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Selbstwertübungen -  Susanne Annies

Selbstwertübungen (eBook)

ein Arbeitsbuch für die Psychotherapie von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
eBook Download: EPUB
2024
256 Seiten
Schattauer (Verlag)
978-3-608-12279-4 (ISBN)
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Gut zu wissen: Einführung in das Konzept des Selbst und Selbstwertgefühls
Praxis: Psychotherapeutische Interventionen nach Therapiephasen und Altersindikation
Online: Übungen, Kurzgeschichten & Audio-Aufnahmen mit Selbstwertgeschichten
Interventionen zur Förderung eines positiven Selbstkonzeptes

Im Sinne eines entwicklungspsychologischen und transdiagnostischen Ansatzes stellt das Arbeitsbuch praktische Interventionen zur Etablierung eines positiven Selbstwertgefühls vor. Die Übungen stammen aus der kognitiven Verhaltenstherapie und bewegen sich auf den Ebenen Kognition, Physiologie, Emotion sowie Motorik und beziehen im Sinne eines systemischen Ansatzes Bezugspersonen mit ein.

Identität, Selbstkonzept und Selbstwertgefühl werden früh geprägt. Sie gelten als Vulnerabilitätsfaktoren für psychische Erkrankungen. Im Kindes- und Jugendalter sind Selbstkonzept und Selbstwertgefühl entwicklungsbedingt vulnerabel und im Erwachsenenalter häufig Mitverursacher einer Erkrankung. Interventionen zur Stärkung eines positiven Selbstkonzeptes können in jedem Lebensalter erfolgreich eingesetzt werden.

Susanne Annies, Dipl.-Psych. Dr. phil., Psychologische Psychotherapeutin, Dozentin in der Ausbildung für Psychologische Psychotherapeuten für verschiedene staatliche Ausbildungsinstitute. Zusatzqualifikationen in Supervision, Psychotraumatherapie und in Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie, tätig für Erwachsene und Kinder.

2 Zur praktischen Umsetzung von Selbstwertarbeit


Anhand zweier exemplarischer Erkrankungen soll der Einsatz von Selbstwertübungen reflektiert werden.

2.1 Depressive Störungen


Depressionen gelten mit einer Lebenszeitprävalenz von 16 bis 20 Prozent als häufigste psychische Störung, die in jedem Lebensalter auftreten kann (vgl. Nationale Versorgungsleitlinie, Unipolare Depression 2022). Vom Kindes- bis zum Jugendalter steigt die Zwölfmonatsprävalenz von ca. 2 auf 5 Prozent, mit einer weiteren Erhöhung in der späten Adoleszenz (vgl. Hoffmann et al. 2012; Maughan et al. 2013). Mit der Corona-Pandemie sei ein Anstieg der Fälle zu beobachten, vermeldete das Ärzteblatt im März 2023 unter Berufung auf die Stiftung Kindergesundheit (Ärzteblatt 2023).

Der häufigste Störungsbeginn liegt vor dem 30. Lebensjahr. Frauen sind doppelt so häufig betroffen. Komorbiditäten mit anderen psychischen Störungen sind mit ca. 60 Prozent als hoch anzusehen. Die Mortalität ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zweifach erhöht. Depressive Episoden verlaufen bei ca. 70 Prozent aller Patient:innen rezidivierend. Das Rückfallrisiko steigt mit jeder Episode. Unbehandelt remittieren Depressionen nach ca. acht Monaten, wobei es auch chronische Verlaufsformen gibt. Eine effektive Behandlung verkürzt die Krankheitsdauer auf etwa vier Monate. Die Kosten für die Sozialsysteme werden wegen der Arbeitsunfähigkeitszeiten, Behandlungskosten, Invalidität und Todesfälle als hoch eingeschätzt.

