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Der Sinn des Denkens (eBook)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
368 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1813-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Sinn des Denkens -  Markus Gabriel
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Markus Gabriel, Spiegel-Bestseller-Autor, zeigt in diesem Buch, dass das Denken Teil der biologischen Sinne ist, der nicht künstlich nachgebaut werden kann. Längst gilt er als einer der wichtigsten deutschsprachigen Philosophen der Gegenwart, dessen unverwechselbar leichtfüßiger Stil klassische und moderne Theoretiker sowie die Popkultur zusammenführt. Das Denken ist vielleicht der wahre Hauptbegriff der Philosophie. Insbesondere Platon und Aristoteles haben sie als das Nachdenken über das Nachdenken definiert. Unser menschliches Denken ist einer unserer Sinne und damit unüberwindbar an biologische Bedingungen gebunden. Das lässt sich zwar nicht nachbauen. Dennoch sind wir in bestimmter Hinsicht selber eine Form der künstlichen Intelligenz. Denn unser geistiges Vermögen entsteht historisch und kulturell aus dem Bild, das wir uns von uns selber und von unserer Umgebung machen. Oder ist das ganze Universum vielleicht nur eine Simulation? Mit Esprit führt Markus Gabriel in hochaktuelle Themen ein und streift dabei Hume, Leibniz und Kant ebenso wie Searle und Taylor, aber auch Filme und Serien wie Ghost in the Shell, Matrix oder Der sechs Millionen Dollar Mann.

Markus Gabriel, geboren 1980, studierte in Bonn, Heidelberg, Lissabon und New York. Seit 2009 hat er den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie. Er ist Direktor des interdisziplinären Center for Science and Thought und regelmäßiger Gastprofessor an der Sorbonne (Paris 1) sowie der New School for Social Research in New York City.  

Markus Gabriel, geboren 1980, studierte in Bonn, Heidelberg, Lissabon und New York. Seit 2009 hat er den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie. Er ist Direktor des interdisziplinären Center for Science and Thought und regelmäßiger Gastprofessor an der Sorbonne (Paris 1).

Vorwort


Das vorliegende Buch ist der Schlussteil einer Trilogie, zu der Warum es die Welt nicht gibt und Ich ist nicht Gehirn gehören. Es ist so geschrieben, dass es ohne Kenntnis der beiden Vorgänger verstanden werden kann. Wie diese gehört es zu einem Genre, das sich an alle richtet, die sich gerne philosophische Gedanken machen. Und genau um diesen Prozess des Denkens soll es hier gehen. Auf den folgenden Seiten werde ich auf eine allgemein verständliche und zugängliche Weise eine Theorie des (menschlichen) Denkens entwickeln.

Das Denken ist vielleicht der zentrale Begriff der Philosophie. Seit Platon und Aristoteles versteht sich die Philosophie als eine Wissenschaft, die über das Nachdenken nachdenkt. Dieses Nachdenken über das Nachdenken ist der Ursprung der Logik. Die Logik wiederum ist eine der Grundlagen unserer digitalen Zivilisation, da es ohne Fortschritte in der philosophischen Logik des 19. Jahrhunderts niemals zur Entwicklung der Informatik gekommen wäre. Besonders einflussreich waren hierbei die beiden Mathematiker, Logiker und Philosophen George Boole (1815–1864) und Gottlob Frege (1848–1925). Denn sie haben eine Theorie des Denkens vorgelegt und davon ausgehend die ersten formalen logischen Systeme entwickelt, die der heutigen Informatik zugrunde liegen. Damit haben sie die Computerrevolution und Digitalisierung unserer Tage maßgeblich vorbereitet.

Sie erwartet ein philosophisches Buch, das ohne schwerverständlichen Fachjargon auskommen wird. Um es zu verstehen, müssen Sie sich nicht in die technischen Aspekte der Logik hineinknien. Denn unser menschliches Denken ist, wie hier gezeigt werden soll, ein Sinnesorgan. Denken ist etwas Sinnliches (im besten Fall also Vergnügliches) und keine Gewaltübung, in der man sich kreative Gedankengänge verbietet. Im Gegenteil. Das philosophische Denken ist ein kreativer Vorgang, weshalb Philosophen wie die Romantiker oder Friedrich Nietzsche sogar so weit gegangen sind, es in die Nähe der Dichtung zu rücken.

