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Geschichte Japans (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
1050 Seiten
Verlag C.H.Beck
978-3-406-75160-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geschichte Japans -  Wolfgang Schwentker
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Kein Land Asiens erscheint faszinierender als Japan. Das Inselreich hat nicht nur eine einzigartige Kultur und Ästhetik hervorgebracht, es blickt auch auf eine lange Geschichte zurück. Wolfgang Schwentker erzählt auf dem neuesten Forschungsstand die Geschichte Japans von der Ur- und Frühzeit bis in die Gegenwart. Sein großes Buch darf als das neue Standardwerk zum Thema gelten. Kein Land Asiens erscheint faszinierender als Japan. Das Inselreich hat nicht nur eine einzigartige Kultur und Ästhetik hervorgebracht, es blickt auch auf eine lange Geschichte zurück. An einer neuen, umfassenden Monographie zur Geschichte Japans in deutscher Sprache hat es aber seit langem gefehlt. Wolfgang Schwentker legt sie nun vor und erzählt auf dem neuesten Forschungsstand die Geschichte Japans von der Ur- und Frühzeit bis in die Gegenwart. Die geographische Lage am äußersten Rand Ostasiens und der insulare Charakter des Landes bestimmen über die Epochen hinweg Japans Verhältnis zur Außenwelt und seine gesellschaftliche Entwicklung. Dieses Spannungsverhältnis von «Innen»und «Außen» bildet das Leitmotiv der Darstellung Schwentkers: Auf Phasen der Öffnung folgen immer wieder Perioden der Abschließung, während zugleich die politische und die soziale Ordnung davon stark geprägt werden. Anleihen aus fremden Kulturen und der Wille zur kulturellen Selbstbehauptung ringen miteinander und bringen eine ganz eigene Dynamik hervor. Sie ist keineswegs nur ein Phänomen der japanischen Moderne, sondern kennzeichnend für die gesamte Geschichte des Landes.

Der Historiker Wolfgang Schwentker ist Professor Emeritus an der Universität Osaka. Dort lehrte er - nach seiner Habilitation an der Universität Düsseldorf und Forschungsaufenthalten u. a. in Tokyo, Oxford und Wien - von 2002 bis 2019 vergleichende Kultur- und Ideengeschichte. International bekannt geworden ist er mit seinem Buch <i>Max Weber in Japan. Eine Untersuchung zur Wirkungsgeschichte, 1905 - 1995</i> (1998).

Einleitung


«Die Besonderheiten der japanischen Geschichte»


Tsuda Sōkichi war ein bedeutender Mann. Er stammte aus der Präfektur Gifu in Zentraljapan, wo er im Oktober 1873, nur wenige Jahre nach den politischen Umwälzungen der Meiji-Restauration, in eine alte Samurai-Familie hineingeboren wurde. Diese hatte bis zuletzt das Tokugawa-Regime unterstützt, zählte nun aber, da ein neues Zeitalter begonnen hatte, zu den Verlierern. Schon als Jugendlicher entwickelte Tsuda neben der Lektüre der chinesischen Klassiker ein lebhaftes Interesse für die Politik. Sie wurde, neben der Sprache und Literatur Japans, eines seiner Studienfächer an der Fachhochschule von Tokyo, aus der 1902 die heute renommierte Waseda-Universität hervorgehen sollte. Nach dem Examen im Jahr 1891 arbeitete der junge Tsuda zunächst als Lehrer auf dem Lande, doch zog es ihn schon vier Jahre später wieder in die pulsierende Hauptstadt zurück. Eine Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter am «Institut für Geschichte und Geographie», einer Abteilung des Forschungsinstituts der Südmandschurischen Eisenbahn in Tokyo, erlaubte es ihm ab 1908 endlich, sich ganz auf das Studium der ostasiatischen Geschichte zu verlegen. Fünf Jahre später – da war er bereits 40 Jahre alt – veröffentlichte er ein Buch, das ihn viele Jahre später wegen Majestätsbeleidigung vor ein Strafgericht bringen sollte. Es trug den unspektakulären Titel «Neue Forschungen zur Geschichte des Zeitalters der Götter».[1] Tsuda stellte darin den historischen Wahrheitsgehalt der ältesten japanischen Annalen in Frage und vertrat gegenüber der vorherrschenden Sicht der Meiji-Zeit (1868–1912) die Auffassung, dass es sich bei diesen Werken – dem «Kojiki» (712) und dem «Nihon shoki» (720) – um Texte handele, in denen, zumindest bis zur Zeit Chūai Tennos (ca. 149–200; Rz. ca. 192–200), Mythen und historische Tatsachen miteinander vermengt worden seien. Dies sei zu dem Zweck geschehen, die Existenz Japans und seiner kaiserlichen Familie aus der direkten Verbindung mit den Göttern abzuleiten und die Herrschaft des Kaiserhauses auf diese Weise zu legitimieren.[2]

