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Studien zur Ethnomethodologie - Harold Garfinkel

Studien zur Ethnomethodologie

Buch | Softcover
386 Seiten
2020
Campus (Verlag)
978-3-593-50739-2 (ISBN)
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Ein großer Klassiker der Soziologie
Harold Garfinkels Werk "Studies in Ethnomethodology" hat einst die Sozialwissenschaften revolutioniert, indem es die herkömmlichen Theorien über Bord warf und das menschliche Alltagshandeln zum Gegenstand der Forschung machte. Soziale Wirklichkeit wird, so seine These, durch alltagspraktische Handlungen hergestellt. Diese uns selbstverständlich erscheinenden Praxen nahm Garfinkel ins Visier. Das Buch, 1967 in den USA erschienen, gehört schon lange zu den großen Klassikern der Sozialwissenschaften. Mit diesem Band liegt die bahnbrechende Studie endlich auch in deutscher Übersetzung vor.

Harold Garfinkel (1917 – 2011) war einer der bedeutendsten amerikanischen Soziologen und Professor an der University of California in Los Angeles. Er gilt als Begründer der Ethnomethodologie.

Inhalt
EINLEITUNG
Harold Garfinkels Studies in Ethnomethodology im Kontext der amerikanischen Soziologie
Anne Warfield Rawls7
Notiz zur Übersetzung 19
HAROLD GARFINKEL:
STUDIEN ZUR ETHNOMETHODOLOGIE (1967)
Vorwort27
Nachweise33
EINS
Was ist Ethnomethodologie?35
ZWEI
Studien zu den Routinegrundlagen von Alltagstätigkeiten 77
DREI
Das Alltagswissen über soziale Strukturen: Die dokumentarische Methode der Interpretation
beim Ermitteln von Tatsachen durch Laien- und professionelle Soziologen127
VIER
Einige Regeln für die korrekte Entscheidungsfindung, an die sich Geschworene halten161
FÜNF
»Durchkommen« (passing) und erfolgreicher Erwerb eines Geschlechtsstatus durch eine
»zwischengeschlechtliche« Person – Teil I 177
SECHS
»Gute« organisatorische Gründe für »schlechte« Klinikaufzeichnungen259
SIEBEN
Methodologische Angemessenheit bei der quantitativen Untersuchung von
Selektionskriterien und Selektionstätigkeiten in psychiatrischen Polikliniken 285
ACHT
Die rationalen Eigenschaften wissenschaftlicher und alltäglicher Aktivitäten 355
Nachtrag zu Kapitel 5383

EINLEITUNG Harold Garfinkels Studies in Ethnomethodology im Kontext der amerikanischen Soziologie Anne Warfield Rawls Als die Studies in Ethnomethodology 1967 erschienen, wurde das Buch sofort zu einem Klassiker. Es stellte die Prämissen der gängigen Gesellschaftstheorie und Sozialforschung in Frage und sorgte damit für viel Lob, heftige Kontroversen und erhebliche Aufmerksamkeit. Inmitten der turbulenten 1960er Jahre erhob die Ethnomethodologie Forderungen nach Veränderungen des Konzepts der Sozialwissenschaft – und der Gesellschaft. Zeitpunkt und Botschaft passten nur zu gut zusammen. Das erhöhte das Interesse an der Ethnomethodologie, bestärkte aber auch die Vorstellung, dass sich ihre Themen und Konzepte in den 1960ern entwickelt hätten. Aus diesem Grund wurden Garfinkel und die Ethnomethodologie in der Folge mit gegenkulturellen Ideen und antiintellektuellen Tendenzen in Verbindung gebracht. In Wirklichkeit bildete sich Garfinkels wissenschaftliche Haltung bereits in den 1940er Jahren heraus, und damit über 20 Jahre vor dem Erscheinen der Studies. Garfinkel hatte im Frühjahr 1942 das Magisterexamen abgelegt und arbeitete während des Zweiten Weltkriegs als Sozialforscher für die Air Force der USA. In diesem Zusammenhang sollte man nicht vergessen, dass Garfinkel sich damals nicht als Teil der Mehrheitsbevölkerung verstehen konnte. Es war noch vor der Zeit der vollständigen Aufdeckung der deutschen Gräueltaten am Ende des Zweiten Weltkriegs, welche die Amerikaner dazu veranlassten, ihren eigenen Antisemitismus aufzugeben. Garfinkel lebte von 1939 bis 1946 