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Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit (eBook)

Spiegel-Bestseller
Wahr, falsch, plausibel - die größten Streitfragen wissenschaftlich geprüft
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
368 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45830-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit -  Dr. Mai Thi Nguyen-Kim
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Der SPIEGEL Bestseller Platz 1 Fakten gegen Fakes! Die bekannte Wissenschaftsjournalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim untersucht mit analytischem Scharfsinn und unbestechlicher Logik brennende Streitfragen unserer Gesellschaft. Mit Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen kontert sie Halbwahrheiten, Fakes und Verschwörungsmythen - und zeigt, wo wir uns mangels Beweisen noch zurecht munter streiten dürfen. Themen: Die Legalisierung von Drogen, Videospiele, Gewalt, Gender Pay Gap, systemrelevante Berufe, Care-Arbeit, Lohngerechtigkeit, Big Pharma vs. Alternative Medizin, Homöopathie, klinische Studien, Impfpflicht, die Erblichkeit von Intelligenz, Gene vs. Umwelt, männliche und weibliche Gehirne, Tierversuche und von Corona bis Klimawandel: Wie politisch darf Wissenschaft sein? Fakten, wissenschaftlich fundiert und eindeutig belegt, sind Gold wert. Gerade dann, wenn in Gesellschaft und Politik über Reizthemen hitzig gestritten wird, braucht es einen Faktencheck, um die Dinge klarzustellen und Irrtümer und Fakes aus der Welt schaffen. Leider aber werden Fakten oft verkürzt, missverständlich präsentiert oder gerne auch mit subjektiver Meinung wild gemischt. Ein sachlicher Diskurs? Nicht mehr möglich. Dr. Mai Thi Nguyen-Kim räumt bei den derzeit beliebtesten Streitthemen mit diesem Missstand auf. Bestechend klarsichtig, wunderbar unaufgeregt und herrlich kurzweilig ermittelt sie anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse das, was faktisch niemand in Abrede stellen kann, wenn es beispielsweise um Erblichkeit von Intelligenz, Gender Pay Gap, Klimawandel oder Legalisierung von Drogen geht. Mai Thi Nguyen-Kims Suche nach dem Kern der Wahrheit zeigt dabei nicht nur, was unanfechtbar ist und worauf wir uns alle einigen können. Mehr noch: Sie macht deutlich, wo die Fakten aufhören, wo Zahlen und wissenschaftliche Belege fehlen - wo wir also völlig berechtigt uns gegenseitig persönliche Meinungen an den Kopf werfen dürfen. Ein spannender und informativer Fakten- und Reality-Check, der beste Bullshit-Detektor für unsere angeblich postfaktische Zeit.

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim ist Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin. Sie moderiert im ZDF »Terra X« und präsentiert auf ZDFneo ihre Show »MAITHINK X«. Für ihre Arbeit wurde sie vielfach mit renommierten Preisen ausgezeichnet, so erhielt sie unter anderem das Bundesverdienstkreuz und die Leibniz-Medaille. Ihre bei Droemer erschienenen Bücher »Komisch, alles chemisch« (2019) und »Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit« (2021) wurden zu Bestsellern.

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim ist Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin. Sie moderiert im ZDF Terra X, präsentiert auf ZDFneo ihre Show MAITHINK X und produziert den prämierten und millionenfach abonnierten YouTube-Kanal maiLab. Für ihre Arbeit wurde sie vielfach mit renommierten Preisen ausgezeichnet, so erhielt sie unter anderem das Bundesverdienstkreuz und die Leibniz-Medaille. Bei Droemer erschienen sind die Bestseller »Komisch, alles chemisch« und »Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit«. youtube.com/maiLab instagram.com/maithink twitter.com/maithi_nk

Alle Drogen sind schon da


Stellen wir uns zunächst eine Welt ohne Drogen vor. Eines Tages bekommen wir in dieser drogenfreien Welt Besuch von friedlichen Aliens, so friedlich, dass sie ein Willkommensgeschenk für unsere Spezies dabeihaben: die zwanzig Drogen aus Nutts Drogenranking! Die Aliens erklären uns, dass diese Drogen gewisse Gefahren mit sich brächten, manche größere, manche kleinere, trotzdem sollten wir uns aber mal in Ruhe überlegen, ob wir nicht die eine oder andere gebrauchen könnten – denn diese Dinger würden halt einfach verdammt viel Spaß machen. Da die Aliens auch so aussehen, als hätten sie deutlich mehr Spaß als wir, gibt es grundsätzliches Interesse. Manche Menschen sind hellauf begeistert, andere wollen mit dem Alienzeug lieber gar nichts zu tun haben, wieder andere können sich vorstellen, eine Handvoll Drogen zu übernehmen.

