Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Die Schulter in der Physiotherapie (eBook)

Marcel Enzler, Harald Bant (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
330 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-242991-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Schulter in der Physiotherapie -
Systemvoraussetzungen
79,99 inkl. MwSt
(CHF 78,15)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Die Schulter ist eines der komplexesten Gelenke des Menschen. Dementsprechend vielschichtig können Beschwerden sein, die Patienten im Bereich von Glenohumeralgelenk und Schultergürtel haben. Die Autorinnen und Autoren dieses Buches stellen einen evidenzbasierten physiotherapeutischen Behandlungsansatz vor - von der funktionellen Anatomie der Schulter über Anamnese und körperliche Untersuchung bis hin zu aktiver und passiver Therapie sowie Selbstmanagement.

Ergänzt werden die Inhalte mit Fallbeispielen, die zeigen, wie die beschriebenen Untersuchungs- und Therapieverfahren problemlos in der Praxis umzusetzen sind.

Die Beschreibung chirurgischer Verfahren sowie der jeweiligen Nachbehandlung runden das Buch ab.

2 Diagnostik der Schulter


2.1 Einleitung


Marcel Enzler

Die Diagnostik umfasst alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Probleme und Beschwerden eines Patienten zu erkennen. In Kap. ▶ 1.4 wurde der physiotherapeutische Qualitätszyklus vorgestellt, der die methodischen Schritte des diagnostischen und therapeutischen Prozesses definiert. Dieses Kapitel beschreibt diese Schritte für den diagnostischen Prozess: allgemeine Anamnese, spezielle Anamnese, physiotherapeutische Untersuchung, spezifische Tests und physiotherapeutische Diagnose. Dabei gehen wir detailliert auf die Maßnahmen ein, die im klinischen Alltag in der Physiotherapie von Bedeutung sind.

Mit sämtlichen Informationen aus der klinischen Diagnostik kann der Therapeut am Ende des diagnostischen Prozesses eine physiotherapeutische Diagnose stellen. Diese wiederum bildet die Grundlage für den therapeutischen Prozess. Der therapeutische Prozess wird in Kap. ▶ 3 beschrieben.

2.2 Allgemeine Anamnese


Marcel Enzler

Bei der allgemeinen Anamnese geht es darum, durch Befragung des Patienten potenziell relevante medizinische Informationen zu erhalten. Sie ist ein wesentlicher Punkt in der Beziehung zwischen Physiotherapeut und Patient. Die Befragung richtet sich auf die aktuellen Beschwerden, frühere Erkrankungen sowie Familienerkrankungen. Das Ziel ist es, sich einen allgemeinen Eindruck über die Situation des Patienten zu verschaffen, um dadurch entsprechende Informationen für das weitere Vorgehen zu erhalten. Die gewonnenen Informationen sind wegweisend für die Art und den Umfang des weiterführenden klinischen diagnostischen Prozesses.

Zunächst werden im Rahmen der Anmeldung die Stammdaten des Patienten erhoben: Name, Vorname, Adresse, Geburtsdatum/Alter, Familienstand, Hausarzt, Versicherung usw. Das Alter ist von Bedeutung, weil gewisse Krankheitsbilder der Schulter altersabhängig sind. Pathologien der Rotatorenmanschette sind eher ab dem 40. Lebensjahr zu erwarten, während willkürliche Schulterluxationen eher im jugendlicheren Alter vorkommen. Die Häufigkeit der traumatischen Schulterluxation und die Reluxationsrate nehmen im Alter ab, wobei Männer häufiger davon betroffen sind als Frauen ▶ [156], ▶ [168], ▶ [147], ▶ [165]. Auch das Wissen um die Händigkeit ist von Bedeutung, weil dies im Beruf, beim Sport und in bei Hobbys eine Rolle sowohl bei der Entstehung als auch bei der Unterhaltung von Schulterbeschwerden spielen kann. Im Beruf sind es insbesondere einseitig belastende und repetitive Tätigkeiten (overuse), die Beschwerden entstehen lassen. Beim Sport geht es etwa um die funktionellen und/oder pathologischen Adaptationen bei Schlag-/Wurfsportlern in Bezug zur dominanten Körperseite. Untersuchungen haben gezeigt, dass akute Ereignisse oft die Folge einer chronischen Fehlbelastung sind. Mit diesem Wissen ließen sich im Sinne der Prävention gefährdete Sportler und andere Personen identifizieren, um dann mit geeigneten Maßnahmen die Entstehung von Beschwerden zu verhindern oder zu begrenzen ▶ [115]. Des Weiteren sind frühere Erkrankungen, Operationen und bestehende Diagnosen wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauferkrankungen usw. bedeutsam. Auch die Einnahme von Medikamenten sollte erfasst werden.

