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Herzensdinge -  Dr. med. Umes Arunagirinathan

Herzensdinge (eBook)

Spiegel-Bestseller
Die erstaunlichen Leistungen unseres wichtigsten Organs - und wie wir es heilen und schützen können
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
272 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01739-9 (ISBN)
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Der Herzspezialist Umes Arunagirinathan widmet sich in diesem Buch unserem wichtigsten Organ. Auf didaktisch exzellente, zugängliche und persönliche Weise präsentiert er sein Fachwissen und zeigt, was wir tun können, damit unser Herz ein Leben lang im Takt bleibt. 3 Milliarden Schläge, 200 Millionen Liter Blut - so lautet die Bilanz eines Herzens, das 75 Jahre geschlagen hat. Von der vierten embryonalen Woche an ist es aktiv, ein Menschenleben lang. Allein diese wenigen Zahlen zeigen, in welchen Dimensionen wir uns bewegen, wenn wir über das Herz sprechen. Doch obwohl man über die Fähigkeiten dieses Superorgans eigentlich gar nicht genug staunen kann, wissen die meisten Menschen relativ wenig darüber. Sie nehmen es als selbstverständlich hin, dass ihre Pumpe funktioniert. Der Bestsellerautor und Herzspezialist Umes Arunagirinathan erzählt von den erstaunlichen Leistungen unseres wichtigsten Organs - und wie wir es heilen und schützen können. Mit einem Extrakapitel über das weibliche Herz und einem ausführlichen Serviceteil.

Dr. Umes Arunagirinathan wurde 1978 auf Sri Lanka geboren und kam als 13-jähriger unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland. Er studierte in Lübeck Medizin und wurde an der Universität Hamburg promoviert. Nach seiner Assistenzzeit am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) arbeitete er in der Klinik für Kardiochirurgie in Bad Neustadt an der Saale sowie an der Charité Berlin. Er ist Facharzt für Herzchirurgie und heute in Halle an der Saale tätig.

Dr. Umes Arunagirinathan wurde 1978 auf Sri Lanka geboren und kam als 13-jähriger unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland. Er studierte in Lübeck Medizin und wurde an der Universität Hamburg promoviert. Nach seiner Assistenzzeit am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) arbeitete er in der Klinik für Kardiochirurgie in Bad Neustadt an der Saale sowie an der Charité Berlin. Er ist Facharzt für Herzchirurgie und heute als Funktionsoberarzt im Klinikum Links der Weser in Bremen tätig.

1 Mein Herz, mein Traum, mein Leben


Das menschliche Herz fasziniert mich schon sehr lange, im Grunde seit meinem zehnten Lebensjahr. Ich ging damals in meiner Heimat Sri Lanka in die Schule. Wir lernten die üblichen Dinge wie Schreiben und Rechnen, hatten aber auch ein kreatives Fach, das künstlerisches Gestalten im weiteren Sinne umfasste. Die Note bezog sich seltsamerweise nicht auf die Leistungen des halben Schuljahres, sondern auf ein einziges Werk, das man an einem bestimmten Tag in der Schule anfertigen musste. Die Jungs bastelten meistens einen Drachen, die Mädchen oft Blumen aus Papier. Nun stand dieser Tag der Prüfung wieder bevor, und ich war wild entschlossen, dieses Mal etwas Besonderes zu machen, keinen Drachen, kein Haus im Miniformat, nichts dergleichen. Dieses Mal sollte es etwas ganz Spezielles sein, ein Werk, das nie zuvor jemand an unserer Schule gesehen, geschweige denn angefertigt hatte. Ich wollte ein Herz gestalten, und zwar ein rosafarbenes. Nicht rot, nein, rosa sollte es sein. Ein rosa Herz. Das war mein Plan.

Ich gebe zu, dass meine Idee nicht der Kunst allein diente, sondern dass ich dabei an ein Mädchen aus meiner Klasse dachte. Ich war jedoch nicht in sie verliebt, sondern schlichtweg neidisch auf sie. Sie war die Musterschülerin, und in Kunst bekam sie meist 95 von 100 erreichbaren Punkten, während ich bei 70 oder bestenfalls 80 Punkten herumdümpelte. Ich wollte immer so gut sein wie sie, aber nie hatte ich es geschafft. Jetzt musste es klappen. Ein rosa Herz dürfte nicht zu toppen sein, nicht mal von ihr. Das Material «besorgte» ich mir. Mehl, Puderzucker und ein oder zwei Eier als Bindemittel mopste ich aus der Küche meiner Großmutter, die bei uns für die Versorgung zuständig war. Meinem Vater schwatzte ich ein paar Rupien ab, damit ich in einem kleinen Laden die Lebensmittelfarbe erstehen konnte.

