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Eutonie - vom Körper lernen (eBook)

Erfahrungen und Reflexionen aus der Praxis
eBook Download: PDF
2021 | 1. Auflage
254 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-96120-0 (ISBN)

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Eutonie - vom Körper lernen -
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Als kreative, ganzheitliche Methode stärkt Eutonie die körperliche Selbstwahrnehmung und die Selbstheilungskräfte des Menschen und erhöht seine Resilienz für die Anforderungen des Alltags. Eutonie: Entspannt, achtsam und vertraut mit dem eigenen Körper Eutonie nach Gerda Alexander (GA) ist ein Weg der körperlichen Selbsterfahrung: Die verschiedenen Techniken und Bewegungsübungen führen zu einer harmonisch ausgeglichenen Spannung, einem Eu-Tonus, d.h. einer Balance der verschiedenen Kräfte im Körper. Der Weg über den Körper öffnet die Tür zu einem achtsamen und bewussten Umgang mit sich selbst und den Mitmenschen - so dient Eutonie nicht allein der körperlichen Entspannung, sondern setzt Lernprozesse in Gang für ein seelisches und soziales Gleichgewicht. Damit stärkt Eutonie die Resilienz und baut Ressourcen auf für die täglichen Anforderungen des Alltags. In den Jahrzehnten der Eutonie-Pädagogik und -Therapie ist viel geschehen und die Konzepte von Gerda Alexander sind in der Praxis weiterentwickelt worden. Als ganzheitliche kreative Methode wirkt Eutonie pädagogisch, therapeutisch und künstlerisch. So beschreiben die Autor_innen der 16 Beiträge des Fachbuches in vier Kapiteln die vielfältigen Perspektiven und Handlungsfelder der Eutonie. •Kapitel 1: Mit Schmerz und Leid umgehen: Vor- und Nachsorgen •Kapitel 2: Therapeutische Unterstützung geben und annehmen •Kapitel 3: Den Alltag meistern. Sich einlassen und loslassen. Sich spüren und bewegen. •Kapitel 4: Lernen und kreativ werden. Das eigene Leben gestalten. Neue Lösungsansätze finden.

Inhaltsverzeichnis, Vorwort und Dank 7
Einführung: Rundwege durch die Eutonie 12
1 Bevor wir ausbrennen: Wie Eutonie die Burnout-Prävention unterstützt 19
2 Positive Wirkmechanismen der Eutonie Gerda Alexander auf den Schmerz 34
3 Traumafolgen überwinden 60
4 Erfahrungen mit Eutonie Gerda Alexander in einer psychiatrischen Klinik 77
5 Eutonie Gerda Alexander bei bindungsgestörten Jugendlichen in der Heilpädagogik 81
6 Leben bis zum letzten Atemzug 87
7 Gedanken und Erfahrungen zum Stehen, Gehen und Laufen 97
8 Betriebliche Gesundheitsförderung mit Achtsamkeit und Körperbewusstsein 108
9 Eutonie Gerda Alexander im Fitnessstudio 127
10 Zähneknirschen, Kieferspannung 131
11 Achtsamkeit auf Geist und Körper 147
12 Faszination Eutonie-Material 152
13 Eutonie Gerda Alexander und Schule 163
14 Gespräch mit Regina Baumgart 176
15 Vom Körper zum Bewegen zum Gestalten. Die Eutonie Gerda Alexander im Tanz 179
16 Körperraum – Klangraum. Die Eutonie Gerda Alexander für Musiker*innen 192
17 Eutonie en passant: Als Organisationsberaterin den Körper mit ins Spiel bringen 207
18 Eutonie Gerda Alexander: geeignet für alle Altersstufen? 220
Anhang 235
Herausgeberinnen und Autor*innen sowie Sachwortverzeichnis 238

|17|1  Bevor wir ausbrennen: Wie Eutonie die Burnout-Prävention unterstützt


Martina Kreß

Was können wir tun, damit es erst gar nicht zum Erschöpfungssyndrom, auch bekannt unter dem Begriff „Burnout“, kommt? Und was können wir tun, wenn wir erste Anzeichen von chronischem Stress und anhaltender Erschöpfung bemerken?

Wir brauchen in dieser schnelllebigen Zeit, die geprägt ist von Informationsüberflutung, hoher Komplexität und Flexibilität, neue Kompetenzen, um gesund mit diesen Anforderungen umzugehen. Dazu gehören Selbstwahrnehmung, Selbstfürsorge und ein gut ausgeprägtes Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit (Selbstwirksamkeitserwartung). Die bewusste Wahrnehmung unseres Körpers ist, wie wir im Folgenden sehen werden, eine entscheidende Voraussetzung dafür.