Und jetzt stellen wir uns vor, unsere Entscheidungsbasis sei das Drogenranking aus Abbildung 1.1, das in unserem Gedankenexperiment perfekt, objektiv und korrekt ist. Dann wäre es verhältnismäßig einfach, eine Entscheidung zu treffen. Wir könnten demokratisch abstimmen, wie viel Schaden wir in Kauf nehmen würden, und beispielsweise alles von Cannabis abwärts nehmen. Oder vielleicht auch nur Ecstasy, LSD, Buprenophin und Magic Mushrooms, wenn wir nicht so risikofreudig sind. Wir könnten natürlich auch alle Drogen nehmen, oder keine – wie auch immer, wir müssten bei unserer Entscheidung nur die Drogen an sich in Erwägung ziehen.

 

In Wirklichkeit sind die Drogen aber schon da. Und das ändert alles! In Wirklichkeit wählen wir nicht zwischen Drogen, denn wir haben schon längst bestimmte Entscheidungen getroffen. Zum Beispiel, dass in Deutschland Tabak und Alkohol legal sind, andere Drogen nicht (mit Ausnahme von medizinischem Cannabis für therapeutische Zwecke oder verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln). In Wirklichkeit wählen wir zwischen verschiedenen Drogenpolitiken. Die Frage ist nicht: Alkohol oder Cannabis? Sondern: Alkohol stärker kontrollieren oder alles so lassen? Cannabis legalisieren oder auch weiterhin verbieten?

Mit anderen Worten: Ändern wir die Drogenpolitik, ändern sich automatisch auch Art und Ausmaß der Schäden, die durch die Droge hervorgerufen werden.

 

Dass Schäden verschiedenster Art durch Verbote erst auftreten können, zeigt nicht nur das Beispiel Heroin. Methamphetamine – also Crystal (Meth), Crack oder Ice, wie sie auch genannt werden – führen beispielsweise zur Schädigung der Umwelt[47], denn sie werden in kleinen Amateurlaboren produziert, zusammen mit schädlichen Abfallprodukten, die unsachgemäß in der Umwelt entsorgt werden. Wäre die Produktion legal, wäre sie automatisch professioneller und die Umweltschäden geringer.

Auch sogenannte Legal Highs sind ein wunderbares Beispiel. Künstlich hergestellte Cannabinoide[48], die den Cannabis-Hauptwirkstoff THC und seine psychoaktive Wirkung imitieren sollen, waren bis 2016 als »Kräutermischungen« ganz legal erhältlich und wurden als Ersatz für das verbotene Cannabis verkauft. Warum legal? Na ja, sobald man an der chemischen Struktur auch nur eine Kleinigkeit änderte, hatte man eine neue Substanz hergestellt, die pro forma zunächst legal war, da das Betäubungsmittelgesetz nur bekannte Substanzen verbieten konnte.

Das Problem: Man bestellte sich legale Kräuter, die mit irgendeiner unbekannten, ungeprüften Substanz besprüht waren – was man da am Ende genau inhalierte, lag ein bisschen in den Sternen. Diese legalen THC-Verschnitte waren teilweise deutlich gefährlicher als das natürliche Hanf-Cannabinoid THC.[49] Natürlich waren die Behörden dabei, alle neuen psychoaktiven Substanzen zu identifizieren und zu verbieten – nur bis sie damit durch waren, wurden schon längst wieder drei neue Legal Highs hergestellt, und für die Behörden ging der Spaß von vorne los.

Um dieses Katz-und-Maus-Spiel endlich zu durchbrechen, wurde 2016 das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) verabschiedet, mit dem erstmals ganze Substanzklassen verboten wurden.[50] Das NpSG ist damit übrigens das erste Gesetz, das chemische Strukturen enthält – was ich durchaus feiere. Allerdings konnte selbst Chemie das Problem nicht beheben. Eine ausführliche Auswertung des Effekts des neuen Gesetzes kam zu dem ernüchternden Ergebnis, dass es »keine statistisch bedeutsamen Veränderungen« im Konsum bewirkt habe.[51] Das Verbot von Cannabis hat also einen Schwarzmarkt voller synthetischer Cannabinoide geboren, die deutlich schädlicher sein können als Cannabis selbst.

 

Doch auch die Legalisierung von Drogen führt natürlich zu Schäden, die man wiederum durch Verbote oder stärkere Kontrollen vermeiden oder reduzieren kann. Dabei ist die Schädlichkeit einer Droge für eine Einzelperson grundsätzlich anders zu bewerten, als die Schädlichkeit einer Droge für eine gesamte Gesellschaft. Von einem Meteoriten erschlagen zu werden, ist beispielsweise äußerst schädlich für die getroffene Person. Die Sterblichkeit unter den von Meteoriten Erschlagenen dürfte bei 100 Prozent liegen. Für die Sterblichkeit einer Bevölkerung sind Meteoriteneinschläge allerdings eine vernachlässigbare Todesursache. So ist auch das Einnehmen von Zyankali für eine Person deutlich fataler als der Konsum von Alkohol, dennoch ist Alkoholmissbrauch das deutlich größere Problem für unsere Gesellschaft. Der amerikanische Politikwissenschaftler Jonathan O. Caulkins spricht hier von »micro-level harm« und »macro-level harm«.[52] Der Schaden für eine Einzelperson ist ein Schaden auf der Mikroebene, der Gesamtschaden für eine Gesellschaft einer auf der Makroebene.