2.3 Spezielle Anamnese


Marcel Enzler

2.3.1 Aktuelle Beschwerden


Im nächsten Schritt geht es darum zu erfragen, wieso physiotherapeutische Hilfe gesucht wird. Dabei werden die Art des Hauptproblems und die aktuellen Beschwerden des Patienten besprochen. Liegt ein Funktionsverlust vor, beklagt der Patient Schmerzen, Steifigkeit und/oder Schwäche usw.? Die aktuellen Beschwerden stehen im Vordergrund, aber auch einer möglicherweise relevanten Vorgeschichte sollte hinreichend Beachtung geschenkt werden. So könnten z.B. Informationen über eine erhöhte Anfälligkeit für Beschwerden des Bewegungsapparates zutage gefördert werden. Bei Patienten mit rezidivierenden muskuloskelettalen Beschwerden sollte man evaluieren, inwiefern die Mechanik dafür verantwortlich ist und inwieweit der Patient selbst einen Beitrag dazu leistet.

Mit anderen Worten…

„Es gibt viele mögliche Gründe dafür, weshalb ein Auto regelmäßig in die Werkstatt muss: Es ist vielleicht schlecht gebaut, der Mechaniker ist seiner Aufgabe nicht gewachsen oder das Auto und der Mechaniker sind gut, aber der Fahrer verlangt andauernd zu viel von seinem Fahrzeug. Deshalb ist es auch bei einem eindeutig peripher nozizeptiven Problem wie einer akuten Bursitis subdeltoideus wichtig, den „Fahreranteil“ zu kennen.“ ▶ [180]

Auf die physiotherapeutischen Maßnahmen hat dies nicht unbedingt einen Einfluss, allerdings auf das Patientenmanagement, die Prognose und die Behandlungsdauer.

2.3.2 Beginn und Verlauf der Beschwerden


Bei der Suche nach der Ursache von Beschwerden sollte man in Erfahrung bringen, wie sie begonnen haben: plötzlich mit klarer Ursache oder schleichend. Auch die Frage nach dem Bestehen der aktuellen Beschwerden und ihrer Entwicklung kann höchst aufschlussreich sein: schlechter werdend, gleich bleibend, eher besser werdend. Es kann etwa einen ersten Hinweis auf die Art der verletzten Bindegewebsstruktur geben und anzeigen, ob es sich um einen normalen oder um einen abweichenden Verlauf handelt (Kap. ▶ 1.4.2.2).

Viele Krankheitsbilder lassen sich bereits an ihrem Beginn und/oder ihrem Verlauf mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erkennen.

Erkennen eines Krankheitsbildes an seinem Beginn oder Verlauf

Ein Patient berichtet über plötzlich aufgetretene bewegungsunabhängige starke Schulter-/Nackenschmerzen, die ohne ersichtlichen Grund aufgetreten seien. Die Schmerzen hätten nach 1–2 Wochen nachgelassen, doch dann hätte er den Arm nicht mehr richtig über das Schulterniveau anheben können.