1.1  Zum Begriff: Burnout


Der Begriff „Burnout“ (-Syndrom) wurde durch den deutsch-amerikanischen Psychoanalytiker Herbert Freudenberger (1974) und die amerikanische Sozialpsychologin Christina Maslach (Maslach & Leiter, 2001) geprägt. Die frühen Studien beschäftigten sich mit Personen in den helfenden Berufen (insbesondere Psychotherapeut*innen, Ärzt*innen, Pflegekräfte und Sozialarbeiter*innen), die stets bedürftige Menschen emotional unterstützen mussten und deswegen besonderen emotionalen und interpersonalen Stressoren ausgesetzt waren. Mit dem Terminus „Burnout“ beschrieben Freudenberger und Maslach einen Zustand der emotionalen Erschöpfung und Demotivation dieser Berufsgruppen. Später wurden ähnliche Symptome in anderen Berufen, wie z. B. bei Führungskräften, Mitarbeitenden im Dialogmarketing, Polizist*innen, Lehrer*innen, beobachtet. Das Burnout-Syndrom wird somit nach Stock Gissendanner, Stock, Tigges-Limmer und Schmid-Ott (2017a) nicht mehr als eine spezifische Problematik der helfenden Berufe angesehen. Klinisch wird die Diagnose meist anhand des „Leitsymptoms andauernder Erschöpfung und anderer psychosomatischer Beschwerden mit dem Begleitphänomen Distanzierung von der Arbeit und reduzierter Leistung" festgestellt (Stock Gissendanner, Stock, Tigges-Limmer & Schmid-Ott, 2017b, S. 7).

Streng genommen ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Burnout keine Krankheit, sondern wird lediglich im Kapitel „Faktoren, die den Gesundheitszustand oder den Kontakt mit Gesundheitsdiensten beeinflussen“ beschrieben. (WHO, 2019b mit Verweis auf ICD-10 Z73.0 und ICD-11, siehe auch WHO, 2019a). So ist der Begriff Burnout unter Experten in mehrfacher Hinsicht umstritten. Viele beanstanden, dass es sich um eine Modediagnose handle, hinter der sich psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen verstecken. Andere (z. B. Nagel, 2019) kritisieren die geplante Einschränkung im ICD 11 (ICD: internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) in Hinblick auf die Phänomene im beruflichen Kontext. Denn: definiert man den Begriff als einen Zustand der chronischen Erschöpfung, lässt er sich auch bei Rentner*innen, Student*innen und bei pflegenden Ange|18|hörigen beobachten. Die Ursachen der chronischen Erschöpfung ähneln sich vielfach: Hohe Arbeitsbelastung, Zeitdruck, mangelnde Gestaltungsspielräume und fehlende Erholungsphasen sind gravierende Auslöser eines Burnouts, bzw. chronischen Überlastungssyndroms.

Die AOK zählte 2017 durchschnittlich 5,5 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 1.000 Mitglieder aufgrund einer Burnout-Diagnose. Damit hat sich die Diagnosehäufigkeit im letzten Jahrzehnt beinahe verdreifacht. Auch das Krankheitsvolumen dieser Diagnosegruppe hat sich rapide erhöht: waren es 2005 noch 13,9 Krankheitstage, registrierte die AOK 2017 bereits 116,7 AU-Tage je 1.000 Mitglieder (Radtke, 2019).

Risikofaktoren, die zu Burnout führen können, werden in zwei Kategorien unterteilt: in persönliche Risikofaktoren, die im individuellen Lebensstil und der Persönlichkeit eines Menschen begründet liegen, wie z. B. eine Neigung zur Selbstüberforderung und in externe, bzw. organisationsbezogene Risikofaktoren.

Es ist wichtig, im Rahmen der Präventionsarbeit die organisationsbezogenen Risiken zu analysieren und Maßnahmen zu ergreifen, diese zu mindern oder besser noch abzustellen. Die Verantwortung der Burnout-Prävention darf auf keinen Fall lediglich beim Arbeitnehmenden liegen. Dies sollte nicht vergessen werden, wenn wir uns im Folgenden vor allem den persönlichen Risikofaktoren zuwenden, oder besser noch: den persönlichen Fähigkeiten und inneren Kräften, die uns widerstandsfähig machen und helfen, besser mit Stress-Situationen umzugehen.

