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Die Selbstgerechten (eBook)

Spiegel-Bestseller
Mein Gegenprogramm - für Gemeinsinn und Zusammenhalt
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
345 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-44668-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Selbstgerechten -  Sahra Wagenknecht
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Urban, divers, kosmopolitisch, individualistisch - links ist für viele heute vor allem eine Lifestylefrage. Politische Konzepte für sozialen Zusammenhalt bleiben auf der Strecke, genauso wie schlecht verdienende Frauen, arme Zuwandererkinder, ausgebeutete Leiharbeiter und große Teile der Mittelschicht. Ob in den USA oder Europa: Wer sich auf Gendersternchen konzentriert statt auf Chancengerechtigkeit und dabei Kultur und Zusammengehörigkeitsgefühl der Bevölkerungsmehrheit vernachlässigt, arbeitet der politischen Rechten in die Hände. Sahra Wagenknecht zeichnet in ihrem Buch eine Alternative zu einem Linksliberalismus, der sich progressiv wähnt, aber die Gesellschaft weiter spaltet, weil er sich nur für das eigene Milieu interessiert und Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft ignoriert. Sie entwickelt ein Programm, mit dem linke Politik wieder mehrheitsfähig werden kann. Gemeinsam statt egoistisch.

Sahra Wagenknecht ist promovierte Volkswirtin, Publizistin und Politikerin, Mitglied des Bundestags für die Partei Die Linke, für die sie auch im Europäischen Parlament saß. Von 2010 bis 2014 war sie Stellvertretende Parteivorsitzende, von 2015 bis bis 2019 Vorsitzende der Linksfraktion. Sie betreibt einen eigenen Youtube-Kanal, auf dem sie wöchentlich aktuelle Themen kommentiert und schreibt regelmäßig eine »Focus«-Kolumne. Bei Campus sind ihre Dissertation The Limits of Choice und ihre Bücher Freiheit statt Kapitalismus (2012) und Reichtum ohne Gier (2016/2018) erschienen.

Sahra Wagenknecht ist promovierte Volkswirtin, Publizistin und Politikerin, Mitglied des Bundestags für die Partei Die Linke, für die sie auch im Europäischen Parlament saß. Von 2010 bis 2014 war sie Stellvertretende Parteivorsitzende, von 2015 bis bis 2019 Vorsitzende der Linksfraktion. Sie betreibt einen eigenen Youtube-Kanal, auf dem sie wöchentlich aktuelle Themen kommentiert und schreibt regelmäßig eine »Focus«-Kolumne. Bei Campus sind ihre Dissertation The Limits of Choice und ihre Bücher Freiheit statt Kapitalismus (2012) und Reichtum ohne Gier (2016/2018) erschienen.

1. MORALISTEN OHNE MITGEFÜHL


Die Lifestyle-Linke: weltläufig und sprachsensibel


Doch, die gesellschaftliche Linke kann noch siegen. Sie kann Multis wie den niederländisch-britischen Konsumgüterkonzern Unilever, zu dem die Marke Knorr gehört, in die Knie zwingen. Aufgrund der Rassismusdebatte in den sozialen Netzwerken, teilte das Unternehmen im August 2020 mit, werde der Knorr-Klassiker Zigeunersauce ab sofort unter neuem Namen, nämlich als Paprikasauce Ungarische Art in den Supermarktregalen zu finden sein. Und Unilever ist nicht der einzige Konzern, der sich dem Druck linksliberaler Meinungsführer und ihres fleißig twitternden Anhangs beugen musste. Mit den gleichen Mitteln wurde auch die langjährige Personalchefin von Adidas, Karen Parkin, im Juni 2020 zum Rücktritt gezwungen. Während der Zigeunersauce die politisch inkorrekte Bezeichnung einer Volksgruppe zum Verhängnis wurde, lautete der Vorwurf bei Parkin: Sie habe das Thema Rassismus verharmlost und sich zu wenig um Diversity, also um die Karriere nicht-weißer Mitarbeiter, bei Adidas gekümmert.

