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The Game (eBook)

Topographie unserer digitalen Welt
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
384 Seiten
Hoffmann und Campe (Verlag)
978-3-455-00636-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

The Game -  Alessandro Baricco
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Die Geschichte unseres digitalen Lebens - kurzweilig und kritisch erzählt Fast jeder von uns regelt mit dieser oder jener App einen Teil seines Lebens; durch geschickte Nutzung des Netzes lassen sich Wahlen gewinnen; bei Tinder können wir computerspielartig den/die reale/n Richtige/n finden. Das ständige Ineinander von Web und Welt ist uns längst zur Normalität geworden.  In seinem neuen Buch zeichnet Alessandro Baricco die Geschichte der Digitalisierung auf heiter-essayistische Weise nach und lädt uns ein, ungezwungen über unsere eigene Verflechtung mit der digitalen Welt und ihre kritischen Entwicklungen nachzudenken.

Alessandro Baricco, 1958 in Turin geboren, studierte Philosophie und Musikwissenschaft. Er ist Mitherausgeber verschiedener Literaturzeitschriften und von La Repubblica. Neben seinen Romanen hat Baricco zahlreiche Essays, Erzählungen und Theaterstücke verfasst, sein Roman Seide wurde zum internationalen Bestseller. Baricco wurde mit dem Premio Campiello, dem Premio Viareggio und dem Prix Médicis Étranger ausgezeichnet. Zuletzt erschienen von ihm bei Hoffmann und Campe Die Barbaren. Über die Mutation der Kultur (2018) und The Game. Topographie unserer digitalen Welt (2019).

Alessandro Baricco, 1958 in Turin geboren, studierte Philosophie und Musikwissenschaft. Er ist Mitherausgeber verschiedener Literaturzeitschriften und von La Repubblica. Neben seinen Romanen hat Baricco zahlreiche Essays, Erzählungen und Theaterstücke verfasst, sein Roman Seide wurde zum internationalen Bestseller. Baricco wurde mit dem Premio Campiello, dem Premio Viareggio und dem Prix Médicis Étranger ausgezeichnet. Zuletzt erschienen von ihm bei Hoffmann und Campe Die Barbaren. Über die Mutation der Kultur (2018) und The Game. Topographie unserer digitalen Welt (2019).

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Zunächst wäre es gut, zu verstehen, was passiert ist. Was wirklich passiert ist.

Ich denke, die glaubwürdigste Hypothese lautet: Das Aufkommen der Digitalisierung hat eine technologische Revolution ausgelöst. Binnen kurzer Zeit hat sie eine deutliche Veränderung in den menschlichen Denk- und Verhaltensweisen bewirkt. Niemand kann sagen, wie das endet.

Voilà.

Und jetzt wollen wir mal sehen, ob man das besser machen kann.

 

Der Begriff DIGITAL kommt vom lateinischen digitus, Finger. An den Fingern zählen wir ab, darum bedeutet DIGITAL auch in etwa NUMERISCH. In unserem Zusammenhang wird der Begriff für ein ziemlich geniales Verfahren benutzt, mit dem sich jede beliebige Information in eine Zahl übersetzen lässt. Es handelt sich um Zahlen aus einer Folge von zwei Ziffern, die 0 und die 1. Man könnte auch die 7 oder 8 nehmen, wichtig ist, dass es nur zwei Ziffern sind, die mehr oder weniger dem on und off, dem Ja und Nein entsprechen.

Gut. Wenn ich sage, jede beliebige Information in eine Reihe von Ziffern übersetzen, meine ich nicht Informationen, die ihr in der Zeitung findet, die Nachricht des Tages, das Ergebnis eines Fußballspiels, den Namen des Mörders. Ich beziehe mich auf irgendein beliebiges Stück Welt, das in kleinste Einheiten zerlegt werden kann: Klänge, Farben, Figuren, Mengen, Temperaturen … Ich übersetze dieses Stück Welt in die digitale Sprache (eine bestimmte Folge von 0 und 1), und dort ist es nur noch eine Folge von Ziffern, hat kein Gewicht, kann überallhin geschickt werden, bewegt sich mit einer hinreißenden Geschwindigkeit fort, wird unterwegs nicht beschädigt, schrumpft nicht, macht keinen Schmutz und verdirbt nicht. Wohin ich es auch schicke, es kommt an. Wenn es am Ende seiner Reise eine Maschine gibt, die diese Zahlen aufzeichnen und in die ursprüngliche Information zurückübersetzen kann, ist die Sache geritzt.