In der 10. und 11. Auflage der International Classification of Diseases (WHO 1992, 2022) finden sich die unipolaren Depressionsdiagnosen bei den affektiven Störungen. Die ICD-11-Kriterien unterscheiden sich leicht von denen der ICD-10. Die Codierung (hier mit Verweisen auf die älteren ICD-10-Codierungen) der depressiven Störungen lautet nach ICD-116 wie folgt:

6A7 Depressive Störungen
6A70 Einzelne depressive Episode (ICD-10 F32)
6A71 Rezidivierende depressive Störung (ICD-10 F33)
6A72 Dysthyme Störung (ICD-10 F34.1)
6A73 Gemischte Depressive- und Angststörung (ICD-10 F41.2)
6A7Y Sonstige näher bezeichnete depressive Störungen (ICD-10 F34, F38)
6A7Z Depressive Störungen, nicht näher bezeichnet (ICD-10 F39)

In der ICD-11 wird das zeitgleiche Auftreten von fünf (aus einer Liste von zehn) depressiven Symptomen gefordert, um eine depressive Episode zu diagnostizieren (vgl. WHO 2022; Stein et al. 2020). Das Zeitkriterium von 14 Tagen bleibt bestehen. Ein Hauptsymptom aus dem affektiven Cluster und mehr als drei Symptome aus dem kognitiven und neurovegetativen Cluster werden gefordert. Eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigung muss festgestellt werden. Der Schweregrad ermittelt sich nun aus der Symptomausprägung und der Funktionsbeeinträchtigung. Ausschlusskriterium bleibt etwa die Anwesenheit einer anderen Erkrankung – ob organisch, medikamentös oder psychisch –, die den Zustand besser erklärt. Auch eine Trauerreaktion kann als Ausschlusskriterium gewertet werden, außer die depressive Reaktion dauert länger als einen Monat und zeigt unübliche Trauersymptomatik wie Selbstwertverlust, generalisierte Schuldgefühle, psychotische Symptome, Suizidgedanken und psychomotorische Hemmung.

Das affektive Cluster umfasst als Hauptsymptomatik die depressive Stimmung sowie den Interessen- oder Freudeverlust an Aktivitäten, die üblicherweise als angenehm erlebt werden. Das kognitive Cluster umfasst die verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, das verminderte Selbstwertgefühl mit vermindertem Selbstvertrauen, Schuldgefühlen und Wertlosigkeitserleben, Hoffnungslosigkeit und zuletzt Suizidgedanken oder Todesgedanken. Das neurovegetative Cluster umfasst den Antriebsverlust mit erhöhter Ermüdbarkeit / Fatigue, Schlafstörungen, Veränderungen bei Appetit oder Gewicht und die psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung.

Unterschiede zum ICD-10 bestehen in der Schweregradfeststellung nicht über die Menge an Symptomen, sondern über deren Ausprägung und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung.

Unterschiede zum Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-V; vgl. American Psychiatric Association 2013) bestehen in der Nennung des Symptoms Hoffnungslosigkeit und der Definition des Trauerfalls als Ausschlusskriterium.

Bei Kindern äußert sich eine depressive Erkrankung neben Traurigkeit oft über Reizbarkeit, teils mit überaktivem, aggressivem Verhalten. Auch ein Emotionsausdruck mit somatischen Symptomen ist typisch (vgl. Maughan et al. 2013; Abel & Hautzinger 2013; Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 2016; American Psychological Association 2019).

Multifaktorielle Ätiologiemodelle mit biologischen und psychosozialen Faktoren zum Auftreten von Depressionen sind weiterhin richtungsweisend. Neben genetischen Faktoren, körperlichen Erkrankungen, soziodemografischen Faktoren wie Geschlecht, sozioökonomischer Status, Migrationserfahrung und höherem Lebensalter werden psychische Komorbiditäten, Gewalt und Traumata, soziale Isolation, Stressoren und ein ungesunder Lebensstil diskutiert (vgl. Aldenhoff 1997; DGPPN 2017; LeMoult et al. 2020; Nationale Versorgungsleitlinie, Unipolare Depression 2022).

