Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Bilderwechsel (eBook)

Kirche - herausgefordert durch ländliche Räume

Richard Hartmann (Herausgeber)

eBook Download: PDF | EPUB
2012 | 1. Auflage
248 Seiten
Echter Verlag
978-3-429-06073-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bilderwechsel -
Systemvoraussetzungen
Systemvoraussetzungen
13,99 inkl. MwSt
(CHF 13,65)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Die Pastoralkonzepte der deutschen Bistümer mit den größeren Pfarreien und Seelsorgeräumen scheinen weitgehend von der Stadt-Situation geprägt zu sein. Doch welche Bilder bestimmen die Praxis 'auf dem Land'? Eines der Ergebnisse der Tagung der Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral (Kamp) im Herbst 2011 in Zusammenarbeit mit der Theologischen Fakultät Fulda und der Diözese Fulda war, dass die pastorale Situation zwischen Stadt und Land gar nicht so unterschiedlich ist. Bilderwechsel will besagen, dass an beiden Orten der Blick weg von einer zentralisierten gleichgeordneten Pastoral hin zu einer Pastoral der Vielfalt und der Ermöglichung durch viele freiwillig Engagierte erfolgen muss. Der aus der Tagung hervorgegangene Band befasst sich mit den theologischen und soziologischen Grundlagen zu dieser Thematik, er bebildert die Praxis etlicher beispielhafter Orte der Landpastoral, er zieht daraus konzeptionelle Konsequenzen und möchte die kirchlichen Mitarbeiter in ihren vielfältigen Wirkungsfeldern ermutigen sowie die Diözesanverantwortlichen zu konzeptuellen Veränderungen anregen.

Richard Hartmann, Professor für Pastoraltheologie und Homiletik an der Theologischen Fakultät Fulda.

Richard Hartmann, Professor für Pastoraltheologie und Homiletik an der Theologischen Fakultät Fulda.

Stärken und Schwächen unserer Dörfer – Wie könnte ein Fitnessprogramm für die Zukunft aussehen?1


Gerhard Henkel

Vorbemerkung

Das gestellte Thema ist sehr weit gefasst und anspruchsvoll. Ich soll ein wenig auf die zurückliegende Entwicklung schauen, dann vor allem die Gegenwart bilanzieren, diese bewerten und nicht zuletzt auch nach vorn blicken und dazu konkrete Handlungsfelder benennen, die für die zukünftige Entwicklung wichtig sind. Da ich insgesamt den ländlichen Raum ins Visier nehme und hier nur einen begrenzten Raum zur Verfügung habe, muss ich in meinen folgenden Ausführungen naturgemäß stark generalisieren.

1. Einstieg ins Thema: schrumpfende – stagnierende – wachsende – stark wachsende Dörfer

Es gibt viele Möglichkeiten, in das Thema ländliche Räume und ländliche Entwicklung einzuführen. Ich könnte z. B. damit beginnen, dass viele ländliche Räume, etwa in Westfalen, in manchen Statistiken gar nicht mehr als ländlicher Raum, sondern als urbanisierter Raum bezeichnet werden; oder dass Präsidenten von Städtetagen den ländlichen Raum generell als „gedankliches Kunstprodukt“ bezeichnen. Gegen solche Angriffe auf den ländlichen Raum richten sich Teile meiner Aktivitäten.2 Den ländlichen Raum verteidigen muss ich heute vor diesem Gremium Gott sei Dank nicht. Ich muss auch nicht auf die neuen Lieblingswörter der Raumordnung wie „Monopolregionen“ oder „Wüstungen“, d. h. entvölkerte Dörfer, eingehen.

Stärken und Schwächen – so lautet mein Thema − unterliegen starkem Wandel, dies gilt für alle sozialen und ökonomischen Gesellschaften. Was vor Jahren oder Jahrzehnten Gewicht hatte, spielt heute vielfach keine Rolle mehr. Was in 20 oder 30 Jahren eine besondere Stärke oder Schwäche sein wird, wissen wir nicht. In den meisten ländlichen Regionen Deutschlands hat es in den letzten Jahrzehnten starke inhaltliche und regionale Gewichtsverlagerungen gegeben. Diese sehr unterschiedlichen Wachstumsund Stagnationsphasen kann man mit geübtem Auge den Ortsbildern ablesen.

