Die Kunst, berühmt zu werden (eBook)
336 Seiten
FinanzBuch Verlag
9783960926443 (ISBN)
Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker und Soziologe. Er hat 24 Bücher geschrieben und herausgegeben, viele davon sind internationale Bestseller. Sein Buch »Setze dir größere Ziele« erschien bisher in acht Auflagen und zehn Sprachen. Bekannt wurde er durch zahlreiche Fernsehauftritte, Medienberichte und seine Vorträge in Europa, Asien und den USA. Er schreibt für Forbes.com regelmäßig eine Kolumne.
Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker und Soziologe. Er hat 24 Bücher geschrieben und herausgegeben, viele davon sind internationale Bestseller. Sein Buch »Setze dir größere Ziele« erschien bisher in acht Auflagen und zehn Sprachen. Bekannt wurde er durch zahlreiche Fernsehauftritte, Medienberichte und seine Vorträge in Europa, Asien und den USA. Er schreibt für Forbes.com regelmäßig eine Kolumne.
Das Foto entstand bei Albert Einsteins 72. Geburtstag. Der Physiker schickte den Ausschnitt mit seinem Konterfei an Kollegen, Freunde und Bekannte. Angeblich wühlte er, sobald sich Fotografen näherten, sein Haar mit beiden Händen auf, um so den typischen Einstein-Look herzustellen. Quelle: Getty
1. Albert Einstein
Der Mann, der der Welt die Zunge rausstreckte
Einsteins Biograf Jürgen Neffe bezeichnet den Physiker als den »ersten globalen Popstar der Wissenschaft«.1 Albert Einsteins Konterfei sei »bekannter als das irgendeiner anderen Person«.2 Sein Name steht heute für »Genialität« – wenn wir jemanden als »Einstein« bezeichnen, meinen wir, er sei unübertrefflich intelligent. Doch die Genialität dieses Physikers bestand nicht nur darin, dass er die Relativitätstheorie formulierte, sondern auch darin, dass er die Kunst der Selbstvermarktung so beherrschte wie kein anderer Wissenschaftler seiner Zeit.
Die meisten Wissenschaftler sehen ihren Wirkungskreis nur oder ganz überwiegend im Kreise anderer Wissenschaftler. Sie sprechen auf Fachkongressen und publizieren in Fachzeitschriften. Wer darüber hinaus öffentlich wirksam wird, muss als Wissenschaftler mit dem Neid seiner Kollegen rechnen, und falls er auch noch versucht, verständlich zu schreiben, dann wird das abfällig als »Populärwissenschaft« bezeichnet. So ging es auch Einstein, der den Neid seiner Fachkollegen auf sich zog, denn »so ist von ihnen noch keiner gefeiert worden«.3
Oft sind die Dinge, mit denen sich ein Wissenschaftler beschäftigt, so kompliziert, dass die meisten Laien nicht einmal ansatzweise verstehen können, worum es geht. Letzteres war bei Einstein nicht anders. Obwohl er die Massen begeisterte, die Zeitungen auf der ersten Seite über ihn berichteten und ihn jeder kannte, verstand kaum einer seine Theorie. Charlie Chaplin, mit dem Einstein gemeinsam auftrat (auch eines der Mittel der Selbstvermarktung), brachte es so auf den Punkt: »Mir applaudieren die Leute, weil alle mich verstehen, und Ihnen, weil Sie niemand versteht.«4
In einem Interview mit der »New York Times« stellte Einstein sich selbst die Frage: »Woher kommt es, dass mich niemand versteht und jeder mag?«5 In einem Gespräch mit einem anderen Journalisten gab er die Antwort: »Ob es einen lächerlichen Eindruck auf mich macht, die Aufgeregtheit der Menge für meine Lehre und meine Theorie, von der sie doch nichts versteht, zu beobachten? Ich finde es komisch und zugleich interessant, dieses Spiel zu beobachten. Ich glaube bestimmt, dass es das Geheimnisvolle des Nichtbegriffenen ist, das sie bezaubert.«6 »Die Theorie bestach durch die wundersame Kombination aus ›Huh?‹ und ›Wow!‹, die die Fantasie der Öffentlichkeit beflügeln kann«, schreibt Einsteins Biograf Walter Isaacson.7 Einstein machte sich darüber lustig und meinte, dass nun jeder Kutscher und jeder Kellner darüber diskutiere, ob die Relativitätstheorie richtig sei.8
An Einsteins 50. Geburtstag im Jahre 1929 kabelte der Berliner Korrespondent der »New York Herald Tribune« das gesamte Manuskript seiner neuesten wissenschaftlichen Arbeit an die Redaktion, die es in voller Länge veröffentlichte.9 Mit Sicherheit erschloss sich der Inhalt auch nur eines Absatzes kaum einem Leser, doch genau dies machte die Faszination der Sache aus. Für die meisten Menschen war die Tatsache, dass sie nicht verstanden, was Einstein sagte und schrieb, erst recht ein Beweis dafür, dass es sich bei ihm um ein Jahrtausendgenie handeln müsse.