1.2  Fremd oder zuhause im eigenen Körper


Der Einfluss der technischen Entwicklung in den letzten Jahrzehnten hat unser Leben und unsere Beziehung zum eigenen Körper sehr verändert. Seit der Einführung von Computern und Smartphones verbringen wir zunehmend Zeit vor Bildschirmen sitzend. Unsere Sinneswahrnehmung reduziert sich dadurch immer mehr auf das Sehen. Vieles spielt sich nur noch in unserem Kopf ab und der Körper wird zunehmend vergessen. Es sei denn, er meldet sich durch Schmerzempfindung in Schultern, Nacken, Rücken etc.

Elementare Sinneserfahrungen wie Schmecken, Riechen, Tasten, das Spüren des Körpers in Ruhe und Bewegung (Propriozeption) spielen eine immer geringere Rolle, je mehr sich Menschen in virtuellen Welten bewegen. Das hat Folgen. In seinem Buch: Lektionen aus dem 21. Jahrhundert schreibt Yuval Noah Harari: „Menschen, die sich ihrem Körper, ihren Sinnen und ihrer physischen Umgebung entfremdet haben, fühlen sich leicht isoliert und desorientiert“ (Harari, 2018, S. 131). Sie verlieren sprichwörtlich den Boden unter den Füßen und die Fähigkeit, sich abzugrenzen und einem Zuviel zu entziehen.

Zunehmend gewöhnen wir uns daran, zu jeder Zeit erreichbar zu sein. Viele sind permanent in den unterschiedlichsten Sozialen Medien unterwegs. Die Grenze zwischen Privat- und Berufsleben verschwimmt immer mehr. Die permanente Überflutung mit Informationen unter ständigem Zeitdruck sorgt für zusätzliche Probleme.

Neben der durch technische und gesellschaftliche Veränderungen ausgelösten Beschleunigungsdynamik (Rosa, 2005; Rosa, 2016), ist die zunehmende Entfremdung vom eigenen Körper eine Entwicklung, die sicherlich zur Zunahme des Erschöpfungssyndroms beiträgt. So sieht auch die Ärztin Miriam Prieß die Ursache für Burnout nicht nur im Stress, sondern in der Entfremdung des Menschen von sich selbst. In ihrem Buch beschreibt sie, dass der Aspekt von Beziehung bei Burnout-Erkrankungen die entscheidende Rolle spielt: die Beziehung zu sich selbst und die Beziehung zur Umwelt. „Menschen brennen aus, weil sie den Dialog zu sich verloren haben und in konfliktreichen Beziehungen zu ihrem Umfeld stehen“ (Prieß, 2013). Von daher beobachten wir Symptome, die unter dem Begriff „Burnout“ be|19|schrieben werden, heute nicht nur bei Personen in helfenden Berufen, sondern sie sind ein Phänomen, das Menschen in ganz unterschiedlichen Tätigkeitsgruppen (bezahlt oder unbezahlt) erfasst.

Psychosomatische Reaktionen auf chronischen Stress und Überlastung können Muskel- Spannungen, Schmerzen, Schlafstörungen oder Verdauungsbeschwerden sein. In der Freizeit wird häufig keine Erholung gefunden, Essgewohnheiten können sich ändern, zunehmend werden Substanzen wie Alkohol und Nikotin etc. gebraucht (Stock Gissendanner, Stock, Tigges-Limmer & Schmid-Ott, 2017b). Lebensfreude und Selbstwertgefühl schwinden, häufig treten auch Gedanken der Selbstablehnung auf. Menschen, die unter dem Erschöpfungssyndrom und einer häufig damit verbundenen Depression oder Angststörung leiden, ziehen sich nicht nur von der Umwelt, der Gefühlswelt und ihren Mitmenschen zurück, sondern auch von ihrer Körperperipherie, von ihrer Körperoberfläche. Sichtbar wird das am auffälligsten an den oft blassen, maskenhaften Gesichtern. Die seelische Erstarrung und der Verlust der Schwingungsfähigkeit zeigen sich auf der körperlichen Ebene. Die Muskulatur ist...

Erscheint lt. Verlag 9.8.2021
Zusatzinfo 26 Abbildungen
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Gesundheitsfachberufe
Schlagworte Achtsamkeit • Bewegungsübung • Gerda Alexander • Körpertherapie • Selbstwahrnehmung
ISBN-10 3-456-96120-0 / 3456961200
ISBN-13 978-3-456-96120-0 / 9783456961200
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