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Digital Republic (eBook)

Warum unsere neue Welt eine neue Ordnung braucht
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
544 Seiten
Hoffmann und Campe Verlag
978-3-455-01333-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Digital Republic -  Jamie Susskind
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'Wir haben die Kontrolle über die digitale Welt verloren. Höchste Zeit, das zu ändern.'  Es ist eine der wichtigsten Frage unserer Zeit: Wie können wir im digitalen Zeitalter unsere Demokratie, unsere Freiheit  und unsere Rechte vor den Geschäftsinteressen der Tech-Giganten schützen? Jamie Susskind ist die junge, kluge und überzeugende Stimme, die die Antworten hat.   Noch vor kurzem galten Tech-Unternehmen als Heilsbringer und Zukunftshoffnung, ihre Webseiten und Apps als Mittel, überall auf der Welt für mehr Demokratie zu sorgen. Das ist vorbei. Inzwischen fürchten wir ihre Macht - sie beeinflussen Wahlen, verbreiten Fake News und zerstören das Leben von Menschen. Der Staat findet keine Mittel gegen sie. Wie kann es sein, dass solche Firmen über dem Gesetz stehen? Warum können wir ihnen nicht Einhalt gebieten? Jamie Susskind zeigt, welchen Einfluss AI, Big Data und Social Media auf Politik und Gesellschaft haben. Sein Buch ist ein fulminanter Aufruf und eine bahnbrechende Blaupause, wie wir die Macht zurückerlangen und die Tech-Firmen unter demokratische Kontrolle bringen können. 

Jamie Susskind, Jahrgang 1989, hat Geschichte und Politik in Oxford und Jura in Harvard studiert. Er arbeitet er als Rechtsanwalt und hat 2018 den Bestseller Future Politics. Living Together in a World Transformed by Tech veröffentlicht, das mit dem Estoril Global Issues Book Prize ausgezeichnet wurde. Der Evening Standard kürte es zum Buch des Jahres und nannte Susskind den 'intellektuellen Rock-Star unserer Zeit'.

Jamie Susskind, Jahrgang 1989, hat Geschichte und Politik in Oxford und Jura in Harvard studiert. Er arbeitet er als Rechtsanwalt und hat 2018 den Bestseller Future Politics. Living Together in a World Transformed by Tech veröffentlicht, das mit dem Estoril Global Issues Book Prize ausgezeichnet wurde. Der Evening Standard kürte es zum Buch des Jahres und nannte Susskind den "intellektuellen Rock-Star unserer Zeit".

Cover
Verlagslogo
Titelseite
Widmung
Motto
Inhalt
Vorwort
Teil I Das Konzept der digitalen Republik
Teil II Das Haus der Macht
Teil III Das Digitale ist politisch
Teil IV Der Marktplatz der Ideale
Teil V Ein Hauch von Kontrolle
Teil VI Grundpfeiler der digitalen Republik
Teil VII Gegenmacht
Teil VIII Offenheit
Teil IX Giganten, Daten und Algorithmen
Teil X Social-Media-Governance
Schluss: Die digitale Republik
Dank
Bibliographie
Textnachweis
Endnoten
Über Jamie Susskind
Impressum

Kapitel 1 Der Geist der Empörung


Wenn wir versuchen, uns die Zukunft vorzustellen, nutzen wir dieselben Teile unseres Gehirns wie bei der Erinnerung an die Vergangenheit.[30] Wir haben keine Erinnerungen an die Zukunft, daher werden die Bausteine unserer Vorstellung zwangsläufig aus dem Rohmaterial früherer Erfahrungen gebildet. Wenn wir uns also einen bevorstehenden Besuch im Lieblingsrestaurant vorstellen, erinnern wir uns in Wirklichkeit an großartige Mahlzeiten, die wir dort in der Vergangenheit genossen haben.

Was für das menschliche Gehirn gilt, gilt auch für politische Kulturen. Die Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Erinnerung und Prophezeiung ist oft weniger klar, als es scheint. Unsere Generation ist nicht die erste, die mit dem rasanten Aufstieg einer neuen Form der Macht konfrontiert ist. Die Geschichte ist voll von Legenden über die vielen, die das Joch der wenigen abschütteln. Hinter vielen dieser Geschichten steht die republikanische Idee. Aber was ist diese republikanische Idee? Was können wir aus der langen und wechselvollen Geschichte des Republikanismus lernen? Und was sollte sie uns über die Macht der digitalen Technologie lehren? Um diese Fragen geht es in den nächsten beiden Kapiteln, bevor wir uns dann mit der Technologie selbst beschäftigen.

