste er sich mit der geologischen, ökologischen und sogar politischen Hintergrundgeschichte einer gesamten Region beschäftigen.
McPhees Picknicktischparalyse waren achtmonatige Recherchen zu diesem Thema vorausgegangen, in denen er »genug Material, um ein Silo damit zu füllen«, zusammentrug, wie er es später beschrieb.5 Er war öfter von seinem Zuhause in Princeton in die Pine Barrens hinuntergereist, als er überhaupt zählen konnte, und nahm häufig einen Schlafsack mit, um seinen Aufenthalt zu verlängern. Er hatte alle wichtigen Bücher gelesen und mit allen wichtigen Personen gesprochen. Jetzt, da er mit dem Schreiben beginnen musste, fühlte er sich überfordert. »Es kommt mir ganz logisch vor, dass es einem zunächst an Selbstvertrauen fehlt«, erklärte er. »Es spielt keine Rolle, dass etwas, das man schon mal gemacht hat, gut gelaufen ist. Deine letzte Arbeit schreibt nicht deine nächste für dich.«6 Und so lag McPhee auf seinem Gartentisch, starrte hinauf in das Astwerk der Esche und grübelte, wie er diese enorme Menge an Quellen und Geschichten ineinanderfügen sollte. Er blieb zwei Wochen auf dem Tisch liegen, ehe endlich eine Lösung für sein Dilemma erschien: Fred Brown.
Schon zu Beginn seiner Recherchen hatte McPhee Brown kennengelernt, einen Neunundsiebzigjährigen, der tief in den Pine Barrens in einer »bescheidenen Hütte« lebte.7 Die beiden waren tagelang gemeinsam durch den Wald gewandert. Die Erkenntnis, die McPhee von seinem Picknicktisch hochschnellen ließ, war, dass Brown in gewisser Weise eine Verbindung zu den meisten der Themenbereiche hatte, die er in seinem Artikel behandeln wollte. Er konnte Brown zu Beginn des Beitrags einführen und die Themen, die er ausloten wollte, dann entlang des roten Fadens seiner Abenteuer mit Brown als Exkurse strukturieren.
Selbst nach diesem Augenblick der Erkenntnis brauchte McPhee noch über ein Jahr, um seinen Artikel zu Ende zu schreiben. Er arbeitete daran in einem bescheidenen Büro, das er abseits der Nassau Street in Princeton gemietet hatte, oberhalb eines Optikergeschäfts und gegenüber einem schwedischen Massagesalon. Die fertige Arbeit sollte mehr als 30.000 Wörter umfassen und wurde in zwei Teilen in aufeinanderfolgenden Ausgaben der Zeitschrift veröffentlicht. Sie ist ein Wunderwerk der Langreportage und einer der beliebtesten Einträge in McPhees umfangreicher Bibliografie. Doch sie wäre nie zustande gekommen ohne McPhees Bereitschaft, alles andere zurückzustellen und einfach auf dem Rücken zu liegen, in den Himmel hinaufzustarren und angestrengt darüber nachzudenken, wie er etwas so Wunderbares erschaffen sollte.
Ich stieß auf diese Geschichte von John McPhees gemächlicher Vorgehensweise zu Beginn der Coronapandemie, die eine komplizierte Zeit für Wissensarbeiter war, um es zurückhaltend zu formulieren. Im Laufe dieses angsterfüllten Frühlings, unter dem Druck der pandemiebedingten Umwälzungen kochte bei jenen, die ihren Lebensunterhalt in Büros und an Bildschirmen verdienen, ein Unbehagen über die Anforderungen der Produktivität hoch, das schon lange gebrodelt hatte. Da ich mich in meinen Arbeiten über Technologie und Ablenkung häufig mit Fragen der Produktivität befasste, erlebte ich die Zuspitzung durch diesen Rückschlag ganz direkt. »Die Begrifflichkeit der Produktivität ist ein Hemmschuh für mich«, erklärte mir einer meiner Leser in einer E-Mail. »Die Freude am Denken und an guten Leistungen ist ein so tief verwurzeltes menschliches Vergnügen … und es fühlt sich (für mich) wie ein Dämpfer an, wenn sie mit Produktivität verknüpft wird.« In einem Kommentar unter meinem Blog fügte jemand hinzu: »Die Produktivitätsterminologie bezieht sich nicht nur auf das Erledigen von Dingen, sondern auf das Erledigen um jeden Preis.« Die besondere Rolle der Pandemie als Antriebskraft dieser Empfindungen wurde in diesen Rückmeldungen oft deutlich. Ein einsichtsvoller Leser führte aus: »Die Tatsache, dass die Formel ›Produktivität = produzierte Artikel‹ lautet, wird, wenn überhaupt, während dieser Pandemie noch viel deutlicher – denn von Eltern, die das Glück haben, noch über einen Arbeitsplatz zu verfügen, werden dieselben Arbeitsergebnisse erwartet, zuzüglich zum Betreuen und Unterrichten der Kinder.« Diese Energie überraschte mich. Ich mag meine Leserschaft, aber im Allgemeinen würde ich sie nicht als hitzig beschreiben. Bis jetzt. Es gab eine deutliche Veränderung.