Diese Ausführungen lenken den Verdacht auch ohne weitere Untersuchungen deutlich auf ein akut entzündliches Geschehen der Nerven des Plexus brachialis (Parsonage-Turner-Syndrom oder auch neuralgische Schulteramyotrophie). Mithilfe eines EMG lässt sich dies in der weiterführenden klinischen Diagnostik umgehend bestätigen (Kap. ▶ 2.4). Nur 2 % der Betroffenen klagen in der Anamnese nicht über initial starke Schulter- und Nackenschmerzen! Die Erholung kann Monate oder auch Jahre dauern ▶ [170].

2.3.3 Verhalten, Art und Intensität der Beschwerden


Hier wird erfragt, unter welchen Umständen die Beschwerden auftreten: Treten sie in Ruhe oder bei Bewegung auf? Sind sie konstant oder intermittierend? Wie ist der Verlauf über 24 Stunden? Auch die Art der Schmerzen und Beschwerden sollte genau beschrieben werden. Sind die Schmerzen stechend, dumpf, einschießend oder elektrisierend? Wie intensiv sind die Schmerzen (visuelle Analogskala, VAS, oder numerische Analogskala oder Rating-Skala, NAS bzw. NRS). Gibt es begleitend Parästhesien oder Taubheitsgefühle? All diese Punkte liefern weitere Hinweise darauf, mit welcher Art von Verletzung oder Erkrankung man es zu tun hat.

Buntes Beschwerdebild bei der Frozen Shoulder

Patienten mit einer Frozen Shoulder leiden in der ersten Erkrankungsphase unter ausgeprägten nächtlichen Schmerzen und können dabei nicht längere Zeit in der gleichen Position liegen, besonders nicht auf der betroffenen Seite. Die Patienten werden in der Nacht oft wach und müssen die Position ändern. Tagsüber in Ruhe bestehen die Beschwerden oft aus leichten diffusen Schmerzen in der Schulter-Arm-Region, die jedoch bei einer unerwarteten Bewegung plötzlich einschießend und stechend stark zunehmen können.

Wie im Kasten beschrieben, haben wir es bei der Frozen Shoulder mit einer Kombination aus recht verschiedenen Beschwerden zu tun. Deshalb ist es wichtig, das Verhalten, die Art und die Intensität der Beschwerden gründlich zu erfragen, um keinen Aspekt zu übersehen, der eine diagnostische oder therapeutische Relevanz haben könnte.

Die NRS ( ▶ Abb. 2.1) kann kurzfristig und auch längerfristig zur Erfassung der Schmerzintensität eingesetzt werden ▶ [138]. Bezüglich der Aussagekraft von Veränderungen gelten folgende Interpretationsempfehlungen:

  • 10–20 %: als wenig relevante Veränderung

  • > 30 %: moderate Veränderung

  • > 50 %: wesentliche Veränderung.

Zur Nutzung der Skala leitet der Untersucher den Patienten wie folgt an. „Markieren Sie bitte einen Wert zwischen 0 und 10, der am besten zu ihren aktuellen Schmerzen passt. „0“ bedeutet dabei „keine Schmerzen“, „10“ bedeutet „stärkste vorstellbare Schmerzen“.

Abb. 2.1 Numerische Rating-Skala (NRS).

2.3.4 Lokalisation der Beschwerden


Ein wichtiger Teil der Anamnese ist es, sich so genau wie möglich die Lokalisation der Beschwerden schildern zu lassen. Die Symptome sind jedoch nicht immer dort lokalisiert, wo auch die Ursache liegt. Mit dem Wissen über die Lokalisation und...

Erscheint lt. Verlag 18.5.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Gesundheitsfachberufe
Schlagworte Gelenke • Glenohumeralgelenk • Physiotherapie • Schulter • Schultergürtel • Therapieverfahen
ISBN-10 3-13-242991-0 / 3132429910
ISBN-13 978-3-13-242991-8 / 9783132429918
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 50,2 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Deutscher Hebammenverband e.V.

eBook Download (2022)
Thieme (Verlag)
CHF 48,80