Der Physiker gab sich amüsiert über seine Popularität und fragte sich in einem seiner Verse schon einmal, ob seine Bewunderer »Kälber« seien:10
»Wo ich geh und wo ich steh
Stets ein Bild von mir ich seh,
Auf dem Schreibtisch, an der Wand
Um den Hals am schwarzen Band.
Männlein, Weiblein wundersam
Holen sich ein Autogramm,
Jeder muss ein Kritzel haben
von dem hochgelehrten Knaben.
Manchmal frag in all dem Glück
Ich im lichten Augenblick:
Bist verrückt du etwa selber
Oder sind die anderen Kälber?«
Der Kult um Einstein begann im November 1919. Das war genau 14 Jahre, nachdem er seine Arbeit zur »Speziellen Relativitätstheorie« veröffentlicht hatte, und vier Jahre nach der Vollendung seiner Arbeit zur »Allgemeinen Relativitätstheorie«. Was bislang nur eine Theorie war, wurde erstmals am 29. Mai 1919 durch wissenschaftliche Messungen bestätigt: Sir Arthur Eddington maß während einer Sonnenfinsternis die Lichtablenkung und bestätigte damit empirisch Einsteins Theorie. Am 6. November wurden die Ergebnisse auf einer gemeinsamen Sitzung der Royal Society und der Royal Astronomical Society in London verkündet. »In dieser Stunde«, so der Biograf Jürgen Neffe, »wird Albert Einstein ein zweites Mal geboren: als Legende und Mythos, als Idol und Ikone eines ganzen Zeitalters.«11
Doch die wissenschaftliche Entdeckung allein, über die zuerst die Londoner »Times« am 7. November 1919 einer breiteren Öffentlichkeit berichtete, kann den Einstein-Kult, der sich in den folgenden Jahren entwickelte, nicht erklären. Einstein wurde nicht nur von den Medien bekannt gemacht, er selbst betrieb so aktiv Public Relations wie wohl nie ein Wissenschaftler zuvor. Und er erwies sich darin als Meister. »So wie ihn die Medien benutzen, so lernt er allmählich, sich deren Einfluss dienstbar zu machen – anfangs noch ziemlich ungeschickt, schließlich immer ausgefuchster … Durch seinen souveränen Umgang mit Presse, Funk und Film schafft er etwas, das Werbestrategen heute wohl ›Markenzeichen‹ nennen würden.«12
Bezeichnend ist die Geschichte, wie das wohl bekannteste Einstein-Foto – das Bild mit der herausgestreckten Zunge – entstand. Es wurde sein Markenzeichen und ein Pop-Motiv für Poster, Buttons und T-Shirts. Das Foto entstand an Einsteins 72. Geburtstag. Die ursprüngliche Aufnahme zeigt ihn zusammen mit zwei anderen Personen. Wie bewusst Einstein sich selbst vermarktete, sieht man daran, dass er einen Ausschnitt des Fotos mit seinem Kopf herstellen ließ und zahlreiche Abzüge an Freunde, Bekannte und Kollegen verschickte.13
Isaacson fragt: »Hätte er es auch dann zur prominentesten Vorzeigefigur der Wissenschaft gebracht, wenn da nicht dieser elektrisierende Heiligenschein aus Mähne und diesen stechenden Augen gewesen wären?«14 Wäre er zur Kultfigur geworden, hätte er ausgesehen wie seine Physiker-Kollegen Max Planck oder Niels Bohr? Aber Einsteins Aussehen war eben kein Zufall, sondern Ergebnis einer genialen Selbstvermarktungsstrategie.