***

In der Römischen Republik, vor mehr als 2500 Jahren, wurde von jedem Bürger erwartet, dass er sui juris – sein eigener Herr – sei.[31] Die Römer wie auch die alten Griechen verstanden jedoch, dass es Anarchie und nicht Freiheit bedeuten würde, wenn jeder nur seine eigenen Interessen verfolgte, ohne jede Rücksicht auf andere.[32] Sie sahen sich mit einem Paradoxon konfrontiert: Wie konnten Menschen zusammenleben und gleichzeitig die Herrschaft über sich selbst behalten? Ihre Antwort war die selbstverwaltete Republik. Der Begriff »Republik« leitet sich vom lateinischen res publica ab, was so viel wie »Sache des Volkes« oder »Angelegenheit des Volkes« bedeutet.[33] Manchmal wird er auch mit »Gemeinwesen« übersetzt.[34] Unter Republik verstand man schließlich einen Staat, der nicht von fremden Mächten beherrscht wurde und in dem die Bürger nicht von anderen mächtigen Mitgliedern der Gesellschaft oder dem Staat selbst dominiert wurden.

Die Römische Republik war ein äußerst unvollkommenes System. Aber eine ihrer Stärken war, dass von den Bürgern erwartet wurde, dass sie am kollektiven Leben teilnahmen und ein öffentliches Bewusstsein, Empathie und Wachsamkeit entwickelten.[35] Sie überdauerte 500 Jahre. Nach ihrem Zusammenbruch folgte ein Jahrtausend, in dem die republikanische Idee nur noch eine flüchtige Erinnerung war.[36] Europa geriet unter die Herrschaft von Königen, Kaisern, Klerikern und Kriegsherren.

Im 11. und 12. Jahrhundert kam es zu einer Renaissance der republikanischen Idee. Die Stadtstaaten in Nord- und Mittelitalien ersetzten ihre adligen Herrscher durch Magistrate, die sogenannten Podestà, die für begrenzte Zeit durch Netzwerke von Bürgerräten regierten.[37] Das waren zwar keine Demokratien, aber die Regierenden konnten an der Wahlurne oder im Gerichtssaal zur Rechenschaft gezogen werden.[38] Mit der Zeit bezeichneten die Italiener ihr System der Selbstverwaltung als res publica.[39]

Die republikanische Idee verbreitete sich im späten 16. Jahrhundert auch in England, etwa zu der Zeit, als die großen Chronisten des republikanischen Rom – Cicero, Sallust, Livius, Tacitus – ins Englische übersetzt wurden.[40] England erwies sich als fruchtbarer Boden für republikanische Ideen. Die Engländer glaubten, sie seien die Erben einer ungeschriebenen Verfassung, die sie mit Freiheiten ausstattete, die ihnen niemand wegnehmen konnte. Was die Römer als liber bezeichnet hatten, nannten die Engländer freeman – Freie.[41] Doch in einem Land, in dem immer noch ein Erbmonarch regierte, war die republikanische Idee eine reine Phantasievorstellung.

Im 17. Jahrhundert spitzte sich die Lage zu. Die Stuart-Könige wähnten sich im Besitz unbegrenzter Befugnisse bei Besteuerung, Kriegspflicht und Strafverfolgung. Die Republikaner hielten dagegen, die Befugnisse des Königs seien durch Tradition und Common Law eingeschränkt.[42] Im Jahr 1628 verurteilten Dissidenten die Steuerpolitik des Königs aufs schärfste und wetterten, seine Untertanen seien »in letzter Zeit ohne ersichtlichen Grund inhaftiert worden«.[43] Aus diesem Rumoren wurde eine Rebellion, und am Ende wurde der König gefangen genommen, angeklagt und enthauptet. Die Tage, in denen er »nach eigener Willkür« regieren konnte, wie es der Dichter und Polemiker John Milton ausdrückte, waren gezählt.[44]

England war eine Republik geworden, zumindest dem Namen nach.