Zum Beispiel die Farben. Ihr müsst das nicht wissen, aber eines Tages wurde jeder Farbe ein bestimmter Zahlenwert zugewiesen. Wenn ihr die ganze Geschichte hören wollt, man beschloss, dass es 16777216 Farben gibt, und jeder wurde ein Zahlenwert aus einer Folge von 0 und 1 zugewiesen. Zum Beispiel heißt das reinste Rot, das es gibt, nach seiner Digitalisierung so: 1111110000000000000000. Warum macht man etwas so Unpoetisches? Ganz einfach: Weil ich eine Farbe, die in eine Zahl übersetzt wurde, in Maschinen stecken kann, die sie verändern oder transportieren oder auch einfach aufbewahren können. Für die Maschinen ist das eine lächerlich leichte Aufgabe, sie machen nicht den kleinsten Fehler, erledigen das in schwindelerregender Schnelligkeit und zum Spottpreis. Jedes Mal, wenn ich die wirkliche Farbe wiedersehen will, sage ich der Maschine, sie soll sie mir zurückgeben, und sie tut es.

Bemerkenswert.

Genauso funktioniert das bei Klängen, den Buchstaben des Alphabets oder unserer Körpertemperatur. Stücke der Welt.

Ende der siebziger Jahre begann die Erfolgsgeschichte dieses kleinen Tricks. Damals waren alle Daten, die wir aufbewahrten oder weiterleiteten, anders verpackt, man nannte das ANALOG. Das Analoge war, ähnlich wie andere alte Dinge, zum Beispiel Kompasse oder Großeltern, eine vollständigere Methode, die Wirklichkeit zu verzeichnen, genauer, sogar poetischer, aber ihre Produkte waren auch verflucht kompliziert, störanfällig und leicht verderblich. Analog war zum Beispiel das Thermometer mit Quecksilber fürs Fiebermessen. Das Quecksilber in der Röhre reagierte auf Wärme, dehnte sich aus, und wir leiteten unsere Temperatur aus seiner Bewegung ab. Auf das Glasröhrchen gedruckte Zahlen übersetzten diese Ausdehnung in das Urteil einer genauen Körpertemperatur aus Grad Celsius [bei über 37,5 musste man nicht zur Schule]. Heute ist das Thermometer digital, man legt es an die Stirn, drückt auf einen kleinen Knopf und zack, sofort nennt es dir eine bestimmte Temperatur. Ein Sensor hat eine Temperatur gemessen, die einer bestimmten Zahlenfolge aus 0 und 1 entspricht, der Apparat registriert und übersetzt sie dann auf dem Display in einen Wärmegrad. Als Erfahrungstyp erinnert das sehr an den Übergang vom Tischfußball zum Videospiel.

Zwei Welten.

Das Quecksilber-Thermometer und das digitale.

Vinyl-Schallplatte und CD.

Der Filmstreifen und die DVD.

Tischfußball und Videospiel.

Zwei Welten.

Ein möglicher Mangel der zweiten (digitalen) Welt ist, dass sie nicht sämtliche Nuancen der Wirklichkeit verzeichnen kann, sie macht dabei manchmal Sprünge. Wenn der Zeiger der Kirchturmuhr mit einer kontinuierlichen Bewegung weiterrückt, füllt er jeden noch so winzigen Augenblick der Zeit, wie auch das Quecksilber, das sich im Thermometer ausdehnt, bei seiner Bewegung jeden winzigen Temperaturgrad ausfüllt. Eure Digitaluhr tut das nicht, sie zählt die Sekunden, vielleicht auch die Zehntel- oder Hundertstelsekunden, aber irgendwann hört sie auf zu zählen und springt über zur nächsten Zahl. In diesem Zwischenraum steckt ein (unendlich winziges) Stück Welt, das die digitale Messung unterwegs verliert.