Viele Jahre später, im Jahr 1939 – Japan befand sich seit zwei Jahren im Krieg gegen China –, trat der Ökonom Kawai Eijirō an Tsuda mit der Bitte heran, einen Aufsatz für einen Sammelband zum Thema «Student und Geschichte» beizusteuern. Das Thema dafür war von Tsuda selbst gewählt: «Die Besonderheiten der japanischen Geschichte».[3] Schon die Entscheidung für diesen Titel war nicht frei von Polemik. Sie richtete sich gegen all jene, die im Geist des imperialen Japans nicht müde wurden, gegenüber der These von einem zivilisationsgeschichtlichen «Sonderweg» Japans die Einheit Asiens und die Gemeinsamkeiten zwischen Japan, China und Korea zu betonen. Der Philosoph Miki Kiyoshi, der in den Jahren 1923/24 auch bei Martin Heidegger in Marburg studiert hatte, beschwor 1938 in einem Beitrag für die Zeitschrift «Kaizō» («Der Umbau») unter dem Titel «Die Bedeutung der Weltgeschichte im gegenwärtigen Japan» die Einheit Ostasiens: «Um Japan und China miteinander zu verknüpfen, muss man über Asien nachdenken. Das Problem des japanischen Geistes lässt sich von dem des asiatischen Geistes nicht getrennt behandeln.»[4] Dass es sich bei diesem Thema nicht nur um einen kulturtheoretischen Disput handelte, zeigte sich spätestens im Dezember des gleichen Jahres, als Ministerpräsident Konoe Fumimaro, den Miki zeitweilig beriet, die Idee einer «Neuen Ordnung in Ostasien» vorstellte, welche bis 1940 zum imperialen Programm für eine «Groß-Ostasiatische Wohlstandssphäre» ausgebaut werden sollte.

Wie wenig Tsuda von einer solchen Sicht auf Asien hielt, machte er in seinem Aufsatz deutlich. Im Wesentlichen waren es drei Punkte, mit denen er seine Auffassung von der historischen Singularität Japans begründete:

1. Die japanische Geschichte repräsentiere die Entwicklung des gesamten japanischen Volks. Es seien insbesondere die Menschen in den ländlichen Regionen (chihōjin) gewesen, von denen eine kulturelle Dynamik ausgegangen sei. Davon hätten auch diejenigen, die die zentrale Macht innehatten, profitiert. Eine wichtige Rolle fiel Tsuda zufolge zunächst den mächtigen und wohlhabenden Familien zu, später dem Kriegeradel. Aber auch Bauern, Handwerker und Kaufleute hätten am historischen Geschehen einen wichtigen Anteil gehabt. «Die Entwicklung der Geschichte Japans», so schrieb er, «verdankt sich der Arbeit des japanischen Volkes in seiner Gesamtheit.»[5] Dies war eine deutliche Kritik an einer auf die Eliten und das politische Zentrum fokussierten Geschichtsauffassung.