Nehmen wir zwei Beispiele aus dem Paderborner Land: Das Dorf Asseln hat seit über 150 Jahren seine Einwohnerzahl von etwa 400 Einwohnern praktisch nicht verändert. Das Dorf Scharmede ist von 1850 bis heute von etwa 350 auf fast 3000 Einwohner angestiegen; die Rahmenbedingungen oder auch die inneren Kräfte des Dorfes haben sich offenbar rapide verändert.

Die Stärke und Lebendigkeit eines Dorfes liegen oft im Verborgenen. Sie erschließen sich – zumal für den Außenstehenden – in der Regel nicht durch kurze Besuche oder statistische Einordnungen. Auch Wissenschaftler tun sich bisweilen schwer, hinter die Fassaden eines Dorfes zu gelangen und dessen Potentiale und Schwächen zu erkennen. Wer aber wirklich genauer und länger hinschaut, wird überrascht sein von der ökonomischen, sozialen und kulturellen Vitalität und Komplexität des Landlebens. Allerdings gibt es erstaunliche und überraschende Unterschiede von Dorf zu Dorf, von Dorfregion zu Dorfregion. Während viele Dörfer vor Kraft und Lebendigkeit förmlich sprühen, erscheinen andere – oft Nachbardörfer – wie gelähmt. Welche inneren und äußeren Kräfte sind es, die Dörfer stark und lebendig machen – oder in Lethargie verharren lassen, wenn sie fehlen? Die folgenden Ausführungen bilanzieren die gegenwärtigen Stärken und Schwächen unserer Dörfer in stark generalisierter Form und versuchen, daraus ein knappes Handlungsprogramm für die Zukunft abzuleiten.

2. Bilanz der gegenwärtigen Stärken und Schwächen unserer Dörfer und Kleinstädte

2.1 Stärken unserer Dörfer und Kleinstädte
a) Naturnähe

Das Dorf wird zunächst einmal geprägt durch seine Naturnähe. In Feld, Wald und Garten bietet das Dorf eine unmittelbare Chance der Erholung, Entspannung, Freizeitnutzung und körperlichen Betätigung. Dass der dörfliche Garten zu einem Kernbestand des dörflichen Lebens gehört, der von Jung und Alt gleichermaßen geschätzt wird, wird zunehmend auch von den verschiedenen Wissenschaften erkannt und erforscht. Die Naturnähe wird in Umfragen immer wieder als eine der wichtigsten Vorzüge des Landlebens herausgestellt. Nicht nur für die Bewohner des Landes ist die Naturnähe wichtig, sondern für den Staat insgesamt als Freizeit- und Ökologie-Ressource für alle.

b) Ökonomischer Bestand

Viele ländliche Regionen haben in den letzten zehn Jahren, was die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt angeht, eine über dem jeweiligen Landesdurchschnitt liegende Entwicklung genommen. Der ländliche Raum verfügt häufig über eine robustere Wirtschaftsstruktur, was auf die hier besonders vorherrschenden, flexibel agierenden mittelständischen Betriebe zurückgeführt wird. Auch die Arbeitslosenquote ist überwiegend niedriger als im Landes- bzw. Bundesdurchschnitt. In den Dörfern und Kleinstädten haben wir einen relativ hohen ökonomischen Standard bzw. Wohlstand, der aber nicht unbedingt aus allen Statistiken (wie z. B. Kaufkraft, Einkommen) ablesbar ist. So haben wir im ländlichen Raum eine sehr hohe Eigenheimquote (ca. 80 Prozent), die mehr als doppelt so hoch wie in den Großstädten liegt. Ein Plus der ländlichen Räume sind auch seine zuverlässigen und motivierten Arbeitskräfte, wie mir vor Jahren ein Arbeitsamtsdirektor einer ländlichen Region versicherte.