Freilich, der verschlechterte Tarifvertrag, den Unilever fast zeitgleich zum heroischen Abschied von der Zigeunersauce den 550 verbliebenen Mitarbeitern im Knorr-Stammwerk Heilbronn mit der Drohung aufgezwungen hatte, den Betrieb andernfalls ganz zu schließen, besteht unverändert. Er bedeutet für die Knorr-Beschäftigten Personalabbau, niedrigere Einstiegsgehälter, geringere Lohnsteigerungen und Samstagsarbeit. Anders als die Zigeunersauce hatte all das allerdings nie für bundesweite Schlagzeilen oder gar für einen Shitstorm der sich links fühlenden Twittergemeinde gesorgt. Und dass die Arbeitsbedingungen bei den asiatischen Zulieferern von Adidas so schlimm sind, dass das Unternehmen im Index des »Fashion Checker« die schlechteste Note in der Kategorie »Löhne, die das Existenzminimum garantieren« kassierte, nun ja, auch dieses Thema eignet sich eher schlecht für virale Empörungsposts. Die Diversity-Freunde können sich schließlich nicht auch noch um bettelarme nicht-weiße Arbeiter im fernen Südostasien kümmern.

Bilderstürmer und Philosophenjäger

Man hat ja zu Hause genug zu tun. Nachdem im Frühsommer 2020 ein rassistischer Cop in den Vereinigten Staaten den Afroamerikaner George Floyd brutal ermordet hatte, waren die Tage der Mohren-Apotheken und Mohren-Hotels in Deutschland endgültig gezählt. Wer sich nicht schleunigst nach einem neuen Namen umsah, geriet mächtig unter Druck. Black-Lives-Matter-Aktivisten begannen jetzt auch in Europa, die Statuen von Sklavenhändlern aus der Kolonialzeit vom Sockel zu stürzen. Sie taten das mit einem Eifer und einer Überzeugung, als läge hier der Schlüssel, um der modernen Sklaverei von Bullshit-Jobs, Demütigung und Armut die Grundlage zu entziehen.

Aber der Kampf gilt nicht nur Namen und Denkmälern, über deren Sinnhaftigkeit man tatsächlich streiten kann. Er macht auch vor populären Büchern, Filmen und selbst klassischen Philosophen nicht halt. Die Texte von Mark Twain und das Kinderbuch Pippi Langstrumpf   können schon seit Längerem nicht mehr in der Originalversion erscheinen, weil gewisse Passagen und Worte den empfindsamen Gemütern der Kinder und Jugendlichen unserer Zeit nicht mehr zumutbar sind.

Die Forderung, den mit acht Oscars prämierten Hollywood-Schinken Vom Winde verweht zu verbieten, ließ sich zum Bedauern mancher Aktivisten bisher leider nicht durchsetzen. Auch Immanuel Kant oder Jean-Jacques Rousseau werden an vielen Universitäten im Rahmen des Philosophiestudiums immer noch gelesen, obwohl die beiden Denker der Aufklärung in linken Kreisen längst als Rassisten enttarnt wurden. An der Berliner Humboldt-Uni musste vor einiger Zeit die Polizei einschreiten, weil Studenten durch Lahmlegung des Seminarbetriebs verhindern wollten, dass Texte von Kant und Rousseau diskutiert werden. Nicht totzukriegen ist bisher auch der wichtigste Vertreter der klassischen deutschen Philosophie, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, trotz der Textstellen, die ihn nach Ansicht italienischer Linksintellektueller unzweifelhaft als Sexisten ausweisen, was diese zu einer Facebook-Kampagne unter der Überschrift Sputiamo su Hegel (Wir spucken auf Hegel ) motiviert hat.

Alle Cops auf die Deponie

Im selben Sommer 2020, als der Kampf gegen alles und jeden, dem man das Etikett rassistisch anheften konnte, für einige Wochen sogar das Coronavirus aus den Schlagzeilen verdrängt hatte, geriet auch die deutsche Polizei wegen rassistischer Vorfälle unter Generalverdacht. Beherzt forderte daraufhin eine Kolumnistin der taz, die Behörde am besten ganz aufzulösen und die Beamten auf Mülldeponien zu entsorgen. Dass mancher Bürger, der sich wegen seiner dunklen Hautfarbe in bestimmten Regionen unseres Landes nicht mehr sicher fühlt, vielleicht über den einen oder anderen zusätzlichen Polizisten auf der Straße ganz froh wäre, ist ein Gedanke, der einer Journalistin, die in einem angesagten Viertel von Berlin wohnt, natürlich nie käme.