Was in England als politische Revolte gegen einen bestimmten König begonnen hatte, entwickelte sich zu einer intellektuellen Revolte gegen das Königtum an sich.[45] Inspiriert von den Römern (oder auch von der eher diktatorischen Herrschaft, die in England nach dem Königsmord ausgeübt wurde) räsonierten die englischen Republikaner, jeder Herrscher, der nicht durch Gesetze kontrolliert werde, sei praktisch ein Tyrann.[46] In seinem Buch Eikonoklastes (1649) polterte Milton, das Wohl des Volkes dürfe niemals der »Gabe und Gunst einer einzelnen Person« anvertraut werden.[47]

Die englische Republik währte nicht lange, aber ihre Nachbeben zogen sich durch die Jahrhunderte. In England ist das Common Law bis heute ein Bollwerk gegen unkontrollierte Macht.[48] Als die britische Regierung im Jahr 2019 erklärte, sie könne das Parlament dank der Macht, die ihr die Krone übertragen habe, einfach in die Zwangspause schicken, war der Oberste Gerichtshof anderer Meinung. Unter Berufung auf einen Präzedenzfall aus dem Jahr 1611 entschied das Gericht: »Der König hat kein anderes Vorrecht als das, welches ihm das Gesetz des Landes zugesteht.«[49]

***

In Nordeuropa fand die republikanische Idee im 17. und 18. Jahrhundert rasch Verbreitung. Polen und die Schweiz stilisierten sich als Erben der römischen Tradition. Die mächtige niederländische Republik entwickelte eine religiöse Vorstellung von der republikanischen Idee, die vom jüdischen Gemeinwesen der alten Hebräer inspiriert war: »eine Respublica vom Volk Gottes«.[50]

Im Jahr 1765 erließ das britische Parlament dann ein Gesetz, das die Untertanen in den amerikanischen Kolonien dazu verpflichtete, für bestimmte Dokumente geprägtes Papier zu verwenden – und dafür eine Steuer zu bezahlen. Das sorgte für Empörung und führte dazu, dass dieser »Stamp Act« innerhalb eines Jahres wieder aufgehoben wurde. Das Parlament nahm jedoch weiterhin für sich in Anspruch, es habe die »umfassende Macht und Autorität, Gesetze zu erlassen«, um seine amerikanischen Kolonien »in allen Fällen jedweder Art« zu regieren.[51] Das war leichtfertig. Nicht nur waren die Amerikaner in dem Gremium, das ihre Gesetze beschloss, nicht vertreten, es gab auch weder irgendeine Kontrolle über das Parlament noch ein Gegengewicht zu seiner Macht.[52]

Das kam in Amerika, gelinde gesagt, nicht gut an. Die revolutionäre Gegenreaktion, die zur Unabhängigkeit führte, war der Startschuss für das größte republikanische Experiment, das die Menschheit je erlebt hat. Alexander Hamilton erkannte die besondere Stellung, die die Vereinigten Staaten in der Geschichte eingenommen hatten:

Man hat oft festgestellt, dass es dem Volk dieses Landes vorbehalten zu sein scheint, durch sein Verhalten und sein Vorbild die wichtige Frage zu entscheiden: Sind menschliche Gesellschaften wirklich dazu fähig, eine gute politische Ordnung auf der Grundlage vernünftiger Überlegung und freier Entscheidung einzurichten, oder sind sie für immer dazu verurteilt, bei der Festlegung ihrer politischen Verfassung von Zufall und Gewalt abhängig zu sein?[53]

So sehr sich die Briten damals auch ärgerten, konnten sie den Amerikanern doch kaum vorwerfen, sich unvernünftig zu verhalten. Schließlich folgte die amerikanische Revolution im Grunde derselben Logik wie die englische Revolution ein Jahrhundert zuvor: Niemand sollte der Gnade eines unberechenbaren Herrschers ausgeliefert sein, ob er nun gütig war oder nicht.[54] Sich auf das Wohlwollen der Mächtigen verlassen zu müssen war nicht akzeptabel. Joseph Priestley drückte es 1769 so aus: »Mit derselben Macht«, mit der das englische Volk die Amerikaner zwingen könne, »einen Penny zu zahlen, kann es sie zwingen, ihren letzten Penny zu zahlen«.[55] Einige Jahre später reihte sich auch Frankreich bei den Republiken der Welt ein.

***

Diese verkürzte historische Darstellung könnte den Eindruck erwecken, dass der Republikanismus sich nur mit der ungezügelten Macht von Königen und Eroberern befasst. Die republikanische Philosophie...

Erscheint lt. Verlag 3.1.2023
Übersetzer Heike Schlatterer, Sigrid Schmid
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Algorithmen • Demokratie • Desinformation • digitale Intelligenz • Digitalisierung • Facebook • Fake News • Freiheit • Globalisierung • Informationstechnologie • Instagram • Künstliche Intelligenz • media • Meinungsfreiheit • Menschenwürde • Politik • Privatsphäre • Social Media • Soziale Medien • Überwachung • Wirtschaft • Zukunftsvision
ISBN-10 3-455-01333-3 / 3455013333
ISBN-13 978-3-455-01333-7 / 9783455013337
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