Philosophie ist letztlich weder genau wie Mathematik noch genau wie Lyrik (oder irgendeine andere Kunstgattung). Sie grenzt an beide Bereiche und bildet eine Schnittstelle. So ist Philosophie die allgemeinste Art und Weise, über unser Nachdenken nachzudenken. Sie ist noch allgemeiner als die Mathematik, die eine Sprach- und Denkform bildet, die den Natur- und Technowissenschaften als Grundlage dient. Gleichzeitig ist die Philosophie näher dran an den konkreten Phänomenen unseres Alltags. Sie will unser Erleben und unsere Wahrnehmung ergründen. Sie will also nicht nur Modelle entwerfen, mittels derer man das anonyme Geschehen der Natur oder das Verhalten von Lebewesen wie uns Menschen vorhersagen und steuern kann. Sondern sie strebt eine Erkenntnis der Wirklichkeit und unseres Wirklichkeitserlebens an. Philosophie zielt auf Weisheit, das heißt letztlich ein genaueres Wissen darüber, was wir in Wirklichkeit alles nicht wissen. Sie wurde daher unter anderem von Sokrates als ein Wissen unseres Nichtwissens verstanden, ohne das keine Weisheit erreicht werden kann.

Das Denken ist die Schnittstelle zwischen der natürlichen und der psychologischen Wirklichkeit. Insofern ist es geeignet, die Themen der vorausgegangenen Bücher – die Welt (die es freilich in Wirklichkeit gar nicht gibt) und das Ich (das nicht mit dem Gehirn identisch ist) – zu verbinden. Denken heißt unter anderem, Verbindungen herzustellen und Verbindungen zu erkennen. Wir verknüpfen im Denken weit entfernte Wirklichkeiten und stellen dadurch neue Wirklichkeiten her.

Das Denken ist bei alledem kein wirklichkeitsferner Vorgang im Elfenbeinturm. Die Philosophie sollte deswegen auch nicht auf das akademische Glasperlenspiel reduziert werden, in dem Berufsphilosophinnen und Berufsphilosophen in detaillierten Einzelanalysen Stellung zu komplexen Argumenten und Gedankenketten beziehen.

Kein Geringerer als Immanuel Kant unterscheidet in seinen Logik-Vorlesungen, die er an der Universität Königsberg gehalten hat, zwischen einem »Schulbegriff« und einem »Weltbegrif[f]« der Philosophie.1 Der Schulbegriff ist die systematische Theoriekonstruktion, deren Handwerk an philosophischen Instituten und Seminaren eingeübt und tradiert wird. Es geht hierbei um die Architektur der grundlegenden Begriffe, ohne die wir unsere eigene Rationalität nicht erfassen könnten. Kant nennt diesen Vorgang ebenso wie sein berühmtes Buch die Kritik der reinen Vernunft.

Beim Weltbegriff handelt es sich demgegenüber um eine Beschäftigung mit den »letzten Zwecken der menschlichen Vernunft«2, wozu nicht zuletzt die Frage gehört, was oder wer der Mensch ist und worin genau eigentlich unser Denkvermögen besteht. Sind wir lediglich ein Teil der Natur? Vielleicht ein besonders kluges, womöglich eher durch seine Intelligenz geblendetes Tier? Oder ist der Mensch gar Zeuge einer nicht sinnlichen Wirklichkeit?

Dieser hohe Begriff gibt der Philosophie Würde, d. i. einen absoluten Wert. Und wirklich ist sie es auch, die allein nur innern Wert hat, und allen anderen Erkenntnissen erst einen Wert gibt.3

Alle bisher da gewesenen großen Philosophinnen und Philosophen – genannt seien nur mehr oder weniger beliebig: Platon, Aristoteles, Immanuel Kant, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Friedrich Nietzsche, Jean-Paul Sartre, Michel Foucault, Edith Stein, Hannah Arendt, Jürgen Habermas und Martha Nussbaum – haben sich durch ihre Beiträge zum Weltbegriff der Philosophie ins kulturelle Gedächtnis eingeschrieben. Von Platon gibt es nicht einmal eine einzige akademische Abhandlung. Doch in den von ihm überlieferten Dialogen sind in einfacher Sprache und Gesprächsform einige der tiefsten philosophischen Gedanken artikuliert, die jemals formuliert wurden.