2. Seit alters her hat es aus Tsudas Sicht in Japan einen spezifisch ausgeprägten Respekt gegenüber dem Mitmenschen gegeben. Aus dem Gedanken der Humanität – Tsuda spricht hier von ningensei – leitet er ein zweites Charakteristikum der japanischen Geschichte ab, nämlich die kulturell über die Erziehung vermittelte Begünstigung egalitärer Strukturen. Er betont, dass es im Vergleich zu China und Europa in Japan nie einen Sklavenstand gegeben habe. Männer und Frauen seien über Jahrhunderte hinweg gleichgestellt gewesen. Eltern und Kinder seien in der Regel respektvoll miteinander umgegangen. Bedingt dadurch, dass es eine humanistische Weltsicht immer schon gegeben habe, sei es für Japan auch nicht nötig gewesen, eine Epoche der Renaissance, so wie in Europa, zu durchlaufen. Selbst in der Phase des Kapitalismus fehle in Japan die Schärfe der Klassenkonflikte, so wie man sie aus Europa kenne. Die japanische Gesellschaft sei immer auf sozialen Ausgleich bedacht gewesen und habe sich dabei von einer besonderen Wertschätzung des Gleichheitsgedankens leiten lassen.

3. Dass Japan immer wieder Einflüsse von außen aufgenommen habe, in der vormodernen Zeit vor allem aus China und seit der Modernisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch aus dem Westen, stellt für Tsuda die dritte Besonderheit der japanischen Geschichte dar. Ob es sich dabei um Sprache und Schrift, Handwerk oder Ästhetik, Religion oder Technik handelte, immer habe Japan allerdings das, was von außen ins Land gekommen sei, im Prozess der Adaption seinen eigenen Bedürfnissen und Vorstellungen angepasst. Dieser Vorgang der kreativen Aneignung fremdkultureller Einflüsse habe dazu geführt, dass sich Staat und Gesellschaft in Japan weitgehend eigenständig entwickelt hätten.

«Die Bedeutung der Geschichte Japans liegt darin», so fasste Tsuda seine These am Schluss des Aufsatzes zusammen, «dass das japanische Volk als einheitliches Subjekt auftritt und im Verlauf der Entwicklung seine Lebensformen immer wieder erneuert und ununterbrochen gewandelt hat.»[6] Die Japaner seien ein homogenes Volk (hitotsu no minzoku). Das Land sei nie erobert worden, was zu Konflikten hätte Anlass geben können. Daraus seien florierende Lebenskräfte erwachsen, wobei man nicht gezögert habe, notwendige fremdkulturelle Elemente von außen in Japan einzuführen. Aus all dem ergibt sich laut Tsuda Sinn und Geist der historischen Entwicklung Japans.

Man hätte erwarten können, dass Tsuda mit diesen Thesen zum historischen Sonderweg Japans in Zeiten eines ungehemmten Nationalismus auf breite Zustimmung bei seinen Lesern gestoßen wäre. Doch lagen die Dinge damals komplizierter. Der Aufsatz konnte während des Kriegs nicht mehr erscheinen. Die «Vereinigung der Prinzipien Japans» («Genri Nihonsha»), eine ultrakonservative Interessengruppe um den Publizisten Minoda Muneki, warf Tsuda Majestätsbeleidigung vor und zeigte ihn 1939 wegen seiner älteren Thesen zum «Zeitalter der Götter» an.[7] Zweifel an der historischen Existenz des ersten japanischen Kaisers, Jinmu Tenno, passten im Vorfeld der Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zur 2600-jährigen Wiederkehr der Reichsgründung, die für das Jahr 1940 vorgesehen waren, nicht in das politische Klima. Auf Druck des Kulturministeriums musste Tsuda sogar seine Professur an der Waseda-Universität aufgeben. Vier seiner wichtigsten Schriften, darunter auch die Pionierstudie aus dem Jahr 1913, wurden auf den Index gesetzt. In dieser aufgeheizten Stimmung hielt Tsuda es für geraten, seinen Aufsatz Anfang 1940 zurückzuziehen, um die Veröffentlichung des Sammelbandes nicht zu gefährden. Der Beitrag konnte erst nach Kriegsende, in der zweiten, 1946 veröffentlichten Fassung des Buchs, erscheinen.[8] An seiner Auffassung, wonach Japan eine eigenständige Zivilisation und keine chinesische Leihkultur war, hielt Tsuda ungebrochen fest.[9] Er...

Erscheint lt. Verlag 15.9.2022
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Regional- / Landesgeschichte
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Schlagworte Ästhetik • Epochen • Geschichte • Japan • Kultur • Nippon • Öffnung • Ostasien • Schließung • Standardwerk
ISBN-10 3-406-75160-1 / 3406751601
ISBN-13 978-3-406-75160-8 / 9783406751608
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