Insgesamt hängt die wirtschaftliche Prosperität ländlicher Räume nicht mehr entscheidend von der Entwicklung des primären Sektors ab, also von der Land- und Forstwirtschaft, sondern in erster Linie von der gewerblichen Produktion, die vor allem im Mittelstand angesiedelt ist, der inzwischen auch auf der internationalen Bühne agiert. Dies gilt z. B. für große Teile Ostwestfalens oder des Sauerlandes. Neben den Betrieben mit ihren Arbeitsplätzen tragen auch informelles Wirtschaften und soziales Kapital wesentlich zum Wohlstand in den Dörfern bei. Dies haben drei Soziologinnen der Universität Bielefeld in dreijährigen Recherchen in zwei Dörfern der Warburger Börde recherchiert. Nachbarschaftshilfe, Haus- und Gartenarbeit sowie die vielfältigen Gemeinwohlleistungen der Vereine machen das Dorf ökonomisch und sozial attraktiv (siehe Abb. 1 auf der folgenden Seite).

c) Dichte der sozialen Beziehungen, Bereitschaft zu bürgerschaftlichem Engagement

Die hohe Dichte der sozialen Beziehungen im Dorf wird immer wieder recherchiert und zitiert. Das System der engen und vielfältigen sozialen Netze hat sogar Eingang gefunden in die modernen Dorfdefinitionen, nachdem das alte prägende Merkmal, die Dominanz der landwirtschaftlichen Funktionen, weggefallen ist.

Neben der Dichte der sozialen Beziehungen ist die hohe Bereitschaft zu ehrenamtlichem bzw. bürgerschaftlichem Engagement besonders dorftypisch. Fast jeder erwachsene Dorfbewohner könnte eine paar ehrenamtliche Tätigkeiten aufzählen, die er oder seine Familie oder Nachbarschaft in seinem Heimatdorf leistet. Immer wieder zu Recht hervorgehoben werden die hohe Vereinsdichte auf dem Lande und die hohe Vereinszugehörigkeit pro Einwohner. Vereine und Ehrenämter tragen und prägen das Dorf.

Abb. 1: Komplexe Ökonomie des Dorfes Körbecke (Quelle: Baier, A., Bennholdt-Thomsen, V. und B. Holzer: Ohne Menschen keine Wirtschaft. Oekom, München 2005. S. 200)

d) Infrastrukturausstattung

Trotz erheblicher Infrastrukturverluste in den zurückliegenden Jahrzehnten, z. B. in den Bereichen Schule, Post, Bürgermeisteramt, Polizeiposten, Gasthöfe und Dorfläden, ist die Infrastrukturausstattung generell auf einem hohen Stand. Dies gilt vor allem für die sogenannte technische Infrastruktur wie Wasser-, Abwasser- und Energieversorgung. Darüber hinaus weisen besonders die Sport- und Freizeiteinrichtungen wie Sport- und Spielplätze, Sporthallen, Tennisplätze und Sportheime sowie Kultureinrichtungen wie Begegnungsstätten, Dorfgemeinschaftshäuser, Heimatstuben, Feste und Brauchtumspflege einen hohen Standard auf. Auch das Angebot an weiterführenden Schulen sowie dem ÖPNV hat sich in den letzten Jahrzehnten verbessert (siehe Abb. 2 auf folgender Seite).

e) Demographischer Aufbau

Der demographische Aufbau unseres Staates ist schon länger keine Pyramide mehr, die unten durch Geburtenzuwächse immer breiter wird. Dies gilt auch für ländliche Regionen. Nur ist hier die nachwachsende Schicht immer noch deutlich breiter als in Großstädten. Wir haben auf dem Lande immer noch Geburtenüberschüsse, d. h. auch eine deutlich höhere Geburtenrate als in den Großstädten. Die Dichte der verwandt- und nachbarschaftlichen Beziehungen...

Erscheint lt. Verlag 20.9.2012
Reihe/Serie Fuldaer Hochschulschriften
Verlagsort Würzburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
Schlagworte Kirche • ländliche Räume • Theologie
ISBN-10 3-429-06073-7 / 3429060737
ISBN-13 978-3-429-06073-2 / 9783429060732
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
PDFPDF (Wasserzeichen)
Größe: 1,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seiten­layout eignet sich die PDF besonders für Fach­bücher mit Spalten, Tabellen und Abbild­ungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten ange­zeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smart­phone, eReader) nur einge­schränkt geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.

Zusätzliches Feature: Online Lesen
Dieses eBook können Sie zusätzlich zum Download auch online im Webbrowser lesen.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Zusätzliches Feature: Online Lesen
Dieses eBook können Sie zusätzlich zum Download auch online im Webbrowser lesen.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Band 1: Willkür und Gewalt

von Walter Dietrich; Christian Link

eBook Download (2024)
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress (Verlag)
CHF 28,30