Er kultivierte bewusst das Image des Wissenschaftlers, der wenig Wert auf Kleidung legte, Kragen und Krawatte hasste, sich die langen Haare nicht kämmte, keine Socken trug und das Hemd offen ließ. Er passte, wie Neffe schreibt, »perfekt ins Klischee des avantgardistischen Künstlers der Wissenschaft«15 und war »das ideale Objekt für Fotografen und Reporter und alle anderen Priester der Popularität, mit denen er in einer seltsamen Symbiose lebte«.16 Nach seinem Beruf gefragt, antwortete er einmal: »Fotomodell«.17 Gerüchten zufolge soll er, sobald sich Fotografen näherten, sein Haar mit beiden Händen aufgewühlt und so den typischen Einstein-Look aufgefrischt haben.18
Einmal besuchte Einstein den Häuptling eines Hopi-Stammes am Grand Canyon, der sich »The Great Relative« nennt, ein Wortspiel, das den Verwandten (»the relative«) und den Erfinder der Relativitätstheorie in einem Wort zusammenbringt. »Einstein posiert zum Dank im vollen Federschmuck. Futter für die Kameras der Fotografen.«19 Einstein tat alles, um seine Bekanntheit zu fördern. Während andere Wissenschaftler vor allem auf Fachkongressen sprechen, hielt er weltweit Vorträge vor einem Massenpublikum. »In der Manier eines Religionsstifters«, so Neffe, »der auszieht, seine Lehre zu predigen und Anhänger zu sammeln, hält Einstein weltweit Vorlesungen in überfüllten Sälen und ausverkauften Häusern.«20 Er war damit so erfolgreich, dass das Auswärtige Amt in Berlin sogar eine eigene Akte zum Thema »Vorträge des Professors Einstein im Auslande« anlegte.21
Über eine Japan-Reise Einsteins Ende 1922 berichtete der Botschafter beispielsweise: »Seine Reise durch Japan glich einem Triumphzug.« Nach dem Bericht »beteiligte sich das gesamte japanische Volk, vom höchsten Würdenträger bis zum Riksha-Kuli, spontan, ohne Vorbereitung und ohne Mache!«22 Einsteins Vorträge dauerten bis zu fünf Stunden. »Jeder wollte dem berühmtesten Mann der Gegenwart wenigstens die Hand gedrückt haben«, so der Botschafter. »Die Presse war voll Einstein-Geschichten, von wahren und falschen … Auch Karikaturen von Einstein gab es, bei denen seine kurze Pfeife und sein üppiges, kammtrotziges Haar eine Hauptrolle spielten und seine nicht immer...
| Erscheint lt. Verlag | 12.7.2020 |
|---|---|
| Verlagsort | München |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
| Schlagworte | Albert Einstein • Andy Warhol • Arnold Schwarzenegger • Branding • Buch • Donald Trump • einzigartig • Erfolg • Erfolgreich • FBV • Image • Karl Lagerfeld • Kim Kardashian • Madonna • Marke • Muhammad Ali • Oprah Winfrey • Persönlichkeit • Prinzessin Diana • Reich • Selbstmarketing • sich selbst vermarkten • Stephen Hawking • Steve Jobs • Unverwechselbar |
| ISBN-13 | 9783960926443 / 9783960926443 |
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