Der Tag kam, ich fühlte mich bestens vorbereitet. Wie man einen Kuchenteig knetete, wusste ich, das hatte ich oft bei meiner Mutter oder meiner Großmutter gesehen. In der Schule breitete ich meine Sachen aus, gab etwas Wasser zu meinem Mehlhäufchen, arbeitete alles gut durch. Doch statt eine klassische runde Torte auszurollen, gab ich meinem Teig eine Herzform, so, wie ich sie in Illustrierten oder auf Glückwunschkarten oft gesehen hatte. Um mich herum entstanden Drachen und Minihäuschen mit Vorgarten – ich formte ein Herz. Von meiner Mission war ich weiterhin absolut überzeugt, obwohl ich genau spürte, dass meine Schulkameraden hin und wieder einen verstohlenen, leicht irritierten Blick zu mir herüberwarfen. Ganz risikolos war mein Unterfangen nicht. Ich musste schon eine ordentliche Portion Mut aufbringen, um so ein außergewöhnliches Projekt durchzuziehen. Wenn es nicht geklappt hätte – das höhnische Gelächter und die gemeinen Bemerkungen über meinen Versuch konnte ich mir lebhaft vorstellen.

Als das Herz die Idealform angenommen hatte, bemalte ich es mit der Farbe aus dem Laden. In Knallrosa, leicht glänzend. Es leuchtete geradezu. Um das Werk vollkommen zu machen, gestaltete ich aus dem restlichen Teig kleine Rosenblüten, die ich ebenfalls rosa bemalte und jeweils in einen Kranz von grünen Blättchen setzte. Diese Wunderwerke drapierte ich um mein Herz herum. Es sah fantastisch aus. Ich war selbst ganz ergriffen von dem, was ich da geschaffen hatte. Und nicht nur ich. Immer mehr Mitschüler versammelten sich um meinen Tisch und beobachteten jeden meiner Handgriffe. Die Lehrerin kam dazu, und sogar die Nachbarn, die an der Schule vorbeigingen, blieben stehen und steckten die Köpfe durch die unverglasten Fenster. Alle staunten über die Idee und über die Kunstfertigkeit, mit der ich sie umgesetzt hatte. Fragen prasselten auf mich ein: «Wie hast du das gemacht?» «Wie bist du auf die Idee gekommen?» «War das nicht unheimlich schwer?» «Hast du vorher geübt?» Kurzum: Mein rosa Herz war eine Sensation! Und ich, ich kam mir vor wie ein Gewinner. Noch nie zuvor hatte ich so gut abgeschnitten wie das Mädchen, das meinen Neid geweckt hatte. Und nun bekam ich sogar eine bessere Bewertung! Doch das Schönste war: Ich hatte erlebt, wie sehr das Herz die Menschen berührt. Die Leute lächelten, wenn sie das Herz sahen. Ich hatte sie erfreut, sie mochten dieses Werk nicht nur, weil es kunstfertig gestaltet war, sondern weil es eben auch ihr eigenes Herz berührte.

Ich glaube, letztlich hatte mich meine Mutter dazu inspiriert, ein Herz anzufertigen. Ich erinnerte mich daran, dass sie ein oder zwei Jahre zuvor für unseren Nachbarn eine Torte in Herzform gebacken hatte. Er wollte damals die Familie seiner Braut besuchen, brauchte ein Geschenk und bat meine Mutter um Hilfe. Im Grunde ging es darum, einen Liebesbeweis anzufertigen. Meine Mutter brachte eine wunderbare mehrschichtige Torte in Herzform zustande, und irgendwie war mir das im Gedächtnis geblieben.

Natürlich dachte ich damals in der Schule noch nicht daran, Herzchirurg zu werden. Aber ich bin überzeugt, dass mein damaliges Erfolgserlebnis Jahre später bei meiner Berufswahl doch eine Rolle spielte. Ich hatte erfahren: Mit dem Herzen eroberst du die Menschen. Heute, in meinem Klinikalltag als Herzchirurg, erlebe ich jeden Tag aufs Neue, dass die Menschen tatsächlich so empfinden. Die Freude und die Dankbarkeit, die mir die Patienten entgegenbringen, wenn ich sie am Herzen operiert habe, sind etwas ganz Besonderes. Sie sind tief empfunden. Zweifellos ist auch jemand, der beispielsweise eine Nierenoperation erfolgreich hinter sich gebracht hat, sehr froh und erleichtert. Aber wenn es sich um das Herz handelt, dann ist etwas anders, die Haltung zu diesem Organ ist viel emotionaler. Es geht um das Leben selbst, auch wenn nur ein Stent gesetzt wurde.

Auf diese Weise auf ein Herzproblem und seine Behebung zu reagieren, ist bemerkenswert, andererseits vollkommen angemessen. Das Herz ist nun mal unser zentrales Organ. Es ist die Pumpe unseres Lebens. Und es ist unabhängig. Das Herz schlägt noch, wenn schon alle anderen Organe gestorben sind. Das Herz braucht nicht einmal das Gehirn. Viele Menschen glauben ja, dass der Herzschlag von irgendeiner Schaltstelle dort initiiert wird. Doch das stimmt nicht. Der Signalgeber befindet sich im Herzen selbst. Es ist also autark oder jedenfalls beinahe.