im amerikanischen Süden, wo noch Rassentrennung herrschte, die auch ihn in Mitleidenschaft zog; ihm wurde der Zutritt zu Hotels und Restaurants, die »nur für Weiße« offenstanden, verweigert. Diese Erfahrungen prägten seine frühen Schriften (zur Interaktionsdynamik beim Erzeugen ethnischer Ungleichheit durch rassistisch gefärbte Berichte), die Beziehung zu seinem ersten akademischen Mentor Howard Odum (der sich auf die Volkskultur der Schwarzen spezialisiert hatte) und die Entwicklung seiner These, wonach die von ihm durch Vertrauensbedingungen gekennzeichnete Reziprozität eine notwendige Grundlage sozialer Interaktion darstellt. Garfinkels Ansatz gehört einer wichtigen, vor dem Krieg entstandenen Richtung der Sozialforschung an, deren Wurzeln sich in Émile Durkheims Kritik an Auguste Comtes Individualismus finden. Sie vertrat die Ansicht, dass es soziale Tatsachen einzig und allein als gemeinsam geschaffene gibt. Durch Talcott Parsons, der diese Sicht teilte, wurde das Primat individueller und epistemischer Gegenstände, das die etablierte amerikanische Philosophie und Gesellschaftstheorie dominierte, in Frage gestellt. Als Garfinkel 1946 nach Harvard ging, fand er als Doktorand bei Parsons Anschluss an eine Gruppe ähnlich gesinnter Wissenschaftler, darunter Clyde Kluckhohn, Jerome Bruner, W. Lloyd Warner und Wilbert Moore. In den späten 1930er Jahren hatte Parsons wiederholt versucht, den amerikanischen Sozialwissenschaftlern Durkheim und Weber nahe zu bringen: Er beklagte sich darüber, dass die offensichtlich unlösbaren Meinungsverschiedenheiten über Theorie und Methode daher rührten, dass man am Individualismus und Positivismus von Comte und Spencer festhielt. Man könne, so meinte er 1938, die ganze Aufspaltung in eine quantitative und eine qualitative Soziologie auf diesen theoretischen Mangel zurückführen. Es gebe eine einfache Lösung: Man solle sich die neueren, eher gesellschaftsbezogenen Ideen Durkheims und Webers zu eigen machen. Garfinkel ergänzte diese neuere »europäische» Ausrichtung um einige neue Dimensionen. Er betonte den irreduzibel kooperativen und geordneten Charakter sinnvoller sozialer Handlungen und steuerte damit den bahnbrechenden Gedanken bei, dass Personen, die an sozialen Situationen beteiligt sind, gemeinschaftliche Methoden – Ethno-Methoden bzw. Methoden der Mitglieder – verwenden, die für den von ihnen kooperativ geschaffenen Sinn konstitutiv sind. Der Sinn wird nicht, wie von Durkheim angenommen, nur durch konstitutive Praktiken oder, wie von Wittgenstein angenommen, durch den Gebrauch hergestellt, vielmehr können die konstitutiven Bedingungen und Ressourcen im Laufe des Gebrauchs spezifiziert werden. Wichtiger noch: Einige Ressourcen transzendieren ihre Situationen. Dieser Gedanke, dass soziale Tatsachen durch ihr Zusammentreffen mit konstitutiven Kriterien geschaffen werden, veränderte den erkenntnistheoretischen Ansatz: Anstelle der Werte und Symbole, die im Zentrum der älteren Ansätze standen, wurden die sozialen Tatsachen selbst sowie die empirischen Bedingungen und Methoden ihrer Herstellung in den Mittelpunkt der Untersuchung gerückt. Das wirkte sich auch auf die Forschungsmethoden aus. Da die Interaktionspartner die Methoden zur Herstellung sozialer Tatsachen von Moment zu Moment koordinieren, müssen ihre konstitutiven Eigenschaften wechselseitig beobachtbar sein. Folglich können die gemeinschaftlich angewandten Ethno-Methoden auch von anderen beobachtet werden: Sie bestehen aus erkennbaren empirischen Details und nicht aus begrifflichen und annäherungsweise erfassten Typisierungen. Leser, die in dieser empirischen Ausrichtung einen positivistischen Ansatz sehen, begehen einen fundamentalen Fehler. Alle sozialen Tatsachen werden