Andererseits hat das digitale System einen unschätzbaren Vorteil: Es eignet sich perfekt für Computer. Das heißt für Maschinen, die die Wirklichkeit berechnen, verändern und übertragen können, vorausgesetzt, man verschafft ihnen die Wirklichkeit in der Sprache, die sie kennen: Zahlen. Und darum sind wir, je besser die Computer nach und nach wurden und sich langsam einer individuellen Nutzung annäherten, zur Digitalisierung übergegangen. Praktisch bedeutet das, dass wir die Wirklichkeit in unendlich kleine Teilchen zerstückelt und jedem einzelnen eine Folge aus 0 und 1 verpasst haben. Wir haben die Welt digitalisiert, also in Zahlen verwandelt. Damit haben wir sie veränderbar, speicherbar und reproduzierbar gemacht. Und die Maschinen, die wir erfunden haben, können sie übertragen. Das tun sie sehr schnell, fehlerlos und mit geringen Kosten. Niemand hat es bemerkt, aber es hat einen Tag gegeben, an dem jemand ein Bruchstückchen Welt digital abgespeichert hat, und dieses Teilchen war das Zünglein an der Waage, das sie dann für immer zugunsten der Digitalisierung ausschlagen ließ. Fragt mich nicht, woher, aber wir wissen, wann das war: 2002. Wir benutzen dieses Datum als präzisen Punkt in der Zeit, an dem wir den Scheitelpunkt überschritten haben und vor der Zukunft standen.

2002.

Auf der anderen Seite ging es dann sehr schnell hinunter: Das Entstehen des Webs und die teilweise geniale Anwendung des digitalen Formats für eine ziemlich beeindruckende Reihe von Technologien hat mit überwältigender Evidenz hervorgebracht, was wir jetzt mit Fug und Recht die DIGITALE REVOLUTION nennen können. Sie ist inzwischen gut vierzig Jahre alt, und seit etwa einem Jahrzehnt hat sie die vorhergehende Macht offiziell abgelöst. Sie ist das, was unsere Kinder anscheinend verdummt hat.

Recht einfach, oder? Der schwierige Teil kommt jetzt.

Revolution ist ein ziemlich allgemeiner Begriff, den wir häufig gedankenlos gebrauchen. Wir beschreiben damit historische Umwälzungen, die Berge von Toten kosteten (Französische Revolution, Russische Revolution), oder verschwenden ihn für Kleinigkeiten wie den Wechsel zur Abwehrformation in Dreierkette bei unserer Lieblingsmannschaft (taktische Revolution).

Auf jeden Fall bedeutet er, dass jemand, statt sich einen guten Schachzug zu überlegen, das ganze Schachbrett verändert. Das nennt man Paradigmenwechsel.

Im Prinzip scheint das auf unsere digitale Revolution genau zuzutreffen.

Aber es gibt zwei unterschiedliche Arten von Revolution, und hier muss man sehr genau unterscheiden. Die Revolution des Kopernikus, der erkannte, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, ist nicht die Art Revolution, die wir als Französische Revolution kennen; so wie auch die Erfindung der Demokratie in Athen im fünften Jahrhundert vor Christus nicht mit der Erfindung der Glühbirne (Edison, 1879) vergleichbar ist. All das waren Leute, die neue Schachbretter erfunden haben, doch das Spiel scheint nicht unbedingt dasselbe zu sein.

Wenn wir von der digitalen Revolution sprechen, ist zum Beispiel ziemlich klar, dass es sich um eine technologische Revolution handelt: die Erfindung von etwas, das neue Arbeitsgeräte und ein anderes Leben hervorbringt. Wie der Pflug, die Feuerwaffen, die Eisenbahnen. Da wir inzwischen eine ganze Menge technologischer Revolutionen erlebt haben, verfügen wir über einige interessante Statistiken, und wenn man sie genau untersucht, zeigt sich deutlich:

► Technologische Revolutionen können phantastische Errungenschaften sein, aber sie führen nur selten unmittelbar zu einer geistigen Revolution, nämlich zu einer ebenso sichtbaren Veränderung der Denkweise der Menschen. ◄

GUTENBERG Zum Beispiel die Erfindung des Buchdrucks (Gutenberg, Mainz, 14361440). Eine revolutionäre Tat, deren gewaltige Auswirkungen wir würdigen. Zwar ließ sie einen Gutteil der oralen Kultur (zuvor unangefochtene Herrscherin in einer Welt von Analphabeten) mausetot auf dem Schlachtfeld zurück, öffnete dem menschlichen Denken, seiner Freiheit...

Erscheint lt. Verlag 29.10.2019
Übersetzer Annette Kopetzki
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Geisteswissenschaften
Mathematik / Informatik Informatik
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Baricco Alessandro • Computerisierung • Digitale Revolution • Internetzeitalter • Jobs Steve • Kulturphilosophie • Silicon Valley
ISBN-10 3-455-00636-1 / 3455006361
ISBN-13 978-3-455-00636-0 / 9783455006360
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