Der Schrecken, den die Menschen empfinden, wenn sich am Herzen ein Problem bemerkbar macht, und die riesengroße Erleichterung, wenn es «noch mal gut gegangen» ist, zeigen, dass die meisten die Bedeutung dieses Organs intuitiv richtig einschätzen. Dennoch verhält sich die Mehrheit diesem Wunderwerk gegenüber gleichgültig, man kann schon sagen fahrlässig, solange es seine Arbeit ohne zu klagen erledigt. 2022 starben über 358000 Menschen in Deutschland an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das ist mehr als ein Drittel aller Sterbefälle überhaupt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind damit die Todesursache Nummer eins, nicht wie vielfach angenommen die Krebserkrankungen.[1] Traurig ist, dass so viele Todesfälle «gar nicht nötig» wären. Zum Beispiel ließen sich 80 Prozent aller Herzinfarkte vermeiden, meint der Kardiologe Ulf Landmesser von der Charité in Berlin.[2] Das muss man sich mal klarmachen: Von den jährlich rund 300000 Menschen, die einen Herzinfarkt erleiden, könnten sich 240000 die Schmerzen, die Angst, die vielleicht bleibenden Beschwerden ersparen. Das Mitleiden der Angehörigen lassen wir dabei mal außen vor, ebenso die gigantischen Kosten, die die Behandlung verursacht. Die meisten Herzinfarkte entstehen durch ungesundes Verhalten, Ignorieren der Warnzeichen und mangelnde Vorsorge – im Umkehrschluss bedeutet das allerdings auch, dass ein Herzinfarkt kein unabwendbares Schicksal sein muss. Das ist die gute Nachricht.

Ich bin Herzchirurg. Ich liebe und bewundere das Herz. Noch nach all den Jahren im Beruf bin ich von seiner Konstruktion und Leistungsfähigkeit begeistert, auch von den Rätseln, die es uns weiterhin aufgibt. Und es tut mir in der Seele weh, wenn ich erleben muss, wie wenig Aufmerksamkeit und Sorgfalt die meisten Menschen ihrem wichtigsten Organ widmen. Mein Ziel besteht darin, den Menschen die Augen zu öffnen und sie dazu zu bewegen, gut zu ihrem Herzen zu sein, herzensgut. Ich finde es absurd, dass wir – Mediziner, Pflegepersonal, die übrigen Beteiligten im Gesundheitswesen und nicht zuletzt die Patienten selbst – so viel Energie und Aufwand in die Reparatur von Schäden stecken, wenn wir doch mit ein bisschen Kümmern einen Großteil der Probleme vermeiden könnten. Das heißt ja nicht, dass wir uns die Freude am guten Leben abtrainieren müssten und nicht mehr über die Stränge schlagen dürften. Im Gegenteil, die Freude am Leben und das Wohlbefinden im Alltag steigern sich, wenn wir halbwegs sicher sein können, dass wir unser Herz gut behandeln und es noch lange seinen Dienst tun kann.

Jeder Patient nimmt vor seiner Operation an einem Aufklärungsgespräch teil. Wenn ich der zuständige Arzt bin, versuche ich immer, das Augenmerk nicht nur auf den bevorstehenden Eingriff zu lenken, sondern auch grundsätzliche Dinge zu besprechen. Was hat die Krankheit verursacht, wie kann man eine Wiederholung oder eine weitere Erkrankung möglichst verhindern? Doch natürlich reicht die Zeit in einem solchen Gespräch meist nicht, um wirklich ein Bewusstsein dafür zu wecken, dass es sinnvoll ist, das Herz pfleglich zu behandeln und gesund zu erhalten. Außerdem sitzen mir natürlich nur kranke Menschen gegenüber, sonst wären sie ja gar nicht in der Klinik. Sie sind fokussiert auf das Nächstliegende, also den bevorstehenden Eingriff, und vielleicht noch auf die anschließende...

Erscheint lt. Verlag 16.4.2024
Co-Autor Doris Mendlewitsch
Illustrationen Melanie Gandyra
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Aortenklappe • Bücher Neuerscheinungen 2024 • Das Herz stärken • Das weibliche Herz • Endokarditis • Frauenherzen schlagen anders • Gesundheit • Gesundheitsvorsorge • Herzchirurgie • Herzfehler • Herzgesundheit • Herzinfarkt • Herz-Kreislauf-Erkrankungen • Herzmuskelentzündung • Herzprobleme • Herzrhythmusstörungen • Herzschwäche • Herzstiftung • Herztransplantation • Kardiologie • Koronare Herzerkrankungen • Lebenslange Gesundheit • Medikation • Medizinischer Ratgeber • Prävention • Ratgeber Herzgesundheit • Sachbuch Medizin • Ventrikuläre Rhythmusstörung oder: Kammerflimmern • Vorhofflimmern • Was tut dem Herz gut?
ISBN-10 3-644-01739-5 / 3644017395
ISBN-13 978-3-644-01739-9 / 9783644017399
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