kooperativ hervorgebracht. Eine positivistische Annahme natürlicher Tatsachen ist damit nicht verbunden. Die bei der Herstellung sozialer Tatsachen feststellbaren Kriterien sind selbst von Grund auf sozial und kooperativ. Eines ihrer empirischen Merkmale ist die »Erkennbarkeit« durch die Teilnehmer. Ihre »Wirklichkeit« kann nicht in der gleichen Weise als selbstverständlich gegeben angesehen werden, wie das bei natürlichen Tatsachen der Fall ist. Diese Einsicht hat sowohl theoretische als auch methodische Folgen. Im Zentrum von Theorie und Methode stehen nicht mehr »Begriffe« und deren Klärung. Im Zentrum der Ethnomethodologie und ihrer Studies steht der Nachvollzug der kooperativen Verfertigung sozialer Tatsachen durch die Teilnehmer und ihre Interaktion. Dort, wo dieser neue, die sozialen Tatsachen als konstitutiv begreifende Ansatz angenommen wurde, hat er zuerst einmal Forschungen in Randbereichen der Sozialwissenschaft angeregt: Arbeiten zu Naturwissenschaft und Mathematik, Geschlecht, Rassismus, Verbrechen, Devianz und Polizeiarbeit, zu Organisationstheorie, Kommunikation und interaktiver Pragmatik, Arzt-Patient-Interaktion, Informationstechnologie und ihrem Design, institutioneller Ethnographie, Arbeitsplatzforschung, Mensch-Computer-Interaktion und kulturwissenschaftliche Forschungen. Meistens jedoch wurde der Ansatz, den Garfinkel und die von ihm inspirierten Arbeiten verfolgten, aus der Perspektive jener Richtung beurteilt, die er in Frage stellte. Daher wurde die Tragweite, die Garfinkels wissenschaftliche Position für eine Neubestimmung der Gesellschaftstheorie und Sozialforschung hatte, trotz ihrer Bedeutung zumeist nicht erkannt. Die Ethnomethodologie wird gemeinhin als ein Sonderbereich innerhalb eines theoretischen Kontexts gesehen, in dem das Primat der individuellen und erkenntnistheoretischen Gegenstände unangetastet bleibt – eine Sichtweise, gegen die sich diejenigen, für die soziale Tatsachen konstitutiv sind, logischerweise wehren. Hier entstehen die Kontroversen. Mit der Anerkennung des kooperativ hergestellten Charakters von Ordnung und Bedeutung werden die erkenntnistheoretischen Parameter so verändert, dass es zunächst keinerlei Individuen oder erkenntnistheoretische Gegenstände gibt. Sie müssen, um existieren zu können, kooperativ hervorgebracht werden. Durkheim hatte die Ansicht vertreten, dass diese erkenntnistheoretische Veränderung Fragen der Logik und Vernunft in soziologische Fragen der konstitutiven Praxis verwandeln würde. Ähnlich bestand Garfinkel darauf, dass die Einnahme einer konsequenten konstitutiven Position – der zu Folge alle relevanten sozialen Gegenstände kooperativ hergestellt werden müssen – die theoretischen Parameter so verändert, dass die bestehenden sozialen Theorien und Methoden irrelevant werden. Er sprach in diesem Zusammenhang vom »Desinteresse« der Ethnomethodologie an den Fragestellungen der Mainstream-Soziologie. Wittgenstein hatte ähnlich argumentiert. Das Desinteresse erstreckt sich nicht auf Fragen der Gleichheit und Gerechtigkeit, die zentral bleiben. Wie für Durkheims implizite Vertragsbedingungen gilt auch für Garfinkels Vertrauens-Konzeption, dass Gegenseitigkeit und die zur Aufrechterhaltung der Gegenseitigkeit erforderliche Gleichheit für die Sinnstiftung und Kohärenz des sozialen Handelns unerlässlich sind. Das Desinteresse erstreckt sich auf die Betonung der Handlungsperspektive von Individuen, die Akteursperspektive, die Verbindung von Werten mit einem Gruppenkonsens und alle anderen Mittel der klassischen soziologischen Position. Für Durkheim war der erkenntnistheoretische Schritt, das Individuum und die sozialen Gegenstände unter dem Blickwinkel ihrer kooperativen Herstellung zu behandeln, das entscheidende