Was ist heute noch links? Was rechts? Viele Menschen wissen es nicht mehr. Sie halten die alten Kategorien für überholt. Nur in einem sind sie sich sicher: Das, was sie an öffentlichen Äußerungen unter dem Label links vernehmen, ist ihnen oft unsympathisch. Und dem Milieu, das sie damit verbinden, misstrauen sie zutiefst.

Die traditionelle Linke

Das war über viele Jahre anders. Links, das stand einmal für das Streben nach mehr Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit, es stand für Widerständigkeit, für das Aufbegehren gegen die oberen Zehntausend und das Engagement für all diejenigen, die in keiner wohlhabenden Familie aufgewachsen waren und sich mit harter, oft wenig inspirierender Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen mussten. Als links galt das Ziel, diese Menschen vor Armut, Demütigung und Ausbeutung zu schützen, ihnen Bildungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten zu eröffnen, ihr Leben einfacher, geordneter und planbarer zu machen. Linke glaubten an politische Gestaltungsfähigkeit im Rahmen des demokratischen Nationalstaats und daran, dass dieser Staat Marktergebnisse korrigieren kann und muss.

Natürlich waren Linke immer auch Teil der Kämpfe gegen rechtliche Diskriminierungen, etwa der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der fünfziger und sechziger Jahre. Denn der alte liberale Imperativ, dass niemand aufgrund seiner Hautfarbe, Religion oder Lebensweise benachteiligt werden darf, war für sie selbstverständlich. Aber als Linke legten sie Wert auf die Erkenntnis, dass rechtliche Gleichstellung noch lange keine gleichen Lebenschancen garantiert. Denn anders als Liberale und Konservative sahen Linke in der Macht über große Finanz- und Betriebsvermögen und in der extremen Ungleichheit der Verteilung solcher Vermögen eine Schlüsselgröße, ohne deren Veränderung echte Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit nicht möglich sind.

Auf der Seite der Unterprivilegierten

Natürlich gab es unter Linken immer auch große Unterschiede. Der eher kompromisswillige deutsche Sozialdemokrat dachte und handelte anders als der rebellische französische oder italienische Gewerkschafter. Es gab im linken Spektrum stets auch radikale Splittergruppen, mit denen die meisten Menschen nichts zu tun haben wollten. Aber im Großen und Ganzen war klar: Linke Parteien, egal ob Sozialdemokraten, Sozialisten oder auch, in vielen westeuropäischen Ländern, Kommunisten, vertraten nicht die Eliten, sondern die Unterprivilegierten. Ihre Aktivisten kamen überwiegend selbst aus diesem Milieu, und ihr Ziel war es, dessen Lebensumstände zu verbessern. Linke Intellektuelle teilten dieses Anliegen und unterstützten es.

Es gibt diese traditionellen Linken auch heute noch. Vergleichsweise häufig trifft man sie in Gewerkschaften, vor allem auf den unteren Ebenen. In den meisten sozialdemokratischen Parteien sind sie schon in der Minderzahl, zumindest in den Führungsetagen. Bei den Demokraten in den USA etwa haben sie nur noch marginalen Einfluss auf die Politik, mit Bernie Sanders aber immerhin ein prominentes und populäres Gesicht. Die deutsche Partei Die Linke wurde 2007 noch auf Grundlage eines...

Erscheint lt. Verlag 14.4.2021
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte cancel culture • Digitalisierung • Europapolitik • Flüchtlingspolitik • Gendergerechtigkeit • gendersprache • Identitätspolitik • Klimakrise • Konservativismus • Konzerne • Liberal • Lifestyle-Linke • Linke • Rechtspopulismus • Soziale Spaltung • Verteilungspolitilk • Wirtschaftskrise • Wirtschaftspolitik
ISBN-10 3-593-44668-5 / 3593446685
ISBN-13 978-3-593-44668-4 / 9783593446684
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