Auf der Mikroebene ist die Schädlichkeit unterschiedlicher Drogen noch verhältnismäßig leicht zu bewerten. Eine rein medizinische und toxikologische Bewertung à la »Schädlichkeit pro Konsumeinheit« kommt da schon ganz gut hin. Doch es ist die Makroebene, die für politische Entscheidungen wichtig ist. Und die einfachste (und stark vereinfachte) Formel, um einen Mikroschaden in einen Makroschaden umzurechnen, lautet:

Mikroschaden x Ausmaß des Konsums =

Makroschaden

Der Witz ist nun: Das Ausmaß des Konsums ist direkt abhängig vom legalen Status der Droge. Als ich als Jugendliche ein Kleinstadtgymnasium besuchte, stand Kiffen für mich allein deshalb nicht zur Debatte, weil ich gar nicht gewusst hätte, wo ich Gras herbekommen sollte. Ich kann mir vorstellen, dass das heute anders ist – ich erinnere mich daran, dass Cannabis ein viel teuflischeres Image hatte als heutzutage, wo die Cannabispolitik weltweit zunehmend lockerer wird. Bestimmt waren damals andere gewitzter als ich und wussten sich dennoch etwas zu besorgen, aber natürlich hat man zu legalen Drogen in der Regel einen leichteren Zugang, was wiederum zu größerem Konsum führt. Eine Droge, deren Mikroschaden für den individuellen Konsumenten überschaubar ist, könnte als Volksdroge dann doch einen großen Makroschaden anrichten.

Dass David Nutt und seine Kollegen in ihrer Analyse allerdings nicht ausreichend zwischen Mikro- und Makroschäden unterschieden haben, zeigt das Beispiel Tabak vs. GHB (Gammahydroxybuttersäure, auch als Liquid Ecstasy bezeichnet, obwohl es mit Ecstasy sowohl chemisch als auch in seiner Wirkung wenig gemeinsam hat). Tabak bekam nach der multikriteriellen Schädlichkeitsanalyse einen Score von 26 und war damit etwa ein Drittel schädlicher als GHB mit 19 Punkten … wirklich?? Zum Zeitpunkt der Studie standen in Großbritannien 8,5 Millionen Raucher läppischen 50 000 GHB-Nutzern gegenüber. Da zu behaupten, dass der Schaden durch Tabak für die britische Gesellschaft nur ein Drittel größer ist als der Schaden durch GHB, ist fast schon absurd.

Gleichzeitig haben Nutt et al. ihre 16 Kriterien durchaus in zwei Kategorien aufgeteilt: Neun Kriterien fielen unter »Schäden für die Konsumenten«, die den individuellen Schaden bewerten sollten, sieben Kriterien unter »Schäden für andere«, von denen die meisten »das Ausmaß des Konsums indirekt berücksichtigten«, so heißt es im Methodenteil, was ja Caulkins’ Definition von Makroschäden entspricht. Allerdings wurden die Makroschäden von Nutt und Kollegen als nur geringfügig relevanter eingestuft als die Mikroschäden: Die »Schäden für die Konsumenten« wurden im Verhältnis zu den »Schäden für andere« mit 46:54 gewichtet.

Das wirkt ziemlich willkürlich und ergibt sich letztendlich aus der gesammelten Gewichtung der sieben beziehungsweise neun Kriterien in der multikriteriellen Analyse. Und interessanterweise punktete Alkohol vor allem in der Kategorie »Schäden für andere«. Betrachtet man nur die Schäden, die Drogen auf ihre Nutzer ausüben, landeten auf den ersten drei Plätzen Heroin, Crack und Methamphetamin (siehe Abbildung 1.2, hier). Daraus kann man zumindest ablesen, dass Nutt et al. »Schäden für andere« durchaus für entscheidend hielten.

 

Damit ist der vielleicht größte Schwachpunkt von Nutts Drogenranking gefunden: dass es nämlich vorzugeben...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2021
Illustrationen Ivonne Schulze
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Abtreibung • Aufklärung • Bullshit • Corona • Corona Leugner • Deutschland Politik Kultur Gesellschaft • Erzählendes Sachbuch • Factfulness • Fake Facts • Fake News • FakeNews • Fakten • Faktencheck • Feinstaub • Gehirn • Gender Pay Gap • Gentechnik • gesellschaftlich relevante Themen • Gesellschaftskritik • Gesellschaftskritische Bücher • Glyphosat • Hans Rosling • Impfen • Impfgegner • Intelligenz • Internet • Klimawandel • Legalisierung Drogen • Logik • Lügen • Naturwissenschaft • Rassen • Sachbuch Gesellschaft • Sexualität • Statistiken • umstrittene Themen • Verschwörungstheorien • Verstand • Wahrheit • Weltsicht • Welt verstehen • Wirklichkeit • Wissenschaft • wissenschaft buch
ISBN-10 3-426-45830-6 / 3426458306
ISBN-13 978-3-426-45830-3 / 9783426458303
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