Merkmal, um die Soziologie von anderen Disziplinen zu unterscheiden. Er sah darin den Schlüssel zur Überwindung des Positivismus und in den kooperativen konstitutiven Ordnungen den Schlüssel zu einer adäquaten Ordnungstheorie in einer diversifizierten modernen Gesellschaft, in der die Herstellung von Ordnung durch Konsens nicht länger möglich ist. Garfinkels Vorhaben war daher auf eminente Weise soziologisch, und zwar im ursprünglichen Durkheimschen Sinn. Da dieser erkenntnistheoretische Schritt jedoch von seiner Umgebung nicht verstanden wurde, blieb das in Garfinkels Ansatz enthaltene Potential für eine zeitgenössische Gesellschaftstheorie weitgehend ungenutzt. Theorie und Forschung schlagen sich, belastet von tiefen erkenntnistheoretischen Widersprüchen, irgendwie weiter durch, kämpfen unnötig mit dem Positivismus und sind noch immer auf der Suche nach den konsensuellen Werten einer modernen Gesellschaft. Ein Großteil ethnomethodologischer Forschung fand daher außerhalb der Soziologie und sogar außerhalb der Sozialwissenschaften statt. Da ethnomethodologische Forschung direkt mit der Welt verbunden ist, in der Menschen leben und arbeiten, sind ihre Ergebnisse meistens in so hohem Maß praktisch anwendbar, dass ihre Finanzierung durch innovative technologische Firmen, angewandte Wissenschaftssparten und Berufszweige sichergestellt ist. Forschung dieser Art wird in Fachbereichen für Betriebswirtschaft, Kommunikation, Medizin, Recht, Information, Design und in Instituten für Wissenschafts- und Technologiestudien betrieben. Allerdings wird dabei den theoretischen Implikationen des Gesamtprojekts, nämlich die Bedingungen der – moralischen wie empirischen – Herstellung sozialer Tatsachen nachzuvollziehen, keine ausreichende Beachtung geschenkt. Bei all den plausiblen Erklärungen dafür, warum die theoretischen Implikationen der Ethnomethodologie so häufig falsch verstanden wurden, ist die Tendenz, Garfinkels Arbeit in den 1960er Jahren und nicht in den 1940ern zu verorten, ein wichtiger und weitgehend vernachlässigter Punkt. Die Zuordnung zu den 1960er Jahren ignoriert den Kontext, in dem er seinen Ansatz entwickelt hatte. Verortet man Garfinkel in den Vierzigern, erscheint er als ein Protagonist, der die starke soziologische Strömung, in der die Konstitution sozialer Tatsachen herausgestellt wurde, gegenüber ihren in der Kriegszeit auftretenden Kritikern verteidigte, und nicht als Kritiker der Vormachtstellung einer etablierten Fachrichtung, wie man ihn nach dem Erscheinen der Studies einstufte. Als Angehöriger von Eliteuniversitäten mit einflussreichen Mentoren war er in einem entscheidenden Moment der Geschichte an einer anspruchsvollen fachwissenschaftlichen Debatte beteiligt. Eine Untersuchung dieser Debatte lässt Garfinkel nicht nur in einem anderen Licht erscheinen, sondern berichtigt eine wichtige Fehlannahme über die Geschichte des Faches: dass sich während des Krieges nichts geändert habe. Während des Kriegs und kurz danach weilte Garfinkel in unmittelbarer Nähe von Talcott Parsons und Howard Odum, beides einflussreiche Fachvertreter, während sich eine wichtige Umstrukturierung des Faches vollzog. Auch wenn es noch weitere Faktoren gibt, die erklären, weshalb sich die Soziologie nach dem Krieg so wie geschehen entwickelte – etwa die später aufkommende Angst vor dem Kommunismus –, spielt diese Umstrukturierung eine besonders entscheidende Rolle. Im Unterschied zu den beiden vorausgegangenen Jahrzehnten, in denen eine breit angelegte Debatte und Diskussion stattgefunden hatte, kam es in den vierziger Jahren angesichts des Krieges zu einer rasanten Engführung des fachlichen Fokus’ und einem Aufpeitschen des emotionalen Klimas. Die Soziologen wollten einen Beitrag