2.1.1 Behandlung


Behandlungsoptionen umfassen Selbstmanagementansätze wie psychoedukative und bibliotherapeutische Maßnahmen, Sport- und Bewegung, Lichttherapie, Schlafentzug, medikamentöse Therapien, ergo- und soziotherapeutische Maßnahmen, Psychotherapie sowie verschiedene Hirnstimulationsverfahren, die oft in therapieresistenten Fällen und zumeist stationär angeboten werden. Psychotherapeutische Maßnahmen sind vielfältig und effektiv (vgl. Plessen et al. 2023) und sollten auf allgemeinen und spezifischen Wirkfaktoren wie starker therapeutischer Allianz, Ressourcenaktivierung, Problemaktualisierung, motivationaler Klärung, Problembewältigung, Monitoring und Feedback im Therapieprozess, kognitiven, emotionalen und behavioralen Strategien mit Hausaufgaben beruhen (vgl. Grawe 1998; Norcross & Lambert 2018; Flückinger 2021; Nationale Versorgungsleitlinie, Unipolare Depression 2022). Die American Psychological Association (2019) empfiehlt bei Jugendlichen und Erwachsenen Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) sowie Interpersonelle Therapie (IPT) als evidenzbasierte Interventionen, darüber hinaus den Wirkstoff Fluoxetin zur medikamentösen Therapie. Bei Kindern fehlt die Evidenz für eine Therapierichtung, auch wenn KVT gute Effekte vorweist (vgl. Oud et al. 2019).

Kognitive Verhaltenstherapie

Die KVT integriert lernpsychologische Theorien wie die Verstärkerverlusttheorie nach Levinsohn, kognitiv-lerntheoretische Modelle wie die Theorie der gelernten Hilflosigkeit nach Seligman sowie auch die kognitive Theorie nach Beck. Die evidenzbasierte klassische Depressionstherapie besteht aus den drei Modulen Verhaltensaktivierung, Veränderung von Kognitionen und Erwerb von Fertigkeiten wie soziale Kompetenz, Problemlösen und Genussfertigkeit (vgl. Hautzinger 2021). Im Kinder- und Jugendbereich wird dieser Ansatz ergänzt um den Einbezug von Bezugspersonen (vgl. Abel & Hautzinger 2013). Auch zur Rückfallprophylaxe zeigt sich der Ansatz effektiv (vgl. Bockting et al. 2005).

Neuere Ansätze der dritten Welle der KVT, wie die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (vgl. Eifert 2022), die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie bei Depressionen (vgl. Michalak & Heidenreich 2004; Segal et al. 2015) und das Cognitive Behavioral Analysis System for Psychotherapy (CBASP) nach James McCullough (2000; vgl. Brakemeier et al. 2021), gelten als hilfreich – auch im Bereich der chronischen Depressionen und der Rückfallprophylaxe (vgl. Hayes et al. 2011; Churchill et al. 2013; Ataie Moghanloo et al. 2015; Kuyken et al. 2015; Negt et al. 2016).

Ansatzpunkte für Selbstwertarbeit

Die klassische Depressionsbehandlung gilt als effektiv (vgl. Wiles et al. 2016; Plessen et al. 2023). Ein besonderes Augenmerk sollte auf eine effektive Rückfallprophylaxe im Sinne des Selbstmanagementansatzes gelegt werden. Grundsätzlich kann eine individualisierte Depressionsbehandlung mit den drei Bausteinen Verhaltensaktivierung, Veränderung von Kognitionen, Fertigkeitentraining und gegebenenfalls Elternarbeit ausreichenden Erfolg erzielen, ohne dass ein ausführliches kognitives Arbeiten mit dem Fokus auf den Selbstwert notwendig ist. Das bedeutet, dass Behandelnde abwarten sollten, ob die der Depression genuin innewohnenden Selbstwertzweifel durch die allgemeine Symptombesserung nachlassen. Auch durch die Wirkfaktoren der therapeutischen Beziehung und Ressourcenaktivierung kann bereits das Motiv Selbstwerterhöhung und – damit das Selbstkonzept und das Selbstwertgefühl – gestärkt werden. Sollte sich jedoch herausstellen, dass negative Selbstkonzepte, Selbstwertgefühle und...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2024
Zusatzinfo Illustrationen
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Familien- / Systemische Therapie
Geisteswissenschaften Psychologie Klinische Psychologie
Geisteswissenschaften Psychologie Verhaltenstherapie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Coaching Selbstwert • Identität • Interventionen zur Stärkung Selbstwert • Körperbild • KVT Selbstwert • Psychotherapie Selbstwert • Selbstbild • Selbstkonzept • Selbstwert • selbstwert aufbauen • Selbstwertgefühl • Selbstwert Jugendliche • Selbstwert Kinder • Übungen besserer Selbstwert • übungen selbstbewusstsein • Übungen Selbstwert • Verhaltenstherapie Selbstwert
ISBN-10 3-608-12279-6 / 3608122796
ISBN-13 978-3-608-12279-4 / 9783608122794
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