Wie ich bald herausfand, beschränkte sich diese Anti-Produktivitäts-Einstellung nicht auf meine Leserinnen und Leser. Zwischen dem Frühjahr 2020 und dem Sommer 2021, in einem Zeitraum von weniger als anderthalb Jahren, wurden mindestens vier wichtige Bücher veröffentlicht, die unmittelbar auf die verbreitete Auffassung von Produktivität Bezug nahmen. Dazu gehörten Do Nothing von Celeste Headlee, Can’t Even von Anne Helen Petersen, Laziness Does Not Exist von Devon Price und das wunderbar boshafte 4000 Wochen von Oliver Burkeman. Diese Erschöpfung durch Arbeit spiegelte sich auch in zahlreichen, ausführlich besprochenen gesellschaftlichen Trendwellen wider, die sich während der Pandemie in rascher Folge aneinanderreihten. Zunächst war da die sogenannte Kündigungswelle. Zwar umfasste dieses Phänomen den Ausstieg aus dem Berufsleben in vielen verschiedenen Wirtschaftsbereichen, aber unter den vielen Subnarrativen gab es auch einen klaren Trend unter Wissensarbeitern, die Ansprüche an ihre berufliche Laufbahn zu senken. Die Kündigungswelle wurde gefolgt von einer Zunahme der inneren Kündigungen (häufig auch Quiet Quitting genannt), bei denen eine jüngere Kohorte von Berufstätigen sich aggressiv gegen die Produktivitätsforderungen ihrer Arbeitgeber auflehnte.
»Wir sind überarbeitet und ausgelaugt, ständig unzufrieden und auf der Jagd nach einer Messlatte, die pausenlos höher steigt«, schreibt Celeste Headlee in ihrer Einleitung zu Do Nothing.8 Ein paar Jahre früher hätte diese Auffassung vielleicht provokativ gewirkt. Doch während die Pandemie ihrem Höhepunkt zustrebte, stieß sie auf immer mehr Zustimmung.
Während ich diesen rasch wachsenden Unmut beobachtete, wurde mir bewusst, dass etwas Bedeutsames passierte. Die Wissensarbeiter waren erschöpft – ausgebrannt von einer zunehmend gnadenlosen Hektik. Dieser Trend wurde von der Pandemie nicht ausgelöst, sondern auf die Spitze getrieben, über die Grenze des Erträglichen hinaus. Nicht wenige Wissensarbeiter, die plötzlich zum Homeoffice verdonnert waren und deren Kinder im Nebenzimmer brüllten, während sie sich durch eine weitere Zoom-Konferenz quälten, fragten sich allmählich: »Was machen wir hier eigentlich?«
Ich begann, mich intensiv mit dem Groll der Wissensarbeiterinnen und -arbeiter sowie mit alternativen Konzepten beruflicher Sinnhaftigkeit zu befassen, sowohl in meinem seit Langem bestehenden Newsletter als auch in einem neuen Podcast, den ich zu Beginn der Pandemie ins Leben rief. Als die Anti-Produktivitäts-Bewegung an Geschwindigkeit zulegte, nahm ich das Thema auch häufiger in meine...
| Erscheint lt. Verlag | 19.5.2024 |
|---|---|
| Übersetzer | Jordan Wegberg |
| Verlagsort | München |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
| Geisteswissenschaften ► Psychologie | |
| Schlagworte | Burn-out • business • Effizienz • Entspannung • Erschöpfung • Galileo • Gelassenheit • Jane Austen • Konzentration • Leistung • Newton • Philosophie • Pragmatismus • Produktivität • Qualität • Resilienz • Ruhe • Stress • Überforderung |
| ISBN-10 | 3-96267-557-4 / 3962675574 |
| ISBN-13 | 978-3-96267-557-8 / 9783962675578 |
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