leisten, sie wollten staatliche Unterstützung und sie wollten den gleichen Respekt, der ihrer Ansicht nach anderen Wissenschaften entgegengebracht wurde. Man entschied sich schließlich dazu, die bereits existierenden und durchaus vielversprechenden qualitativen und interaktiven Herangehensweisen an grundlegende soziologische Fragen zu unterminieren, zugunsten der Suche nach einem »vereinheitlichten« Konzept einer kriegsdienlichen »wissenschaftlichen Soziologie«. Im Gegensatz zur späteren Rezeption, in der Garfinkel zum Rebellen stilisiert wurde, war er bereits in den 1940ern an jener zentralen Fachdiskussion beteiligt, die über die Zukunft der Soziologie entschied. Auch wenn seine Herangehensweise beständig neue Fragen hervorbrachte und bestehende Fragen in neuen Kontexten präsentierte, war seine Soziologie keine »kalifornische«, die aus der gegenkulturellen Bewegung der 1960er hervorgegangen war, wie Lewis Coser das 1974 behauptete. In den 1940ern stand Garfinkel noch an der Seite von etablierten soziologischen Fachvertretern in Harvard, Princeton und Chapel-Hill, die um eine neue moderne Soziologie rangen. Seine Seite setzte sich nicht durch. Eine Untersuchung der kriegsbedingten Umstände, unter denen der Streit entschieden wurde, legt jedoch nahe, dass die Entscheidung übereilt, kurzsichtig und chauvinistisch war; sie orientierte sich an den Kriegserfordernissen und erklärte Gegner zu Feinden, anstatt auf wohlüberlegten Argumenten aufzubauen. Eine Neubewertung dieser Weggabelung in der Geschichte der Soziologie ist seit langem überfällig. Sie hatte langfristige Folgen für die Entwicklung der Sozialwissenschaften in der Nachkriegszeit. Auf amerikanischer Seite lässt sich die Entwicklung wie folgt zusammenfassen: Mitte der 1950er Jahre befand sich die amerikanische Soziologie in einem Dilemma. Einerseits hatten die gesellschaftlichen Bedingungen in den Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer enormen Entwicklung des Fachs beigetragen: Unter dem Einfluss eines rasanten sozialen Wandels und einer beispiellosen Aufstiegsmobilität interessierten sich die Amerikaner allgemein mehr für soziale Themen. Die Hochschulen waren aufgrund der GI-Bill restlos überfüllt. Zunehmend mehr Studenten belegten Soziologiekurse, was in den 1950ern dazu führte, dass im ganzen Land zahlreiche neue Abteilungen für Soziologie eröffnet wurden. Angesichts der Möglichkeiten einer neuen demokratischen Weltordnung und der Frage, in welcher Weise sich die Soziologie daran beteiligen könnte, erlebte das Fach nach dem Krieg einen deutlichen Aufschwung. Andererseits hatte sich der Status der Soziologie als Wissenschaft – wenn nicht gar als identifizierbares Fach –, über den in den Kriegsjahren ernsthaft diskutiert worden war, verschlechtert. Das Bestreben nach wissenschaftlicher Einheit mit seinem Wunsch, eine übereinstimmende Konzeption durchzusetzen, hatte zwangsläufig das Gegenteil bewirkt: Das Fach war hoffnungslos zersplittert.

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Campus Bibliothek
Übersetzer Brigitte Luchesi
Verlagsort Frankfurt
Sprache deutsch
Original-Titel Studies in Ethnomethodology
Maße 140 x 213 mm
Gewicht 468 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Soziologie Allgemeine Soziologie
Sozialwissenschaften Soziologie Empirische Sozialforschung
Schlagworte Akteur-Netzwerk-Theorie • Empir. Sozialforschung/Methoden • Ethnomethodologie • Ethnomethodology • Interaktion • Interaktionale Linguistik • Methodologie • praktisches Wissen • Praxis • Praxistheorie • Sozialtheorie • Soziologie • Soziologische Grundbegriffe
ISBN-10 3-593-50739-0 / 3593507390
ISBN-13 978-3-593-50739-2 / 9783593507392
Zustand Neuware
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