Leider ist es in Deutschland in den letzten Jahrzehnten zu einem teilweisen Verfall der öffentlichen philosophischen Debattenkultur gekommen. Dafür ist, so meine These, hauptsächlich der Naturalismus verantwortlich. Dieser meint, dass alles echte Wissen und aller Fortschritt auf eine Kombination aus Naturwissenschaft und technologischer Beherrschung der Überlebensbedingungen des Menschen reduziert werden kann. Doch das ist ein fundamentaler Irrtum, ja eine gefährliche Verblendung, die uns heute in der Form ideologischer Krisen heimsucht: in der Wiederkehr der freilich niemals wirklich verschwundenen Religion als Erklärungsmuster der Wirklichkeit in großem Stil; in den demagogischen Verführungen der sogenannten »Populisten«, die einstige nationale Identitäten beschwören, die es in Wirklichkeit niemals gab; und in der Krise der Öffentlichkeit, die durch das neue Leitmedium des Internets entstanden ist. All diese Krisen lassen sich gedanklich nicht ohne neue philosophische Denkanstrengungen bewältigen. Denn der Fortschritt in Natur- und Technowissenschaften trägt ohne ethische Reflexion nicht automatisch zur Verbesserung des menschlichen Lebens bei. Vielmehr zerstören wir gerade unseren Planeten durch ungezügelten Fortschritt, was Anlass zum Nachdenken und zur Kurskorrektur sein sollte.

Wie zu allen Zeiten, in denen es uns gab, steht heute der Mensch und – aufgrund seiner technologischen Machtentfaltung – mit ihm der Fortbestand des gesamten Lebens auf unserem Planeten auf dem Spiel. Die Philosophie kann sich dieser Herausforderung nur stellen, indem sie selber neue Werkzeuge und Denkmodelle entwickelt, mittels derer wir die Wirklichkeit besser erkennen können. Sie ist heute Widerstand gegen die Lüge vom postfaktischen Zeitalter. Denn Philosophie wendet sich gegen die unsinnige Behauptung alternativer Tatsachen, gegen Verschwörungstheorien und unbegründete apokalyptische Szenarien, damit all dies nicht endgültig überhandnimmt und es nicht wirklich in naher Zukunft nicht zum Ende der Menschheit kommt.

Deshalb ergreife ich im Folgenden einmal mehr Partei für einen zeitgemäßen, aufgeklärten Humanismus, der die intellektuellen und ethischen Fähigkeiten der Menschheit gegen unsere post- und transhumanistischen Verächter verteidigt.

Der Neue Realismus, dessen theoretische Grundzüge in der mit diesem Buch abgeschlossenen Trilogie einer über die Universität hinausgehenden Öffentlichkeit vorgestellt wurden, ist mein Vorschlag zur Überwindung der fundamentalen Denkfehler, denen wir zu unserem gesellschaftlichen und menschlichen Schaden weiterhin verhaftet sind. Dazu gehört insbesondere die heute grassierende »Angst vor der Wahrheit«, wie Hegel es ausdrückt, beziehungsweise die »Angst vor dem Wissen«, wie der US-amerikanische Philosoph Paul Boghossian (*1957) es bezeichnet, der bereits viele der Denkfehler kritisiert hat, die der Postmoderne zugrunde liegen, unter anderem, dass es gar keine Wahrheit, objektiven Tatsachen oder Wirklichkeit gebe.4

Die Kenntnis der beiden vorhergehenden Veröffentlichungen setze ich nicht voraus. Jedes der drei Bücher steht weitgehend für sich selbst. Deswegen wiederhole ich hier und dort einige der Überlegungen, die in den anderen beiden Werken schon vorgestellt wurden, damit jede Leserin, jeder Leser imstande ist, sich auf der Basis der ausgewählten Lektüre ein eigenes Bild von der diskutierten Sachlage zu machen.

Philosophische Bücher haben die Funktion, die Leserschaft zum eigenen Nachdenken anzuregen. Was man von der Philosophie lernen kann, ist, die eigenen Vorurteile über wesentliche Fragen des Menschseins, wie Was oder wer ist eigentlich der Mensch?, Was unterscheidet uns von anderen Tieren? oder Können Computer...

Erscheint lt. Verlag 7.9.2018
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Allgemeines / Lexika
Geisteswissenschaften Philosophie Erkenntnistheorie / Wissenschaftstheorie
Geisteswissenschaften Philosophie Metaphysik / Ontologie
Schlagworte 2018 • AI • Aristophanes • Aristoteles • Artifical Intelligence • buch neu • Denken • Gehirn • KI • Künstliche Intelligenz • Nachdenken • Neu • Neu 2018 • Neuerscheinung • Neuheit • Philosophie • Thomas Nagel
ISBN-10 3-8437-1813-X / 384371813X
ISBN-13 978-3-8437-1813-4 / 9783843718134
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